Straßenbahn Meißen
Die Straßenbahn Meißen war die Straßenbahn der sächsischen Stadt Meißen und bediente in Meterspur vom 16. Dezember 1899 bis 21. Dezember 1935 den Personen- und vom 20. September 1900 bis 2. Januar 1968 den Güterverkehr in der Stadt. Die große Besonderheit der Meißner Straßenbahn war der umfangreiche Rollbockbetrieb, der nicht nur als Verkehr zwischen normal- und schmalspurigen Strecken stattfand, sondern viele Jahre auch mit Fahrzeugen, die den Betrieb nicht nur zwischen diesen Spurweiten ermöglichten, sondern auch alle drei Spurweiten, die es gleichzeitig in Meißen gab (750 mm, 1000 mm, 1435 mm), im Güterverkehr als sogenannter „Huckepackverkehr“ bedienen konnten.
Die Meißner Bevölkerung bezeichnete die Straßenbahn liebevoll als „Funkenkutsche“,[1] einige Relikte erinnern noch heute an das Unternehmen.
Geschichte
Am Ende des 19. Jahrhunderts zählte die Kreisstadt an der Elbe rund 20.000 Einwohner. Somit schien die Einrichtung eines innerstädtischen Verkehrsmittels angebracht, zumal der Bahnhof Meißen gegenüber der Altstadt auf dem rechten Elbufer liegt.[2]
Ursprünglich verfolgte man bis 1888 noch den Gedanken zum Bau einer Pferdestraßenbahn, die auch über den Markt und die Fleischergasse geführt werden sollte. Im Jahre 1893 gab es dann die Anfrage zur Konzession zum Bau einer Straßenbahn „mittels mechanischen Motors“ oder Gasmotorwagen, welche allerdings nicht weiterverfolgt wurde. Grundsätzlich war man sich jedoch einig, dass eine Straßenbahn nur für den Personenverkehr nicht rentabel ist und man deshalb auch den Güterverkehr per Straßenbahn einplanen sollte.[3]
Personenverkehr
Die Stadt schloss im Jahre 1895 einen Vertrag mit der Credit- und Sparbank in Leipzig, der Union-Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin und dem Kaufmann Heinrich Eckstein aus Leipzig über den Bau einer Straßenbahn und eines Elektrizitätswerks in Meißen ab. Am 2. Juni 1898 kam es zu einem weiteren Vertrag über die endgültige Linienführung, in der nun auch eine Güterstrecke zum Elbkai enthalten war. Noch im Juni 1898 begann das Verlegen der Gleise in der Talstraße. Das Konsortium gründete am 12. Mai 1900 die Meißener Straßenbahn AG. Zum Betriebshof wurde das Grundstück Jaspisstraße 11 im Triebischtal erklärt.[4]
- Fahrmarke aus Messing von 1900 Vorderseite
- Fahrmarke aus Messing von 1900 Rückseite
- Straßenbahngeld Meißen Wertseite
- Straßenbahngeld Meißen Motivseite
Eröffnung in Etappen
Das Kgl. Sächsische Ministerium des Innern stellte am 25. November 1899 die Verleihungsurkunde aus, die offiziell der Elektricitätsgesellschaft Union das Recht zur Herstellung und zum Betrieb von Straßenbahnen in Meißen erteilte. Darin war festgelegt, dass die Strecke vom Bahnhof Meißen bis zur heutigen Kerstingstraße nur dem Personen-, Gepäck- und Stückgutverkehr zu dienen hatte. Die Strecke zum Elbkai über den Neumarkt sollte nur dem reinen Güterverkehr vorbehalten sein. Die Reststrecke bis zum Buschbad diente dem gemischten Verkehr.[5]
Zuerst wurde am 16. Dezember 1899 der Abschnitt Bahnhof Meißen–Jaspisstraße im Zehn-Minuten-Takt aufgenommen. Man zählte am Eröffnungstag 2.700 Fahrgäste. Der Abschnitt bis zur damaligen Stadtgrenze auf der Mühlgrabenbrücke an der Straße Am Triebischwehr, wurde am 11. Januar 1900 eröffnet. Ab dem 1. April 1900 wurde schließlich die Reststrecke bis zum Buschbad für den Personenverkehr freigegeben. Die 4,6 Kilometer lange eingleisige und meterspurige Gesamtstrecke für den Personenverkehr begann nun am Staatsbahnhof Meißen in Cölln und überquerte die Elbe zur Altstadt hin. Sie führte über den Heinrichsplatz, über den Kleinmarkt und folgte dann der Neugasse, der Talstraße und der Jacobistraße nach Westen bis zur Endstation am Buschbad, nahe der Triebisch.
