Thabo Sefolosha
Thabo Patrick Sefolosha (* 2. Mai 1984 in Vevey, Kanton Waadt) ist ein ehemaliger Schweizer Basketballspieler. Er war der erste Schweizer in der NBA.
Thabo Sefolosha, 2016 | ||
Spielerinformationen | ||
---|---|---|
Voller Name | Thabo Patrick Sefolosha | |
Geburtstag | 2. Mai 1984 (39 Jahre) | |
Geburtsort | Vevey, Schweiz | |
Grösse | 204 cm | |
Position | Shooting Guard / Small Forward | |
NBA Draft | 2006, 13. Pick, Philadelphia 76ers | |
Vereine als Aktiver | ||
2001–2002 | Tege Riviera Basket | |
2003–2005 | ÉS Chalon-sur-Saône | |
2003–2006 | Angelico Biella | |
2006–2009 | Chicago Bulls | |
2009–2014 | Oklahoma City Thunder | |
2011 | Fenerbahçe Ülker | →|
2014–2017 | Atlanta Hawks | |
2017–2019 | Utah Jazz | |
2019–2020 | Houston Rockets | |
2023 | Vevey Riviera Basket | |
Nationalmannschaft1 | ||
2003– | Schweiz | |
1Stand: 24. August 2009 |
Kindheit und Jugend
Sefolosha ist der Sohn eines südafrikanischen Musikers und einer Schweizer Künstlerin. Schon früh wurden Scouts auf das Ausnahmetalent aufmerksam. Besonders seine Leistung als Liganeuling bei Vevey Riviera Basket in der Schweizer Nationalliga A und seine Auftritte in der Nationalmannschaft machten Sefolosha früh zu einem Talent mit möglicher NBA-Zukunft. Allerdings wurde es auch immer offensichtlicher, dass Sefolosha eine neue Herausforderung brauchte, diese fand er bei Élan Sportif Chalonnais, einem Basketballverein aus der ersten französischen Liga.
Zeit in Frankreich und Italien
Während seiner Zeit in Chalon-sur-Saône bekam Thabo Sefolosha anfangs kaum Spielminuten und stellte sich später der U21-Mannschaft zur Verfügung. Mit der Zeit jedoch setzte er sich durch, und mit seinem Wechsel zum italienischen Erstligisten Pallacanestro Biella geriet der junge Schweizer verstärkt ins Blickfeld der NBA.
NBA
Im Alter von 22 Jahren stellte sich Sefolosha für die NBA-Draft 2006 zur Verfügung und wurde von den Philadelphia 76ers an 13. Stelle ausgewählt, die ihn sofort an die Chicago Bulls für Rodney Carney, eine Ablösesumme und ein Zweitrundenauswahlrecht im Jahr 2007 weitergaben. In seiner Rookie-Saison bestritt Sefolosha auf Anhieb 71 Saisonspiele, davon vier in der Starting Five, und erzielte als vierter Guard hinter Ben Gordon, Kirk Hinrich und Chris Duhon bei durchschnittlich 12 Minuten Einsatzzeit 3,6 Punkte pro Spiel. Die Bulls erreichten die Playoffs, wo sie den amtierenden Meister Miami Heat in vier Spielen schlugen, aber dann gegen die Detroit Pistons in sechs Spielen unterlagen. In seiner zweiten Saison erzielte er in 69 Saisonspielen (in 22 Partien stand er in der Anfangsaufstellung) 6,7 Punkte pro Spiel in fast 21 Minuten durchschnittlicher Spielzeit. Die Bulls verpassten dennoch die Playoffs.
