St. Gallenkirch

St. Gallenkirch ist eine Gemeinde im österreichischen Bundesland Vorarlberg mit 2216 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023[1]). Die vom Fremdenverkehr geprägte Gemeinde liegt im Montafon im Bezirk Bludenz und gliedert sich in die Ortsteile St. Gallenkirch, Gargellen und Gortipohl.

St. Gallenkirch
WappenÖsterreichkarte
Wappen von St. Gallenkirch
St. Gallenkirch (Österreich)
St. Gallenkirch (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Vorarlberg
Politischer Bezirk: Bludenz
Kfz-Kennzeichen: BZ
Fläche: 127,86 km²
Koordinaten: 47° 1′ N,  58′ O
Höhe: 878 m ü. A.
Einwohner: 2.216 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 17 Einw. pro km²
Postleitzahl: 6791
Vorwahl: 05557
Gemeindekennziffer: 8 01 20
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
HNr. 4
6791 St. Gallenkirch
Website: www.gemeinde.stgallenkirch.at
Politik
Bürgermeister: Josef Lechthaler (SPÖ)
Gemeindevertretung: (Wahljahr: 2020)
(21 Mitglieder)
Insgesamt 21 Sitze
Lage von St. Gallenkirch im Bezirk Bludenz
Lage der Gemeinde St. Gallenkirch im Bezirk Bludenz (anklickbare Karte)
Lage der Gemeinde St. Gallenkirch im Bezirk Bludenz (anklickbare Karte)
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Kirchdorf mit der Pfarrkirche St. Gallus
Kirchdorf mit der Pfarrkirche St. Gallus
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria

Name

St. Gallenkirch leitet den Namen vom Patron der Pfarrkirche, dem Heiligen Gallus, ab. Bereits 1305 wird hier eine dem hl. Gallus geweihte Kapelle erwähnt.[2]

Geografie

Der Ort St. Gallenkirch liegt auf 878 Metern Höhe. Hauptfluss ist die Ill, das Gemeindegebiet umfasst auch das Einzugsgebiet des Suggadinbachs. Im Westen steigt das Gemeindegebiet zum Rätikon an. Die höchsten Gipfel sind Gargeller Madrisa (2770 m), Rotbühelspitze (2835 m) und Isentällispitz (2872 m). Im Osten liegt der Verwall mit Zamangspitze (2386 m) und Valschavieler Maderer (2769 m).

Mit einem Gemeindegebiet von 127,86 Quadratkilometer ist St. Gallenkirch die Gemeinde des Bundeslandes mit der zweitgrößten Fläche. 29 Prozent dieser Fläche sind bewaldet, 39 Prozent sind Almen und weitere 26 Prozent zählen zum hochalpinen Gebiet; nur 4 Prozent sind landwirtschaftliche Nutzfläche.[3]

Ortsteile

Orografisch links der Ill, im Westen des Kirchdorfs, liegt der Ortsteil Galgenul mit der Talstation der Valiserabahn.

Dahinter, etwa fünf Kilometer am Suggadinbach entlang den Berg hinauf, liegt auf einer Höhe von 1423 m ü. A. das kleine Bergdorf Gargellen mit 119 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023[4]). Der ehemalige Maisäss ist der höchstgelegene Ort im Montafon. Gargellen ist stark vom Tourismus geprägt, es gibt eine Vielzahl von Hotels, Pensionen, Privatzimmern und Ferienwohnungen.

Taleinwärts des Kirchdorfs, auf einer Höhe von etwa 950 m ü. A., liegt das Dorf Gortipohl mit 658 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2023[4]), einem Wasserfall und eigener Pfarrkirche.

Nachbargemeinden

Tschagguns Schruns Silbertal
Luzein Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Gaschurn
Klosters

Geschichte

Die Habsburger regierten die Orte in Vorarlberg wechselnd von Tirol und Vorderösterreich (Freiburg im Breisgau) aus. Von 1805 bis 1814 gehörte der Ort, wie ganz Vorarlberg und Tirol, zu Bayern, danach wieder zu Österreich. Zu Vorarlberg gehört St. Gallenkirch seit der Gründung des Landes im Jahre 1861.

Im schweren Lawinenwinter 1689 fanden in St. Gallenkirch/Gortipohl 18 Menschen den Tod.[5] 1801 starben über 30 Menschen, meist Kinder, an den Pocken und 1920 trat die Ruhr in St. Gallenkirch auf.

