Liste der russischen Botschafter in Österreich

Die Liste der russischen Botschafter und Gesandten in Österreich gibt die Botschafter und Gesandten des Russischen Kaiserreiches (Россійская Имперія Rossijskaja Imperija), der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR, Союз Советских Социалистических Республик Sojus Sowjetskich Sozialistitscheskich Respublik), heute der Russischen Föderation (Российская Федерация Rossijskaja Federazija) an, die am Hof der Habsburgermonarchie, dem Kaiserthum Österreich, in Österreich-Ungarn und heute der Republik Österreich akkreditiert waren.

Geschichte

Diplomatische Kontakte beider Länder hatte es bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zur Zeit des Russischen Zarentums gegeben, doch erst am Ende des 18. Jahrhunderts beginnen sich die Kontakte der beiden Großmächte Europas[1] in ständigen Vertretern zu etablieren. Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren die Abgesandten an den Wiener Hof sowohl in kaiserlicher als auch in Sachen der Zaren mit den Habsburgern unterwegs, 1801, nach dem Ersten Koalitionskrieg, als einige Staaten des Heiligen Römischen Reiches zum Feind übergelaufen und insbesondere Preußen neutral geblieben waren, und der Zerfall des Reiches absehbar wurde, ist der Abgesandte in russisch-österreichischen Angelegenheiten tätig.

Über ein Jahrhundert, von den Koalitionskriegen bis vor dem Ersten Weltkrieg waren Russland und das Kaisertum der Habsburger meist Bündnispartner: Gegenüber den anderen Europäischen Staaten waren sie nach 1815 in der Heiligen Allianz zusammen mit Preußen vereint und an der Grenze zum Osmanischen Reich in gemeinsamen Interesse gebunden, im Krimkrieg 1853–1856, der Russland weitgehend isolierte, war das Verhältnis zunehmend gespannt, Österreich unterstützte aber Russland, bis im Dreikaiserabkommen 1873 die Heilige Allianz erneuert wurde.

Eine eigene Botschaft wurde schon 1874 installiert, Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Wien-Landstraße eine großzügige Niederlassung errichtet, die die Botschaft in Wien und die russisch-orthodoxe Zentralpfarrkirche, heute Metropolitankathedrale für Österreich umfasst.[2] 1910 wurde der Botschafter abberufen, und 1914 bis 1917 lagen die beiden Staaten im Krieg, bis Februarrevolution und Oktoberrevolution Russlands Kriegsengagement beendeten.

Die beiderseitigen Beziehungen wurden am 25. Februar 1924 wieder hergestellt und waren aufgrund der sozialistisch orientierten Verfassungen Österreichs und der Sowjetunion anfangs freundschaftlich.[3] Die Errichtung des rechtsgerichteten Ständestaates verschlechterte das Verhältnis jedoch wieder und im Herbst 1938, ein halbes Jahr nach dem Anschluss an das Dritte Reich, wurde der sowjetische Botschafter abgezogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die siegreiche UdSSR über 10 Jahre eine eigene Besatzungszone in Ostösterreich, mit einem zuständigen Hochkommissar, erst 1953 wurde das Amt des Botschafters für die kommende Beendigung der Besatzung wiedereingerichtet.

Ab dem Staatsvertrag 1955, für dessen Zustandekommen das Einverständnis der Sowjetunion im Besonderen bedeutend war,[4] und der Neutralität Österreichs waren die Beziehungen insbesondere im Kalten Krieg, als Österreich zum diplomatischen Angelpunkt zwischen den Blöcken wurde, intensiv, und durchaus wechselhaft (Spannungen etwa zur Zeit des Ungarnaufstands 1956 und des Prager Frühlings 1968, in denen Österreich sich für seine Nachbarländer einsetzte). In der Perestroika 1990–1992 betonte Österreich ausdrücklich die freundschaftliche Kontinuität der Beziehungen.[5]

