Schiene (Schienenverkehr)

Schienen sind im Bahnwesen lineare Trag- und Führungselemente, die meist paarig und parallel zueinander im Abstand der Spurweite angeordnet den Fahrweg für Schienenfahrzeuge bilden.

Schiene mit Walzzeichen, produziert im Jahr 1979 in der Maxhütte im Standardprofil S54 und in Standardqualität
Von der Fa. Krupp gewalzte Schiene und Radreifen
Sicht von der Gleisinnenseite

Frühe Schienen in diesem Sinne waren Spurrillen, längs ausgelegte Baumstämme oder Holzbohlen. Moderne Schienen sind standardisierte und genormte Walzstahlerzeugnisse. Sie sind in regelmäßigen, kurzen Abständen zumeist auf quer zur Gleisachse ausgelegten Bahnschwellen aus Beton, Stahl, Holz oder Kunststoff befestigt und bilden als Gleis zusammen mit dem Kleineisen (das sind die Befestigungsteile der Schiene auf der Schwelle) und der Bettung den Oberbau einer Bahnstrecke.

Anfänge

Bahnhof von Invercargill, Neuseeland, vor 1868: Holzgleise, wie sie 1864 auf der Strecke nach Makarewa eingebaut wurden

Um die Fahreigenschaften von Pferdekarren bei schlechtem Untergrund zu verbessern, entwickelte man schon im 17. Jahrhundert „Schienensysteme“ aus Holz. Diese Holzschienen verhinderten das Einsinken der Wagenräder und ermöglichten somit das Befördern von schweren Lasten unabhängig von der Beschaffenheit des Untergrunds. Leider erwiesen sich diese Holzschienen als nicht sehr dauerhaft, worauf man begann, nach anderen geeigneten Materialien zu suchen. In England wurden während der Industrialisierung mit seiner aufstrebenden Eisen- und Stahlherstellung neue Schienensysteme entwickelt. Die ersten eisernen Schienen für Schienenbahnen waren vergleichsweise dünne Blechstreifen, die auf längs zur Fahrtrichtung parallel liegende „Straßbäume“ aufgenagelt wurden, um die Standfestigkeit zu erhöhen und den Verschleiß zu mindern.

Infolge von Absatzproblemen hatte im Jahre 1767 Richard Reynolds, einer der Besitzer der Coalbrookdale-Eisenhütte, Gusseisenbarren in Plattenform auf Lager. Um diese zwischenzeitlich sinnvoll nutzen zu können, ließ er damit verschlissene Holzbohlenschienen der Hüttenbahn auslegen, wo sie den beabsichtigten Zweck hervorragend erfüllten. Dies wird als Geburtsstunde der Eisenschienen für Fahrzeugräder angesehen.[1] Ab 1795 zogen im englischen Derbyshire Pferde Wagen über Eisenschienen, die Kohlebergwerke und eine Keramikmanufaktur mit einem Kanal verbanden. Die erste Dampflokomotive der Welt rollte 1804 über Schienen eines Bergwerks in Südwales.[2]

Profile

Historische Profile

Eine Übersicht der internationalen Schienenprofile hat Charles Couche (1815–1879), Generalinspekteur, Autor und Professor für Bauwesen und Eisenbahnwesen an der Nationalen Schule für Bergbau in einer seiner vielen Abhandlungen über technische Neuerungen zusammengestellt.[3]

Winkelschiene

Pferdebespannte Kohlebahn auf Winkelschienen, Little Eaton Gangway, England, 1908

John Curr führte 1776 im Steinkohlenbergbau in den Kohlegruben von Sheffield Winkelschienen ein.[4] Diese ersten Schienen hatten den Vorteil, dass Fahrzeuge mit normalen Rädern auf ihnen fahren konnten und nicht allein auf die Schienenführung angewiesen waren. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts lief die historische Verwendung von Winkelschienen aus. Mit dem Einsatz luftbereifter Spurfahrzeuge hat sie inzwischen eine örtlich begrenzte Renaissance erfahren: Die Wagen der 1989 eingerichteten automatischen Standseilbahn Poma 2000 im nordfranzösischen Laon fuhren auf L-Profilen, sie wurden durch deren seitlich hochstehende Kanten auf diesen Schienen gehalten.

Pilzschiene

Eine der ältesten Stahlschienenformen überhaupt bestand nur aus dem verdickten Schienenkopf mit der Lauffläche und einem senkrechten Steg zur Versteifung und Befestigung. Die Befestigung bestand aus einer Einspannung in besonders geformte Steinquader. Es handelt sich hierbei also um eine Unterform der Stuhlschiene. Wegen ihrer Querschnittsform wurden diese Schienen auch Kopf-und-Steg-Schienen oder Pilzschienen genannt. Der senkrechte Steg bot nur wenig Durchbiegungswiderstand, sodass im Laufe der Entwicklung auch an der Unterseite der Schiene eine Verdickung angebracht wurde. Diese Entwicklung führte zunächst zu der unten beschriebenen Doppelkopfschiene und später, nach systematischen Versuchen, zu der noch heute gebräuchlichen Vignolschiene.

Fischbauchschiene

Wegen der relativ leichten Fahrzeuge hatten frühe Eisenbahnschienen wesentlich weniger Auflagepunkte als heute. Üblich waren Stützpunktabstände von ca. einem Meter. Da es andererseits noch nicht möglich war, lange Schienenprofile zu walzen, wurden vielfach gusseiserne Schienen von einem Meter Länge verwendet. Dies bedeutet, dass diese Schienen nur an ihren beiden Enden auflagen. Mit zunehmenden Radsatzlasten führte dies zu immer größeren Durchbiegungen der bis dahin verwendeten Pilzschienen, die zu unruhigem Fahrzeuglauf und erhöhtem Verschleiß führten.

Fischbauchschiene auf Steinblöcken, Cromford and High Peak Railway, England, 1831

In Anlehnung an das beim Brückenbau geläufige Prinzip des Fischbauchträgers wurde gegen 1789 von William Jessop die Fischbauchschiene entwickelt. Es handelt sich dabei um ein jeweils etwa einen Yard (ca. 91cm) langes Schienenstück, dessen Höhe an der Unterseite von den Enden zur Mitte hin stetig zunimmt, wodurch ein höheres Durchbiege-Widerstandsmoment erreicht wird. Allerdings ist der Materialverbrauch für Fischbauchschienen relativ hoch; auch lassen sie sich nicht durchgehend walzen. Mit der Einführung kürzerer Stützpunktabstände und der Möglichkeit, längere Schienenstücke zu walzen, wurde diese historische Schienenform aufgegeben.

