Bezirke Tokios

Die 23 Bezirke Tokios (japanisch 東京23区 Tōkyō nijūsan-ku) sind 23 Gemeinden auf dem Gebiet der 1943 aufgelösten Stadt Tokio. Als 特別区 tokubetsuku, wörtlich: ‚Sonder-‘ oder ‚Spezial-Bezirke‘, (englisch special wards oder cities) haben sie einen Sonderstatus als Gebietskörperschaften, deren übergeordnete Verwaltungseinheit direkt die Präfektur Tokio ist. Hervorgegangen sind die Bezirke 1947 aus den ehemaligen Stadtbezirken der Stadt Tokio. Erst seit dem Jahr 2000 haben sie den formalen Status von Kommunen, sie überlassen aber weiterhin einige kommunale Aufgaben der Präfektur. Diese Verwaltungsstruktur ist in Japan bisher einmalig und existiert nur in Tokio; in der Präfektur Osaka existieren Pläne, die Städte Osaka und Sakai wie Tokio aufzulösen und die Stadtgebiete in Sonderbezirke der Präfektur Osaka zu gliedern. Nach einem 2012 verabschiedeten Gesetz steht eine solche Option nun acht Großstädten bzw. Doppelstädten und ihren umliegenden Gemeinden offen: Neben Osaka-Sakai sind dies Sapporo in Hokkaidō, Saitama in der Präfektur Saitama, Chiba in der Präfektur Chiba, Yokohama-Kawasaki in der Präfektur Kanagawa, Nagoya in der Präfektur Aichi, Kyōto in der Präfektur Kyōto und Kōbe in der Präfektur Hyōgo.[1]

Die 23 Bezirke

Im Japanischen werden die Bezirke Tokios oft nur nijūsanku (23 23 Bezirke), genannt. Für die Gesamtheit der 23 Bezirke werden auch die Bezeichnungen Tokio, Tōkyō-to kubu (東京都区部, etwa ‚Bereich der Bezirke der Präfektur Tokio‘) und ‚ehemalige Stadt Tokio‘ (旧東京市 kyū-Tōkyō-shi) verwendet. Offiziell bezeichnen sich die Bezirke auf Englisch heute als City (z. B. Shinjuku City,[2] Shibuya City[3]), die Präfekturverwaltung verwendet weiterhin die Übersetzung Special Ward.[4]

Verwaltung

Die einzelnen Bezirke sind autonom und besitzen jeweils eine eigene Verwaltung und einen eigenen gewählten Bürgermeister (区長 kuchō). Gleichzeitig müssen sie allerdings auch nahtlos zusammenarbeiten und als eine große städtische Einheit in Tokio funktionieren. So werden bestimmte öffentliche Einrichtungen – wie zum Beispiel die Wasserversorgung, Abwasser sowie die Feuerwehr – von der Präfektur verwaltet und nicht vom jeweiligen Bezirk.

Um diese gemeinsamen öffentlichen Dienste für die 23 Bezirke zu finanzieren, zieht die Präfektur einige der Steuern ein, die normalerweise eine Stadtverwaltung erheben würde. Außerdem werden Transferzahlungen an Bezirke, die ihre Verwaltung nicht selbst finanzieren können, geleistet.

Geschichte

Nach der Meiji-Restauration und der Einrichtung der Präfektur Edo/Tokio wurde das spätere Stadtgebiet von Tokio 1871 in mehrere Dutzend „große und kleine Bezirke“ eingeteilt. 1878 entstanden bei der Einführung von Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden daraus 15 Bezirke mit einem ernannten Bezirksbürgermeister, ab 1880 mit gewählten Bezirksversammlungen. Diese Bezirke wurden 1889 bei der Einrichtung der Stadt Tokio deren Stadtbezirke. 1932 wurden viele Vororte Tokios eingemeindet, wobei 20 neue Stadtbezirke entstanden. Bis 1943 waren die Bezirke von Tokio damit nicht anders als die Stadtbezirke von Osaka und Kyōto.

Im Pazifikkrieg eliminierte die Regierung 1943 die lokale Selbstverwaltung (Rat und Bürgermeister) der Stadt Tokio, indem die Stadtverwaltung aufgelöst und die Bezirke nun unmittelbar der vom Innenministerium bestellten Präfekturverwaltung und dem von der Zentralregierung ernannten Gouverneur unterstellt wurden. Das – neben den Tokiotern auch von den anderen Einwohnern der Präfektur bestimmte – Präfekturparlament verblieb als gewählte Institution, verfügte aber im Kaiserreich nur über begrenzten Einfluss und konnte vom Innenminister jederzeit aufgelöst werden.

In der Besatzungszeit wurde die Präfekturverwaltung 1947 demokratisiert, die Stadt Tokio aber nicht wiederhergestellt. Stattdessen erhielten die Bezirke als „Sonderbezirke“ eine Organisationsform auf kommunaler Ebene, wurden später aber nicht als Gemeinden im Sinne der Verfassung von 1947 anerkannt. Die Zahl der Bezirke wurde gleichzeitig durch Zusammenlegungen von 35 auf 23 gesenkt. Das Recht, eigene Bürgermeister direkt zu wählen, wurde den Bezirken zu Beginn der Besatzungszeit nach Anordnungen der Besatzungsverwaltung vom nationalen Parlament gewährt, aber 1952 entzogen. Danach wurden die Bezirksbürgermeister auf Vorschlag der Bezirksparlamente vom Gouverneur ernannt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte 1963 in einer Entscheidung, dass die Sonderbezirke keine Gebietskörperschaften waren und folglich auch kein Recht auf direkt gewählte Bürgermeister im Sinne des Gesetzes über lokale Selbstverwaltung hatten.[5] Erst 1975 (verabschiedet 1974) wurde ihnen dieses Recht durch das nationale Parlament erneut gewährt.