Liste der Russischen Gesandten und Botschafter

Name Bild Amtszeit Anmerkungen

Botschafter und Gesandte des Russischen Reiches in Österreich 1701–1910

Russisches Kaiserreich 1721 Russland  Habsburgermonarchie Habsburg/Österreich/Osterreich Kaisertum Österreich
Peter Alexejewitsch Golizyn 1701–1705
Heinrich von Huyssen 1705–1708
Johann Christoph von Urbich 1707–1712
Andrei Artamonowitsch Matwejew 1712–1715
Abraham Pawlowitsch Wesselowski 1715–1719
Ludwig Laschinsky 1720–1752
Hermann Carl von Keyserlingk 1752–1761
Dmitri Michailowitsch Golizyn 1761–1792
Andrei Kirillowitsch Rasumowski 1792–1799
Stepan Alexejewitsch Kolytschow 1799–1800
Andrei Kirillowitsch Rasumowski 1801–1806 Botschafter in Österreich
vakant 1806–1810
Gustav Ernst von Stackelberg[6] 1810–1818 Gesandter in Österreich, 1814–1815 außerordentlicher Gesandter am Wiener Kongress; davor 1794–1799 Gesandter in Sizilien, 1799–1802 in Helvetien,
1802–1807 in Holland, 1807–1810 in Preußen
Juri Alexandrowitsch Golowkin 1818–1822 Gesandter in Österreich
vakant 1822–1826
Dmitri Pawlowitsch Tatischtschew 1826–1841 Botschafter in Österreich; davor 1802–1803 und 1805–1808 Botschafter im Königreich Neapel, 1815–1821 in Spanien und den Niederlanden
vakant 1841–1848
Pawel Iwanowitsch Medem 1848–1850 Gesandter
Peter von Meyendorff 1850–1854 Gesandter in Österreich
Alexander Michailowitsch Gortschakow 1855–1856 Gesandter in Österreich; davor 1850 Gesandter beim Deutschen Bund; danach 1856–1882 Außenminister, ab 1863 auch Kanzler
Andreas Fjodorowitsch von Budberg-Bönninghausen[7] 1856–1858
vakant 1858–1860
Wiktor Petrowitsch Balabin 1860–1864 Gesandter in Österreich
Ernest Gustawowitsch Stakelberg 1864– Gesandter in Österreich; kaiserlicher Generaladjudant; davor 1856–1861 Botschafter in Sardinien, 1861 in Spanien, 1862 in Italien; danach 1868–1870 Botschafter in Frankreich
Russisches Kaiserreich 1721 Russland  Osterreich-Ungarn Österreich-Ungarn
Ernest Gustawowitsch Stakelberg s. o. –1868 Gesandter in Österreich-Ungarn; s. o.
Nikolai Alexejewitsch Orlow 1869–1870 Gesandter in Österreich-Ungarn; vorher 1860 Gesandter in Belgien; nachher 1872–1880 Botschafter in Frankreich, 1885 in Deutschland
vakant 1870–1874
Ewgeni Petrowitsch Nowikow 1874–1879 Botschafter in Österreich-Ungarn
Pawel Petrowitsch Ubri 1879–1882 Botschafter in Österreich-Ungarn; davor 1855 Erster Berater des Gesandten Gortschakow in Wien, 1856 Erster Berater in Paris,
1863 Gesandter in Preußen, 1868 auch beim Deutschen Bund, 1871 im Deutschen Reich
Alexei Borissowitsch Lobanow-Rostowski 1882–1895 Botschafter in Österreich-Ungarn; davor 1878 Gesandter im Osmanischen Reich, 1879 im Vereinigten Königreich; danach 1895–1896 Außenminister
Pjotr Alexejewitsch Kapnist 1895–1904 Botschafter in Österreich-Ungarn
Lew Pawlowitsch Urussow 1905–1910 Botschafter in Österreich-Ungarn
Nikolai Nikolajewitsch de Giers 1910–1912 Botschafter in Österreich-Ungarn
Nikolai Nikolajewitsch Schebeko 1913–1914 Botschafter in Österreich-Ungarn