Die Reisezeit über die Gesamtstrecke betrug 23 Minuten. Gefahren wurde demnach vom Bahnhof Meißen bis zur Jaspisstraße (Linie J) im Triebischtal alle zehn Minuten. Bis nach Buschbad (Linie B) alle zwanzig Minuten. Bei Volksfesten verkehrte die Straßenbahn zwischen Neugasse und Böttgerstraße alle 5 Minuten. Die Bahn durfte in den engen Gassen der Stadt, besonders am Heinrichsplatz, nur mit 6 km/h und auf den Außenstrecken bis zu 20 km/h fahren. Nach dem Ersten Weltkrieg führte man die Linienbezeichnung „1“ für die Gesamtstrecke vom Bahnhof bis nach Buschbad ein. Die Straßenbahn war für einen Betrieb mit Rollenstromabnehmern ausgelegt. Am Bahnhof Meißen gab es ein Gleisdreieck an der Endhaltestelle, sodass die Fahrgäste stets die Wagen am Vorplatz besteigen konnten.
Die Strecke war vorwiegend eingleisig mit Ausweichen, die einen 5-Minuten-Verkehr ermöglichten. Die Elbbrücke und ein Teil der Elbstraße waren jedoch zweigleisig. Trotzdem durften sich auf der Elbbrücke keine Straßenbahnwagen begegnen. Dafür sorgten zwei Wärter auf jeder Seite. Über den Heinrichsplatz führte die Strecke weiter durch die Gerbergasse zur Neugasse und von dort in die Talstraße. Am Abzweig zur Jaspisstraße gab es ein weiteres Gleisdreieck. Durch das Gleisdreieck konnten Straßenbahnen aus beiden Richtungen direkt zum Betriebshof Jaspisstraße fahren. Von hier führte die Strecke über die damalige Jacobistraße bis zur Endhaltestelle am Buschbad.
Meißner Straßenbahn AG
Schon am 14. Juli 1900 beschloss die am 12. Mai 1900 gegründete Meißner Straßenbahn AG in einer Generalversammlung, die gesamte Bahn vom Konsortium zu kaufen. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde ein großer Teil des Personals zum Kriegsdienst eingezogen. Gleichzeitig sank die Anzahl der beförderten Fahrgäste und auch der Güterverkehr nahm erheblich ab. Die Meißner Straßenbahn AG beschloss daher am 5. Mai 1917 ihre Auflösung.
Städtische Straßenbahn Meißen
Die Stadt Meißen wollte jedoch unbedingt den Straßenbahnbetrieb erhalten. Man übernahm 1917 das Unternehmen für 810.000 Mark. Zunächst wurde der Fahrplan ausgedünnt. Am 1. Januar 1918 gab es erstmals eine Tariferhöhung. Weitere Tariferhöhungen folgten. Die Beförderungszahlen erreichten 1913 mit 1.087.000 einen Höhepunkt.
