Dom zu Bardowick St. Peter und Paul

Der Dom zu Bardowick St. Peter und Paul ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit zwei gedrungenen achteckigen Türmen in der niedersächsischen Gemeinde Bardowick. Sie wurde zwischen 1389 und 1485 aus Backstein erbaut. Seit 1850 ist der Träger der ehemaligen Stiftskirche die Klosterkammer Hannover. Eine Bischofskirche war dieses Gotteshaus nie.

Bardowick, Dom St. Peter und Paul

Geschichte

Bardowicker Dom 1720 – nach einem Stich von Georg Christoph Kilian (1709–1781) – zur Zeit des Ersten Domherrn Johann Christian Jauch

Die Kirche war wie schon der 1146 urkundlich belegte Vorgängerbau eine Stiftskirche, die zu einer Missionszelle des Klosters Amorbach gehörte. Die ursprünglich aus Holz errichtete Kirche wies nach der Zerstörung Bardowicks durch Heinrich den Löwen 1189 erhebliche Schäden auf, die durch eine Papsturkunde von 1194 belegt sind. Von diesem Vorgängerbau existieren nur Spolien im Bereich der westlich vorgebauten Stephanskapelle und der Türme. Hier sind noch Quader aus dem Lüneburger Schiltstein, einem gipshaltigen Gestein vom Lüneburger Kalkberg, verwendet worden. Aus diesem Stein, der leicht verwittert, ist auch das romanische Portal errichtet worden, das durch die vorgelagerte Kapelle geschützt ist.

Überlieferte Ablassbriefe von 1236 und um 1300 weisen auf die Mittelbeschaffung für den Neubau einer Kirche an alter Stelle hin. Die Finanzierung wird dann ab 1381 durch einen Kapitelbeschluss des Klosters und weitere Ablassbriefe sichergestellt.

Die beiden Türme wurden bereits um 1300 aus Backsteinen errichtet. Sie sind für eine Kirche dieser Größe ungewöhnlich niedrig – die Spitzen ihrer Turmhelme reichen kaum über den Dachfirst des Kirchenbaus hinaus. Der weitere Bau verzögerte sich und begann 1389 mit Errichtung des Chors. Er ist dreijochig mit einem 7/10 Abschluss bei einer Länge von 28 Metern und einer Breite von 12,80 Metern. Das Haupthaus hat vier Joch Länge. Einzelne Ziegel konnten anhand von Stempelabdrücken auf einen Zeitraum von 1390 bis 1409 datiert werden, da der Stempel identisch mit dem von Ziegeln der Lüneburger Michaeliskirche ist. Der Dachstuhl ist dendrochronologisch auf 1405 bzw. 1428 datierbar. Das Chorgestühl wurde 1487 erstellt. Die zu dieser Zeit errichtete Vorhalle vor dem Südportal, wie sie auf den älteren Darstellungen zu sehen ist, ist mittlerweile wieder abgerissen. Aus ihr verblieb die Holzplastik eines sitzenden Löwen über dem Südportal, die mit einem vergoldeten Bleimantel und der Inschrift Vestigium Leonis[1] versehen ist. Der Dom ist täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet, im Sommerhalbjahr (April bis September) bis 17 Uhr.

Stift

Das Stiftskapitel blieb auch nach der Reformation zunächst erhalten. Kanonikate wurden abwechselnd vom Landesherrn und Kapitel an Staats- und Kirchendiener verliehen. 1850 wurde das Stift aufgehoben; sein Vermögen wurde vom Klosteramt Lüneburg und später von der Klosterkammer Hannover verwaltet.

Ausstattung

  • Das bronzene Taufbecken ist mit 1367 datiert und vermutlich Lüneburger Herkunft. Die vier Trägerfiguren stehen auf einem Ring. Der Kessel zeigt Christus und Heilige halbplastisch in einem Architekturfries, darunter gravierte Medaillons.
  • Der aus Eiche geschnitzte Flügelaltar wurde gegen 1430 von einer nicht bekannten Werkstatt hergestellt und 1968 restauriert. Er zeigt im Mittelteil Maria mit dem Kind zwischen den zwölf Aposteln, in den Flügeln weitere sechzehn männliche und weibliche Heilige.
  • Das Chorgestühl wurde 1487 in Eiche gearbeitet.
  • Der Lettner mit Kreuzigungsgruppe (um 1490) ist im Landesmuseum in Hannover ausgestellt.

Geläut

Das Geläut von St. Peter und Paul besteht aus insgesamt sieben Kirchenglocken. Davon befinden sich zwei Glocken, die größten, im Nordturm, vier Glocken im Südturm und eine Glocke im kleinen Dachreiter auf dem First des Doms. Fünf Glocken stammen aus dem Mittelalter, kaum ein Geläut dieser Größe hat sich so lange unbeschadet halten können. Die beiden Glocken des Nordturms, die das Hauptgeläut bilden, wurden in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gefertigt. Die „Sonntagsglocke“ trägt die Inschrift „Ulricus fecit me“ (von Ulricus gemacht). Diese Glocken wurden 1901 durch die Radlersche Glockengießerei gedreht und neu aufgehängt.[2] Das romanische Dreiergeläut im Südturm wurde im 12. und 13. Jahrhundert gefertigt. Die beiden ältesten Glocken im Südturm sind noch Bienenkorbglocken, die nur wenig jüngere weist schon die Zuckerhutform auf. Die sog. „Neue Glocke“ oder „Peter-und-Paul-Glocke“ wurde 2010 durch die Glocken- und Kunstgießerei Rincker hinzu gegossen und Ostern 2011 aufgehängt. Die kleine Glocke im Dachreiter wurde durch die Glockengießerei Weule geliefert, möglicherweise aber von der Glocken- und Kunstgießerei Petit & Gebr. Edelbrock gegossen. Sie läutet dreimal täglich zum Gebet und schlägt zur halben und vollen Stunde.[3]