In seiner dritten Saison 2008/09 wurde Sefolosha Mitte der Saison von den Bulls zum Oklahoma City Thunder transferiert. Die Bulls erhielten im Gegenzug ein Erstrunden-Draftrecht für 2009. Sefolosha wurde in der Mannschaft um All-Star Kevin Durant Stammspieler und stand regelmäßig in der Anfangsaufstellung. Er verbesserte sich auf 8,5 Punkte und mehr als fünf Rebounds pro Spiel und hielt Durant mit konsequenter Verteidigung den Rücken frei. In der Folgesaison erreichte Oklahoma City unter der Leitung von Coach Scott Brooks mit 50 Saisonsiegen die Playoffs, wo Sefolosha „nur“ durchschnittlich sechs Punkte erzielte, aber für seine Verteidigungsleistungen ins NBA All-Defensive Second Team gewählt wurde. Oklahoma City schied trotzdem in der ersten Runde gegen den späteren Meister Los Angeles Lakers aus. In der Saison 2010/11 gewann der Thunder 55 Spiele und erreichte die Finalserie der Western Conference, schied dort aber gegen den späteren Meister Dallas Mavericks aus. Während des Lockouts in der NBA im Jahr 2011 hatte Sefolosha einen kurzen Auftritt bei Fenerbahçe Ülker. Er bestritt sein erstes Spiel für FB Ülker am 10. Oktober 2011 gegen Caja Laboral und sein letztes Spiel am 1. Dezember 2011 gegen Olympiakos Piräus. In der Euroleague bestritt der Schweizer sieben Spiele für Fenerbahçe Ülker, in denen er im Schnitt 11,4 Punkte je Begegnung erzielte.[1]
Nach Ablauf seines Vertrages beim Thunder im Sommer 2014 wechselte Sefolosha innerhalb der NBA und unterschrieb einen Vertrag über drei Jahre bei den Atlanta Hawks. Sefolosha spielte drei Jahre für die Hawks, bei denen er ein wichtiger Teil der Spielerrotation von Trainer Mike Budenholzer war. Im Sommer 2017 wechselte er zu den Utah Jazz, wo Sefolosha einen mit 10,5 Millionen Dollar dotierten Zweijahresvertrag unterschrieb.[2] Sefolosha erlitt am 12. Januar 2018 im Spiel gegen die Charlotte Hornets einen Bänderriss und fiel nach einer Operation für den Rest der Saison aus.[3][4] Nach einem Verstoß gegen die Betäubungsmittelrichtlinien im Sinne des Collective Bargaining Agreements (CBA) zwischen Liga und Spielergewerkschaft NBPA wurde Sefolosha im April 2018 für fünf Spiele unbezahlt gesperrt.[5] Aufgrund der Höhe der Strafe wurde Marihuana-Konsum im zweiten Wiederholungsfall kolportiert.[6][7]
Im Herbst 2019 schliesslich unterschrieb Sefolosha einen mit 2,56 Millionen Dollar dotierten Einjahresvertrag mit den Houston Rockets.[8] Damit spielten die bis dahin einzigen Schweizer NBA-Basketballer Sefolosha und Clint Capela im selben Verein. Sefolosha, der erste Schweizer in der NBA, war der Grund dafür, dass Capela einst mit der Sportart angefangen hatte.[9] Als die NBA nach dem Unterbruch wegen der COVID-19-Pandemie ihren Spielbetrieb Ende Juli 2020 in einer «Blase» in Orlando (Bundesstaat Florida) wiederaufnahm, verzichtete Sefolosha auf eine Teilnahme – ihm entgingen schätzungsweise 200 000 bis 400 000 Dollar. Sefolosha erachtete das Unterfangen als widersinnig und nicht vereinbar mit seinen Pflichten als Familienvater. Die NZZ sah darin eine Schärfung seines Profils als reflektierter und kritischer Sportler.[10]
Zurück in der Schweiz
Ende März 2021 beendete Sefolosha seine Laufbahn,[11] nachdem er zuvor mehr als ein Jahr vereinslos gewesen war.[12]