Fahrmarken und Straßenbahngeld
Zunächst musste der Fahrpreis von 10 Pfennig in den Zahlkasten im Triebwagen geworfen werden. Das sollte der Fahrer kontrollieren. Fuhr der Zug mit Beiwagen dann kassierte dort ein Schaffner und der Fahrgast erhielt einen Fahrschein. Jedoch gab es auch Fahrmarken aus Messing (19,70 × 19,70 Millimeter) in den Meißner Geschäften zu kaufen. Als Ermäßigung konnte man zwölf Fahrmarken in einer Tüte verpackt für eine Mark erwerben. Die Fahrmarken sollten ebenfalls im Triebwagen in den Zahlkasten geworfen werden. Im Beiwagen sammelte der Schaffner die Marken ein und man bekam dafür einen Fahrschein. Während des Ersten Weltkrieges waren die Fahrmarken nur noch aus Zink. Hergestellt wurden die Marken in der Firma von Friedrich Oswald Naupert in Roßwein.[6] Auf den achteckigen Marken mit Perlrahmen stand auf der Vorderseite bogig „MEISSNER STRASSENBAHN“. Auf der Rückseite war das Monogramm „MS“, für MEISSNER STRASSENBAHN eingeprägt. Das „S“ ist dabei schraffiert.[7][8]
Für die Personenstraßenbahn wurden nach dem Ersten Weltkrieg kurzfristig zwei Münzen aus Porzellan ausgegeben. Anfang 1921 fertigte die Porzellanmanufaktur Meissen die 30- und 50-Pfennigstücke an.[9] In der Stadtverwaltung hieß es, dass es kein Notgeld, sondern Straßenbahngeld sei. Eingeführt wurden die Stücke offiziell mit einer Ankündigung im „Meißner Tageblatt“ vom 5. Mai 1921. Zur Benutzung der Meißner Straßenbahn akzeptierte man aber nur die beiden Stücke aus weißem Biskuitporzellan. Die motivgleichen Stücke aus Böttgersteinzeug waren dagegen Erwerbslosengeld. Die Münzentwürfe stammen von Emil Paul Börner. Beide Münzen kamen schnell in Sammlerhände und verschwanden so aus dem Umlauf.
- Im Original erhalten gebliebener Oberleitungsmast
- Erhaltene Straßenbahnschienen bei der ehemaligen Kunstmühlenfabrik Heinrich Reich in Triebischtal, 2015
- Blick auf das ehemalige Straßenbahndepot im Jahr 2015
- Uhrtürmchen am Straßenbahndepot
- Oberleitungsmasten in der Jaspisstraße
- Historische Oberleitungsrosette
Güterverkehr
Am 20. September 1900 begann die Straßenbahngesellschaft auch mit der Güterbeförderung. Die erste Fahrt ging vom Betriebsbahnhof an der Jaspisstraße bis zur Ziegelei am Buschbad. Ab 8. Oktober 1900 fuhr man dann auch stadteinwärts und am 25. März 1901 fuhr man erstmals aufgebockte Güterwagen zur Firma Teichert am Neumarkt. Ein Elbhochwasser verhinderte vorerst noch den Elbumschlagsbetrieb am Elbkai. Der Güterverkehr zum Elbkai konnte erst am 9. April 1901 aufgenommen werden. Ab 1905 wurde auch der Rollbockverkehr zum Elbkai zugelassen. Bisher hatte man dort nur Jute für die Spinnerei im Triebischtal umschlagen können. Nun konnten dort auch landwirtschaftliche Produkte wie zum Beispiel Kartoffeln und Zuckerrüben gut verschifft werden.
Der Güterverkehr entwickelte sich recht gut. Transportiert wurden vorwiegend Waggons auf Rollböcken, die mit Kohle, Koks, Kaolin und Jute beladen waren. Aber auch Getreide, Mehl, Kartoffeln, Zuckerrüben und Stückgut wurden im Waggon den Kunden mit Gleisanschluss zugestellt oder die gefertigten Produkte von dort abgeholt. Waren es zur Eröffnung der Güterstraßenbahn nur 5 Fabrikanschlüsse, so wuchs die Zahl in sehr kurzer Zeit auf 15 an. Im Jahre 1912 wurden auf diese Art 129.400 Tonnen an Gütern befördert.
