St. Jacobi (Nordhausen)

Die evangelische St.-Jacobi-Kirche (auch Neustädter Kirche) war ein Kirchengebäude in Nordhausen im Landkreis Nordhausen in Thüringen.

Die Jakobikirche um 1910

Geschichte

Nordhausen um 1640 (Merian). St. Jacobi mit Ziffer 3 im Turm
Standort der ehemaligen St.-Jacobi-Kirche
Blick vom Primariusgraben auf das diakonische Pflegeheim St. Jakob Haus

Bereits im 13. Jahrhundert gab es eine Pfarrkirche mit dem Namen St. Jacobi in Nordhausen. 1310 ist der Turm erstmals urkundlich erwähnt. 1365 wird die Kirche bei der Vereinigung der Oberstadt mit der Unterstadt genannt. In den Jahren 1502 bis 1504 wurde ein neuer Chor errichtet. Ebenfalls 1502 wurden an der Nordseite Strebepfeiler angebracht, 1648 folgten Strebepfeiler an der Südseite. Im Jahr 1744 wurde die Kirche durch Friedrich Christian Lesser abgerissen, da sie baufällig geworden war. Nur der Kirchturm besaß eine gute Bausubstanz und wurde in den Neubau einbezogen, der durch Herzog Karl von Braunschweig finanziert wurde. Er genehmigte zudem, dass für den Kirchenbau Steine aus der Ruine des Klosters Walkenried gebrochen wurden. Die Grundsteinlegung des neuen Baues erfolgte am 15. Juli 1744. Baumeister waren Johann Andreas Voigt aus Blankenburg und Johann Christian Eichler aus Nordhausen. Als Stuckateur war Johann Leonhard Schreiber tätig. Am 12. Oktober 1749 wurde die Kirche eingeweiht. Der Bau erfuhr mehrere Veränderungen.[1]

Am 3. und 4. April 1945 erfuhr Nordhausen mehrere Luftangriffe durch britische Bombergeschwader, während derer das Kirchenschiff weitgehend zerstört wurde. Nur der ausgebrannte Kirchturm und Teile der Außenmauer blieben erhalten. Um 1950 wurden die letzten Mauerreste abgerissen, und am 27. September 1959 wurde der Kirchturm angeblich für einen Parkplatz gesprengt. Der Parkplatz entstand aber südlich davon und über dem Fundament liegt eine Grünfläche.

Bevor man in den 1990er Jahren das Altenpflegeheim St. Jakob baute, erfolgten von März bis Oktober 1999 archäologische Ausgrabungen.

Ausstattung

  • Das Kircheninnere war ein schlichter Saal. Er maß in der Länge 30,1 m und in der Breite 18,2 m innerer Lichtweite.
  • Der Kanzelaltar ragte vor der östlichen Empore auf. Der Altar besaß einen einfachen Altartisch. Der Kanzelaufbau bestand aus vier korinthischen Säulen. Diese standen auf einem hohen zweiteiligen Postamentsockel, über ihnen befand sich ein verkröpftes Gebälk und barockes gebrochenes Giebelwerk. Die Kanzel selbst war achteckig, ihre Brüstung war mit Blumengebinden verziert. Ihr Fuß verjüngte sich in einer Weintraube. Der Schalldeckel war von geschweiften Zierleisten bekrönt. Diese schlossen sich oben in der Mitte zusammen und trugen eine kleine goldene Weltkugel. In den Feldern links und rechts der Kanzel standen je eine Frauenfigur mit faltigem Gewand, die eine trug ein Kreuz, die andere ein flammendes Herz. Diese verkörpern den Glauben und die Liebe. Abgeschlossen wurde der Kanzelaltar durch ein aufgesetztes Kruzifix mit Maria und Maria Magdalena. Der Altar wurde nach dem Kirchenneubau bis 1749 von dem Bildhauer Johann Kaspar Unger gefertigt.
  • Rechts des Altars befanden sich Standbilder der Reformatoren Luther und Melanchthon. Sie wurden im Jahr 1905 aufgestellt und haben eine Größe von 1,86 m. Geschaffen wurden sie vom Holzbildhauermeister Eugen Richter.
  • Portraits der Pfarrer Lesser und Magister Johann Heinrich Hüpeden hängen an der Altarwand.
  • Betstübchen befanden sich im Chorraum der Kirche.
  • Ein Kronleuchter mit zwei Reihen von je zwölf messingenen Lichterarmen um Kugeln herum hing im Langhaus.
  • Die Emporen werden von hölzernen Säulen getragen
  • Die Kirche besaß eine Vikarie. Sie wurde im Jahr 1407 durch Wernherr Kalen, Domherr am Nordhäuser Dom und Johann von Bendeleben, Vikar daselbst, gestiftet und befand sich am Altar des heiligen Kreuzes. Am 21. Januar dieses Jahres bestätigt der kaiserliche Notar Johann Wainknecht die Stiftung.[2]
  • Eine Tafel gedachte der 134 im Ersten Weltkrieg gefallenen Gemeindeglieder.
  • Von den drei Glocken der Kirche stammte eine aus dem Jahr 1413. Sie besaß einen Durchmesser von 1,75 m.
  • Ein Modell der Kirche, welches Lesser 1720 für den Neubau anfertigen ließ, befand sich zuletzt im Nordhäuser Museum.