Keilkopfschiene

Schema der Zangenbremse

Keilkopfschienen sind den Vignolschienen sehr ähnlich. Im Gegensatz zu diesen sind die Flanken der Schienenköpfe keil- bzw. trapezförmig abgeschrägt, sodass der Querschnitt des Schienenkopfes nach unten hin abnimmt. Keilkopfschienen kommen vornehmlich bei Bergbahnen zum Einsatz. Als Fahrschienen werden sie beispielsweise bei der Reichenbachfallbahn in Meiringen verwendet, die über eine zusätzliche Zangenbremse verfügen, deren beiderseits am Schienenkopf angreifenden Bremsbacken sich gewissermaßen unverlierbar an der Schiene anklammern. Bei der Pöstlingbergbahn in Linz waren Keilkopfschienen bis zur Erneuerung im Jahr 2009 im Einsatz. Zahnstangen des Systems Strub werden aus Keilkopfschienen mit erhöhtem Kopf gefräst.

Doppelkopfschiene

Stuhlschienenoberbau mit Doppelkopfschienen auf Betonschwellen in La Barthé-Avezac, Frankreich

Eingebaute Schienen werden nur auf der Innenseite von den Radsätzen angefahren, also einseitig abgenutzt. Zur Erhöhung der Lebensdauer dreht man auf schwach befahrenen Gleisen die Schienen oder tauscht sie gegeneinander aus, sodass die noch intakte Außenkante der Schiene nun innen zu liegen kommt. Mit Doppelkopfschienen sollte die Lebensdauer der Schienen weiter erhöht werden, indem ein symmetrisches Profil mit je einem Schienenkopf an Ober- und Unterseite verwendet und mittels Schienenstühlen befestigt wurde. Somit erhielt man vier Einbaumöglichkeiten, indem die beiden Schienenköpfe nacheinander als Lauffläche genutzt und zusätzlich die Schienen nach dem beschriebenen Verfahren gegeneinander getauscht wurden. Die Erfahrungen zeigten[5] jedoch, dass die Schienen mit dem damaligen Material schon brüchig wurden, bevor sie zur mehrmaligen Nutzung gedreht werden konnten.

Später wurden auch Varianten der Doppelkopfschiene entwickelt, die zwar nicht mehr gewendet werden konnten, weil der Kopf auf einer Seite abgeflacht war, sich aber trotzdem in den vorhandenen Schienenstühlen für Doppelkopfschienen einbauen ließen. Diese im Englischen als Bull Head Rail, also „Stierkopfschiene“ bezeichneten Schienen waren weit bis ins 20. Jahrhundert hinein die Standardschienen in Großbritannien, sie sind auf geringbelasteten Strecken in Großbritannien, Irland und Frankreich und selbst auf Teilstrecken von London Underground noch immer im Einsatz.[6]

Brück-, Brunel- und Barlowschiene

Im Jahr 1835 erfand Strickland die Brückschiene mit einem Querschnitt ähnlich einem senkrecht durchschnittenen Hut. Sie wurde meist auf Langschwellen verlegt, später auch Brunel-Schiene genannt nach dem Ingenieur Isambard Kingdom Brunel, der sie 1836 in großem Umfang bei der Great Western Railway verwendete.[7]

Eine weiter entwickelte Form konzipierte 1849 William Henry Barlow – die gewalzte Barlow-Schiene mit ebenfalls hutförmigem Querschnitt, jedoch erheblich verstärkter Lauffläche. Sie war zudem eine Sattelschiene, die ohne Schwellen direkt in der Bettung verlegt wurde. Seaton schuf 1856 eine Sattelschiene, die auf einer dreikantigen Holzlangschwelle gelagert war.[7]

Haarmanns Schwellenschiene

August Haarmann entwickelte ein Konzept von einem längs symmetrisch zweigeteilten Schienenprofil mit unterhalb quer zur Längsrichtung angebrachten T-Eisen„schwellen“. Mit der Längsteilung sollten an den Schienenstößen durch geringfügig überlappenden Zusammenbau ein ruhigerer Lauf der Schienenfahrzeuge ermöglicht werden. Von Haarmann stammen auch die aus zwei bis drei Einzelprofilen zusammengesetzten Zwillings- und Drillingsschienen, die vor der Einführung von einteilig gewalzten Rillenschienen in Straßenbahnnetzen verwendet wurden.

Entwicklung zu den Standardprofilen

Entwicklung der Schienenprofile der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn 1842–1867

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich bei den meisten Bahnen der heute übliche Querschnitt mit verstärktem Kopf und breitem Fuß durch. Zunächst beschafften die meist privaten Bahngesellschaften Schienen nach eigenen Maßvorgaben bzw. aus dem Angebot der Walzwerke, die kaum mit den Schienen der benachbarten Bahnen austauschbar waren. In einer Übersichtstabelle aus dem Jahr 1871 sind allein bei den deutschen Bahnen 50 Schienenvarianten unterschiedlichster Abmessungen und Materialqualitäten aufgelistet. Die Schienenlängen lagen seinerzeit meist zwischen 6,00 und 7,00 m.[8]

Nachdem die Bedeutung der Eisenbahnen als militärisches Transportmittel erkannt wurde, wurden erste Vorgaben zur Standardisierung aufgestellt. Gleichzeitig setzten in Deutschland Verstaatlichungsbestrebungen ein, um eine Kontrolle über die Eisenbahnen zu erlangen. Das bei der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn 1867 eingeführte Regelschienenprofil mit einer Metermasse von 36,96 kg/m[9] wurde bei weiteren Bahnen eingeführt, die unter preußischem Einfluss standen.

Die Konzentrationsprozesse wurden nach der Reichsgründung 1871 und insbesondere nach dem Gründerkrach 1873 weiter vorangetrieben.[10] Die Schienenprofile wurden bei den größeren Bahngesellschaften nach Belastungsklassen standardisiert und schrittweise verstärkt.

Die Tabelle zeigt anhand einer Auswahl die Entwicklung preußischer Schienenprofile[11][12] ab 1867 bis zum Regelprofil der Deutschen Reichsbahn S 49 in den 1920er Jahren.

Bezeichnung  Masse
kg/m
Höhe
mm
Kopfbreite
mm
Stegbreite
mm
Fußbreite
mm
Anmerkungen
NME Form 7 36,96 131 58 14 102 Regelprofil der Niederschl.-
Märk.-Eisenbahn ab 1867
preuß. Form 5 24,39 115 53 10 90 ab 1882, leichtes Profil
preuß. Form 6 33,40 134 58 11 105 ab 1885
preuß. Form 7 37,24 134 58 18 105 ab 1890, verstärkter Steg
preuß. Form 8 41,38
41,00
138 72 14 110 ab 1890
preuß. Form 9 43,43 138 72 18 110 ab 1891, verstärkter Steg
preuß. Form 15 45,05 144 72 14 110 ab 1905
preuß. Form 16 47,28 144 72 18 110 ab 1905, verstärkter Steg
S45 45,25 142 67 14 125
S49 49,05 149 67 14 125 ab 1922, Regelprofil der DRG

Bei den preußischen Schienenprofilen gab es Varianten mit verstärktem Steg zum Einsatz in Tunneln, auf Brücken und im preußischen Blattstoß (überlappender Stoß).