Der Betriebshof der Straßenbahn in der Jaspisstraße hatte ebenfalls einen normalspurigen (1435 mm) Gleisanschluss zur Staatseisenbahn, über den man Güterwagen vom Güterbahnhof Meißen Triebischtal zustellte. Es gab je ein Gleis für ankommende und abgehende Wagen. Über eine Segmentdrehscheibe wurden die Wagen per Seilzug zu den zwei Rollbockgruben rangiert. Dazu benutzte man vorzugsweise die kleine Güterlok Nr. 4. Auf dem Betriebshofgelände befand sich außerdem das Verwaltungsgebäude, eine dreigleisige Wagenhalle mit Werkstatt sowie die „Kraftstation“. In der Kraftstation waren zwei Stadtgasmotore die jeweils mit einem Gleichstromgenerator 65 kW / 500 V gekuppelt waren. Dazu gab es noch eine Pufferbatterie.
Das Gütergleis begann am fiskalischen Elbkai unterhalb des Meißner Domes und führte am rechten Triebischufer über Poststraße und Neumarkt talaufwärts, querte den Fluss Triebisch erneut und mündete in die Strecke des Personenverkehrs ein, von der mehrere Anschlussgleise abzweigten, beispielsweise zur Porzellanmanufaktur und zum Gaswerk. An der Jaspisstraße zweigte die Güterbahn zum Betriebshof der Straßenbahn ab, wo Anschluss zur Staatsbahn bestand. Ab 20. Juni 1913 fuhren Güterzüge von dort durch die Altstadt auch auf das rechte Elbufer und nutzten eine neue Übergabemöglichkeit an die Staatsbahn in der Nähe vom Bahnhof Meißen. Auf dieser Strecke durften aber keine Rollböcke benutzt werden; daher wurden bis zu vier eigene Güterwagen an eine Lokomotive angehängt.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs, welcher zunächst noch zu einer Steigerung des Güteraufkommens führte, kam jedoch keine Jute mehr auf dem Wasserweg in Meißen an. Der Umschlagsbetrieb am Elbkai wurde eingestellt. 1941 mussten zudem 14 eigene Güterwagen an die Munitionsfabrik in Dranske abgegeben werden. 1947 wurden die Gleise vom Elbkai bis zum Hahnemannsplatz abgebaut.
In den 1950er Jahren beförderte die Bahn noch jährlich fast 6000 Eisenbahnwagen in der Stadt, trotzdem waren die vorhandenen Gleisanlagen mit der Zeit nicht mehr technisch aktuell. Die Deutsche Reichsbahn setzte auch zunehmend vierachsige Güterwagen ein. Solche Wagen konnten aber auf Grund der engen Anschlussgleise nicht mehr den Fabriken zugestellt werden. Der Betrieb wurde zwar offiziell am 31. Dezember 1967 eingestellt, da allerdings noch einige Güterwagen eintrafen bzw. bereits zugestellte Güterwagen von den Fabriken noch abgeholt werden mussten, wurde der Betrieb erst am 2. Januar 1968 endgültig stillgelegt.[10]
Verknüpfung Schmalspurbahn–Straßenbahn
Der Güterverkehr auf den beiden Schmalspurstrecken der Staatsbahn Meißen Triebischtal–Wilsdruff sowie Meißen Triebischtal–Lommatzsch wurde vorrangig mit regelspurigen Güterwagen auf Rollwagen abgewickelt, so zum Beispiel Kaolin aus Löthain. Die ankommenden Güterwagen wurden dazu auf der Umspuranlage (Normalspur–Schmalspur) im Güterbahnhof Meißen Triebischtal vom Rollwagen abgezogen, dann zur Rollbockanlage im Betriebshof der Meißner Straßenbahn umgesetzt, aufgebockt und dann von dort mit der Güterlok der Straßenbahn zum Beispiel zur Porzellanmanufaktur Meißen befördert.
