St. Afra (Mühlenbach)

St. Afra ist die römisch-katholische Pfarrkirche von Mühlenbach im Ortenaukreis von Baden-Württemberg. Die Pfarrgemeinde bildet mit St. Arbogast in Haslach im Kinzigtal, St. Michael in Fischerbach, St. Erhard in Hofstetten, Hl. Kreuz in Steinach und St. Peter und Paul in Welschensteinach die Seelsorgeeinheit Haslach des Erzbistums Freiburg. Die Kirche besteht aus dem gotischen Turm, dem barocken ehemaligen Langhaus und Chor und einem nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Erweiterungsbau. Ihre Geschichte und Gestalt haben besonders der Offenburger Lehrer Werner Scheurer und der Willstätter Historiker Martin Ruch erforscht (siehe Literatur).

St. Afra von Südwest

Geschichte

Inschrift des Mühlenbacher römischen Altarsteins, entstanden unter Kaiser Pertinax, als der Schwarzwald Abnoba mons hieß

Der Name „Mühlenbach“ für den Ort und den ihn zur Kinzig hin durchfließenden Bach kommt wohl nicht von der „Mühle“ her, sondern dem keltisch-römischen Wort „malina“ für „Flut“. Eine Flut, ein Hochwasser war es auch, das 1778 auf dem Pfarrhof einen Altarstein freispülte, der heute im Archäologischen Museum Colombischlössle in Freiburg im Breisgau aufbewahrt wird und die Anwesenheit der Römer bezeugt. Aus dem Erbe der 1218 ausgestorbenen Zähringer gelangte das Dorf unter die Herrschaft der Grafen und später Fürsten von Fürstenberg und blieb dort – mit Unterbrechungen – bis zum Reichsdeputationshauptschluss 1803 und dem Frieden von Pressburg 1805. 1806 kam es ans Großherzogtum Baden.

In einer Urkunde König Heinrichs (VII.), des Sohnes und Mitregenten Kaiser Friedrichs II., für Egino V. von Urach und Freiburg, den Ahnherrn des Hauses Fürstenberg, wird Mühlenbach 1234 erstmals erwähnt: Heinrich belehnte Egino mit mehreren Schwarzwaldflüssen nebst umliegenden Gründen und Bergen, so mit „Kinzechen usque Gengenbach et nominatim Milenbach, Elzach, Treysenia, Brega et Danubio usque ad Ymmendingen“ – „der Kinzig bis Gengenbach, dem sogenannten Mühlenbach, der Elzach, der Dreisam, der Breg und der Donau bis Immendingen“.[1]

Den ältesten Hinweis auf ein Gotteshaus enthält eine Urkunde von 1440, die ein Gut „vnder der kirchen herab“ erwähnt.[2] Ursprünglich Filiale von St. Arbogast in Haslach, war Mühlenbach ab 1586, wo ein Pfarrer Zacharias Daub genannt wird, zumeist eigene Pfarrei. Das Patrozinium der heiligen Afra von Augsburg, die im Jahr 304 in Augsburg den Feuertod erlitten haben soll, ist erstmals 1576 bezeugt. Weltliche Patronatsherren waren die Fürstenberger, so nach einer Urkunde von 1666:[3] „Millenbach, huius ecclesiae patronus s. Afra, collator et decimator d. comes a Fúrstenberg ... animas regendas habet ca. 500.“ – „Mühlenbach, dessen Kirchenpatronin die heilige Afra, Kollator und Decimator Herr Graf von Fürstenberg ist, zählt etwa 500 Seelen.“ Die Einführung des evangelischen Bekenntnisses 1542 durch Graf Wilhelm von Fürstenberg (1491–1549) blieb wie im ganzen Kinzigtal Episode. Schon unter seinem Bruder Friedrich II. von Fürstenberg (1496–1559)[4] wurde der katholische Glaube wieder eingeführt. 1821 kam Mühlenbach vom Bistum Straßburg ans Erzbistum Freiburg.

