Tele Columbus

Die Tele Columbus AG ist ein börsennotiertes Unternehmen im Bereich Kabelfernsehen und Telekommunikation. Es handelt sich dabei um einen Tier-3-Provider. Die Leistungen von Tele Columbus werden seit September 2017 unter der neugeschaffenen Dachmarke PŸUR angeboten.

Tele Columbus AG
Logo
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN DE000TCAG172
Gründung 1985
Sitz Berlin, Deutschland Deutschland
Leitung
  • Markus Oswald (Vorstandsvorsitzender)[1]
  • Jochen Busch (Vorstandsmitglied)[2]
  • Christian Biechteler (Vorstandsmitglied)
  • Michael Fränkle (Vorstandsmitglied)
Mitarbeiterzahl 1.351[3]
Umsatz 446,6 Mio. Euro[3]
Branche Kabelnetzbetreiber, Internetdienstanbieter Telekommunikation
Website www.telecolumbus.com
Stand: 31. Dezember 2022

Aktivität

Die Tele-Columbus-Gruppe betreut bundesweit etwa 3,6 Millionen angeschlossene Haushalte. Tele Columbus hat im Herbst 2013 seine sogenannte Grundverschlüsselung für digitale Programme abgeschafft.[4] Für Verschlüsselungen wurde seit 2008 das Zugangsberechtigungssystem NDS Videoguard verwendet. Daneben verschlüsselte Tele Columbus bis auf Weiteres mit Conax im Simulcrypt-Verfahren.[5]

Seit September 2015 hat Tele Columbus erstmals auch Mobilfunkprodukte ins eigene Portfolio integriert, die zu den „2er“ und „3er“ Kombitarifen buchbar sind. Der Mobilfunk-Netzpartner war hierbei der MBA-MVNO 1&1 Drillisch, welcher den Kunden von Tele Columbus über seinen mobilen Bitstrom-Zugang das O2-Netz zur Verfügung stellte.[6]

Geschichte

Seit 1985 fungiert die Tele Columbus mit Sitz in Berlin als Holding für Kabel-Servicegesellschaften in Deutschland, die mit unterschiedlichen Konzepten in Städten und Regionen für einen Fernseh- und Hörfunkempfang sorgte und dabei auch mit der Wohnungswirtschaft kooperierte. Die Unternehmen der Tele-Columbus-Gruppe bieten analoges Kabelfernsehen, Digitalfernsehen, Internetzugang und Kabel-Telefonie über das Breitbandkabel.

Im Jahr 1994 wurde Tele Columbus von VEBA übernommen, dann 1999 von der Deutschen Bank und schließlich 2003 an eine Investorengruppe verkauft. 2005 übernahm Unitymedia (ursprünglich Unity Media) die damalige Tele Columbus.

Escaline Holding und Orion Cable

Ein Konsortium aus Investmentfirmen und Banken (Aletheia Capital Partners, ABN AMRO Ventures, Kingsbridge Capital Management GP, Quilvest, Alcentra und Société Générale) gründete 2005 die Orion Cable GmbH als Tochter der Luxemburger Escáline S. a. r. l. und erwarb für 629 Millionen Euro zunächst über 50 Prozent des Kabelnetzbetreibers EWT GmbH von der Familie Stritzl[7]; wenig später wurden die verbliebenen Anteile erworben. 2006 übernimmt Orion Cable die Tele-Columbus-Gruppe von Unity Media; gleichzeitig wurde ein Teil der Gruppe an die Regionalbetreiber ish und Kabel BW veräußert.

Seit 2007 treten Tele Columbus und ewt gegenüber den Kunden unter einem einheitlichen Marken-Design auf, erweitern das Produktprogramm und ändern ihre Ausrichtung vom technisch orientierten Infrastrukturbetreiber zum kundenzentrierten Telekommunikationsdienstleister.

Im September 2007 erwarb Orion Cable knapp 91 Prozent der Anteile an der Primacom, mit dem Wunsch, das Unternehmen mit der Tele-Columbus-Gruppe zu fusionieren. Die Integrationsversuche von Orion Cable wurden im Jahr 2009 gestoppt, da die Integrationserfolge zum damaligen Zeitpunkt als zu gering eingeschätzt wurden.