Es gab jedoch auch ab 1910 die direkte Möglichkeit Wagen der Schmalspurbahn (750 mm) mit der Güterstraßenbahn in Meißen zu befördern. Dafür nutzte man den speziell von der Staatsbahn beschafften regelspurige Flachwagen, auf dem ein 750 mm Schienenpaar verlegt war. Damit konnte man mittels Überladerampe im Güterbahnhof Meißen Triebischtal einen Schmalspurgüterwagen aufrollen. Anschließend wurde der regelspurige Spezialwagen zur Rollbockgrube im Betriebshof der Meißner Straßenbahn umgesetzt. Dort wurde er aufgebockt und danach weiter mit der Güterstraßenbahn durch die Stadt befördert. Kurios war, dass damit eine Art „Huckepackwagen“ mit jeweils drei unterschiedlichen Spurweiten (1000 mm, 1435 mm, 750 mm) übereinander entstand. Jedoch ersparte man sich das Umladen der Fracht. Somit bestand auch eine direkte Verknüpfung zwischen Schmalspureisenbahn und der Meißner Güterstraßenbahn.
Anschlussgleise Güterverkehr
Nachweisbar sind heute 23 Abzweigungen von den Strecken- und Betriebshofgleisen, die in 15 Betriebe der Stadt Meißen führten. Die Anschlüsse bestanden jedoch nie gleichzeitig. Der erste Firmenanschluss verschwand schon 1914, als die Nähmaschinenfabrik Biesold & Locke einem Großbrand zum Opfer fiel. Im Jahre 1961 wurde der letzte Fabrikanschluss zur neuen Halle vom VEB Molekularzerstäubung im Triebischtal realisiert. Anschlussgleise bestanden demnach zu:
- Buschmühle (Buschbad)
- Tonwarenfabrik Tittelbach
- Chamotte- und Tonwaren-Fabrik
- Ziegelei Otto & Schlosser
- Emaillierwerk Teutonia
- VEB Molekularzerstäubung
- Jutespinnerei Lager II
- Jacobiwerk (Maschinenfabrik)
- Jutespinnerei Hauptwerk Schützestraße
- Meißner Gasanstalt
- Porzellanmanufaktur Meißen
- Maschinenfabrik Schindler & Grünewald
- Reich-Mühle
- Blechwarenfabrik Quaas
- Nähmaschinenfabrik Biesold & Locke
- Meißner Ofen- und Porzellanfabrik vorm. Carl Teichert
Fahrzeuge
Personenverkehr
Den Personenverkehr hatte man 1899 mit 6 Triebwagen, 2 geschlossenen Beiwagen und 3 offenen Sommerbeiwagen eröffnet. Als dann der Verkehr bis nach Buschbad aufgenommen wurde, mussten im Jahre 1900 nochmals 2 Triebwagen der gleichen Bauart nachbeschafft werden. Alle Trieb- und Beiwagen hatten offene Plattformen. Das Fahrpersonal war Wind und Wetter ausgesetzt. Im Jahre 1909 bekamen die Triebwagen eine Heizung und wurden mit Fußsandstreuer versehen. Von der Bromberger Straßenbahn kaufte man 1912 einen alten Triebwagen und baute ihn zum Beiwagen um. Ab 1920 bekamen die Triebwagen einen Glasvorbau. 1925 wurden von der Dresdner Vorortsbahn vier weitere Triebwagen übernommen. Sämtliche Personenfahrzeuge besaßen elektrischen Bremsen und waren gelb-weiß lackiert. Die Fahrgestelle waren schwarz lackiert. Mit Gründung der Meißner Straßenbahn AG trugen die Fahrzeuge an den Seiten das Große Meißner Wappen. Nach Einstellung des Personenverkehrs wurden viele Fahrzeuge verschrottet, einige als Gartenlauben oder Bauunterkunftswagen verkauft. Ein Pferdeturmwagen der schon zum Bau der Fahrleitungsanlagen benutzt wurde, gehörte noch bis 1968 für Reparaturarbeiten zum Fahrzeugpark.