Baugeschichte

Gotik

Kirchturm um 1900

Am zweiten Geschoss des Turms, des ältesten erhaltenen Teils, ist zweimal die Jahreszahl „1512“ eingemeißelt. Damals wurde vermutlich die ganze Kirche neu gebaut. Sie litt mit der ganzen Gegend im Dreißigjährigen Krieg, am schlimmsten im März 1643, als die Truppen des mit Frankreich verbündeten, bereits verstorbenen Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar „unversehens ins Tal kommen, zu Haslach spornstreichs, mit bloßen Degen, aufgezogenen Hahnen ins Städtel gesprengt, die Leute mit Hauen, Stechen, Prügeln, Axen, Hämmern dergestalt traktiert, dass eben ein Jammer und Elend zu hören und zu sehen gewesen, alles ausgeplündert, aufgeschlagen und verderbt“.[5] Die verbrannten Kirchenbücher legte Johann Ramsteiner (1607–1660), Pfarrer in Haslach, der Mühlenbach mit versorgte, neu an.[6]

Barock

1740 berichtete der Mühlenbacher Vogt an die fürstenbergische Regierung in Donaueschingen, „in was für einem schlecht und Bau-fälligen Stand die Pfarrkürche Mühlenbach sich Befünde, Zumahl dieselbe also Eng und Klein seye, daß sie Kaum d 3t Theil derer allda Befündliche Pfarrangehörigen fase, und dahero an derselben eine Haubt reparation, od aber und Vihlmehr einer New und größeren Kürchen allda ohnumbgänglich nothwendig seye“.[7] Die Regierung entschloss sich zum Neubau des Schiffs. Die Vorarlberger Baumeister Johann Jakob Häring (1674–1743) und Johann Elmenreich (1695–1757)[8] fertigten die Pläne, nach denen Wolfacher Unternehmer dann bauten. 1741 legte Pfarrer Matthäus Gengwisch (etwa 1710–1768) den Grundstein.

In den 1890er Jahren wurde St. Afra unter Pfarrer Severin Beck (1848–1905) restauriert und erhielt eine neue Empore und neue Bänke, ferner Deckengemälde und drei Hochaltargemälde.

Moderne

Die beiden Ortsgeschichtler Scheurer und Ruch begründen den Erweiterungsbau mit einer durch den Tourismus seit den 1950er Jahren einsetzenden Überfüllung. Architekt war Gregor Schroeder (1906–1976), Pfarrer zur Bauzeit, ab 1961, Heinrich König (1907–1998; Pfarrer in Mühlenbach ab 1940).[9] Schröder entwarf in diesen Jahren auch das neue Schiff von St. Martin in Vöhrenbach sowie die Kirchen St. Blasius in Biberach und Herz Jesu in Stegen. 1966 wurde die Mühlenbacher Erweiterung vom Freiburger Weihbischof Karl Gnädinger konsekriert.

Gebäude

Grundriss

Der Friedhof um die Kirche wurde 1845 verlegt,[10] doch blieb großenteils seine Mauer. Im Westen ragt der gotische Turm, vier Stockwerke hoch und von einem Satteldach abgeschlossen. Das unterste Stockwerk öffnet sich im Süden und Westen in Spitzbögen zu einer kreuzrippengewölbten Vorhalle. Schröder fügte seine Erweiterung unter Opferung der Nordwand des barocken Schiffs im Norden an und drehte die ursprünglich geostete Kirche zu einer „genordeten“, so wie es 1939 mit St. Laurentius im benachbarten Wolfach geschehen war. Das barocke Schiff bildet jetzt „wie in altchristlichen Basiliken <...> als ‚Paradies‘ den Vorhof des neuen Tempels“.[11] In diesem „neuen Tempel“ tragen jederseits sechs Säulen die von großen Rundbogenfenstern durchbrochene Hochschiffwand und lassen jederseits schmale, seitenschiffartige Gänge. Im Norden weitet sich der Raum zu einem Querhaus, an das sich der rechteckige neue Chor schließt. Neues Schiff und neuer Chor werden von einem offenen Satteldach überfangen. Der barocke, polygonal geschlossene Chor wurde zu einer Marienkapelle umgestaltet.

Ausstattung

Grabdenkmäler

Steinerne Grabmäler und schmiedeeiserne, verzierte Grabkreuze erinnern an den alten Friedhof. Ein Stein mit einem Tuch, Totenschädel und gekreuzten Knochen auf der Rückseite trägt auf der Vorderseite die Inschrift:[12]

HIER LIGT GEORG
ADAM KLAUSMAN
EIN FLEISIGER
BAUERSMAN, EIN
GUTER VATER SEI
NER KINDER. EIN
RECHTSCHAFNER
CHRIST DER DU DIES
LIEST FRAGE DICH
SELBST OB AUCH
DIES BIST
1817

Für das Priestergrab schuf Benedikt Schaufelberger (1929–2011) ein Mosaikbild des Guten Hirten.