Die Orion Cable hatte zu diesem Zeitpunkt etwa 3,2 Millionen Kunden, aber auch 1,7 Milliarden Euro Schulden. Die Tele-Columbus-Gruppe hatte alleine etwa eine Milliarde Euro Schulden.

Gescheiterte Übernahme durch Kabel Deutschland

Tele-Columbus-Haus am Ernst-Reuter-Platz in Berlin

Im Sommer 2009 gab die Orion Cable ihre Absicht bekannt, die Tochtergesellschaft Tele Columbus Group verkaufen zu wollen, um selber der Insolvenz zu entgehen. Im Dezember 2009 erwarb schließlich ein Gläubigerkonsortium aus Hedgefonds und Banken das Unternehmen für nur 2,5 Millionen Euro.[8] Am 21. Mai 2012 wurde bekannt, dass Tele Columbus für 618 Millionen Euro von der Kabel Deutschland AG übernommen werden sollte. Die endgültige Zustimmung zur Übernahme musste allerdings vom Bundeskartellamt erteilt werden.[9] Anfang Dezember 2012 gab das Bundeskartellamt eine Pressemitteilung heraus, in der der Zusammenschluss kritisch beurteilt wurde. Eine endgültige Entscheidung sollte zunächst bis zum 16. Januar 2013 getroffen werden, das Kartellamt verlängerte die Frist allerdings bis zum 15. Februar 2013.[10] Kabel Deutschland teilte nach dieser Frist mit, dass man auf die Übernahme verzichten werde. Das Unternehmen ging davon aus, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagen würde, da Kabel Deutschland die geforderten Auflagen aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllen könne.[11]

Börsengang

Tele Columbus ist seit dem 23. Januar 2015 im regulierten Markt und Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Die Kapitalerhöhung zum Börsengang erbrachte einen Bruttoerlös von 367 Mio. Euro.[12] Zwischen dem 23. Juni 2015 und dem 18. März 2019 und erneut seit dem 14. Juli 2020 ist die Aktie Bestandteil des SDAX. Zum 21. Dezember 2020 scheidet die Aktie wieder aus dem SDAX aus.[13]

Übernahmen

Logo von Pÿur

Im Juli 2015 übernahm Tele Columbus die Primacom GmbH, zu diesem Zeitpunkt viertgrößter Kabelnetzbetreiber in Deutschland, und erreichte damit die Größenordnung von 2,8 Mio. angeschlossenen Haushalten. Im November des gleichen Jahres akquirierte das Unternehmen auch den Kabelnetzbetreiber Pepcom und erhöhte seine Kundenbasis auf 3,7 Mio. angeschlossene Haushalte. Die Übernahmen wurden unter anderem mit einer Kapitalerhöhung von 383 Mio. finanziert. Tele Columbus ist nach den Übernahmen weiterhin der drittgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber.[12]

Seit 4. Oktober 2017 sind ihre Marken Tele Columbus, primacom, HL komm und pepcom unter dem Namen Pÿur zusammengefasst.[14][15] Der Buchstabe Ÿ (Y mit Trema) ist ein seltener Buchstabe des lateinischen Schriftsystems im DeutschenFranzösischen und Ungarischen. Laut Marketingchef Tobias Schmidt soll Pÿur wie das englische „pure“ ausgesprochen werden und für Einfachheit und Leistung stehen.[16] Pressesprecher Rudoph Attlfellner sprach von einem „frechen Doppelpunkt“.[17] Der Name des Unternehmens bleibt unverändert Tele Columbus.

Einstieg von United Internet

Im Februar 2016 hat United Internet erklärt, eine Beteiligung in Höhe von 9,8 % an Tele Columbus erworben und unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Freigabe einen Vertrag über den Erwerb von weiteren 15,31 % abgeschlossen zu haben.[18] Bereits im März 2016 wurde die Übernahme der weiteren Anteile kartellrechtlich genehmigt. Damit ist United Internet mit einem Aktienanteil von 29,7 % der größte Einzelaktionär von Tele Columbus.[19]

