St. Albanus und Leonhardus (Manheim)
St. Albanus und Leonhardus ist eine ehemalige römisch-katholische Pfarrkirche im Kerpener Stadtteil Manheim im Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen. Sie wurde zwischen 1898 und 1900 nach Plänen von Franz Statz erbaut. Die Kirche wurde am 18. Mai 2019 profaniert.
Das Kirchenbauwerk ist unter Nr. 57 in die Denkmalliste der Kolpingstadt Kerpen eingetragen (siehe Liste der Baudenkmäler in Manheim) und war dem hl. Alban von Mainz und dem hl. Leonhard von Limoges geweiht.
Lage
Das Kirchengebäude befindet sich im südlichen Ortskern von Manheim und damit im Abbaugebiet des Tagebaus Hambach, welches 2022 endgültig abgebaggert werden soll. Das Gotteshaus steht auf leicht erhöhter Position und wird von einer Grünanlage umgeben, welche von einer Backsteinmauer eingefasst wird. Das Gebäude wird von drei Seiten von Straßen umfahren. An der Westseite verläuft die Buirer Straße, an der Südseite die Sankt-Albanus-Straße und an der Ostseite die Blatzheimer Straße (Kreisstraße 4). In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2019 bis Anfang 2020 wurden nahezu alle benachbarten Gebäude abgerissen, sodass St. Albanus und Leonhardus derzeit ganz frei steht.
Geschichte
Eine Kirche in Manheim wurde erstmals im Jahr 1356 erwähnt. Die Ursprünge dieser Kirche reichten bis in die Karolingerzeit zurück. Manheim besaß zunächst jedoch keine Pfarrrechte und war seit jeher eine Filialgemeinde der Pfarre Blatzheim. Erst im Jahr 1751 wurde Manheim endgültig von Blatzheim abgetrennt und zur eigenständigen Pfarrei im Dekanat Bergheim, Erzbistum Köln, erhoben. Im Zuge der Franzosenzeit und der damit verbundenen Umstrukturierung der kirchlichen Strukturen kam Manheim wie der gesamte linksrheinische Teil des Erzbistums an das neu gegründete Bistum Aachen. Nach Auflösung dieses Bistums 1825 kam Manheim wieder an das Erzbistum zurück.[1]
Zum 1. Januar 2013 wurde die Pfarrei St. Albanus und Leonhardus, Manheim, aufgelöst und der Pfarre St. Martinus in Kerpen zugeschlagen, da der Umsiedlungsort Manheim-neu auf dem Pfarrgebiet von Kerpen liegt. Seitdem war die Kirche keine Pfarrkirche mehr, sondern eine Filialkirche.
Während einer letzten heiligen Messe am 18. Mai 2019 wurde die Kirche offiziell entwidmet.[2][3]
Baugeschichte
Die im Jahr 1356 erwähnte Kirche, die vermutlich im Baustil der Romanik errichtet worden war, wurde im 15. Jahrhundert mit einem neuen Chor im Baustil der Gotik versehen. Im 16. Jahrhundert ersetzte man das alte Kirchenschiff durch ein neues zweischiffiges Langhaus. Wenige Jahre später wurde das Kirchenschiff mit dem Bau eines nördlichen Seitenschiffes zu einer dreischiffigen Anlage ausgebaut. Außerdem wurden in allen Schiffen Gewölbe eingezogen. Der Bau eines Glockenturms erfolgte 1656. Somit war eine spätgotische, dreischiffige Hallenkirche mit eingezogenem Westturm und einem Chor im Osten entstanden. 1751 erfolgte die Erhebung zur Pfarrkirche.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die alte Manheimer Kirche baufällig und abgerissen.[4]
In den Jahren 1898 bis 1900 ist die heutige Manheimer Kirche nach den Plänen des Kölner Architekten Franz Statz im Stil der Neugotik auf dem Platz der alten Kirche durch den Bauunternehmer Jacob Schreiber aus Buir erbaut worden.[5]
Baubeschreibung
St. Albanus und Leonhardus ist ein dreischiffiger Bau im Baustil der Neugotik aus Backsteinen mit einem vorgebauten und viergeschossigen Glockenturm im Westen, einem Pseudoquerschiff und einem zweijochigen und dreiseitig geschlossenen Chor im Osten. Der Innenraum wird von Kreuzgratgewölben überspannt, der Chor besitzt Kreuzrippengewölbe.