Inneres nach Norden

Altäre

Meister des Hochaltars und vermutlich beider Seitenaltäre ist ein Bildhauer Anton Martin aus Schuttern, der 1742 bis 1743 sein Honorar erhielt. Er war nach dem Erlöschen der Bildhauerwerkstatt Philipp Winterhalders in der Ortenau viel beschäftigt; doch ist sonst nichts über ihn bekannt.[13]

  • Das Hauptgeschoss des reich vergoldeten Hochaltars begrenzen links und rechts Schleierbretter und Pilaster, dazwischen in geschwungenem Rahmen das Altarbild. Im volutengestützten Auszug steht eine Skulptur der heiligen Afra, begleitet links von Katharina von Alexandrien mit Schwert und Rad, rechts von Barbara von Nikomedien mit Kelch und Turm. Zuoberst steht ein Pelikan auf seinem Nest, Symbol des sich opfernden Jesus. Auf separaten Sockeln stehen daneben links der heilige Sebastian und rechts der heilige Wendelin.

Das große Altarbild gibt es siebenfach für die wechselnden Aspekte des Kirchenjahrs, und zwar, gereiht nach der Entstehungszeit,

– als ältestes ein Weihnachtsbild von Melchior Bernhard Eisenmann (1717–1772) aus Haslach
– ein weiteres Weihnachtsbild,
– ein Kreuzigungsbild und
– ein Auferstehungsbild von Konrad Schmider (1859–1898),[14]
– eine Aufnahme Marias in den Himmel von August Pfister aus Gruol, der zur Zeit des Ersten Weltkriegs auch in der Wallfahrtskirche Maria Zell bei Hechingen arbeitete,
– eine Verkündigung des Herrn von Emil Brischle (1884–1966) aus Offenburg und
Afra als Beschützerin Mühlenbachs, 1982 gemalt von Manfred A. Schmid (1911–2009), dessen erster großer Auftrag 1936 die Innengestaltung von St. Urban in Freiburg-Herdern war.[15] Afra steigt, von Engelchen begleitet, auf einer Wolke zum Himmel auf, während unten links das Feuer ihrer Hinrichtung brennt und rechts Mühlenbach mit Rathaus und der Kirche im Tal liegt.
  • Die Mitte des rechten Seitenaltars bildet Josef von Nazaret mit einer Säge in der rechten Hand und dem Jesuskind auf dem linken Arm. Die Statue wurde 1944 von Alfons Noflaner aus Südtirol geschnitzt. Kleiner stehen links der heilige Jakobus der Ältere als Pilger, an die Wallfahrt nach Santiago de Compostela erinnernd, rechts der Apostel Matthäus mit einem Beil und einem Buch.[16] Den fünfzehn Rosenkranz-Medaillons des linken Altars entsprechen vierzehn Medaillons mit Bildern der Vierzehn Nothelfer, wohl wiederum von Eisenmann. Im Auszug steht zuoberst der Erzengel Michael mit Flammenschwert und einem Schild, beschriftet „Quis ut Deus?“ – „Wer ist wie Gott?“, darunter links ein Schutzengel mit einem Kind, rechts der heilige Georg als Drachentöter.

Sonstiges

Auf dem Altar des barocken Chors, der heutigen Marienkapelle, steht eine von Alfons Noflaner stark restaurierte Pietà, früher Gnadenbild der Brudertalkapelle in Lahr-Kuhbach.[17] Der Tabernakel ist eine Silberschmiedearbeit von Alfred Erhart.

Die acht – ursprünglich zwölf – Apostelbilder an den Wänden des Schiffs, die Pfarrer Severin Beck auf den Dachspeicher verbannt hatte, malte Melchior Bernhard Eisenmann. Die vierzehn Kreuzwegstationen modellierte Peter Valentin (1877–1962), der aus Südtirol stammte, in Offenburg lebte und „Werke von makelloser Schönheit“ schuf, so auch die Seitenaltäre in St. Arbogast im benachbarten Haslach.[18]

Die Orgel baute 1963 bis 1965 Franz Winterhalter in Oberharmersbach.[19]

Zwei der fünf Glocken goss 1821 die Straßburger Firma Ludwig Edel, die anderen drei 1952 die Heidelberger Firma von Friedrich Wilhelm Schilling.[20]