Während des Zweiten Weltkrieges waren viele Männer der Gemeinde vor allem als Gebirgsjäger in Divisionen in Norwegen und Jugoslawien. Über Gargellen versuchten während der Zeit der NS-Terrorherrschaft in Österreich zahlreiche vom NS-Staat Verfolgte in die benachbarte Schweiz zu fliehen. Diese Fluchtversuche gelangen nicht immer und nahmen häufig auch ein tödliches Ende, wie etwa die Tragödie des Jahres 1942 aufzeigt, als sich die beiden jüdischen Schwestern Elisabeth und Martha Nehab aus Berlin in der Arrestzelle in St. Gallenkirch nach einem gescheiterten Fluchtversuch gemeinsam das Leben nahmen, um der Deportation in ein Vernichtungslager zu entgehen.[6]

Nach der Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus war St. Gallenkirch wie ganz Vorarlberg von 1945 bis 1955 Teil der französischen Besatzungszone in Österreich.

Bevölkerungsentwicklung

1821 hatte Sankt Gallenkirch 1490 Einwohner, die 382 Häuser bewohnten.[7]

Der Ausländeranteil lag Ende 2002 bei 9,9 Prozent.

Nach Jahrzehnten des Einwohnerwachstums, in denen Geburten- und Wanderungsbilanz positiv waren, nahm in den Jahren von 2001 bis 2011 die Abwanderung zu. Dies führte zu einem leichten Rückgang der Bevölkerung, der in den Jahren bis 2018 aber wieder gestoppt wurde.[8]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Pfarrkirche St. Gallus in St. Gallenkirch: Ab 1307 stand an dieser Stelle eine Kapelle. Die Kirche wurde 1474 erbaut, 1669 erweitert mit Neubau des Turmes.
Kuratienkirche hl. Nikolaus in Gortipohl
  • Kuratienkirche St. Nikolaus in Gortipohl: Bei der Renovierung der Kirche im Jahr 1959 wurde bei der Neueindeckung des Kirchturms eine Chronik aus dem Jahr 1854 entdeckt, die Aufschluss über die damalige Zeit gibt.[9]
Kuratienkirche Maria Madgalena in Gargellen
  • Kuratienkirche hl. Maria Magdalena in Gargellen: Vermutlich ab 1411 stand an dieser Stelle eine Kapelle, und die Kirche wurde durch eine Stiftung von Peter Lentsch 1615 erbaut. Der Aufbau des Seitenaltars wurde 1674 von David Bertle erstellt.
Wasserfall des Balbierbaches
  • Balbierbach mit Wasserfall in Gortipohl
  • Die Maisäß Montiel ist noch eine der wenigen Montafoner Maisäßsiedlungen im ursprünglichen Zustand.
Überdachte Holzbrücke über die Ill
  • Die überdachte Holzbrücke nach Gargellen über die Ill am Montafoner Hüsli.

Wirtschaft und Infrastruktur

Am Ort gab es im Jahr 2003 68 Betriebe der gewerblichen Wirtschaft mit 949 Beschäftigten und 23 Lehrlingen. Lohnsteuerpflichtige Erwerbstätige gab es 1.176. Tourismus und Fremdenverkehr sind wichtig. Im Tourismusjahr 2007/2008 gab es insgesamt 553.408 Übernachtungen, davon 387.354 im Winter und 166.054 im Sommer.

Panorama der Silvretta Montafon – Nova, dem Skigebiet über St. Gallenkirch und Gaschurn

Bildung

In St. Gallenkirch und Gortipohl gibt es je einen Kindergarten sowie je eine Volksschule, und auch der kleine Ortsteil Galgenul besitzt noch eine eigene (einklassige) Volksschule. Die Hauptschule Innermontafon der Gemeinden St. Gallenkirch und Gaschurn befindet sich in Gortipohl.

Am Ort gab es 239 Schüler im Schuljahr 2007/2008, von denen 86 Kinder eine der drei Volksschulen besuchen und 128 Schüler die Hauptschule.

Politik

Gemeinderat

Die Gemeindevertretung von St. Gallenkirch hat 21 Mitglieder. Nach der Gemeindevertretungswahl 2020 verfügt die SPÖ-Liste „Team Josef Lechthaler – Parteifreie Bürger und SPÖ“ über zwölf und die ÖVP-Liste „Liste Ewald Tschanhenz – Volkspartei St. Gallenkirch und Unabhängige“ über neun Mandate in der Gemeindevertretung.

Bürgermeister

Als Bürgermeister löste in der Direktwahl 2015 Josef Lechthaler von der SPÖ seinen Vorgänger Ewald Tschanhenz von der ÖVP ab, 2020 wurde Lechthaler ohne Gegenkandidat im Amt bestätigt.