Die Materialqualität wurde durch die Verwendung von Bessemer- oder Martin-Stahl verbessert. Außerdem wurde die Schienenlänge mehrfach auf Standardlängen wie 9, 12 oder 15m vergrößert, um die Anzahl der Schienenstöße zu reduzieren.[13][14][15]

Schienenneigung

Zur Anpassung an die zur Selbstzentrierung im Gleis konischen Laufflächen der Räder stehen die Schienen im Gleis in der Regel zur Gleismitte hin geneigt. Diese Neigung wird entweder in die Unterlagsplatten oder in die Schwellen eingearbeitet. In der Vergangenheit betrug das europäische Regelmaß dieser Neigung, angepasst an langachsständige Zwei- und Dreiachser, 1:20. Bei Drehgestellfahrzeugen hat sich eine geringere Konizität der Radlaufflächen als günstiger für Verschleiß und Laufruhe erwiesen. Aufgrund ihres zunehmenden Anteils am Fahrzeugbestand wurde die Regelneigung der Schienen etwa seit den 1960er Jahren, gleichzeitig mit der Einführung schwerer Schienenprofile, auf 1:40 verringert. Oberbauarten mit Betonschwellen oder schwereren Schienen als S49 wurden in der Regel von vornherein mit einer Neigung von 1:40 entwickelt. Gleise mit 1:20 geneigten Schienen finden sich in Deutschland nur noch in Nebengleisen und auf Nebenbahnen mit geringer Belastung und langer Liegedauer des Oberbaues.

Senkrecht stehende Schienen und zylindrische Radreifen gibt es bei einigen Straßenbahnnetzen. Zur Bauzeit war man der Meinung, dass die Selbstzentrierung durch den Sinuslauf aufgrund des geringen Spurspiels und der engen Bogenradien ohnehin kaum wirkt. Ein bekanntes Beispiel für senkrecht stehende Schienen und zylindrische Radreifen ist das Netz der U-Bahn Berlin. Im Betrieb stellt sich allerdings ein konisches Verschleißprofil ein.

In Weichen und Kreuzungen und bei kurzen Gleisstücken bis 40 Meter zwischen Weichen stehen die Schienen insbesondere zur Vereinfachung der Konstruktion und zur Vermeidung von mehrfachen Neigungswechseln senkrecht. Bei einigen neueren Weichenkonstruktionen ist die Neigung in die Fahrfläche der Schienen eingearbeitet. Zwischen Gleisen mit senkrecht stehenden und 1:20 geneigten Schienen baut man Übergangsschwellen mit der Neigung von 1:40 ein.

Standardprofile

Standardprofil UIC60
Standard-Schienenprofile mit Maßen

Im Bereich der Deutschen Bahn AG werden heute in der Regel drei Schienenprofile verwendet. Mit einer Metermasse von 49kg/m ist das Profil S49 (heutige Bezeichnung: 49E5) das leichteste. Es war das Regelprofil der Deutschen Reichsbahn und ihrer Nachfolger von 1922 bis 1963. Es ist noch auf vielen Strecken vorhanden, wird aber nur noch für weniger belastete Gleise eingebaut. Für Schmalspurbahnen, in Straßen- und U-Bahn-Netzen wird dieses Profil ebenfalls verwendet. Das Standardprofil S54 (heutige Bezeichnung: 54E4) mit 54kg/m findet man auf Hauptstrecken und Bahnhofsgleisen. Es entstand durch Verstärkung des Profils S49, vor allem bei der Schienenkopfhöhe und der Stärke des Schienenfußes, und war ab 1963 das Regelprofil der Deutschen Bundesbahn. Beide Profile weisen mit 125 Millimetern dieselbe Fußbreite auf und sind dadurch weitgehend gegeneinander austauschbar. Das Profil UIC60 (heutige Bezeichnung: 60E2) wiegt 60kg/m und wird seit 1970 in der Regel für hochbelastete Strecken verwendet, sowohl für hohe Achs- und Zuglasten als auch für hohe Geschwindigkeiten. Die Fußbreite dieses Profils beträgt 150 Millimeter. Ein weiteres von der UIC genormtes Profil, UIC54, ist dem deutschen Profil S54 vergleichbar und wird vor allem im europäischen Ausland eingesetzt (z.B. in Spanien und den Niederlanden). Dieses Profil weist eine Fußbreite von 140 Millimetern auf, es erfordert deshalb besondere Unterlagen oder Schienenaufnahmen.

Bezeichnung  Masse
kg/m
Höhe
mm
Kopfbreite
mm
Stegbreite
mm
Fußbreite
mm
Anmerkungen
49E5 (früher: S49) 49,05 149 67 14 125 Regelprofil der DRG
54E4 (früher: S54) 54,54 154 67 16 125 ab 1963 Regelprofil der DB
UIC54 54,77 159 70 16 140
60E2 (früher: UIC60) 60,34 172 72 16,5 150 ab 1970 für hochbelastete Strecken
R65 64,64 180 75 18 150 für hohe Lasten in den Netzen der OSŽD-Bahnen

Im Netz der Deutschen Reichsbahn in der DDR wurde für hohe Lasten das sowjetische Profil R65 mit 65kg/m eingebaut. Durch die Fußbreite von 150 Millimetern sind die Profile UIC60 und R65 ebenfalls im liegenden Gleis gegeneinander austauschbar. Das der deutschen S49 vergleichbare Profil R50 wurde vor allem in Straßenbahnnetzen, aber beispielsweise auch bei der Windbergbahn nach Dresden-Gittersee benutzt. Für Schmalspurstrecken wurde in den 1960er Jahren letztmals das Profil S33 mit 33kg/m gewalzt. In U-Bahn-Netzen ist weiterhin das Profil S41 üblich, das einer Schiene S49 mit verringerter Kopfhöhe entspricht. In Nebengleisen und Anschlüssen sind auch noch aus der Länderbahnzeit stammende Schienenprofile wie Form8 vorhanden.

In den USA wird das Profil 140-RE (70kg/m) für stark belastete Strecken eingebaut.

