Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg

Die Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg ist Teil des öffentlichen Berliner Bibliothekssystem. Sie befindet sich in Trägerschaft des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Abteilung Finanzen, Personal, Wirtschaft, Kultur, Diversity und Klima. Gemeinsam mit der Stadtbibliothek Mitte „firmiert“ sie als city bibliothek berlin. Diese Bibliothek weist einen Medienbestand von rund 282.676 auf, die im Jahr 2022 von 423.980 Besuchern etwa 1,5 Millionen Mal entliehen wurden. Darüber hinaus organisierte die Bibliothek im gleichen Zeitraum 1.618 Veranstaltungen.[1]

Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg

Bezirkszentralbibliothek
Friedrichshain-Kreuzberg Pablo Neruda
Gründung 1926
Bestand 282.676
Bibliothekstyp Stadtbibliothek
Ort Berlin, Frankfurter Allee
ISIL DE-B458 (Bezirkszentralbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg)
DE-B703 (Mittelpunktbibliothek Adalbertstraße)
Betreiber Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Leitung Anne Maase, Julia Weis
Website Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg

Geschichte

Jahr 1900 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Die Volksbibliotheken (nach 1918 Volksbüchereien, so die beiden Bezeichnungen der öffentlichen Bibliotheken der Stadt Berlin) wurden seit 1901 von der Berliner Stadtbibliothek als Einheit für zentrale Dienste (Buch- und Materialkauf, Buchbinderei, Personalverwaltung und -schulungen, Katalogisierung etc.) betreut und bildeten mit ihr ein zweischichtiges Bibliothekssystem.[2] Die Berliner Stadtbibliothek blieb auch nach der Bildung Groß-Berlins im Jahr 1920 nur für die Volksbüchereien im alten Stadtgebiet zuständig.[3]

Die Friedrich-von-Raumer-Bibliothek fusionierte 1921 aus 1. und 4. Volksbücherei von 1850,[4] und ist damit die älteste Stadtteilbibliothek im Bezirk.

Am 7. September 1926 hatte die Stadtverordnetenversammlung Berlins beschlossen, die Zuständigkeit für die Volksbüchereien im alten Stadtgebiet von der Stadtbibliothek auf die Bezirksämter der inneren Bezirke I bis VI (I. Mitte, II. Tiergarten, III. Wedding, IV. Prenzlauer Berg, V. Friedrichshain und VI. Kreuzberg) zu übertragen.[5] Ab 9. November 1926 bildete jeder Bezirk ein eigenes, nunmehr Stadtbücherei genanntes Bibliothekssystem.[6] Curt Wormann wurde als Leiter der neuen Stadtbücherei Kreuzberg berufen, dem die zunächst noch sieben in Kreuzberg gelegenen Volksbüchereien I, V (Kinderbücherei), IX, XIV, XXII und XXIV unterstanden.[7]

Wormann bildete 1928 aus der 14. Volksbücherei (alias Volksbibliothek XIV), bis dahin in der Baruther Straße angesiedelt, und der 3. Lesehalle, bis dahin in der Wilmsstraße,[8] die Hauptbücherei Kreuzberg, die einstweilen das Haus Belle-Alliance-Straße 80 bezog (nach Kriegszerstörung 1943, Umbenennung und neuer Nummerierung 1947 steht dort der Neubau Mehringdamm 59).[8] Nach der Zerstörung des bisherigen Standorts nahm im Frühjahr 1944 die Hauptbücherei Kreuzberg ihren Betrieb in einer provisorischen Unterkunft in der Gneisenaustraße 7 eingeschränkt wieder auf.[9]

1945 bis 1990

Ein eigener Bau für die Hauptbücherei Kreuzberg konnte erst 1964 realisiert werden (damals: Wilhelm-Liebknecht-Bücherei genannt, jetzt Mittelpunktbibliothek).[10]