Güterverkehr
Bei Aufnahme des Güterverkehrs standen im Jahre 1900 zwei Elektrolokomotiven und sieben eigene Güterwagen zur Verfügung. Die Fahrzeuge hatte die Waggonfabrik Lindner in Ammendorf hergestellt, die elektrische Ausrüstung stammte von der Union-Elektricitäts-Gesellschaft. Dazu hatte man zunächst zwölf Rollböcke zum Transport normalspuriger Güterwagen beschafft. Später gab es dann noch einen Spezialrollbock für die Mittelachse von dreiachsigen Güterwagen. Die Lokomotiven besaßen elektrische Bremsen und dazu eine Trommel für das Seil der Heberleinbremse, mit der alle eigenen Güterwagen und Rollböcke ausgerüstet waren. Im Jahre 1901 wurde eine dritte Lokomotive von der Waggonfabrik Liebscher aus Dresden beschafft. Die Fabrik lieferte auch noch 3 Güterwagen und 18 Rollböcke. Die kleine Lokomotive Nr. 4 wurde im Jahre 1906 von der AEG beschafft. Im Jahre 1914 war der Bestand an eigenen Güterwagen auf 17 und die der Rollböcke auf 49 angestiegen. Zudem gab es noch einen Spezialrollbockwagen, denn man hatte ein spezielles Aufsatzgestell entwickelt, welches bei Bedarf auf zwei Rollböcke gesetzt werden konnte. Somit stand nun ein vierachsiger Güterwagen für Spezialtransporte zur Verfügung. Alle vier Lokomotiven waren grün und die Fahrgestelle schwarz lackiert. Mit Gründung der Meißner Straßenbahn AG trugen die Lokomotiven an den Seiten das Große Meißner Wappen. Nach 1945 meist nur noch den Schriftzug „Städtische Straßenbahn“ und dazu noch die Locknummer in weiß.[11]
Einschränkungen und Einstellung des Verkehrs
- Als Folge von Streiks und Kohlemangel kam es vom 25. Dezember 1918 bis 23. Mai 1919 zur kompletten Stilllegung der Straßenbahn. Die Zeit der Stilllegung nutzte man um in der Kraftstation im Triebischtal die verschlissenen Gasmotore durch Elektromotore auszutauschen.
- Vom 25. Januar 1920 bis 9. November 1920 ruhte der Betrieb erneut.
- Trotz Hochinflation konnte durch den anfallenden Güterverkehr im Jahre 1923 auch der Personenverkehr mit Einschränkungen aufrechterhalten werden. Am 17. November 1923 kostete eine einfache Fahrt 30 Milliarden Mark. Mit der Stabilisierung von Währung und Wirtschaft normalisierte sich auch der Straßenbahnverkehr.
- Ab 1. Oktober 1929 verpachtete die Stadt Meißen den Straßenbahnbetrieb für 15 Jahre an den Elektrizitätsverband Gröba. Am 21. Dezember 1935 wurde der Pachtvertrag aufgehoben. Die Stadt Meißen hatte das Elektrizitätswerk, die Straßenbahn und den Kraftverkehr wieder in eigene Verwaltung und unter dem Namen „Städtische Werke“ übernommen.[12]
- 1930 wurde ein 20-Minuten-Verkehr eingeführt.
- In der Folgezeit wurde das Gütergleis zum Elbkai stillgelegt; die Güterzüge endeten nun am Hahnemannsplatz in der Triebischvorstadt. Aber auch der Personenverkehr wurde erheblich reduziert. Nachdem die alte Elbbrücke 1934 abgebrochen worden war, endete die Straßenbahn am linken Ufer in der Elbstraße. Auch nach dem Neubau der Altstadtbrücke erhielt sie keine Genehmigung, diese zu benutzen, und konnte nun den Bahnhof nicht mehr erreichen. Folglich endete der Straßenbahnpersonenverkehr am 2. März 1936. Er wurde nun ausschließlich mit Omnibussen bedient, die – nach einem Probebetrieb im Jahr 1906 – schon seit dem 23. Februar 1928 von der Städtischen Straßenbahn zusätzlich eingesetzt worden waren. Dafür waren zwölf Fahrzeuge vorhanden.
Unfälle
- Der erste Unfall ereignete sich bereits am Eröffnungstag 1899, als ein Fahrgast beim Abspringen von der Straßenbahn stürzte und sich dabei verletzte.