Literatur

  • Gemeinde Mühlenbach: Pfarrkirche St. Afra. Digitalisat. Abgerufen am 17. Oktober 2015.
  • Mühlenbach. In: Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.): Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VI. Regierungsbezirk Freiburg. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1982. ISBN 3-17-007174-2, S. 333–334 (Digitalisat Landeskunde entdecken online Baden-Württemberg: Mühlenbach. Abgerufen am 17. Oktober 2015).
  • Norbert Lieb: Die Vorarlberger Barockbaumeister. 3. Auflage. Verlag Schnell und Steiner, München 1976.
  • Martin Ruch: Mühlenbach im Schwarzwald – eine Dorfgeschichte. seitenweise Verlag und Gemeinde Mühlenbach 2013. ISBN 978-3-943874-03-7.
  • Werner Scheurer: Professor Hermann Josef (P. Adrian Opraem) Eisenmann (1758–1838), der Sohn des Haslacher „Apostelmalers“ Bernhard Melchior Eisenmann. In: Die Ortenau 17, 1991, S. 448–465 (Digitalisat. Abgerufen am 18. Oktober 2015).
  • Werner Scheurer: Pfarrkirche St. Afra Mühlenbach. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 1997.
  • Stefanie Schnurr, Gernot Kreutz: Die Kleindenkmale in Mühlenbach. Gemeinde Mühlenbach 2012. ISBN 978-3-931741-36-5.
  • Max Wingenroth: Mühlenbach. In: Max Wingenroth: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden Band 7: Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen, 1908, S. 641–644. Digitalisat. Abgerufen am 17. Oktober 2015.
  • Mühlenbach. In: Dagmar Zimdars u. a. :Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg II. München, Berlin, Deutscher Kunstverlag 1997, ISBN 3-422-03030-1, S. 467.

Einzelnachweise

  1. Ruch 2013, S. 23.
  2. Scheurer 1997, S. 2.
  3. Wingenroth 1904, S. 642.
  4. Sigmund Ritter von Riezler: Fürstenberg, Fredrich II. Graf zu (1496 bis 1559). Abgerufen am 22. September 2015.
  5. Ruch 2013, S. 35–36.
  6. Scheurer 1997, S. 4.
  7. Scheurer 1997, S. 8.
  8. Lieb 1976, S: 93 und 88; bei Lieb „Jakob Häring“; er habe „laut Sterbebuch von Immendingen gegen 20 Kirchen gebaut“.
  9. Schnurr und Kreutz 2012, S. 127.
  10. Schnurr und Kreutz 2012, S. 134.
  11. Scheurer 1997, S. 20.
  12. Schnurr und Kreutz 2012, S. 134–135.
  13. Scheuer 1997, S. 30.
  14. Kurt Klein: Der Maler vom Kreuzberg. Gehört Karl Schmider der Vergessenheit an? In: Die Ortenau, Band 45, 1965, S. 159–166 (Digitalisat); Josef Krausbeck: Karl Schmiders Werke. In: Die Ortenau, Band 45, 1965, S. 166–169 (Digitalisat). Abgerufen am 29. Juli 2015.
  15. Hans Sigmund: Ein Leben für die Malerei. Manfred A. Schmid ist im Alter von 98 Jahren gestorben. In: Badische Zeitung vom 4. August 2009. Digitalisat. Abgerufen am 19. Oktober 2015.
  16. Matthäus wird als Apostel meist seiner Legende entsprechend mit einem Schwert oder einer Hellebarde dargestellt, doch ist die zuweilen „zu einem Beil verkümmert“: Joseph Braun: Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst. J.B. Metzler, Stuttgart 1943, Sp. 525.
  17. Seelsorgeeinheit An der Schutter: Die Brudertalkapelle. Digitalisat.@1@2Vorlage:Toter Link/www.kath-st-franziskus.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
  18. Hermann Brommer: Pfarrkirche St. Arbogast, Haslach im Kinzigtal. Verlag Schnell und Steiner, München, Zürich 1978, S. 20.
  19. Ruch 2013, S. 257.
  20. Ruch 2013, S. 252–257. Ferner Internetseite der Erzdiözese Freiburg: Glockensuche, Kath. Pfarrkirche St. Afra in Mühlenbach. Digitalisat. Abgerufen am 23. Oktober 2015.

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