Seit der deutschen und Berliner Wiedervereinigung

Die Berliner Wiedervereinigung führte zu einem Zusammenwachsen von Ost-Berliner und West-Berliner ehemaligen Einzelbezirken, im Jahr 2001 sorgte die Verwaltungsreform dann auch für die Zusammenführung der bezirklichen Bibliothekssysteme Friedrichshains und Kreuzbergs. Die neue Bezirkszentralbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg an der Frankfurter Allee wurde im Jahr 2010 nach zweieinhalbjähriger Planungs- und Bauzeit wiedereröffnet, zuvor war sie in der Grünberger Straße 54 untergebracht. Das Gebäude ist ein Schul-Serienbau vom Typ „SK 66 Berlin“, der von 1969 bis 1993 von der Heinrich-Hertz-Schule genutzt wurde. Durch Eingriffe im Inneren und Verkleidung mit geschosshohen Zedernholz-Lamellen wurde das Gebäude für die Nutzung als Pablo-Neruda-Bibliothek stark verändert.[11]

Im Oktober 2010 eröffnete die neue Mittelpunktbibliothek Adalbertstraße mit dem Ehrennamen Wilhelm-Liebknecht- / Namık-Kemal-Bibliothek als interkulturelle Familienbibliothek nach Umbau- und Sanierungsmaßnahmen. Dieses Vorhaben konnte durch Mittel aus dem Konjunkturpaket II, EFRE und BIST – Bibliotheken im Stadtteil sowie bezirklichen Mitteln verwirklicht werden.[12]

Projekte

Um Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit unterschiedlichem Migrations- und Sprachhintergrund die Nutzung von Bibliotheken zu erleichtern, werden mit dem Projekt Willkommenskultur (ab 2015) die Menschen in ihren Muttersprachen angesprochen. Dafür wurden Materialien in zehn Sprachen konzipiert, die von vielen Menschen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gesprochen werden. Dieses Projekt wird aus Mitteln des Programms BIST – Bibliotheken im Stadtteil kofinanziert.

Mit der Beteiligung am Projekt TENIVER – Technologische Innovation in der Informationsversorgung, ebenfalls aus Mitteln der EFRE, hat Friedrichshain-Kreuzberg 2011 die Selbstverbuchung von Medien mit Hilfe der RFID-Technik eingeführt.[13]

Einrichtungen

Derzeit (Stand Anfang 2024) gibt es vier verschiedene Einrichtungen im ganzen Bezirk verteilt sowie die Schulbibliothek in der Carl-von-Ossietzky-Schule.

Bibliotheksstandorte im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Adresse Ortsteil Bestand Kurzdarstellung und Namensgeber Bild
Bezirkszentralbibliothek Frankfurter Allee
Pablo-Neruda-Bibliothek
Frankfurter Allee 14a, 10247 Berlin Friedrichshain 100.000 Pablo Neruda
Mittelpunktbibliothek Adalbertstraße
/Wilhelm-Liebknecht- / Namık-Kemal-Bibliothek
Adalbertstraße 2, 10999 Berlin Kreuzberg 60.000 Namik Kemal
Stadtteilbibliothek Dudenstraße
Friedrich-von-Raumer-Bibliothek
Dudenstraße 18–20, 10965 Berlin Kreuzberg >33.000 Friedrich von Raumer
Familienbibliothek Glogauer Straße
Else-Ury-Familienbibliothek
Glogauer Straße 13, 10999 Berlin Kreuzberg [14] Vorhandene Medien: Kinderbücher, Romane für Erwachsene, DVDs, CDs, CD-ROMs, Nintendo DS Spiele und Gesellschaftsspiele für Kinder ab 0 Jahren, Jugendliche bis 15 Jahren, Eltern, Lehrer, Erzieher.
Die Fassade des denkmalgeschützten Hauses aus dem 19. Jahrhundert ist mit Graffiti übersät und fällt damit in der Bauflucht nicht besonders auf. Vor der Ausgabe von Literatur an die Besucher werden die Titel gescannt.[15]
Else Ury

Die Bibliothek nimmt am Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins (VÖBB) teil und ist an den bundesweiten Fernleihverkehr angeschlossen.