- Der schwerste Unfall der Meißner Straßenbahn ereignete sich im Sommer 1961. Dabei kam es zu einer Flankenfahrt zweier Güterzüge am Gleisdreieck Talstraße, Ecke Jaspisstraße. Ein mit Kohle beladener Güterwagen der DR auf Rollböcken stürzte dabei um. Die Güterlokomotive Nr. 3 wurde dabei erheblich beschädigt. Glücklicherweise gab es keine Verletzte.
Verbliebene Wagen und Anlagen
Die Güterlokomotive Nummer 3 blieb zunächst im Verkehrsmuseum Dresden erhalten, außerdem ein Güterwagen, der über die Inselbahn Langeoog (Nummer 19) nach Thüringen zum Verein Hirzbergbahn gelangte. Der Triebwagen Nummer 1 wurde von einem Privatgrundstück in Keilbusch geborgen und verkehrt heute als Pferdebahnwagen Nummer 1 bei der Straßenbahn Döbeln. In Keilbusch steht auf demselben Grundstück noch der Beiwagen Nummer 14. Auch einige zweiachsige Güterwagen sollen noch bei norddeutschen Museumseisenbahnen vorhanden sein, wobei nicht überliefert ist, ob diese tatsächlich aus Meißen stammen oder es sich lediglich um Fahrzeuge aus demselben Baulos handelt. Am 27. Juni 2012 wurde mit der Auflösung der Nahverkehrsausstellung im Verkehrsmuseum Dresden die Güterlokomotive Nummer 3 in das ehemalige Straßenbahndepot an der Meißener Jaspisstraße überführt, dem heutigen Bauhof der Stadt Meißen, wo sie an bestimmten Tagen im Jahr besichtigt werden kann.
Auf dem heutigen Gelände vom Bauhof Meißen befinden sich noch einige originale Oberleitungsmasten, welche man heute für die Beleuchtung nutzt. Am ehemaligen Verwaltungsgebäude blieb eine Oberleitungsrosette für die Fahrdrahtaufhängung erhalten.
Sichtbar erhalten sind noch die Gleisanlagen in der ehemaligen Kunstmühle Heinrich Reich in Triebischtal. Bei Straßenbaumaßnahmen in der Talstraße beziehungsweise der Ossietzkystraße können auch heute noch Straßenbahnschienen gesichtet werden. Außerdem existieren an einigen sanierten und unsanierten Häusern noch Oberleitungsrosetten.
Der zweiachsige Güterwagen Nr. 14 mit dem man einst Jute vom Elbkai zur Jutespinnerei im Triebischtal transportierte, kehrte von der Insel Langeoog im Jahre 2021 wieder in das ehemalige Straßenbahndepot Meißen zurück. Inzwischen wird dort nach Sanierung der alten Wagenhalle eine verkehrsgeschichtliche Schauanlage geplant.
Sonstiges
- Das Königreich Sachsen hatte sich ein Aufkaufrecht für die Meißner Straßenbahn gesichert und beabsichtigte, die bereits betriebene Überlandstraßenbahnlinie von Mickten nach Kötzschenbroda (Lößnitzbahn, ab 1931 bis Weinböhla verlängert) weiter nach Meißen zu verlängern.[13]
- Bis 1903 gab es am Heinrichsplatz einen Wärter, der an dieser unübersichtlichen Stelle den Verkehr der Personenstraßenbahn regelte. Er musste zum Beispiel Fuhrwerke am Passieren hindern, wenn sich eine Straßenbahn näherte. Ab 1903 würde der Wärter durch eine Lichtsignalanlage ersetzt.[14][15]
- An der Elbbrücke regelten gleich zwei Wärter den Verkehr. Sie hatten dafür zu sorgen, dass sich keine Straßenbahnwagen auf der Brücke begegneten.
- Zur Eröffnung vom Kino „Filmburg-Lichtspiele“ in der Neugasse 44, am 1. November 1930, wurde ein Film über die Meißner Straßenbahn gezeigt.
- Triebwagen Nr. 2 der Personenstraßenbahn diente viele Jahre im Gaswerk als Rangierlok für die mit Koks beladenen Güterwaggons. Er verblieb dort bis ca. 1963.
