St. Lamberti (Hildesheim)
Die evangelisch-lutherische St.-Lamberti-Kirche in Hildesheim ist eine spätgotische Hallenkirche, die einzige Hallenkirche der Stadt, und war Pfarrkirche der Hildesheimer Neustadt. Namensgeber ist der Hl. Lambert von Lüttich.
Lage
Die Kirche liegt an der Goschenstraße; an ihrer Nordseite befindet sich der Neustädter Markt.
Geschichte
Ausgrabungen im Sommer 1952 ergaben, dass die erste Lambertikirche eine der nahegelegenen gleichaltrigen Godehardikirche ähnliche kreuzförmige romanische Basilika war, deren Ausdehnung bereits der heutigen Kirche entsprach und die ein Querhaus aufwies, dessen Umfang genau den heutigen Choranbauten entspricht. Die älteste Darstellung des Siegels der Hildesheimer Neustadt, die um 1300 entstanden ist, weist die Kirche als zweitürmig aus. Da im Jahre 1226 in der Neustadt bereits der Tag des heiligen Lambertus begangen wurde, muss der Bau vor diesem Datum entstanden sein. Die Grundsteinlegung für den Neubau erfolgte laut einer Inschrift am nordöstlichen Strebepfeiler des Chores im Jahre 1474, genauer gesagt, am 13. Mai dieses Jahres. Die Weiheurkunde datiert von 1488 – in diesem Jahr wurde der Chor fertiggestellt –, insgesamt beanspruchte die Fertigstellung jedoch mehr als 30 Jahre. Übergangsweise wurde wahrscheinlich der Vorgängerbau bzw. dessen noch nicht abgebrochene Teile weiter genutzt.
Mit Einführung der Reformation in Hildesheim durch Johannes Bugenhagen wurde St. Lamberti 1542 wie alle Pfarrkirchen der Stadt im Unterschied zum Dom und den meisten Klosterkirchen lutherisch. Der Lambertikirchhof wurde erst 1812 für Begräbnisse geschlossen und 1816 zu einem Garten umgestaltet.
Beim verheerenden alliierten Bombenangriff vom 22. März 1945 wurde die Lambertikirche schwer beschädigt. Bereits am 22. Februar 1945 hatten Sprengbomben erhebliche Schäden an Chor, Querschiff, Dach und Fenstern verursacht. Der Wiederaufbau, der von der Evangelischen Kirchenbauhütte gefördert wurde, war 1952 abgeschlossen.
Architektur
Das lichte Mittelschiff mit seinen sieben (6½) Jochen begrenzt eine Fünfachtel-Apsis. Schlichte Achteckpfeiler tragen die Kreuzrippengewölbe, die im Mittelschiff etwas höher als in den beiden Seitenschiffen aufsteigen. Sie schließen die Seitenschiffe gerade ab. Den seitlichen Gewölbedruck nehmen Strebepfeiler sowie mehrgeschossige gotische Anbauten an der Nord- und Südseite auf. Von außen erinnern diese beiden Flügel an ein eigentümlich gegeneinander versetztes Querhaus, beeinträchtigen aber weder im Inneren noch an der Südfront die Gesamteindruck der Hallenkirche. Den 1482 fertiggestellten zweigeschossigen südlichen Anbau ließ man nach dem Zweiten Weltkrieg als mahnende Ruine in Trümmern liegen. Die ursprünglich dort untergebrachte Sakristei befindet sich seitdem im nördlichen Anbau. Im Westen erhebt sich, etwa in der Breite des Mittelschiffs, ein wuchtiger, durch Gesimse geschossartig gegliederter Turmbau. Dieser wirkte mit seinem provisorischen Satteldach zwischenzeitlich etwas stumpf, bis er im Jahr 2007 eine neue Haube erhielt.
Ausstattung
Der Peter-und-Paul-Altar zeigt sich als Fragment einer anonymen Arbeit des 1. Viertels des 15. Jahrhunderts. Die Seitenflügel wurden um 1780 entfernt und befinden sich heute in verschiedenen Museen. Der in der Lambertikirche aufgestellte Mittelteil zeigt im Mittelbild die Kreuzigung, links oben Christus vor Pilatus, unten die Kreuztragung, rechts oben die Beweinung und unten die Grablegung Christi. Bemerkenswert ist die Verschmelzung der äußeren Szenen mit dem Mittelbild.
Das Taufbecken im Osten des nördlichen Seitenschiffes vom Anfang des 16. Jahrhunderts stammt aus der Menteschen Gießerei in Braunschweig, der Deckel wurde um 1550 von Hans Meissner in Braunschweig aus Messing gegossen.
Orgel
Die große Orgel wurde 1953 bis 1960 von dem Orgelbauer E. Palandt (Hildesheim) unter Verwendung von Pfeifenmaterial und Orgelteilen von älteren Orgeln als zweimanualiges Instrument erbaut. 1992 fügte die Orgelbaufirma Rietzsch (Hemmingen) das Brustwerk hinzu. Das Schleifladen-Instrument hat heute 39 Register und ein Effektregister auf drei Manualen und Pedal.[1]
|
|
|
|
- Koppeln: II/I, III/I, I/P, II/P
Glocken
Der Turm der Lambertikirche beherbergt in seinem Inneren insgesamt fünf Glocken, wovon drei noch aus der Zeit der Renaissance bzw. des Barock stammen.
Nr. |
Gussjahr |
Gießer, Gussort |
Masse (kg) |
Durchmesser (mm) |
Schlagton (HT-1/16) |
1 | 1655 | Jakob Körber | ca. 1000 | 1.210 | f1 -5 |
2 | 1952 | F. W. Schilling | 632 | 990 | g1 -6 |
3 | 1952 | F. W. Schilling | 355 | 820 | b1 -5 |
4 | 1534 | Brant Helmes | ca. 220 | 710 | d2 -5 |
5 | 1523 | unbezeichnet | ca. 200 | 700 | es2 -6 |
Jugendkeller
Bei Arbeiten an der Heizungsanlage des Gemeindesaals, der sich neben einem Kindergarten und einem Sprachheilkindergarten in einem U-förmigen Gebäudekomplex direkt nördlich der Kirche befindet, stieß man 1986 auf den mittelalterlichen Keller der Neustädter Marktschenke. Drei der vier sich unter dem von Kirche und Nebengebäuden eingerahmten Innenhof bis fast an die Kirche erstreckenden Gewölbe wurden daraufhin zu einem Jugendkeller ausgebaut.
Bekannte Pastoren
- Karl Kayser von 1877 bis 1885[2]
- Nicolaus Heutger von 1982 bis 1992
Siehe auch
Literatur
- Fritz Garbe: St. Lamberti in Hildesheim von der Väter Tagen bis in unsere Zeit. Gerstenberg, Hildesheim 1960
- Johannes Heinrich Gebauer: Geschichte der Neustadt Hildesheim. Lax, Hildesheim/Leipzig 1937, ISBN 3-8269-6305-9
- Nicolaus Heutger: Aus Hildesheims Kirchengeschichte. Lax, Hildesheim 1984, ISBN 3-7848-4027-2
- derselbe, 500 Jahre Hallenkirche St. Lamberti in der Hildesheimer Neustadt 1488–1988. Festschrift anläßlich der Festwoche vom 17. bis 25. September 1988. Hildesheim 1988
Einzelnachweise
- Informationen zur Hauptorgel
- Hildesheim, St. Lamberti | kirchengemeindelexikon.de. Abgerufen am 5. Mai 2020.