Im August 2022 trat Sefolosha bei der Schweizer Nationalmannschaft das Amt des technischen Beraters an.[13] Ende Januar 2023 wurde er wieder als Spieler tätig, um bis zum Ende der Saison 2022/23 den Erstligisten Vevey Riviera Basket zu verstärken.[14] Sein letztes Spiel bestritt er im Mai 2023.[15] Sefolosha wurde anschließend beim Schweizer Basketballverband als Verantwortlicher für die Spielerentwicklung tätig.[16]
Auszeichnungen
Polizeigewalt
Im April 2015 wurde Atlanta Hawk Sefolosha zusammen mit seinem Mannschaftskameraden Pero Antić wegen Behinderung der Behörden außerhalb einer Diskothek in Manhattan verhaftet, als die Polizei eine Straßenfront räumen wollte, nachdem dort Chris Copeland von den Indiana Pacers niedergestochen worden war.[17] Antić wurde gar nicht angeklagt, Sefolosha bot man eine Einstellung des Verfahrens an, was dieser jedoch ablehnte. Eine Jury sprach Sefolosha, dem im Zuge der Verhaftung das Wadenbein gebrochen worden war, ein halbes Jahr später von allen Vorwürfen frei.[18] Die Hawks verloren ohne ihn die Eastern Conference-Finalserie mit 0:4-Siegen gegen die Cleveland Cavaliers.[19] Sefolosha, der wegen seiner Verletzung wenigstens diese Playoff-Serie der Hawks verpasst hatte und den Bruch als karriereverkürzend bezeichnete, zitierte die Stadt New York nach seinem Freispruch wegen Freiheitsberaubung, exzessiver Gewaltanwendung und Verletzung seiner Bürgerrechte vor ein Bundesgericht. Ohne Zugeständnis der eigenen Schuld zahlte die Stadt New York im April 2017 vier Millionen Dollar in einer außergerichtlichen Einigung an Sefolosha.[20][21]
Anlässlich des Todes von George Floyd äußerte er sich öffentlich über Polizeigewalt und die Proteste in den USA.[22]
Privates
Sefolosha ist Vater von zwei Töchtern.[23]
Weblinks
- Thabo Sefolosha Offizielle Website
- Thabo Sefolosha – Spielerprofil auf NBA.com (englisch)
- Thabo Sefolosha auf NBA—Website
- Thabo Sefolosha auf Basketball Reference—Website
- Thabo Sefolosha auf RealGM—Website
- Thabo Sefolosha auf Lega Basket—Website
- Thabo Sefolosha auf Ligue Nationale de Basket—Website
- Thabo Sefolosha in der Internet Movie Database
Einzelnachweise
- SEFOLOSHA, THABO - Welcome to EUROLEAGUE BASKETBALL. Abgerufen am 2. April 2021.
- Roman Schuppli: Ein reizvoller Transfer für Sefolosha. Auf: Neue Zürcher Zeitung—Website; Zürich, 13. Juli 2017. Abgerufen am 18. August 2018.
- Jack Maloney: Losing Thabo Sefolosha for season could be the final blow to Jazz's slim playoff hopes. Sefolosha was injured Friday night and is reportedly to undergo season-ending knee surgery. Auf: CBS-Sports—Website; San Francisco, CA, 13. Januar 2018. Abgerufen am 15. Januar 2018 (in Englisch).
- Tony Jones: Utah Jazz teammates lament Thabo Sefolosha’s knee injury. Veteran forward weighing treatment possibilities. Auf: The Salt Lake Tribune—Website; Salt Lake City, UT, 14. Januar 2018. Abgerufen am 15. Januar 2018 (in Englisch).
- Ralf Meile: Sefolosha beim Kiffen erwischt – darum muss er kaum dafür büssen. Auf: Watson—Website; Zürich, 4. April 2018. Abgerufen am 18. August 2018.
- Jeff Zillgitt: Nerlens Noel, Thabo Sefolosha suspended five games for violating NBA's anti-drug program. Auf: USA Today—Website; McLean, VA, 3. April 2018. Abgerufen am 18. August 2018 (in Englisch).