Elektrische Übergangsschweißung zwischen R50 (links) und S49 (rechts)

Beim Wechsel des Schienenprofils im Gleis werden insbesondere bei Umbauten industriemäßig durch Abbrennstumpfschweißen hergestellte Übergangsschienen eingebaut. Beim Schienenwechsel im Rahmen der Instandhaltung und wenn Übergangsschienen nicht erhältlich sind, beispielsweise zwischen R65 und UIC60, müssen die unterschiedlichen Profile mit aluminothermischen Übergangsschweißungen verbunden werden. Ist das aus Platzmangel, beispielsweise in Kreuzungsweichen oder weil es keine entsprechenden Schweißformen gibt, nicht möglich, müssen die Schienenenden durch Lichtbogenhandschweißen verbunden werden. In vielen Straßenbahnnetzen ist das Lichtbogenschweißen das Regelverfahren. Kropf- und Übergangslaschen sind nur noch bei Bauzuständen und zum vorübergehenden Sichern von Schienenbrüchen zulässig. Sind die zu verbindenden Profile geometrisch zu unterschiedlich, müssen mehrere Übergangsschienen bzw. -schweißungen hintereinander vorgesehen werden.

Für Weichen wird möglichst dasselbe Schienenprofil wie für die anschließenden Gleise verwendet, bei unterschiedlicher Belastung beider Stränge das des höher belasteten. Die Weichenzungen bei Weichen deutscher Bauart werden aus besonderen, asymmetrischen und in der Höhe verringerten Zungenschienenprofilen hergestellt.

Vignol- oder Breitfußschiene

Schienenpaar mit unterschiedlichen Walzzeichen. Vorne alte Reihenfolge; Hersteller (Krupp), Jahr und Monat (03.1988), Profil (UIC 60), Stahlgüte (R320Cr) hinten neue nach EN 13674-1; Hersteller (voestalpine Schienen Donawitz), Stahlgüte (R350LHT), Jahr (2002), Profil (EN 60 E1)
Profil einer Vignolschiene mit Rippenplatte (Oberbau Ks)
Schienenbefestigung bei Oberbau W mit Schwellenschraube, Spannklemme und Winkelführungsplatte

Letztlich hat sich die um 1830 von dem US-Amerikaner Robert Livingston Stevens entwickelte Breitfußschiene durchgesetzt, die später Verbesserungen durch den Engländer Charles Vignoles erfuhr, nach dem sie benannt wird. Sie besteht aus einem breiten, flachen Fuß, mit dem sie üblicherweise mit Klemmplatten oder Spannklemmen auf den Schwellen befestigt wird. Darauf steht senkrecht ein schmaler Steg, der an seinem oberen Ende den Schienenkopf trägt, der wiederum die Laufbahn für die Räder bildet. Im Bereich der Deutschen Bahn wird heute vorwiegend das Schienenprofil S 54, auf Abschnitten mit hoher Belastung UIC60 eingesetzt. Dieses unterscheidet sich von älteren Bauformen durch eine stärker gewölbte Lauffläche und einen höheren Steg.

Um Verwechslungen und falsche Verwendungen zu vermeiden, wird in den Steg des Schienenprofils eine definierte Kennzeichnung mit Buchstaben und Ziffern mit aufgewalzt. Die aktuelle EU-Normvorgabe für dieses Walzzeichen ist beim Stand von 2024 die DIN EN 13674-1:2017-07 (D). Ältere Formen der Kennzeichnungen waren teilweise rein herstellerspezifisch.

Vignolschienen werden auf den Schwellen meist unter Zwischenlage von Unterlags- oder Rippenplatten befestigt, die einerseits den Schienenfuß tragen und seitlich führen sowie zur Schwelle hin die Bohrungen und Aussparungen für die Befestigungsschrauben bzw. Federelemente bereitstellen. In der Vergangenheit und bei einfachen Verhältnissen wurden die Auflager bei der Oberbauform Hs einfach in die Oberfläche von Holzschwellen eingehobelt und die Schienen mit Schwellenschrauben befestigt. Fortschritte bei der Betonherstellung ermöglichten bei der Oberbauform W wieder den Verzicht auf Unterlagsplatten.

Kranschiene

Eine zweite Variante der Vignolschiene ist die Kranschiene. Es gibt unterschiedliche Arten von Kranschienen:

Form A und F nach DIN 536: diese sind im Vergleich zu den bei der Eisenbahn eingesetzten Schienen niedriger und haben einen dickeren Steg, um der stärkeren Belastung standzuhalten. Sie werden üblicherweise auf einem durchgehenden weiteren Träger, speziell einer Stahlunterlage, montiert, was als „kontinuierliche Lagerung“ bezeichnet wird.

Vignolschienen werden in Ausnahmefällen auch als Kranschienen verwendet und dabei oft mit Rippenplatten auf Schwellen befestigt, was als „diskontinuierliche Lagerung“ bezeichnet wird. Die diskontinuierliche Lagerung wird hier als sehr schadensanfällig betrachtet.

Schwere Sonderprofile überwiegend mit der Bezeichnung MRS sind nicht genormt und werden bei hohen Belastungen eingesetzt. Hier gibt es mittlerweile eine „moderne Variante“: die Schiene AS 86. Sie wurde aus einem Profil MRS 87a (mit ebener Radlauffläche) so weiterentwickelt, dass durch die Kopfausrundung, analog Form A, die Krafteinleitung möglichst weit zur Kopfmitte verlagert wird.

Beschreibung und Verwendung
Rillen­schiene der Berliner Verkehrsbetriebe
Der Linzer Straßen­bahn­tunnel ist mit Rillen­schienen aus­gestattet, damit Rettungs­fahr­zeuge in den Tunnel ein­fahren können
Ulm: Rillen­schienen samt großem Gleis­abstand ermöglichen im Störungs­fall einen problem­losen Schienen­ersatz­verkehr auf dem Gleis­körper der Straßen­bahn
Übergangs­schweißung zwischen Rillen- und Normalschiene (Strecke Münster–War­stein bei Enniger)
Ausgleisen eines Zwei­wege­fahr­zeuges auf einem Bahn­über­gang

Die Rillenschiene ist eine insbesondere für Straßenbahngleise verwendete Sonderform der Breitfuß- oder Vignolschiene. Ihre Besonderheit ist die in den Kopf eingewalzte Rille, die unabhängig vom Zustand des bis zur Schienenoberkante reichenden Straßenbelags immer einen freien Kanal für den Spurkranz gewährleistet.
Im Gegensatz zu den Vignolschienen ohne Rillen werden Rillenschienen nicht nur auf Schwellen in einer Schotterbettung, sondern oft auch auf betoniertem Untergrund verlegt und in ihm verankert. Der Schienenfuß ist dafür breiter (üblicherwiese 180 mm) als bei rillenlosen Schienen. Eine Sonderform des Rillenschienenoberbaues auf Beton ist die sogenannte Großverbundplatte, ein vor Ort nur noch abzulegendes vorgefertigtes Gleisjoch (inklusive Straßenbelag).