Das Geläut war „Geläut des Monats Dezember 2011“ des Deutschen Glockenmuseums.[4] In diesem Zuge wurden folgende Kenndaten der Glocken ermittelt und beschrieben:

GlockeNameGusszeitDurchmesserGewichtSchlagton
1Bußglocke14. Jahrh.1350 mm1703 kge1 −6
2Sonntagsglocke1230 mm1181 kgf1 ±0
3Peter und Paul2010722 mm256 kgd2 +4
412. Jahrh.680 mm234 kgfis2 +5
5570 mm159 kga2 +4
613. Jahrh.450 mm70 kgc3 −2
VIIGebets- und Stundenglocke188090 kgf2

Orgel

Historischer Orgelprospekt von 1867
Spieltisch der Orgel

Auf der historischen Westempore des Doms wurde von der Orgelbaufirma Alexander Schuke (Potsdam) eine neue Orgel gebaut und am 15. Januar 2012 eingeweiht.[5] Der historische Prospekt der P. Furtwängler-Orgel von 1867 blieb erhalten und auch die originale Windanlage im Turmraum wurde wiederverwendet. Die Orgel ist in Anlehnung an mitteldeutsche Orgeln disponiert, insbesondere mit Blick auf die Orgelliteratur von Johann Sebastian Bach, bietet aber auch die Möglichkeit, das übrige Repertoire an Orgelliteratur darzubieten. Das Instrument verfügt über 45 Register auf drei Manualen und Pedal.[6]

I Oberwerk C–f3
1.Geigenprincipal8′
2.Gedact8′
3.Fagar8′
4.Hohlfloit8′
5.Octava4′
6.Flaute douce4′
7.Nasard3′
8.Waldfloit2′
9.Cornett V (ab c1)8′
10.Mixtur IV–V
11.Hoboa8′
Glockenspiel
Vogelgeschrei
Tremulant
II Hauptwerk C–f3
12.Groß Quintadena16′
13.Principal8′
14.Bordun8′
15.Gemshorn8′
16.Viola di Gamba8′
17.Octava4′
18.Rohrfloit4′
19.Quinta3′
20.Superoctava2′
21.Sesquialtera II
22.Mixtur V
23.Scharff III
24.Fagott16′
25.Trompete8′
III Brustwerk C–f3
26.Gedact8′
27.Nachthorn8′
28.Principal4′
29.Gemshorn4′
30.Quinta3′
31.Tertia135
32.Octava2′
33.Siffloit112
34.Superoctava1′
35.Mixtur IV
Tremulant
Cymbelstern
Pedal C–f1
36.Principalbass16′
37.Violonbass16′
38.Subbass16′
39.Quinta12′
40.Octavenbass8′
41.Bassfloit8′
42.Octava4′
43.Posaune16′
44.Trompete8′
45.Trompete4′

Weitere Ansichten

Literatur

  • Hannelore Stankiewicz: Der Westbau des Domes zu Bardowieck. Dissertation Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel 1976.
  • Ernst Andreas Friedrich: Der Dom von Bardowick. In: Wenn Steine reden könnten. Band I, Landbuch-Verlag, Hannover 1989, S. 99–101, ISBN 3-7842-0397-3.
  • BARDOWICK. Ev. Dom, ehem. Stiftskirche St. Peter und Paul. In: Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bremen Niedersachsen. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1992, Seite 184–187, ISBN 3-422-03022-0.
  • Urs Boeck: Der Dom zu Bardowick (= DKV-Kunstführer 280). 11. Auflage, Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München, 2010, ISBN 978-3-422-02256-0.
Commons: Dom zu Bardowick St. Peter und Paul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Des Löwen Spur“; bei einer Restaurierung wurde die Reihenfolge der beiden Worte vertauscht
  2. Dom zu Bardowick. Abgerufen am 29. Dezember 2022.
  3. siehe auch: Matthias Dichter, Die Glocken des Doms zu Bardowick (2021), über Glockeninfo > "Glockenstube" (PDF)
  4. Albert Zasada: Die Glocken des Domes St. Peter und Paul zu Bardowick. (PDF; 2,5 MB) Deutsches Glockenmuseum, abgerufen am 29. Dezember 2022.
  5. Informationen der Klosterkammer Hannover zur neuen Orgel (Memento vom 20. Oktober 2013 im Internet Archive; PDF; 177 kB), abgerufen am 13. Oktober 2010.
  6. Zur Disposition (Memento vom 20. Oktober 2013 im Internet Archive; PDF-Datei; 39 kB), gesehen am 3. Februar 2016.
  7. Vgl. den Abschnitt Geschichte bis zum Mittelalter unter Bardowick

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