- Roman Schuppli: Der Schweizer NBA-Basketballer Thabo Sefolosha konsumiert abermals Marihuana – und wird gesperrt. Auf: Neue Zürcher Zeitung—Website; Zürich, 4. April 2018. Abgerufen am 18. August 2018.
- Roman Schuppli: Die Schweizer Basketballer Thabo Sefolosha und Clint Capela spielen künftig in der NBA zusammen. In: Neue Zürcher Zeitung online. 20. September 2019, abgerufen am 2. September 2020.
- Roman Schuppli: Basketball: Bürgerrechtler trifft Showman. In: Neue Zürcher Zeitung am Sonntag online. 19. Oktober 2019, abgerufen am 2. September 2020.
- Roman Schuppli: Die Schweizer NBA-Spieler fehlen in Orlando. In: Neue Zürcher Zeitung online. 29. Juli 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Roman Schuppli: NBA: Thabo Sefolosha tritt im Stillen zurück. In: Neue Zürcher Zeitung. Abgerufen am 2. April 2021.
- Lucas Page: Thabo Sefolosha prend sa retraite. 1. April 2021, abgerufen am 2. April 2021 (französisch).
- Thabo Sefolosha dans son nouveau rôle pour le basket suisse. (swiss.basketball [abgerufen am 25. September 2022]).
- Basket: Thabo Sefolosha terminera la saison avec Vevey. In: Radio Télévision Suisse. 26. Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (französisch).
- Basket: Thabo Sefolosha tire sa révérence. In: Radio Télévision Suisse. 19. Mai 2023, abgerufen am 26. Mai 2023 (französisch).
- Le bel avenir du Basket Suisse. In: Schweizer Basketballverband. 6. Mai 2023 (swiss.basketball [abgerufen am 28. Mai 2023]).
- Benjamin Mueller: N.B.A. Player and 2 Women Are Stabbed Outside a Club. Aus: New York Times (New York Edition, Seite A23); New York City, New York, 9. April 2015 mit Beiträgen von Scott Cacciola und Ashley Southall. Als Pacers’ Chris Copeland and 2 Women Are Stabbed Outside Manhattan Club. zitiert nach: New York Times—Website; New York City, NY, 8. April 2015. Abgerufen am 15. Januar 2018 (in Englisch).
- Michael Wallace: Hawks' Thabo Sefolosha found not guilty in NYC arrest case. Auf: ESPN—Website; Burbank, CA, 9. Oktober 2015 mit Beiträgen von Scott Eden und The Associated Press. Abgerufen am 8. Januar 2018 (in Englisch).
- Nathaniel Penn: GQ Exclusive: NBA Star Thabo Sefolosha Tells His Story of Assault by the NYPD. Auf: Gentlemen’s Quarterly—Website; New York, NY, 29. Oktober 2015. Abgerufen am 14. März 2019 (in Englisch).
- Ashley Branca: NBA star Thabo Sefolosha receives $4m payout from NYPD over nightclub fracas. In: The Guardian, 6. April 2017, zitiert nach der The Guardian—Website; New York, NY, 6. April 2017 mit Beiträgen von The Associated Press. Abgerufen am 8. Januar 2018 (in Englisch).
- James C. McKinley Jr.: City Will Pay $4 Million in N.B.A. Player’s Arrest. Aus: New York Times (New York Edition, Seite A21); New York City, New York, 6. April 2017 mit Beiträgen von Scott Cacciola. Als New York City to Pay N.B.A.’s Thabo Sefolosha $4 Million to End False-Arrest Suit. zitiert nach: New York Times—Website; New York City, NY, 5. April 2017. Abgerufen am 15. Januar 2018 (in Englisch).
- Roman Schuppli, Flurin Clalüna: Der gewaltsame Tod von George Floyd wühlt Thabo Sefolosha auf. Er sagt, er empfinde «Ärger. Fast schon Ekel». In: Neue Zürcher Zeitung online. 4. Juni 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Adrian Ruch: «In den USA ist offener Rassismus erlaubt». Interview, SonntagsZeitung, 22. Juli 2019.