- Sämtliche Triebwagen der Personenstraßenbahn waren mit Rollenstromabnehmern ausgerüstet. Die Lokomotiven der Güterstraßenbahn hatten anfänglich ebenfalls noch Rollenstromabnehmer. Von 1957 bis 1958 wurde die Fahrleitungsanlage umgebaut und die Lokomotiven bekamen Scherenstromabnehmer und hatten nun nach Dresdner Vorbild Ecklaternen auf dem Dach, damit sie im Straßenverkehr besser als Schienenfahrzeuge erkennbar waren.
- Die Straßenbahn Meißen betrieb am Elbkai unterhalb der Albrechtsburg einen Umschlagbetrieb mit einem eigenen Kran.
- Ein Wartehaus der Straßenbahn Meißen von ca. 1910 aus Klinkerstein, mit Toilettenanlage und einem historischen Brunnen, blieb noch bis Anfang 2019 erhalten. Seit Stilllegung vom Personenverkehr der Straßenbahn im Jahre 1936 diente es noch den Fahrgästen vom Stadtbus als Wartehaus. Im Februar 2019 wurde das Wartehaus, welches seit vielen Jahren auf der Liste der Kulturdenkmale in Triebischtal (Meißen) steht, einfach abgerissen.[16] Zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalbehörde kam es zum Eklat. Aufgeklärt wurde der Fall nicht.
Literatur
- Die Straßenbahnen in der DDR. Berlin 1978, ISBN 3-87943-625-8.
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999.
- Ludger Kenning: Schmalspurbahnen um Mügeln und Wilsdruff. Verlag Kenning, Nordhorn 2000, ISBN 3-933613-29-9.
- Günter Naumann: Stadtlexikon Meißen. Sax-Verlag, Beucha 2009, ISBN 978-3-86729-013-5.
- Neidhardt, Scholz: Schmalspur-Album Sachsen Deutsche Reichsbahn 1945–1972, Lommatzsch-Meißen Triebischtal; Meißen Triebischtal-Wilsdruff, Zittau, 2014, ISBN 978-3-00-046410-2.
- Wolfram Wagner, Peter Wunderwald, Udo Jankowski: Die Schmalspurbahn Meißen Triebischtal – Lommatzsch, Wunderwald Bahnbücher, Nossen, 2016, S. 32 bis 43.
- Wolfram Wagner, Peter Wunderwald: Die Schmalspurbahn Wilsdruff – Meißen Triebischtal, Wunderwald Bahnbücher, Nossen, 2019, S. 78 bis 84.
Weblinks
Einzelnachweise
- D. Gasch: Meißner Funkenkutschen, in Neue Zeit, Nr. 103, 4. Mai 1969, Seite 8
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 8
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 9
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 8 und 9
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 9
- Peter Menzel: Deutsche Notmünzen und sonstige Geldersatzmarken 1840–1990, Verlag B. Strothotte, Gütersloh, 1993, Nr. 16522.1 bis 3
- Peter Menzel: Deutsche Notmünzen und sonstige Geldersatzmarken 1840–1990, Verlag B. Strothotte, Gütersloh, 1993
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 10 bis 12
- Mit Meissner Porzellan die Strassenbahn bezahlen auf krematorium-meissen.de Abgerufen am 5. Oktober 2022
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 10 bis 18
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 7 bis 20
- Illustriertes Tageblatt, Sächsische Heimatzeitung, Nr. 299, 24. Dezember 1935, S. 12.
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 9
- Mario Schatz und Günter Naumann in 100 Jahre öffentlicher Personennahverkehr in Meißen, Meißner Tageblatt Verlags GmbH, 1999, S. 13
- siehe dazu auch Günter Nauman, Stadtlexikon Meißen, Sax Verlag, Beucha, 2009, S. 336 und 337
- Reiner Graff, Udo Lemke: Wartehäuschen verschwunden. In: saechsische.de. DDV Mediengruppe GmbH & Co. KG, Dresden, 13. Februar 2019, abgerufen am 27. September 2023.