Stephanos (Mediziner)

Stephanos (auch Stephanos von Athen und Stephanos von Alexandria genannt) war ein byzantinischer Arzt und Kommentator medizinischer Werke aus Athen, der um 600 in Alexandria wirkte.

Stephanos war Schüler eines in Alexandria lehrenden Asklepios, der nicht mit dem Neuplatoniker Asklepios von Tralleis zu verwechseln ist. Von den Stephanos zugeschriebenen Schriften sind vier erhalten geblieben: ein Kommentar zu einer urognostischen Schrift von Magnos von Emesa (Στεφάνου περἰ οὔρων[1]),[2] Kommentare zu den Aphorismen[3] und zum Prognostikón[4] des Hippokrates und (unter Verwendung der pharmakologischen Terminologie des Pedanios Dioskurides) zu Galens Methodos Medendi (Ad Glauconem).[5] Alle Kommentare zeugen durch Aufbau und Methodik von der Kenntnis sowohl des Ausbildungswesens der Ärzte in Alexandria als auch der Philosophie der Zeit. Parallelen zwischen Stephanos’ Aphorismen-Kommentar und dem des Theophilos Protospatharios (7. Jahrhundert?), einer der Begründer einer spekulativen Diagnostik[6] durch Harnschau,[7] der auch für Stephanos’ Lehrer gehalten wurde, aus dem 9./10. Jahrhundert beruhen wohl auf der Nutzung derselben Vorlage.

In der handschriftlichen Überlieferung seiner Werke wird Stephanos durchweg als Philosoph bezeichnet. Somit gilt seine Gleichsetzung mit mehreren gleichnamigen Philosophen als möglich, ist aber sehr problematisch. Die Hypothese, er sei mit dem Neuplatoniker Stephanos von Alexandria identisch, wird heute eher abgelehnt. Zu den anderen erwogenen Gleichsetzungen zählt die mit einem Athener, der um 606 in Konstantinopel Philosophie unterrichtete.[8]

Literatur

  • Véronique Boudon-Millot: Stéphanos d’Athènes. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 6, CNRS Éditions, Paris 2016, ISBN 978-2-271-08989-2, S. 579–588
  • Vivian Nutton: Stephanos [9]. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 11, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01481-9, Sp. 960 (befürwortet die Gleichsetzung mit dem Philosophen Stephanos von Alexandria).
  • Elżbieta Szabat: Stephanos of Athens/Alexandria. In: Paweł Janiszewski, Krystyna Stebnicka, Elżbieta Szabat: Prosopography of Greek Rhetors and Sophists of the Roman Empire. Oxford University Press, Oxford 2015, ISBN 978-0-19-871340-1, S. 413–415 (befürwortet die Gleichsetzung mit dem Philosophen Stephanos von Alexandria)
  • Wolfgang Wegner: Stephan von Athen (von Alexandria). In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1360.
  • Wanda Wolska-Conus: Stéphanos d’Athènes et Stéphanos d’Alexandrie. Essai d’identification et de biographie. In: Revue des Études byzantines 47, 1989, S. 5–89

Anmerkungen

  1. U. Cats Bussemaker: Στεφάνου περἰ οὔρων. In: Revue de philologie. Band 1, 1845, S. 423–438 und 543–560.
  2. Gerhard Baader, Gundolf Keil: Mittelalterliche Diagnostik. Ein Bericht. In: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. Hrsg. von Christa Habrich, Frank Marguth und Jörn Henning Wolf unter Mitarbeit von Renate Wittern. München 1978 (= Neue Münchener Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften. Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), S. 121–144, hier: S. 122.
  3. Leendert Gerrit Westerink (Hrsg.): Stephanus of Athens: Commentary on Hippocrates’ Aphorisms, 3 Bände, Berlin 1985–1995 (mit englischer Übersetzung).
  4. John M. Duffy (Hrsg.): Stephanus the Philosopher: A Commentary on the Prognosticon of Hippocrates, Berlin 1983 (mit englischer Übersetzung).
  5. Keith Dickson (Hrsg.): Stephanus the Philosopher and Physician: Commentary on Galen’s Therapeutics to Glaucon, Leiden 1998 (mit englischer Übersetzung).
  6. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 17.
  7. Vgl. Thomas Guidotius (Hrsg.): Θεοφίλον περί οὖρον βίβλιον – Theophili de urinis libellus. Leiden 1703.
  8. Stefan Esders: Herakleios, Dagobert und die „beschnittenen Völker“. In: Andreas Goltz u. a. (Hrsg.): Jenseits der Grenzen. Beiträge zur spätantiken und frühmittelalterlichen Geschichtsschreibung, Berlin 2009, S. 262.
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