Übernahme durch Kublai

2021 hat die Kublai GmbH, hinter der mehrheitlich Morgan Stanley Infrastructure Partners steht, die Tele Columbus AG vollständig übernommen.[20] United Internet erwarb durch die Abgabe seines Aktienpakets einen Anteil an Kublai.[21] Mit der Übernahme hat Kublai eine Kapitalerhöhung von 475 Mio. Euro bereitgestellt, womit ein Teil der Verbindlichkeiten abgetragen werden. Zusätzlich wurden weitere 75 Mio. Euro für den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur bereitgestellt.[22] Innerhalb von 10 Jahren sollen insgesamt 3 Mrd. Euro investiert werden, wovon 2/3 in den Netzausbau gehen sollen. Die Verschuldung soll unter das 5-fache des operativen Gewinns sinken.[23]

Im November 2023 investierte Kublai weitere 200 Mio. Euro in das Unternehmen. Im Gegenzug wurden Kredite und Anleihen bis 2028 verlängert.[24]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Sabine Reifenberger: Tele Columbus erweitert Vorstand, Börsen-Zeitung vom 24. Januar 2023
  2. Stuart Thomson: Tele Columbus names ex-Vodafone exec as consumer business chief, DigitalTVEurope vom 3. Mai 2023
  3. Zusammengefasster Lagebericht zum 31.12.2022. Tele Columbus AG, abgerufen am 13. Juli 2023.
  4. heise online: Digitalkabel: RTL & Co bald auch bei Tele Columbus unverschlüsselt. In: heise.de. 1. Oktober 2013, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  5. Erfolgreicher Start für die Tele Columbus Digitalplattform. (pdf; 51 kB) Tele Columbus, 28. August 2008, abgerufen am 20. Januar 2013.
  6. Tele Columbus startet Mobilfunkangebot, auf www.tele-columbus.de (Memento vom 10. September 2015 im Internet Archive), abgerufen am 14. September 2015
  7. Orion Cable – Our Company (Memento vom 1. März 2010 im Internet Archive)
  8. Tele Columbus wird für 2,5 Mio. Euro verkauft (Memento vom 15. Januar 2010 im Internet Archive)
  9. Netzbetreiber: Kabel Deutschland übernimmt Tele Columbus. Handelsblatt.com, 21. Mai 2012, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  10. Bundeskartellamt sieht Übernahme von Tele Columbus durch Kabel Deutschland kritisch – abschließende Entscheidung steht noch aus. Bundeskartellamt, 7. Dezember 2012, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  11. Kabel Deutschland scheitert bei Übernahme von Tele Columbus. In: Hamburger Abendblatt. 19. Februar 2013, abgerufen am 2. März 2013.
  12. Geschäftsbericht 2017. Tele Columbus AG, abgerufen am 10. Dezember 2018.
  13. Deutsche Börse Group - Siemens Energy AG to be included in MDAX. Abgerufen am 6. Dezember 2020.
  14. Tele Columbus heißt künftig „PŸUR“, teltarif.de, Artikel vom 31. August 2017.
  15. Digitalfernsehen.de: Tele Columbus wird zu Pÿur
  16. Neue Kabel-Marke PŸUR: Interview mit Marketing-Chef Tobias Schmidt. Abgerufen am 8. Januar 2018.
  17. Matthias Bartl: Neuer Name steht für Transparenz: Aus Tele Columbus wird Pÿur. In: Mitteldeutsche Zeitung. (mz-web.de [abgerufen am 8. Januar 2018]).
  18. United Internet kauft Anteil von 25.1% an Tele Columbus AG. In: Tele Columbus Pressemeldung. 11. Februar 2016, abgerufen am 20. Mai 2017.
  19. Großinvestor United Internet drängt auf neuen Aufsichtsrat bei Tele Columbus. In: Handelsblatt. 31. Mai 2019, abgerufen am 31. Mai 2019.
  20. Dena Altdörfer: Tele Columbus: Übernahme ist perfekt. 14. April 2021, abgerufen am 13. August 2023.
  21. Übernahme: Morgan-Stanley-Tochter übernimmt Kabelnetzbetreiber Tele Columbus. Abgerufen am 13. August 2023.
  22. manager magazin: Verkauf an Morgan-Stanley-Fonds: Großaktionär Dommermuth findet Lösung für Tele Columbus. 21. Dezember 2020, abgerufen am 13. August 2023.
  23. Handelsblatt. Abgerufen am 17. Januar 2024.
  24. Handelsblatt. Abgerufen am 17. Januar 2024.

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