Spezifische Bahnenergie

Die spezifische Bahnenergie ist eine physikalische Erhaltungsgröße in der Himmelsmechanik. Sie ist definiert als die Energie, die ein Körper auf einer Umlaufbahn um einen anderen Körper hat, normiert auf die reduzierte Masse des Systems und hat daher die SI-Einheit m2·s−2. Im Rahmen des Zweikörperproblems, das als mathematisch lösbares Modell der Himmelsmechanik dient, ist die spezifische Bahnenergie ein Charakteristikum der Bahn, die der Körper durchläuft und unabhängig von seinen sonstigen Eigenschaften. Insbesondere geht seine Masse nur in Form der Gesamtmasse des Systems in die spezifische Bahnenergie ein. Die Eigenschaft als Erhaltungsgröße folgt aus dem Energieerhaltungssatz, der besagt, dass die Summe aus kinetischer Energie und potentieller Energie im Gravitationspotential konstant ist.

Mathematische Formulierung

Die spezifische Bahnenergie eines Körpers lautet per Definition

mit dem Abstand der beiden Körper , dem Betrag der Relativgeschwindigkeit zwischen den Körpern , der Gesamtmasse des Systems und der Gravitationskonstanten . Da die Lösungen der Bahnen, auf denen sich ein Körper in der Himmelsmechanik bewegen kann, die Keplerbahnen und somit geometrisch Kegelschnitte sind und da im Gravitationspotential Drehimpulserhaltung gilt, kann die spezifische Bahnenergie durch die große Halbachse dieser Kegelschnitte ausgedrückt werden. Es gilt:

In dieser Form ist die Eigenschaft als Erhaltungsgröße manifest, da in der spezifischen Bahnenergie keine zeitabhängigen Variablen mehr vorkommen. Für gebundene Bahnen, das heißt Ellipsen und Kreise, ist die große Halbachse positiv und die spezifische Bahnenergie daher negativ. Je weiter entfernt ein Körper das Zentralgestirn umläuft, desto größer wird die spezifische Bahnenergie. Ist sie gleich Null, dann handelt es sich bei der Bahn um eine Parabel mit unendlicher großen Halbachse und die beiden Körper können sich beliebig weit voneinander entfernen. Für Hyperbelbahnen ist die große Halbachse negativ und die spezifische Bahnenergie positiv; auch diese Bahnen sind ungebunden.

Durch das Gleichsetzen der beiden Formulierungen für die spezifische Bahnenergie ergibt sich die Vis-Viva-Gleichung

Beispiele

Die Bahnhöhe, tangentiale Geschwindigkeit, Umlaufzeit und spezifische Bahnenergie einiger Bahnen um die Erde
UmlaufbahnAbstand von Zentrum zu ZentrumHöhe über der ErdoberflächeBahngeschwindigkeitUmlaufzeitSpezifische Bahnenergie
Auf der Erdoberfläche am Äquator stehend (Vergleichswert, keine Umlaufbahn)6 378 km0 km465,1 m/s1 Tag (24h)−62,6 MJ/kg
Umlaufbahn auf Höhe der Erdoberfläche (Äquator)6 378 km0 km7,9 km/s1 h 24 min 18 sec−31,2 MJ/kg
Niedrige Erdumlaufbahn6 600 bis 8 400 km200 bis 2000 kmKreis: 6,9 bis 7,8 km/s
Ellipse: 6,5 bis 8,2 km/s
1 h 29 min bis
2 h 8 min
−29,8 MJ/kg
Molnija-Orbit6 900 bis 46 300 km500 bis 39 900 km1,5 bis 10,0 km/s11 h 58 min−4,7 MJ/kg
Geostationäre Umlaufbahn42 000 km35 786 km3,1 km/s23 h 56 min−4,6 MJ/kg
Mondbahn363 000 bis 406 000 km357 000 bis 399 000 km0,97 bis 1,08 km/s27,3 Tage−0,5 MJ/kg

Bahnenergie in der allgemeinen Relativitätstheorie

Für eine kleine Masse im Orbit um eine große nichtrotierende Masse gilt die Schwarzschild-Metrik; die Erhaltungsgröße der Gesamtenergie setzt sich aus

also der Ruhe-, der kinetischen und der potentiellen Energie zusammen, wobei

und .

Damit ergibt sich die spezifische Bahnenergie

mit . Für die Bahn um eine stark rotierende dominante Masse muss die Kerr-Metrik angewendet werden.

Siehe auch

Literatur

  • Ernst Messerschmid, Stefanos Fasoulas: Raumfahrtsysteme. Eine Einführung mit Übungen und Lösungen. 2., aktualisierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-21037-7.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.