Steinbach (Fernwald)

Steinbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Fernwald im mittelhessischen Landkreis Gießen. Nahegelegene Ortschaften sind die Ortsteile der Gemeinde Fernwald Albach und Annerod sowie Pohlheim-Garbenteich.

Steinbach
Gemeinde Fernwald
Wappen von Steinbach
Koordinaten: 50° 33′ N,  47′ O
Höhe: 229 (227–264) m ü. NHN
Fläche: 9,46 km²[1]
Einwohner: 3154 (30. Jun. 2023)[2]
Bevölkerungsdichte: 333 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 35463
Vorwahl: 06404

Geschichte

Ortskern mit evangelischer Kirche

Ortsgeschichte

Steinbach wurde, so mag man meinen, erstmals im Jahre 1141 urkundlich erwähnt;[1] allerdings handelte es sich dabei um ein Scheinoriginal, in das eine Fälscherhand des 13. Jahrhunderts Steinbach nachträglich eingefügt hatte.[3] In erhaltenen Urkunden späterer Zeit wurde Steinbach unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Steinbach (1248) und Stenbach (1302).

Das Dorf hatte immer einen regen Kontakt zu Kloster Schiffenberg. Dorthin wurde bis 1809 noch der Zehnte gezahlt.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Steinbach:

„Steinbach (L. Bez. Giessen) evangel. Pfarrdorf; liegt 1 St. von Giessen, hat 122 Häuser und 736 Einwohner, die außer 8 Katholiken und 36 Juden evangelisch sind. – Clementia, Gräfin von Gleiberg und Stifterin des Klosters Schiffenberg, setzte durch eine Urkunde vest, daß die sechs Dörfer, welche auf den neuen Anrodungen im Wiesecker Wald, angelegt worden, nach Schiffenberg eingepfarrt werden sollten, und durch eine Urkunde von 1145 weißt der Erzbischof Albero diese sechs Dörfer, unter denen sich Steinbach befand, der Kirche zu Schiffenberg zu. Ein Konradsrode lag in der Nähe, und der Name des Konradsröder Feldes bei Steinbach soll noch bekannt seyn.“[4]

Am 23. Oktober 1719 kam es in Steinbach zu einem großen Brand, bei dem rund 40 Gebäude (Häuser, Ställe, Scheunen) verbrannten.[5] Ein weiterer Großbrand im Jahr 1842 zerstörte dann fast den ganzen Ort, inklusive der alten Kirche. Daraufhin wurde von 1845 bis 1848 die evangelische Kirche Steinbach in ihrer heutigen Form neu erbaut.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen schloss sich die Gemeinde Steinbach am 31. Dezember 1971 freiwillig mit den Gemeinden Annerod und Albach zur Gemeinde Fernwald zusammen.[6]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Steinbach angehört(e):[1][7][8]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Steinbach das „Landamt Gießen“ zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. „Landgericht Gießen“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Steinbach zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes am 1. Oktober 1879 wurden die bisherigen Land- und Stadtgerichte im Großherzogtum Hessen aufgehoben und durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt, ebenso verfuhr man mit den als Obergerichten fungierenden Hofgerichten, deren Funktion nun die neu errichteten Landgerichte übernahmen. Die Bezirke des Stadt- und des Landgerichts Gießen wurden zusammengelegt und bildeten nun zusammen mit den vorher zum Landgericht Grünberg gehörigen Orten Allertshausen und Climbach den Bezirk des neu geschaffenen Amtsgerichts Gießen, welches seitdem zum Bezirk des als Obergericht neu errichteten Landgerichts Gießen gehört.[15] Zwischen dem 1. Januar 1977 und 1. August 1979 trug das Gericht den Namen „Amtsgericht Lahn-Gießen“ der mit der Auflösung der Stadt Lahn wieder in „Amtsgericht Gießen“ umbenannt wurde.