Der Rillenkopf dient im Wesentlichen nur dem Anschluss an den Straßenbelag. Das ist vor allem wichtig, wenn das Rillenschienengleis durch schwere Straßenfahrzeuge, die die Kante des Straßenbelags beschädigen würden, überfahren wird. In engen Bögen stellt sich durch den Verschleiß nach einiger Zeit zusätzlich eine Rückflächenführung auf der bogeninneren Seite der Rille ein. Zur Erhöhung der Liegedauer werden in Bögen deshalb Schienen mit dickerem Rillenkopf verlegt.
In den meisten Straßenbahnnetzen werden aufgrund der historischen Entwicklung schmalere Spurkränze und Radreifen benutzt; die Rillenweite der Schienen beträgt etwa 40 mm. In Eisenbahnnetzen verwendet man breitere Spurkränze und Radreifen; die Rillenweite von Eisenbahn-Rillenschienen beträgt etwa 60 mm.

Zur Ableitung von Oberflächenwasser sind bei Rillenschienen, die im Fahrbahnbelag eingebaut sind, in regelmäßigen Abständen Entwässerungsöffnungen und Wasserkästen vorhanden. Die Öffnungen werden erst nach Einbau der Schiene geschaffen. Das Säubern des Spurkanals von anderem Schmutz oder Sand wurde früher von Hilfsarbeitern erledigt, den sogenannten Ritzenschiebern. Heute erfolgt dies maschinell mit Schienenreinigungsfahrzeugen.

In der Vergangenheit war es bei vielen Straßenbahnbetrieben auch üblich, Rillenschienen auf offenem Querschwellenoberbau einzubauen. Gründe dafür waren einerseits die in der Regel besser an das Straßenbahnradreifenprofil mit kleinerem Ausrundungsradius zwischen Lauffläche und Spurkranzflanke angepasste Geometrie der Fahrkante und zum anderen der Verzicht auf die wegen der unterschiedlichen Höhe und Lage des Schienensteges aufwändigen Übergangsschweißungen zwischen Rillen- und Normalschienen. Besonders lange wurde nicht eingedeckter Rillenschienenoberbau in Bögen eingebaut. Man nahm an, dass die sich verschleißbedingt einstellende Rückflächenführung an der bogeninneren Schiene, vergleichbar mit Leitschienen bei Eisenbahnen, die Laufsicherheit verbessern würde. Diese Vermutung bestätigte sich jedoch nicht, abgesehen von sehr engen Bögen beispielsweise in Wendeschleifen.

Manche Eisenbahnverkehrsunternehmen fügen in ihre Strecken Eingleisstellen ein und verlegen auf diesen kurzen Abschnitten Rillenschienen. Zur Vermeidung des Wechsels zwischen Schienen ohne und mit Rillen – vor allem bei Versatz des Schienensteges – gibt es für derartige Abschnitte an rillenlose Schienen anschraubbare Zusatzprofile, oder es werden am Rand vertiefte Beton- oder Gummistreifen, die auch bei Bahnübergängen verwendet werden, neben den rillenlosen Schienen verlegt.

Vorteile

Mitunter werden Rillenschienen auch in Bereichen eingebaut und eingedeckt, wo im Regelfall kein Individualverkehr auf dem Gleiskörper stattfindet. Jedoch kann dieser im Notfall von Rettungsfahrzeugen befahren werden, was insbesondere bei Tunnelstrecken von Vorteil sein kann. Des Weiteren kann auf solchen Abschnitten leichter ein Schienenersatzverkehr mit Omnibussen eingerichtet werden, außerdem können havarierte Schienenfahrzeuge dort auch von Straßenfahrzeugen abgeschleppt werden. Genauso kann bei Rillenschienenabschnitten auch die Schneeräumung mit Straßenfahrzeugen erfolgen, außerdem entfällt die Vegetationskontrolle, das heißt die Unkrautvernichtung mit Chemikalien.

Nachteile
Stillgelegte und verfüllte Rillenschienen der Straßenbahn Kassel

Generell besteht bei Rillenschienen durch potentielle Fremdkörper in der Rille eine erhöhte Entgleisungsgefahr gegenüber Normalschienen. Ein weiterer wesentlicher Nachteil ist die Sturzgefahr für Radfahrer, insbesondere wenn die Schienen im spitzen Winkel gequert werden müssen oder nass sind. Aus diesem Grund werden stillgelegte Rillenschienenabschnitte oft provisorisch mit Gummi oder Zement verfüllt, bevor die Schienen später ausgebaut werden.

Rillenschienen werden auch vom Straßenverkehr abgenutzt. Der Einbau im Straßenbelag fördert durch eindringendes Oberflächenwasser die Korrosion sowohl des Schienenprofils als auch der Befestigungsmittel. Eingedeckte Rillenschienen müssen also häufiger ausgetauscht werden als nicht eingedeckte oder Schienen ohne Rillen. Der Austausch verursacht Behinderungen des Straßenverkehrs und macht die Wiederherstellung der Fahrbahndecke nach Abschluss der Gleisbauarbeiten erforderlich.

Im Winter kann Schnee die Rillen verstopfen, besonders dann, wenn der Schnee durch andere Verkehrsteilnehmer in die Rille geschoben und dort zusammengepresst wird. Eingedeckte Abschnitte müssen daher im Winter häufig durch sogenannte Spurfahrten freigehalten werden, während nicht eingedeckte Streckenabschnitte erst bei deutlich größeren Schneehöhen geräumt werden müssen.

Da Rillenschienen eine Gefahr für Fahrradfahrer darstellen, gibt es Schienen mit Gummifüllung, die verhindern sollen, dass Radfahrer in die Rille geraten und stürzen. Sie werden von den Basler Verkehrs-Betrieben bis Ende 2022 getestet. Allerdings können sie von manchen Schienenfahrzeugen nicht befahren werden, die zu leicht sind, um den Gummi in die Rille zu pressen.[16][17]

Lagekorrekturen von eingedeckten Abschnitten, vergleichbar mit Stopf- und Richtarbeiten beim Schotteroberbau, sind in eingedeckten Rillenschinengleisen nur aufwändig und nicht ohne Ausbau der Fahrbahndecke mit Sperrungen für den Straßenverkehr möglich.