Ausstattung
In der Kirche hatten sich einige Ausstattungsstücke aus der Erbauungszeit erhalten, die nach der Profanierung 2019 alle ausgebaut wurden. Dazu zählten der Herz-Mariä-Altar (linker Seitenaltar) und der Herz-Jesu-Altar (rechter Seitenaltar). Beide Altäre besaßen eine steinerne Mensa und hölzerne Altaraufsätze. Aus gleicher Zeit hatten sich der hölzerne, neugotische Beichtstuhl, die Kirchenbänke, die Kreuzwegstationen und die bunt bemalten Heiligenfiguren erhalten. Im Chorraum befanden sich eine moderne Tabernakelsäule und ein steinerner Volksaltar, der dem Baustil der Kirche angepasst war. Von diesen Ausstattungsstücken wurden die Heiligenfiguren, der Volksaltar, ein Teil der Kirchenbänke sowie der Taufstein in die neue Kapelle am Umsiedlungsstandort eingebaut bzw. aufgestellt.[6]
Die 2020 ausgebauten Fenster im Chor stellen die Sendung des Heiligen Geistes, die Himmelfahrt Christi und die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies dar. Diese drei Buntglasfenster sind Werke von Hermann Gottfried aus dem Jahr 1966. Hermann Gottfried entwarf ebenfalls vier Fenster in den Seitenschiffen.[7] Die drei Chorfenster wurden im Innenraum der neuen Kapelle in Manheim-neu angebracht.
- Herz-Mariä-Altar im linken Seitenchor
- Herz-Jesu-Altar im rechten Seitenchor
- Taufstein im rechten Seitenchor
- Tabernakelsäule im Chor
Orgel
Die Orgel ist ein Werk der Firma Romanus Seifert & Sohn, Kevelaer, und besitzt 20 Register, die auf zwei Manuale und Pedal verteilt sind. Sie wurde 2019 ausgebaut und an eine Pfarrgemeinde nach Frankreich verkauft.
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- Koppeln: II/I, II/I Sub, I/P, II/P
- Spielhilfen: Auslöser, Handregistratur, Freie Kombination, Tutti, Absteller
Glocken
Im Glockenturm befanden sich drei Bronze-Glocken. Der Glockengießer Karl Otto von der Glockengießerei F. Otto aus Hemelingen schuf 1899 drei Glocken für Manheim.[8][9] Alle drei Glocken wurden im Ersten Weltkrieg glücklicherweise nicht für Kriegszwecke eingeschmolzen und konnten im Turm verbleiben. Auch im Zweiten Weltkrieg wurden sie nicht eingeschmolzen, jedoch zersprang die kleinste Glocke 1945 durch einen Brand. Bereits 1946 wurde Hans Hüesker, Inhaber der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher mit dem Neuguss dieser Glocke betraut.[10] Alle drei Glocken wurden Mitte 2019 aus dem Turm entnommen und im Februar 2021 im Turm der neuen Albanus-und-Leonhardus-Kapelle in Manheim-neu aufgehängt und läuten dort wieder.[11][12]
Nr. | Name[10] | Durchmesser (mm) | Masse (kg, ca.) | Schlagton (HT-1/16) | Gießer | Gussjahr |
1 | Albanus u. Leonhardus | 1.195 | 1.050 | f′ +5 | Karl Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen | 1899 |
2 | – | 1.070 | 900 | g′ −2 | Karl Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen | 1899 |
3 | - | 895 | 450 | a′ −2 | Hans Hüesker, Fa. Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher | 1946 |
Motiv: Pater noster
Zukunft und Ersatzbau