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Steinbach 2811 Einwohner. Darunter waren 102 (3,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 417 Einwohner unter 18 Jahren, 1242 zwischen 18 und 49, 597 zwischen 50 und 64 und 555 Einwohner waren älter.[16] Die Einwohner lebten in 1257 Haushalten. Davon waren 363 Singlehaushalte, 411 Paare ohne Kinder und 360 Paare mit Kindern, sowie 90 Alleinerziehende und 33 Wohngemeinschaften. In 234 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 873n Haushaltungen lebten keine Senioren.[16]

Einwohnerentwicklung

 1502:18 Männer[1]
 1577:73 Hausgesesse[1]
 1630:2 dreispännige, 8 zweispännige, 21 einspännige Ackerleute, 16 Einläuftige, 8 Witwen, 4 Vormundschaften[1]
 1669:276 Seelen[1]
 1742:3 Geistliche/ Beamte, 115 Untertanen, 43 Junge Mannschaften, 5 Beisassen/ Juden[1]
 1791:523 Einwohner[10]
 1800:545 Einwohner[17]
 1806:656 Einwohner, 110 Häuser[12]
 1829:736 Einwohner, 122 Häuser[4]
 1867:1009 Einwohner, 158 Häuser[18]
Steinbach: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2011
Jahr  Einwohner
1791
 
523
1800
 
545
1806
 
656
1829
 
736
1834
 
766
1840
 
837
1846
 
852
1852
 
916
1858
 
953
1864
 
1.004
1871
 
979
1875
 
970
1885
 
1.003
1895
 
979
1905
 
1.016
1910
 
1.094
1925
 
1.112
1939
 
1.271
1946
 
1.756
1950
 
1.885
1956
 
1.795
1961
 
1.875
1967
 
1.934
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
2.811
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[16]

Historische Religionszugehörigkeit

 1830:0692 evangelische (= 94,0 %), 8 katholische (= 1,1 %), 36 jüdische (=?$,9 %) Einwohner[1]
 1961:1491 evangelische (= 79,5 %), 360 römisch-katholische (= 19,2 %) Einwohner[1]

Historische Erwerbstätigkeit

 1961:Erwerbspersonen: 265 Land- und Forstwirtschaft, 450 Produzierendes Gewerbe, 14 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 172 Dienstleistungen und Sonstige.[1]

Wappen

Beschreibung: „In Rot auf ein goldenes Schrägkreuz aufgelegt ein silbernes, mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz belegtes Herzschild.“

Der Deutschordensschild und das Gleiberger (Merenberger) Schrägkreuz stehen für deren Besitzrechte in Steinbach.[19]

Wirtschaft

Die Firma Rinn Beton- und Naturstein betreibt in Steinbach ein Werk zur Produktion von Betonwerksteinen.

Verkehr

Steinbach liegt westlich der Bundesautobahn 5 direkt an der Anschlussstelle Fernwald. Durch Steinbach führt die Landesstraße 3129. Die Bundesstraße 457 führte bis 1981 ebenfalls durch den Ort, wurde dann aber auf eine Umgehungsstraße südwestlich des Ortes verlegt.

Persönlichkeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Gießen) und Verwaltung.
  4. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

    Einzelnachweise

    1. Steinbach, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 24. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
    2. Porträt. In: Webauftritt. Gemeinde Fernwald, abgerufen am 2. Dezember 2023.
    3. Wyss: Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 3, Nr. 1331
    4. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 273 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    5. Fürstlich Solms-Hohensolms-Lich'sches Archiv im Staatsarchiv Darmstadt, F31, Nr. 253.
    6. K.-H. Gerstenmeier: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Melsungen 1977, S. 292.
    7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
    8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    9. Die Zugehörigkeit des Amtes Gießen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
    10. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 172 (Online in der HathiTrust digital library).
    11. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    12. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 220 (Online in der HathiTrust digital library).
    13. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 413 (Online bei Google Books).
    14. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
    15. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
    16. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 4 und 44, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
    17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 181 (Online in der HathiTrust digital library).
    18. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 84 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    19. Gemeinde auf der Webseite der Gemeinde Fernwald
    Commons: Steinbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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