Geschichte

Nachdem bereits 1832 die weltweit erste Straßenbahn in New York verkehrte, ergab sich das Problem, dass die Schienenköpfe der Vignolschienen aus der Fahrbahn herausragten und die übrigen Verkehrsteilnehmer behinderten. Für die erste Straßenbahn Europas, die Straßenbahn Paris, meldete hingegen der Ingenieur Alphonse Loubat 1852 ein Patent auf U-förmige und in der Fahrbahn versenkte Schienen an, die auf Langschwellen aufgenagelt ohne Überstand in die Fahrbahn eingebaut werden konnten. George Broca, der Direktor der Tramways du Nord in Paris, erfand und patentierte 1876 eine stählerne Straßenbahn-Rillenschiene mit flachem Fuß, die in Walzwerken hergestellt werden konnte.[18][19][20]

Vor der Erfindung der Rillenschiene als Einzelprofil wurden häufig zwei Vignolschienen mit Futterstücken nebeneinander verschraubt (Haarmann-Schiene, vergleichbar mit der noch für Überwege genutzten Bauart Lindau), oder ein spezielles Winkelprofil (Spurrillenschiene) wurde seitlich an einer Vignolschiene angeschraubt. Auch heute kommt diese Verfahrensweise teilweise zur Anwendung. Für Schienen S 49 und S 54 werden solche Profile noch gewalzt.

Die ersten einteiligen Rillenschienen wurden im Jahr 1880 bei der Phönix AG in Ruhrort für die Straßenbahn der Stadt Plymouth gewalzt. Durch die ungeschickte Formulierung des Phönix-Patentes nahmen nach und nach auch andere deutsche Stahlwerke wie die Gesellschaft für Stahlindustrie in Bochum 1884 und der Hörder Verein 1887 nach leicht abgewandelten Walzverfahren die Fertigung auf. Erst nach 1900 gelang es auch ausländischen Walzwerken, Vignol-Rillenschienen herzustellen.[21] Nach dem ursprünglichen Hersteller wurde dieses Schienenprofil auch Phönixschiene genannt.[22]

Fahrbahnschienen für luftbereifte Bahnsysteme

Fahrbahn des VAL-Bahnsystems

Der Einsatz von luftbereiften Fahrzeugen führte teilweise zu neuartigen Fahrbahnanlagen mit ebenfalls neuartigen Führungs- und Gleiswechselsystemen.

Einspurschienen

Sattelbahnen benutzen als Fahrweg Betonbalken mit seitlicher und mittiger Spurführung. Für die seitliche Spurführung genügen senkrecht angebrachte Flachstahlbänder, die die Spurführungskräfte auf seitlich am Fahrzeug angebrachte waagerechte Führungsrollen übertragen. Sofern die seitliche Spurführung nicht auch für die Energiezufuhr herangezogen wird, können hierfür auch Holz- und Betonbalken verwendet werden.
Das seltenere System der mittigen Spurführung wird bei Fahrzeugen verwendet, die auch am allgemeinen Straßenverkehr teilnehmen (z.B. Tramway de Nancy). In diesem Fall wird in den Fahrbahnbelag eine Rille gefräst, in die besonders geformte (meistens U-förmige) Schienen eingelassen werden, in die der Führungszapfen des Fahrzeuges eingreift. Ähnlich ist die Führungsschiene bei Leitschienenbahnen wie Translohr oder Neoval aufgebaut, doch hat ihr Kopf einen sechseckigen Querschnitt und die je zwei um etwa 45° geneigten Leiträder umfassen diesen Schienenkopf seitlich. Beim ursprünglichen System Véhicule automatique léger sind die in diesem Fall doppelten Leitschienen nur im Weichenbereich vorhanden. Ansonsten werden die Wagen durch die beidseitigen, senkrecht stehenden Leitschienen geführt, die zusätzlich als Stromschienen genutzt werden und deshalb isoliert aufgehängt sind.

Hängend geführte Kabinenbahnen wie die Wuppertaler Schwebebahn nutzen meist stählerne Schienen, auf denen die Räder laufen, die Schienen ihrerseits sind wieder an Traggestellen oder Betonbalken aufgehängt.

Herstellung

Vom Gusseisen zum Stahl

Ab 1770 wurden gusseiserne Schienen auf Steinblöcken verlegt, so erstmals bei der Derby Canal Railway in England.[23] Der Engländer Ralph Allen erfand in den 1730er Jahren den einseitigen Spurkranz, der die Wagen sicher auf dem Gleis führt. Nach anderen Angaben wurde der Spurkranz jedoch erst 1789 eingeführt.[24]

Mit Einführung der Spurkranzräder wurden Schienen mit pilzförmigem Querschnitt mit und ohne untere Verstärkung des Steges verwendet. Die kurzen, gusseisernen Schienen konnten nur ein sehr mangelhaftes, für größere Raddrücke (wie sie die in der Entstehung begriffenen Lokomotiven erforderten) ungeeignetes Gleis bilden. 1820 gelang es John Berkinshaw in Durham, Schienen durch Walzen zu erzeugen, sie damit also aus haltbarerem Material und in großen Längen (damals 15 Fuß engl.) herzustellen.[24]

„Die Querschnittform blieb zunächst noch die gleiche Pilzform und die Unterstützung ebenfalls dieselbe mit gusseisernen Schienenstühlen auf Steinwürfeln. Seltsamerweise glaubte man, auch von der Fischbauchform in Längsrichtung nicht abweichen zu dürfen und walzte mit vieler Mühe die Wellenschiene. So sind diese gewalzten Schienen zuerst auf einem Teil der kleinen Bahn Stocton-Darlington [sic!] (1825) und auf der ersten großen Lokomotivbahn, Liverpool-Manchester (1826–1830), verlegt worden.“ (Meyers Konversationslexikon, 1905[24])

Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte der Übergang zu den wesentlich länger haltbaren Stahlschienen. So lieferten Vorläufer der VÖEST ab 1850 erste Schienenköpfe aus Schweißeisen, ab 1857 Robert Forester Mushet die ersten Stahlschienen (Bessemerverfahren), ab 1862 Alfred Krupp Stahlschienen (Bessemerverfahren) und ab 1869 Vorläufer der voestalpine erste Schienen aus SM-Stahl (Siemens-Martin-Verfahren).[25][26][27]

Schienenproduktion heute

Eisenbahnschienen werden aus qualitativ hochwertigem Stahl gewalzt, wozu etwa zehn Walzdurchgänge erforderlich sind. Die Schienen werden dann gegebenenfalls noch einer Kopfhärtung unterzogen. Diese besteht in einem Abschrecken aus der Walzhitze durch Tauchen in ein Härtebad oder induktives Aufheizen und anschließendes Pressluftkühlen des Schienenkopfes. Nach dem Walzen werden die Schienen in einem entsprechend langen Kühlbett als Ganzes gleichmäßig und kontrolliert abgekühlt; dabei entstehende Abweichungen vom geraden Verlauf werden durch kaltes Richten auf einer Rollenrichtmaschine unter hohem Druck beseitigt, im Fachjargon auch „Bügeln“ genannt.[28]

Anschließend erfolgt die Qualitätskontrolle jeder einzelnen Schiene; sie wird jeweils auf Geradheit, korrekte Oberfläche und inneren Zustand hin geprüft. Die hohe Ausgangsqualität des verwendeten Stahls ermöglicht eine direkte Wiederverwertung des Ausschussmaterials. In der Endbearbeitung erfolgt schließlich das Sägen auf die gewünschte Länge sowie evtl. auch das Bohren sog. „Laschenlöcher“. Üblich ist die Lieferung Just in time (JIT) auf die entsprechende Baustelle.[28]

Schienen können eine lange Lebensdauer haben. Foto einer Schiene von Blaenavon Steel von 1885 aus dem Jahr 2005.