Bestände

Im neuen Haus in der Frankfurter Allee befinden sich auf vier Etagen rund 100.000 Bücher und Medien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Neben einer Familienbibliothek, Musikbibliothek und Artothek, einem Multimedia-Lernzentrum mit 10 Internet-PCs und freiem W-LAN-Zugang umfasst die Bibliothek auch eine bisher bundesweit einzigartige Abteilung mit Medien in Leichter Sprache,[16] die einen barrierefreien Zugang für Menschen mit Lernschwierigkeiten ermöglichen. Die Herrichtung und Ausstattung der neuen Bezirkszentralbibliothek wurde aus Mitteln des Programms Stadtumbau Ost sowie Mitteln der Europäischen Union, des EFRE (Europäischer Regionalfonds) und des Programms BIST – Bibliotheken im Stadtteil gefördert.[17]

Literatur

  • Petra Hätscher: Das Öffentliche Bibliothekswesen Berlins von 1961 bis 1989. In: Bibliothek: Forschung und Praxis, 1995, Band 19, Nr. 2, S. 155–188.
  • Frauke Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken zur Stadtbibliothek Kreuzberg; eine Chronik. Hrsg.: Bezirksamt Kreuzberg von Berlin / Bibliotheksamt, Bezirksamt Kreuzberg von Berlin / Kunstamt Kreuzberg, Bezirksamt Kreuzberg von Berlin / Kreuzberg Museum sowie Verein zur Erforschung und Darstellung der Geschichte Kreuzbergs. Bezirksamt Kreuzberg von Berlin / Bibliotheksamt, Berlin 2000.
Commons: Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jahresbericht 2022. (PDF) Berliner öffentliche Bibliotheken. Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins, 31. Mai 2023, abgerufen am 31. August 2023.
  2. Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken …; eine Chronik, hier S. 11.
  3. Hätscher: Das Öffentliche Bibliothekswesen …; hier S. 156
  4. Beide wurden 1850 als Teil des Bibliothekssystems der ersten vier von Friedrich von Raumer initiierten öffentlichen Volksbibliotheken Berlins gegründet. Vgl. Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken …, eine Chronik, hier S. 16.
  5. Hätscher: Das Öffentliche Bibliothekswesen …, hier S. 158.
  6. Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken …; eine Chronik, hier S. 17.
  7. Hätscher: Das Öffentliche Bibliothekswesen …hier S. 180.
  8. Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken …, eine Chronik, hier S. 20.
  9. Mahrt-Thomsen: 150 Jahre: Von den Berliner Volksbibliotheken …, eine Chronik, hier S. 24.
  10. Hätscher: Das Öffentliche Bibliothekswesen …; hier S. 168.
  11. Bezirkszentralbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg bei Peter W. Schmidt, Architekten (Abgerufen im Mai 2023)
  12. Mittelpunktbibliothek Adalbertstraße (Wilhelm-Liebknecht- / Namık-Kemal-Bibliothek) (Memento vom 16. Januar 2014 im Internet Archive)
  13. Projekt TENIVER
  14. Familienbibliothek Else Ury. berlin.de; abgerufen am 19. Juni 2020.
  15. Judith Poznan: Loblied auf unsere Stadtbücherei. In: Berliner Zeitung, 19. Juni 2020, S. 18.
  16. Glossar Leichte Sprache. institut-fuer-menschenrechte.de; abgerufen am 22. Oktober 2018.
  17. Broschüre zur Wiedereröffnung der Bezirkszentralbibliothek Frankfurter Allee (Memento vom 2. Februar 2014 im Internet Archive) berlin.de
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