  • 1985–2005: Fritz Rudigier (SPÖ)[10]
  • 2005–2010: Arno Salzmann (SPÖ)[11]
  • 2010–2015: Ewald Tschanhenz (ÖVP)[12]
  • seit 2015: Josef Lechthaler (SPÖ)[13]

Gemeindewappen

Das Gemeindewappen, ein redendes Wappen, entstand im Jahre 1966 nach einem Entwurf des Schrunser Künstlers und Heraldikers Konrad Honold. Es zeigt den Hl. Gallus (mit seinem Attribut, dem Bären), eine Kirche und die beiden gekreuzten Schlüssel des Montafon. Die offizielle Beschreibung lautet: Ein in Göppelschnitt geteilter Schild, vorne in Gold eine rot bekleidete Mönchsgestalt (hl. Gallus) mit einem sil-bernen Wanderstab in der linken und einem silbernenBrot in der rechten Hand, vor einem kleinen silbernen Bären, hinten in Grün eine silberne schwarzbedeckte Kirche und unten in Schwarz zwei gekreuzte silberne Schlüssel.[14]

Persönlichkeiten

Ehrenbürger
Söhne und Töchter
  • Erika Netzer (1937–1977), Skirennläuferin
  • Fritz Rudigier (1941–2015), Abgeordneter zum Vorarlberger Landtag und von 1985 bis 2005 Bürgermeister von St. Gallenkirch.
  • Ronald Stampfer (* 1976), Skirennläufer
Personen mit Bezug zum Ort
  • Gabriele Juen (* 1963), ehemalige Landtagsabgeordnete (ÖVP)
  • Markus Schairer (* 1987), Snowboardcross-Weltmeister 2009, SBX-Weltcupgesamtsieger 2008/09.

Literatur

  • Josef Zurkirchen. Heimatbuch St. Gallenkirch – Gortipohl – Gargellen. 2. Auflage 1997. ISBN 3-85430-101-4
Commons: St. Gallenkirch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistik Austria – Bevölkerung zu Jahresbeginn nach administrativen Gebietseinheiten (Bundesländer, NUTS-Regionen, Bezirke, Gemeinden) 2002 bis 2023 (Gebietsstand 1.1.2023) (ODS)
  2. Gemeinde St. Gallenkirch (Hrsg.): Heimatbuch St. Gallenkirch – Gortipohl – Gargellen, St. Gallenkirch 1988, Eigenverlag, ISBN 3-85430-101-4, S. 17.
  3. Ein Blick auf die Gemeinde St. Gallenkirch, Fläche und Flächennutzung. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 29. Dezember 2021.
  4. Statistik Austria: Bevölkerung am 1.1.2023 nach Ortschaften (Gebietsstand 1.1.2023), (ODS, 500 KB)
  5. Die Lawinenkatastrophe des Jahres 1954
  6. Michael Kasper: Die erhängten Jüdinnen in der "Kiecha". In: Website des Stands Montafon. Abgerufen am 4. Februar 2022.
  7. Gemeinde St. Gallenkirch (Hrsg.): Heimatbuch St. Gallenkirch – Gortipohl – Gargellen, St. Gallenkirch 1988, Eigenverlag, ISBN 3-85430-101-4, S. 209.
  8. Statistik Austria, Ein Blick auf die Gemeinde St. Gallenkirch, Bevölkerungsentwicklung. Abgerufen am 31. März 2019.
  9. Die Gortipohler Curatiechronik aus dem Jahre 1854 (PDF; 57 kB)
  10. St. Gallenkirch. In: vorarlberg.ORF.at. 21. März 2005, abgerufen am 27. Oktober 2021.
  11. St. Gallenkirch: SPÖ-Bürgermeister verliert. In: vorarlberg.ORF.at. 11. April 2012, abgerufen am 27. Oktober 2021.
  12. Die neuen Bürgermeister-Gesichter. In: vorarlberg.ORF.at. 15. März 2015, abgerufen am 27. Oktober 2021.
  13. Bürgermeister. Gemeinde St. Gallenkirch, abgerufen am 29. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).
  14. Cornelia Albertani, Ulrich Nachbaur: Vorarlberger Gemeindewappenregistratur. Hrsg.: Vorarlberger Landesarchiv. 3. Auflage. Bregenz 2011, ISBN 978-3-902622-17-4, S. 41 (vorarlberg.at [PDF]).
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