Orgel

Eine erste Orgel, die bereits um 1585 vorhanden gewesen sein muss, war im Jahr 1740 mit folgender Disposition ausgestattet:

I Oberwerk

1.Principal8′
2.Quintade8′
3.Octave4′
4.Quinte223
5.Tertia135
6.Mixtur III
7.Cymbel II
II Rückpositiv
8.Gedackt8′
9.Principal4′
10.Gedackt4′
11.Regal4′
12.Octave2′
13.Quinte113
14.Octave1′
Pedal
15.Posaunenbass8′
16.Subbass16′
17.Cornettbass2′
18.Cymbel II

Dabei soll anstelle der Tertia 135′ zuvor eine Superoktave 2′ gestanden haben.

Am 5. Mai 1798 wurde die Orgel für die wiederaufgebaute Kirche von Johann Gottfried Krug aus Merseburg geliefert. Sie wird am 12. September 1798 der Gemeinde übergeben. Der Prospekt der zweimanualigen Orgel entstammt dem Rokoko. Er wird durch Pilaster und korinthische Säulen in Felder geteilt. Geschweiftes und unterbrochenes Giebelwerk bildet den oberen Abschluss.

I Hauptwerk CDDis–d3

1.Principal8′
2.Quintadena16′
3.Viola di Gamba8′
4.Flauta traversa8′
5.Gedackt8′
6.Rohrflöte4′
7.Octave4′
8.Octave2′
9.Mixtur IV
10.Trompete8′
II Oberwerk CDDis–d3
11.Principal4′
12.Quintadena8′
13.Lieblich Gedackt8′
14.Hohlflöte4′
15.Nachthorn4′
16.Octave2′
17.Superoctave1′
18.Mixtur III
19.Kornett IV
Pedal
20.Principalbass16′
21.Violonbass16′
22.Octavbass8′
23.Posaunenbass16′

Diese Orgel wird im Jahr 1867 durch den Orgelbauer Ernst Kelle aus Nordhausen repariert.[3]

Im Jahr 1894 wird durch die Orgelbaufirma Julius Strobel & Söhne aus Frankenhausen eine neue Orgel eingebaut. Sie wurde am 15. November 1894 eingeweiht.

I. Manual

1.Principal8′
2.Bordun16′
3.Flöte harm.8′
4.Gambe8′
5.Gedackt8′
6.Schweizerflöte8′
7.Octave4′
8.Portunal4′
9.Quinte(3′)
10.Octave2′
11.Mixtur ?
12.Trompete8′
II. Manual
13.Geigenprincipal8′
14.Gedackt16′
15.Salizett8′
16.Aeoline8′
17.Traversflöte8′
18.Flöte4′
19.Fugara4′
20.Mixtur II-III
21.Oboe8′
Pedal
22.Subbass16′
23.Violon16′
24.Violon8′
25.Prinzipal8′
26.Gedackt8′

Die Prospektpfeifen Principal 8′ wurden 1917 ausgebaut und an den Staat geliefert. Im Mai 1926 erfolgte eine Reparatur und Reinigung der Orgel durch die Orgelbaufirma Kießling & Sohn aus Bleicherode.

Eine neue pneumatische Orgel wurde 1930/31 durch die Orgelbauwerkstatt E. Kemper & Sohn aus Lübeck erbaut. Disposition und Intonation stammen von Karl Kemper, Organist und Orgelbaumeister in Lübeck. Orgelberater war Erich Knorr, Organist an St. Blasii.[4] Als Revisor fungierte Erwin Zillinger, Domorganist zu Lübeck.

I Hauptwerk

1.Quintade16′
2.Bordun16′
3.Prinzipal8′
4.Gedackt8′
5.Quinte6′
6.Oktave4′
7.Quinte3′
8.Oktale2′
9.Mixtur III-IV
10.Trompete8′
II Oberwerk
11.Quintade8′
12.Blockflöte4′
13.Quintade4′
14.Nasat3′
15.Prinzipal2′
16.Sifflöte1′
17.Terzian II
18.Mixtur II-III
19.Regal8′
III Unterwerk
20.Rohrflöte8′
21.Nachthorn8′
22.Prinzipal4′
23.Oktave2′
24.Zimbel II
25.Sesquialtera II
26.Scharf IV
27.Dulzian16′
28.Krummhorn8′
29.Schalmey4′
Pedal
30.Subbaß16′
31.Rohrflöte8′
32.Oktave4′
33.Nachthorn2′
34.Rauschpfeife IV
35.Dulzian16′
36.Posaune16′
37.Klarine4′
38.Cornett2′

Von dieser Orgel ist, ebenso wie von der Kirche, nichts erhalten geblieben.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung (Hrsg.): Beiträge und Fotos zur Geschichte der Jacobikirche, Nordhausen (= Schriftenreihe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung. Band 13). Nordhausen 2004, ISBN 978-3-930558-15-5.
  • August Stolberg/Friedrich Stolberg: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Nordhausen. In: Das tausendjährige Nordhausen, Band II., Nordhausen 1927, S. 559–562
  • Robert Treutler: Kirchen in Nordhausen – Ein Streifzug durch das kirchliche Leben. Verlag Neukirchner, 9/1997, S. 41–42
  • Johannes Schäfer: Nordhäuser Orgelchronik – Geschichte der Orgelwerke in der tausendjährigen Stadt Nordhausen am Harz in Max Schneider (Hrsg.): Beiträge zur Musikforschung, Buchhandlung des Waisenhauses G.m.b.H. Halle/Saale Berlin, 1939
Commons: Jacobikirche (Nordhausen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Kirche auf www.karstwanderweg.de Abgerufen am 1. April 2014
  2. Urkunde im Stadtarchiv Nordhausen auf Archivportal Thüringen
  3. Fritz Reinboth: Die Nordhäuser Orgelbauer im 19. Jahrhundert, In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter Herausgegeben vom Stadtarchiv Nordhausen, 3/2005
  4. Erich Knorr – NordhausenWiki, abgerufen am 7. September 2022.

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