Maximumprinzip (Mathematik)
Das Maximumprinzip ist in der Mathematik eine Eigenschaft, die von Lösungen gewisser partieller Differentialgleichungen erfüllt wird. Gilt für eine Funktion das Maximumprinzip, so lassen sich selbst bei Unkenntnis dieser Funktion weitreichende Aussagen über deren Verhalten treffen. Grob gesprochen genügt eine Funktion genau dann dem Maximumprinzip, wenn sie ihr (globales) Maximum auf dem Rand ihres Definitionsbereiches annimmt.
Das starke Maximumprinzip sagt aus, dass eine Funktion, die ihr Maximum im Innern ihres Definitionsbereiches annimmt, konstant sein muss. Das schwache Maximumprinzip sagt aus, dass das Maximum zwar auf dem Rand angenommen wird, aber weitere Maximumsstellen im Innern des Definitionsbereiches existieren können. Darüber hinaus existieren weitere, noch schwächere Maximumprinzipien. In aller Regel gelten zum Maximumprinzip analoge Aussagen auch für das Minimum einer Funktion, diese werden dann als Minimumprinzip bezeichnet.
Das Maximumprinzip kann nicht nur für reellwertige Funktionen, sondern auch für komplexwertige oder vektorwertige Funktionen definiert werden. In diesen Fällen betrachtet man das Maximum für den Betrag oder die Norm der Funktionswerte. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Klasse der holomorphen Funktionen.
Geschichte
Das erste Maximumprinzip wurde von Bernhard Riemann in seiner Dissertation für die Klasse der harmonischen Funktionen aufgestellt. Eberhard Hopf dehnte dieses dann auf die Lösungen von elliptischen Differentialgleichungen zweiter Ordnung aus. Für harmonische Funktionen kann man das Maximumprinzip recht schnell aus der Mittelwerteigenschaft dieser Funktionen ableiten. Dieser Gedanke wurde von Heinz Bauer zu einem allgemeinen Maximumprinzip für konvexe Kegel von nach oben halbstetigen Funktionen auf kompakten Räumen ausgebaut. Aus diesem abstrakten Maximumprinzip folgt unter anderem, dass nach oben halbstetige, konvexe Funktionen auf kompakten, konvexen Mengen ihr Maximum auf den Extremalpunkten der konvexen Menge annehmen.
Physikalische Motivation
Sei eine Funktion, die die Temperatur eines Festkörpers in Abhängigkeit vom Ort und der Zeit angibt, also . ist zeitabhängig, weil sich die thermische Energie mit der Zeit über das Material ausbreitet. Die physikalische Selbstverständlichkeit, dass Wärme nicht aus dem Nichts entsteht, schlägt sich mathematisch im Maximumprinzip nieder: Der Maximalwert über Zeit und Raum der Temperatur wird entweder am Anfang des betrachteten Zeitintervalls (siehe auch: Anfangswertproblem) oder am Rand des betrachteten Raumbereichs (siehe auch: Randwertproblem) angenommen.
Anwendungen
Bei den partiellen Differentialgleichungen ist das Maximumprinzip vor allem im Hinblick auf Dirichlet-Randbedingungen von Interesse. Insbesondere folgen daraus die Eindeutigkeit und die Stabilität gegenüber kleinen Störungen der Lösungen dieses Problems.
Darüber hinaus gilt das Maximumprinzip für:
- Lösungen parabolischer Differentialgleichungen 2. Ordnung (z. B. der Wärmeleitungsgleichung),
- nicht-lineare elliptische Systeme mit quadratischem Wachstum im Gradienten unter Annahme einer Kleinheitsbedingung.
Maximumprinzip für elliptische PDGn 2. Ordnung
Sei offen und beschränkt. Wir betrachten einen elliptischen Operator der Form
wobei die Koeffizienten stetig sind und der Operator gleichmäßig elliptisch ist.[1]
Schwaches Maximumprinzip elliptische PDGn 2. Ordnung
Sei .
1. Fall: in .
- (i) Falls in , dann
- (ii) Falls in , dann
2. Fall: in .
- (i) Falls in , dann
- (ii) Falls in , dann
Starkes Maximumprinzip elliptische PDGn 2. Ordnung
Funktionentheorie
Die mathematische Formulierung des Maximumprinzips lautet:
Es sei holomorph im Gebiet . Es gebe einen Punkt , so dass in ein lokales Maximum hat, d. h., es gebe eine Umgebung von mit . Dann ist konstant in .
Die andere Variante des Satzes lautet:
Es sei ein beschränktes Gebiet, und es sei eine in stetige und in holomorphe Funktion. Dann nimmt die Funktion ihr Maximum auf dem Rand von an: für alle .
Die Anwendung des Satzes auf führt unmittelbar zum Minimumprinzip:
Es sei holomorph in . Es gebe einen Punkt , so dass in ein lokales Minimum hat, d. h., es gebe eine Umgebung von mit . Dann gilt oder ist konstant in .
Literatur
- Lawrence C. Evans: Partial Differential Equations. Reprinted with corrections. American Mathematical Society, Providence RI 2008, ISBN 978-0-8218-0772-9 (Graduate studies in mathematics 19).
- David Gilbarg, Neil S. Trudinger: Elliptic Partial Differential Equations of Second Order. 2nd edition, revised 3rd printing. Springer, Berlin u. a. 1998 ISBN 3-540-13025-X (Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 224).
- Erhard Heinz, Günter Hellwig: Partielle Differentialgleichungen. 25.2. bis 3.3.1973. Vorlesung an der Georg-August-Universität Göttingen. Mathematisches Forschungsinstitut, Oberwolfach 1973 (Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach. Tagungsbericht 1973, 7, ZDB-ID 529790-4).
- Murray H. Protter, Hans F. Weinberger: Maximum principles in differential equations. Prentice-Hall, Englewood Cliffs NJ 1967 (Prentice-Hall partial differential equations Series).
- Friedrich Sauvigny: Partielle Differentialgleichungen der Geometrie und der Physik. 2 Bände. Springer, Berlin u. a. 2004–2005, ISBN 3-540-20453-9.
- I. N. Vekua: Verallgemeinerte analytische Funktionen. Akademie Verlag, Berlin 1963.
- Reinhold Remmert, Georg Schumacher: Funktionentheorie 1. 5. Auflage, Springer Verlag, 2001.
Einzelnachweise
- Lawrence C. Evans: Partial Differential Equations. Hrsg.: American Mathematical Society. Band 19.