Botschafter der Sowjetunion in Österreich 1924–1991

Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik Sowjetrussland  Osterreich Österreich
Voldemar Christianowitsch Aussem 1924–1924 Botschafter in Österreich
Adolf Abramowitsch Joffe 1924–1925 Botschafter in Österreich; davor 1922–1924 Botschafter in China, kurz Botschafter in Großbritannien
Jan Antonowitsch Bersin 1925–1927 Botschafter in Österreich
Konstantin Konstantinowitsch Jurenew 1927–1933 Botschafter in Österreich
Adolf Markowitsch Petrowski 1933–1934 Botschafter in Österreich
Iwan Leopoldowitsch Lorenz 1935–1938 Botschafter in Österreich
vakant 1938–1953 Deutsches Reich NS Deutsches Reich, dann Besatzung
Iwan Iwanowitsch Iljitschow 1953–1956 Hochkommissar, Botschafter in Österreich; davor 1942–1945 Direktor des Militärgeheimdienstes GRU, 1952 Botschafter in der DDR;
danach ab 1956 am Außenministerium (3. Europa-Abteilung), 1966–1968 Botschafter in Dänemark, dann wieder Außenministerium
Andrei Andrejewitsch Smirnow 1956–1956 Botschafter in Österreich
Sergej Georgijewitsch Lapin 1956–1960 Botschafter in Österreich
Wiktor Iwanowitsch Awilow 1960–1965 Botschafter in Österreich
Boris Fjodorowitsch Podzerob 1965–1971 Botschafter in Österreich
Awerki Borissowitsch Aristow 1971–1973 Botschafter in Österreich; davor 1952 Mitglied ZK der KPdSU, 1952–1953 Sekretär des ZK und Vollmitglied des Präsidiums, 1955–1960 Sekretär des ZK,
1957–1961 Vollmitglied des Präsidiums, 1961–1971 Sowjetischer Botschafter in Polen
Michail Timofejewitsch Jefremow 1975–1986 Botschafter in Österreich
Gennadi Serafimowitsch Schikin 1986–1990 Botschafter in Österreich
Waleri Nikolajewitsch Popow 1990– Botschafter in Österreich

Botschafter der Russischen Föderation in Österreich seit 1991

Russland 1991 Russland  Osterreich Österreich
Waleri Nikolajewitsch Popow s. o. –1996 Botschafter in Österreich
Wladimir Michailowitsch Grinin 1996–2000 Botschafter in Österreich; danach 2003–2006 Russischer Botschafter in Finnland,

2006–2010 in Polen, seit 2010 in Deutschland

Alexander Wassiljewitsch Golowin 2000–2004 Botschafter in Österreich
Stanislaw Wiliorowitsch Ossadtschij 2004–2010 Botschafter in Österreich; davor 1997–1999 Generalkonsul Hamburg, 1999–2000 in der Türkei
Sergei Jurjewitsch Netschajew 2010–2015 Botschafter in Österreich;[8] davor 1999 Erster Botschaftsrat in Deutschland, 2001 Generalkonsul Bonn, 2003 am Außenministerium (3./4. Dept.)
Dmitrij Ewgenjewitsch Ljubinskij
2015– Botschafter in Österreich
Quelle: Botschaft der Russischen Föderation, Stand 2011[1]

Siehe auch

Commons: Botschafter Russlands in Österreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Über die Botschaft → Die Vorgänger (Memento des Originals vom 1. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rusemb.at, Russische Botschaft (Portraitgalerie)
  2. Vereinbarung der Regierung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik und der Österreichischen Bundesregierung zur Regelung der Frage der beiderseitigen Botschaftsgebäude vom 28. 7. 1923 und 16. 7. 1927, vergl. Beschluss des OGH vom 11. September 2004, Geschäftszahl 5Ob152/04w (Weprepro, pdf, ilac.univie.ac.at)
  3. Staatsbildung unter Karl Renner: zuerst Deutschösterreich, dann aber in der Konstituierende Nationalversammlung der [Ersten] Republik Österreich das Bundes-Verfassungsgesetz 1920, geprägt von Hans Kelsen, angenommen
  4. Das „Reblaus“-Gelage Raabs und Figls ist für das Image der Beziehungen zu Moskau legendär, tatsächlich handelte es sich um langjährige ernsthafte Gespräche, siehe Österreichischer Staatsvertrag
  5. vergl. etwa Notenwechsel über die vertraglichen Beziehungen zwischen Österreich und der Russischen Föderation, ratifiziert vom Österreichischen Nationalrat, BGBl. Nr. 257/1994, 9. März 1994 (Staatsverträge@1@2Vorlage:Toter Link/www.bmeia.gv.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., weitere Bilaterale Staatsverträge Österreich – Russische Föderation, beide bmeia.gv.at); auch ÖAD 1992, Nr. 1, S. 92, zitiert in Andreas Zimmermann: Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge: Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation (= Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht. Band 141). Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2000, ISBN 3-540-66140-9, Fußnote 349, S. 95/96 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Gustav Ernst von Stackelberg, auch Gustav Ottonowitsch Stakelberg (* 5. Juni 1766 in Reval, Estland; † 18. April 1850 in Paris). ">Gustav Ernst Graf von Stackelberg (1766–1850), von-stackelberg.de
  7. Erik-Amburger-Datenbank beim Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung
  8. akkreditiert 29. April, vergl. Präsidentschaftskanzlei: Neuernannte Botschafter überreichen dem Bundespräsidenten ihr Beglaubigungsschreiben. APA7OTS0210 / 29. April 2010 / 12:55 / Channel: Politik
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