Ursprünglich war ein Abriss der Kirche bis spätestens 2022 geplant, da der Braunkohlentagebau Hambach das Dorf bis dahin erreichen sollte. Aufgrund des Erhalts der Reste des Bürgewaldes verzögert sich die Abbaggerung Manheims. Nach einem Gutachten kann die Kirche grundsätzlich erhalten werden, da der Untergrund der Kirche nicht zwingend benötigt wird. Für den Erhalt setzt sich auch der Kerpener Stadtrat ein. Insgesamt ist die Zukunft dennoch ungewiss, da bislang weder eine neue Nutzung feststeht, noch ein neuer Träger.[13][14]
Im Umsiedlungsort Manheim-neu entstand als Ersatz eine Kapelle mit 40 Sitzplätzen und angeschlossenem Gemeindezentrum.[15][16]
Die Kapelle in Manheim-neu wurde zwischen 2019 und 2021 nach einem Entwurf der Kölner Architekten Dirk Waldmann und Berthold Jungblut in zweijähriger Bauzeit errichtet. Neben der Aufhängung der drei Glocken und Übernahme einiger alter Einrichtungsgegenstände,[17] wurden in die Außenmauer der Kapelle die alten Grabkreuze eingemauert, die einst um die Kirche standen.[18] Die neue Kapelle wurde am 12. September 2021 durch den Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki geweiht.[19]
Weblinks
Einzelnachweise
- Wichtige Jahreszahlen. In: Manheim Online. Abgerufen am 3. Januar 2018.
- https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/tagebau-hambach-kirche-entweihung-100.html
- domradio.de: Proteste bei Kirchenprofanierung in Kerpen-Manheim, 20. Mai 2019.
- Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler des Kreises Bergheim. In: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 4. Hrsg. Paul Clemen, Düsseldorf 1899, S. 124 f.
- Wichtige Jahreszahlen. In: Manheim Online. Abgerufen am 15. September 2016.
- Georg Zingsheim: Kirche Manheim-neu Kapelle mit 20-Meter-Turm. In: WerbePost. 17. Dezember 2019, abgerufen am 7. Februar 2020.
- Kerpen-Manheim, Kath. Kirche St. Albanus und Leonardus. In: Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e.V. Abgerufen am 15. September 2016.
- Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbes. S. 510.
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbes. S. 476, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).
- Gerhard Hoffs: Glocken im Dekanat Kerpen, S. 52 ff.
- Rahmendaten Manheim, Stadt Kerpen (Rhein-Erft-Kreis). In: rwe.com. Abgerufen am 15. September 2016.
- Dietmar Fratz: Kapelleneinweihung im Herbst Alt-Manheimer Glocken dürfen bald wieder läuten. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 17. Februar 2021, abgerufen am 28. November 2021.
- Kerpen: Manheimer Bucht kommt - Kirche soll erhalten bleiben. In: Radio Erft. 18. Februar 2022, abgerufen am 11. März 2023.
- Entweihung der Kirche in Manheim „Für Manheimer ist dies ein sehr schwerer Tag“. In: WerbePost. 14. Mai 2019, abgerufen am 15. Mai 2019.
- Rahmendaten Manheim, Stadt Kerpen (Rhein-Erft-Kreis). In: rwe.com. Abgerufen am 15. September 2016.
- Entweihung der Kirche in Manheim „Für Manheimer ist dies ein sehr schwerer Tag“. In: WerbePost. 14. Mai 2019, abgerufen am 15. Mai 2019.
- Joachim Röhrig: Umsiedlung von Manheim - Ein Turm für die alten Glocken. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 15. April 2014, abgerufen am 15. September 2016.
- 73_GZM Gemeindezentrum mit Kapelle in Manheim-Neu. In: office03. Abgerufen am 15. September 2016.
- Heinz Horst: Kapelle in Kerpen Manheim eingeweiht. In: Westdeutscher Rundfunk. 17. Dezember 2019, abgerufen am 28. November 2021.