Sonderklasse (Bootsklasse)

Die Sonderklasse wurde beim Kaiserfrühstück des Lübecker Yacht-Clubs 1898 mit dem Norddeutschen Regatta Verein und dem Kieler Yacht-Club „verabredet“ und bereits 1900 zum ersten Mal in das Programm der Kieler Woche aufgenommen. Damit war der Grundstein für den deutschen Yachtsport gelegt. Es war die erste Rennklasse überhaupt, die als internationale Klasse anerkannt und in verschiedenen Ländern nach einheitlicher Formel gebaut und gesegelt wurde.

Yacht der Sonderklasse

Bauvorschriften und Klassenregeln

Der Vorsitzende des Deutschen Segler-Verbands Adolf Burmester und Schiffbauingenieur Carl Busley erarbeiteten im Jahre 1898 auf Wunsch des segelbegeisterten Kaiser Wilhelm II., die Formel für die Sonderklasseyacht. Als Vorbild für diese Klasse diente ihnen die englische 19-Fuß-Klasse.[1]

Die Formel

WL + B + T = max. 9,75 m

  • WL = Wasserlinienlänge
  • B = größte Breite
  • T = größter Tiefgang

Die Bauvorschrift

Die Bauvorschriften für diese Yachten setzten Limits beim Baupreis (zunächst max. 5100 M, im Jahr 1912 5600 M, ab 1913 durften 6100 M nicht überschritten werden), der Segelfläche (max. 51 m²), Verdrängung (min. 1830 kg), Plankendicke (min. 16 mm) Sitzraumlänge (max. 2,50 m) und Besatzung (3 Mann).

Die Sonderklasse zähle weltweit zur ersten Konstruktionsklasse.[2] Bereits im Sommer 1900, starten 15 Neubauten der Sonderklasseyachten zum Kampf um den vom Kaiser für die Klasse gestifteten Pokal. Bald schon segelten die Yachten auch in Belgien, Dänemark, Frankreich, Spanien und Deutschland gegeneinander.[1]

Die Klassenregeln

Ursprünglich durfte die Mannschaft nur aus drei "Herrenseglern" desjenigen Landes bestehen, in dem die Yacht gebaut wurde. Die Herren durften ihren Lebensunterhalt nicht durch "ihrer Hände Arbeit" verdienen, bezahlte Leute waren verboten. Ebenso waren Damen zu der Zeit bei offiziellen Regatten, nicht nur in der Sonderklasse, nicht zugelassen. Der Kieler Yacht-Club und der Eastern Yacht Club of Marblehead vereinbarten bereits 1906 deutsch-amerikanische Regatten der Sonderklasse vor der Ostküste der USA um den Roosevelt-Pokal. Bei den Segelwettbewerben der Olympischen Sommerspiele dominierten jedoch bis zum Ersten Weltkrieg dennoch die Yachten der Meter-Klassen.

Es gibt in Deutschland und Österreich nur noch wenige dieser Yachten. Besonders am Attersee und Wolfgangsee (Österreich) werden mit diesen Booten noch immer regelmäßig Regatten gefahren.

Regatta und Wettfahrten

Mit der Sonderklasse werden noch immer aktiv Klassenregatten gesegelt. Auch auf diversen Oldtimer- oder Yardstick-Regatten kann man diese schönen und eleganten Yachten bewundern.

  • Chiavenna Pokal – Österreich, Attersee (UYCAs)
  • Lilly Preis – Österreich, Attersee (UYCAs)
  • Halunk-Pokal – Österreich, Attersee (UYCAs)
  • Frühlingsregatta – Schweiz, Zürichsee
  • Cima Pokal – Österreich, Wolfgangsee (UYCWg)

Bekannte Sonderklassen

S 2 Panther 1905 Attersee
S 11 Angela IV 1905 Bodensee
S 20 Maharani 1910 Chiemsee
S 31 Chiavenna 1910 Wolfgangsee
S 39 Hecht 1911 Attersee
S 41 Jugend II 1911 Attersee
S 43 Wolkuse 1908 WYC Friedrichshafen
S 56 Vidi II 1902 Attersee
S 59 Moby Dick 1912 Attersee
S 66 Tilly XV 1912 Bayern
S 67 Lilly 1911 Attersee
S 68 Marion III 1912 Attersee
S 69 Hedy 1912 Attersee
S 72 Hagen 1913 Attersee
S 74 Tilly XVII 1913 Attersee
S 77 Tigra 1903 Berlin
S 85 Yavena 1920 Attersee
S 116 Pia 1922 Attersee
S 118 Cima 1910 Wolfgangsee
S 125 Bibelot II 1992 Attersee
S 126 Fima 1994 Attersee
S 127 Rosenwind 1996 Attersee

Literatur

  • Klaus Kramer: Segeln für den Kaiser
  • Lübecker Yacht-Club (Hrsg.): Der Lübecker Yacht-Club und 100 wechselvolle Jahre. LYC Marketing, Lübeck 1998.
  • Thomas Richter, Gert Schmidleitner: Sonderklasse, die schönsten Binnenyachten. Klein Publishing, Wien 2014, ISBN 978-3903015012.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Rendezvous mit der Sonderklasseyacht „Tilly“. In: Klassiker. yacht.de, abgerufen am 27. Januar 2024.
  2. Im Gegensatz zur Einheitsklasse, bei der die Yachten baugleich sind.
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