St. Nikolai (Bordelum)

Die evangelische Kirche St. Nikolai zu Bordelum im Kreis Nordfriesland, ein im Ursprung hochmittelalterliches Bauwerk mit weitgehend barocker Ausstattung, liegt außerhalb des Ortes in den Feldern an der Geestkante des Stollbergs.

Bordelum, St. Nikolai, Ansicht von Süden
Innenansicht nach Osten

Bau und Geschichte

Die isolierte Lage der Kirche zwischen Oster- und Wester-Bordelum geht auf eine wüst gefallene Siedlung zurück, die wohl im 15. Jahrhundert von ihren Bewohnern verlassen worden war und durch archäologische Funde nachgewiesen ist. Spekulationen über eine heidnische Kultstätte an der Stelle[1] haben sich dagegen nicht erhärten lassen.[2]

Der Kirchenbau aus Backstein wurde wohl um 1200 oder später errichtet. An das einschiffige Langhaus unter einer flachen Balkendecke schließt sich ein schmalerer, in gotischer Zeit gewölbter Chor und die niedrige, halbrunde romanische Apsis an, in der zwei Sakramentsnischen erhalten sind. 1629 brannte die damals reetgedeckte Kirche aus, angeblich, als der Küster Taubenschießen wollte. Dabei wurde auch das mittelalterliche Inventar zerstört. Bis 1640 wurde die Kirche wieder aufgebaut. Dafür schenkte König Christian IV. Baumaterial von dem im Dreißigjährigen Krieg zerstörten „Fruu Mettenhof“, dem Herrenhaus der Meta von Ahlefeld in Bordelumer Ortsteil Uphusum.[3] Die neue Kirchenausstattung wurde teilweise aus der Kirche von Röhrbeck auf Strand übernommen, die bei der Burchardiflut von 1634 untergegangen war.[4] Die Fenster der Südwand wurden nachmittelalterlich vergrößert. Die westliche Eingangswand wurde 1888 und 2003 erneuert. Abseits der Kirche steht ein hölzerner Glockenturm von 1633, der 1793 erneuert wurde.[1]

Um 1733 begannen in Bordelum und dem benachbarten Kirchspielen zwei ehemalige Theologiestudenten, die Kandidaten Peter Lorenzen, der Sohn des Bordelumer Pastor Ägidius Lorenzen († 1736), und Franz Barsonius, der Sohn des Bargumer Pastors, pietistische Konventikel abzuhalten. 1736 starb Peter Lorenzen wenige Wochen nach seinem Vater, dessen Nachfolger er gewesen war. Unter dem Einfluss des Hauslehrers David Bähr hatte sich die Bewegung einem radikalen Pietismus zugewandt. Eine Untersuchung des Flensburger Konsistoriums ergab 1739, dass sich ein kleiner Kreis von etwa zwanzig Bordelumer als „Vollkommene“ betrachtete, die nicht nicht mehr sündigen könnten. Diese nahmen nicht an den Gottesdiensten in der Kirche teil, sondern missachteten bewusst die Sonntagsruhe. Als Maßstab galt ihnen allein eine persönliche Offenbarung. Taufe und Abendmahl hielten sie für unwichtig und die Ehe nicht für bindend und lebten in Gütergemeinschaft.[5] Ähnlichkeiten bestanden zur sogenannten Buttlarschen Rotte. Bähr, der sich als Messias verehren ließ,[6] entfloh zwar, wurde aber verhaftet und ins Gefängnis nach Glückstadt gebracht. Nach seiner Entlassung 1743 kehrte er zwar nach Bredstedt zurück, wurde aber von seinen ehemaligen Anhängern nicht aufgenommen und starb bald. Trotzdem existierte die sogenannte „Bordelumer Rotte“ noch mehrere Jahrzehnte, von Lorenzens Nachfolgern teils geduldet, teils bekämpft.[7]

Die Kirchengemeinde Bordelum im Kirchenkreis Nordfriesland teilt sich mit der Kirchengemeinde Ockholm, deren 1639 neuerbaute Kirche eine ähnliche von Strand stammende Ausstattung besitzt, die Pastorin.[8]

Ausstattung

Der spätgotische Taufstein aus schwarzem Marmor wurde in Belgien (Narmur?) hergestellt und gehörte ursprünglich der Kirche in Röhrbeck.[1] Der Flügelaltar entstammt ebenfalls der Röhrbecker Kirche. Dass es bei der Flut angetrieben wurde, wie Jensen behauptete,[3] ist aber unwahrscheinlich. Eher ist anzunehmen, dass die Überlebenden der Sturmflut das erhaltene Inventar ihrer dem Abbruch oder Verfall preisgegebenen Kirchen verkauften. Das Retabel entstand im Werkstattumkreis des Marten van Achten (tätig von 1588 bis 1610). Die fünf Gemälde zeigen im linken Flügel Christi Geburt und Kreuzigung, im Mittelschrein das letzte Abendmahl und rechts Auferstehung und Pfingstwunder. Das kleine Bild im Aufbau zwischen Masken stellt die Verkündigung Mariae dar, das Bild in der Predella Jesu Gebet im Garten Getsemane.

Die Kanzel aus der Übergangszeit zwischen Spätrenaissance und Frühbarock ist 1633 datiert. Der Kanzelkorb und die Zugangsempore sind mit Hermenpilastern gegliedert und mit geschnitzten Rundbogenfeldern gefüllt.

Das Pastorengestühl im Chor aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist mit bemalten Füllungen (Evangelisten und biblische Szenen) versehen. Eine lange Reihe weiterer Gemälde von 1684 zu den Zehn Geboten, dem Vaterunser, den Sakramenten und Episoden aus dem Alten und Neuen Testament ist in die Brüstung der im 19. Jahrhundert erneuerten Empore eingefügt.

Das Triumphkreuz, das Anfang des 16. Jahrhunderts geschnitzt wurde und früher im Chorbogen angebracht war, hängt seit spätestens 1904 an der Langhaussüdwand. Möglicherweise stammt es auch von der untergegangenen Insel Strand.[4]

Daneben befindet sich ein Epitaph mit geschnitztem Akanthusornamentrahmen und gemalter Grablegung von 1686 für ein Ehepaar Lorentzen, das im Giebel porträtiert ist.

Literatur

  • Johannes Habich: Dehio – Hamburg/Schleswig-Holstein. München 1971, S. 119.
Commons: St. Nikolai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kirchenführer.
  2. Albert Panten: Der Stollberg – ein altes friesisches Zentralheiligtum? Irrwege der Forschung. In: Jahrbuch für die Schleswiger Geest. 41. Jahrgang 1993, S. 51–57.
  3. Hans Nicolai Andreas Jensen: Versuch einer kirchlichen Statistik des Herzogthums Schleswig. 1840, S. 732.
  4. Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. VI.1. Die Kirchen im Landesteil Schleswig. Aventoft bis Nordhackstedt. Kiel 2019, S. 65.
  5. Kerstin Schaack: Rottengeister in Bordelum – die Schwärmer des kühlen Nordens.
  6. Willi Temme: Krise der Leiblichkeit. Die Sozietät der Mutter Eva (Buttlarsche Rotte) und der radikale Pietismus um 1700. 1998, S. 425f.
  7. Hans Nicolai Andreas Jensen: Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte: Seit der Reformation. Ergänzt und herausgegeben von Andreas Ludwig Jacob Michelsen. 1879, S. 186–188.
  8. Bordelum und Ockholm. Kirchengemeinden auf dem Land.

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