Langschienen zum Bahntransport werden entweder gleich mit einer Länge von 120 Metern gefertigt oder im Werk aus zwei bis vier Teilstücken zu Langschienen verschweißt. Weitere Schweißungen bis hin zu 360-m- oder sogar 500-m-Stücken sind möglich. Bei Lieferungen per Schiff nach Übersee ist die Schienenlänge auf 60 Meter begrenzt. Die Langschienenlogistik erfordert lange Spezialwagengespanne (»Langschieneneinheiten«) sowie mehrere parallel arbeitende Kräne. Vorteilhaft ist die Minimierung der teuren Schweißarbeiten vor Ort im Baugleis nach dem Thermitschweißverfahren oder dem Abbrennstumpfschweißverfahren und der für die Nahtstellen (sog. „Schienenstoß“) nötige Wartungsaufwand.[28] 30-m-Langschienen waren ab 1928 bei der Deutschen Reichsbahn üblich, um 1930 waren ferner 60-m-Langschienen in Erprobung.[29]

Schienen für enge Bogenradien (z.B. unter 300m oder als Weichenteile), die nicht vor Ort in die Krümmung gelegt werden können, werden im Werk auf einer Dreirollenmaschine vorgebogen.

Waren früher Bahnschienen ein Standardprodukt fast aller Walzwerke, sind die Qualitätsanforderungen inzwischen so hoch, dass es nur noch wenige spezialisierte Schienenwerke gibt. Hohe Stahlqualität, geringe Walztoleranzen und Wirbelstrom-Oberflächenprüfung aller Schienen sind selbstverständlich geworden. Das größte Schienenwalzwerk Europas (in Donawitz, Österreich) gehört zu Voestalpine. Der letzte in Deutschland verbliebene Produzent, TSTG Schienen Technik gehörte ebenfalls zur Voestalpine AG und wurde Ende 2013 geschlossen.[30] Bis 2011 existierte auf dem deutschen Markt ein Preiskartell, das sich als Schienenfreunde bezeichnete.

Hersteller

2012 wurden weltweit 9,1 Millionen Tonnen Schienen produziert, darunter 1,5 Millionen Tonnen in Europa.

Schienenwalzwerke:

Qualitative Unterscheidung

Zur genaueren Bezeichnung wird in Deutschland die Metermasse des Profils verwendet. Die bayerische Ludwigs-Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth (1835) verwendete ein Profil von 12kg/m. Nach 1920 begann der Einbau von Schienenprofilen mit 49kg/m (S49). Die aktuell bei der Deutschen Bahn AG verwendeten Profile werden weiter oben in diesem Artikel näher beschrieben. Im Bereich der OSShD (Osteuropäischer Eisenbahnverband) waren auch Profile mit 65kg/m (R 65) üblich.

Straßenbahn-Betriebe bauen auf eigenem Gleiskörper aufgrund geringer Belastung meist ein S-41-Profil ein, die Bahnbetriebe in Tagebauen aufgrund der hohen Belastung das Profil S64. Besonders bei Schmalspurbahnen kommen aber auch heute noch neben dem Profil S49 das leichtere Profil S33 mit 33,5kg/m oder teilweise sogar noch Profile aus der Länderbahnzeit (z.B. Va in Sachsen) zum Einsatz.

Der Vorteil leichter Schienenprofile liegt zum einen in der Materialersparnis, zum anderen jedoch darin, dass bei starken Schwankungen der Temperatur die Kräfte infolge Wärmeausdehnung geringer sind. Dies wirkt sich insbesondere in engen Gleisbögen aus, wo es bei starken Temperaturschwankungen zu Gleislagefehlern kommen kann. Ihre Nachteile sind die geringere Tragfähigkeit und das geringere Widerstandsmoment.

Schienen werden generell auch nach ihrer Güte klassifiziert, die als Zugfestigkeit in N/mm² gemessen und mit dem Hersteller, der Profilbezeichnung und dem Walzjahr in die Schiene eingewalzt wird. Üblich sind Güten von 700, 800 oder 900. In Einzelfällen wurden auch Schienen mit 1000er, 1100er oder sogar 1400er Güte hergestellt. Mit höherer Zugfestigkeit nimmt allerdings nicht nur die Verschleißfestigkeit zu, sondern die Bruchgefahr steigt ebenfalls an.

Stromschienen

Im Gegensatz zu den vorgenannten Schienenformen dienen Stromschienen weder dem Tragen noch dem Führen eines Fahrzeugs, sondern dessen Versorgung mit elektrischer Energie. Hierfür werden spezielle Stromschienenprofile, gelegentlich auch altbrauchbare Fahrschienen oder andere Bauformen verwendet. Aufgrund des notwendigen niedrigeren Widerstandes kommen des Öfteren auch Stromschienen aus Aluminium zum Einsatz. Zur Verschleißminderung existieren, beispielsweise bei der U-Bahn Wien, Aluminiumstromschienen mit aufgesetzter Kontaktfläche aus Stahl.

Schäden

Ausbruch am Schienenkopf
Längsriss in Schiene mit behelfsmäßiger Sicherung durch Laschen und Schienenfußklammern in Naundorf an der Strecke Oschatz–Mügeln (1982)

Schäden bei Schienen können verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet grob folgende Schäden:

  • Herstellungsfehler (Walzfehler, Materialfehler)
  • Korrosion
  • Rissbildung (Head-Check)
  • Verschleiß (u.a. in Bögen mit Radien unter 700m)
  • Fahrflächenfehler (Riffel, Schlupfwellen, Schleuderstellen)
  • Grübchenbildung (Pitting)
  • Verformung durch Temperaturspannungen
  • Schienenbruch

Siehe auch

Literatur

  • 140 Jahre Eisenbahndirektion Hannover. 1843–1983. Eisenbahndirektion, Hannover 1983, S. 61ff.
  • Karl-Otto Edel: Untersuchung des Bruchverhaltens von Eisenbahnschienen und -vollrädern. Magdeburg 1987 (Magdeburg, Techn. Hochsch., Diss., 1987).
  • Fritz Fastenrath (Hrsg.): Die Eisenbahnschiene. Theoretische und praktische Hinweise zur Beanspruchung, Werkstoffbeschaffenheit, Profilwahl, Verschweißung und Behandlung in Gleis und Werkstatt. Ernst & Sohn, Berlin u.a. 1977, ISBN 3-433-00783-7.
  • Heinrich Köstermann, Klaus Meißner, Herbert Sladek (Hrsg.): Handbuch der Schienentechnik. Werkstoffe, Herstellung und Bearbeitung, Qualitätssicherung (= Fachbuchreihe Schweißtechnik. 152). DVS Media, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-87155-218-2.
  • Markus Barth, Sepp Moser: Praxisbuch Fahrbahn. AS Verlag, Zürich 2014, ISBN 978-3-906055-29-9, S. 2532.
Commons: Rails – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schiene – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Ralf Roman Rossberg: Geschichte der Eisenbahn. Sigloch-Edition, Künzelsau 1999, ISBN 3-89393-174-0, S. 14 und 424.
  2. Florian Neukirchen: Von der Kupfersteinzeit zu den Seltenen Erden – Eine kurze Geschichte der Metalle. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-662-49347-2, S. 65 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Charles Couche: Profils de rails. Voie, matériel roulant et exploitation technique des chemins de fer, Paris 1867
  4. John Curr: The Coal Viewer. And the Engine Builder’s Practical Companion. John Northall, Sheffield 1797.
  5. ERA: Unfallbericht (Memento vom 27. Dezember 2009 im Internet Archive) (S. 33, engl.) Abgerufen am 3. Oktober 2015.
  6. Track at Surrey Quays. In: www.trainweb.org. Archiviert vom Original am 10. März 2016; abgerufen am 7. März 2016.
  7. Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Stuttgart, Leipzig 1909, Band. 7 Seite 629 „Schienenherstellung“
  8. Schienen der Deutschen Bahnen im Organ für die Fortschritte im Eisenbahnwesen, Supplementband 2.2, Die neuesten Oberbau-Constructionen, Edmund Heusinger von Waldegg (Hrsg.), C. W. Kreidel´s Verlag, Wiesbaden 1871, abgerufen am 5. Februar 2021
  9. Kgl. Pr. Minister d. öffentl. Arbeiten (Hrsg.): Berlin und seine Eisenbahnen. 1846–1896. Springer-Verlag, Berlin 1896, Ästhetik und Kommunikation, Berlin 1982, S. 190ff. (Repr.) ISBN 3-88245-106-8, Bd. 1, S. 193.
  10. Siehe dazu die Verstaatlichungen der Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn und der Berlin-Dresdener Eisenbahn-Gesellschaft sowie die Aufstellung der Königlich Preußischen Militär-Eisenbahn.
  11. Gustav Wulfert: Der neue Oberbau der Deutschen Reichsbahn und der Oberbau der Gruppe Preußen. Selbstverlag, Mülheim/Ruhr, 5. Auflage, 1942, S. 37–41
  12. Alfred Schau: Der Eisenbahnbau 1. Teil, Allgemeine Grundlagen, Bahngestaltung, Grundzüge für die Anlage der Bahnen. Verlag B. G. Teubner, Leipzig und Berlin, 1914, S. 55ff.
  13. Maße historischer Schienenformen und -profile auf drahtkupplung.de, abgerufen am 25. Januar 2021.
  14. Der Reichsbahn-Oberbau Maße historischer Schienenformen und -profile auf brandenburger-in.de, abgerufen am 25. Januar 2021.
  15. Historische Schienenprofile - Tabellen und Quellen auf drehscheibe-online.de, abgerufen am 21. Januar 2021.
  16. sda: Velofreundliches Gleis im Test an der Haltestelle Bruderholzstraße in Basel. Badische Zeitung, 1. Dezember 2021, abgerufen am 3. Dezember 2021.
  17. Das erste velofreundliche Gleis geht in Betrieb. Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt, 29. November 2021, abgerufen am 3. Dezember 2021.
  18. Patent DE9863C: Walzwerk für Rillenschienen und andere Profileisen. Angemeldet am 23. September 1879, veröffentlicht am 3. Juli 1880, Anmelder: Société Anonyme des Mines et Usines du Nord et de l'est de la France.
  19. Josette Desrues: En coche, en tram, en bus: le Paris-Saint-Germain, DISLAB, 2005, S. 102.
  20. Walzwerk für Rillenschienen und andere Profileisen (Polytechnisches Journal, 1880, Band 238, Tafel 2 und Seite 23–24).
  21. Philipp Fischer: Die Rillenschiene, ihre Entstehung und Entwicklung. In: Stahl und Eisen. Bd. 29, 1909, ISSN 0340-479X, S. 1217–1221, 1262–1267.
  22. Eintrag Pferdebahnen in der Enzyklopädie des Eisenbahnwesens von 1912
  23. Ralf Roman Rossberg: Geschichte der Eisenbahn. Sigloch-Edition, Künzelsau 1999, ISBN 3-89393-174-0, S. 10 ff.
  24. Eisenbahnbau. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage 1905–1909 zeno.org.
  25. voestalpine Kurzchronik (Memento vom 20. November 2008 im Internet Archive)
  26. L. T. C. Rolt: Victorian engineering. Allen Lane The Penguin Press, London 1970, ISBN 0-7139-0104-7 (englisch).
  27. Alfred Krupp. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
  28. Die Schiene – Auslaufmodell oder Verkehrsweg der Zukunft? (Memento vom 5. Oktober 2015 im Internet Archive), TV-Doku aus der Reihe Xenius, Arte 2015
  29. Müller: Der Oberbau der Reichsbahn in der Nachkriegszeit. In: Die Reichsbahn. Band 6, Nr. 38 / 39, 17. September 1930, ZDB-ID 512289-2, S. 1005–1013 / 1029–1039.
  30. Martin Murphy: Auf Abstellgleis gelenkt. In: Handelsblatt. Nr. 66, 5. April 2013, S. 20 (schiene-deutschland.de [PDF]).
  31. Voestalpine Schienen GmbH
  32. Třinecké železárny: Rails
  33. British Steel name back on Teesside as Greybull completes £400m deal to buy Tata Long Products sites
  34. Tata Hayange
  35. Rail Rolling Mills in the World (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  36. Evraz Pueblo Rail Mill (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  37. steelbb.com
  38. NSSMC: Railways, Katalog
  39. JFE: Katalog (PDF; 4,5 MB).
  40. General situation of Chinese rail steel production (2005)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.