In einer weiteren Reform im Jahr 2000 (verabschiedet 1998) bestimmte das nationale Parlament die Bezirke zu kommunalen Gebietskörperschaften. Seitdem bezeichnen sich die Bezirke auf Englisch offiziell cities Stadt anstelle von ward Bezirk, obwohl die japanische Bezeichnung tokubetsuku Spezialbezirk unverändert ist. Gleichzeitig übernahmen sie wieder einige öffentliche Aufgaben von der Präfektur, wie z. B. die Abfallentsorgung. Die Präfektur behält aber weiterhin einige Kommunalsteuern und einige kommunale Aufgaben.

Geographie

Die Bezirke unterscheiden sich sehr stark in ihrer Größe (von 10 bis 60 km²) und Einwohnerzahl (von 67.000 bis 940.000). Setagaya hat dabei die meisten Einwohner während Nachbarbezirk Ōta die größte Fläche hat.

Die Gesamtbevölkerung der 23 Bezirke beträgt 9.640.742 Einwohner (Stand: 1. März 2021) und somit etwa zwei Drittel der Bevölkerung der Präfektur Tokio und ungefähr ein Viertel der Bevölkerung des Großraums Tokio (siehe Tokio). Die 23 Bezirke zusammen haben eine Bevölkerungsdichte von 15.500 Einwohnern pro km².

Liste der Bezirke

Liste der Bezirke in der Präfektur Tokio
Code
mit
Prüfziffer
NameFläche (in km²)BevölkerungBevölkerungs-
dichte (Ew./km²)2
Stadtteile (Auswahl)
RōmajiKanji1. Oktober 2018[6]1. März 2021[7]1. Oktober 2015[8]
13101-6Chiyoda-ku千代田区11,6667.03658.4065417,2 Nagatachō, Kasumigaseki, Ōtemachi, Marunouchi, Akihabara, Yūrakuchō, Iidabashi (Liste)
13102-4Chūō-ku中央区10,21169.995141.18315.758,0 Ginza, Nihombashi, Kachidoki, Tsukiji (Liste)
13103-2Minato-ku港区20,37258.105243.28312.587,9 Odaiba, Shimbashi, Roppongi, Toranomon, Aoyama, Azabu, Hamamatsuchō, Tamachi (Liste)
13104-1Shinjuku-ku新宿区18,22346.115333.56019.042,7 Shinjuku, Nishi-Shinjuku, Kabukichō, Ōkubo, Takadanobaba, Kagurazaka, Ichigaya (Liste)
13105-9Bunkyō-ku文京区11,29235.981219.72420.388,3 Hongō, Yayoi, Hakusan (Liste)
13106-7Taitō-ku台東区10,11210.528198.07320.342,1 Ueno, Asakusa
13107-5Sumida-ku墨田区13,77270.823256.27419.361,3 Kinshichō (Liste)
13108-3Kōtō-ku江東区40,16523.117498.10912.824,4 Kiba, Ariake, Kameido, Tōyō (Liste)
13109-1Shinagawa-ku品川区22,84415.729386.85517.659,3 Shinagawa, Ōimachi, Gotanda
13110-5Meguro-ku目黒区14,67286.905277.62219.434,9 Meguro, Nakameguro, Jiyūgaoka
13111-3Ōta-ku大田区60,83737.187717.08212.072,7 Ōmori, Kamata, Haneda (Liste)
13112-1Setagaya-ku世田谷区58,05940.509903.34616.011,2 Setagaya, Sangenjaya, Shimokitazawa, Tamagawa
13113-0Shibuya-ku渋谷区15,11235.193224.53315.334,2 Shibuya, Harajuku, Yoyogi, Ebisu, Hiroo (Liste)
13114-8Nakano-ku中野区15,59341.014328.21521.685,0 Nakano
13115-6Suginami-ku杉並区34,06583.609563.99717.025,2 Kōenji, Ogikubo, Asagaya
13116-4Toshima-ku豊島区13,01297.954291.16723.072,9 Ikebukuro, Senkawa, Komagome
13117-2Kita-ku北区20,61353.058341.07617.062,7 Akabane, Ōji, Tabata
13118-1Arakawa-ku荒川区10,16217.891212.26421.384,4 Nippori, Arakawa, Minamisenju
13119-9Itabashi-ku板橋区32,22581.337561.91617.943,1 Itabashi, Takashimadaira
13120-2Nerima-ku練馬区48,08742.463721.72215.291,4 Nerima, Ōizumi, Hikarigaoka
13121-1Adachi-ku足立区53,25682.326670.12212.775,0 Kitasenju, Takenotsuka
13122-9Katsushika-ku葛飾区34,80453.410442.91313.010,4 Tateishi, Aoto, Shin-Koiwa
13123-7Edogawa-ku江戸川区49,90690.457681.29813.900,1 Kasai, Koiwa, Chūō
nicht zugeordnet8,60
13100-8tokubetsu-ku („Sonderbezirke“)/
Tōkyō-to kubu
(„Bezirksteil der Präfektur Tokio“)
特別区/
東京都区部
627,579.640.7429.272.74015.226,9

Quellen

  1. 都構想法が成立=大阪など8地域、特別区可能に. In: Jiji Tsūshin. 29. August 2012, archiviert vom Original am 3. Januar 2013; abgerufen am 17. September 2016 (japanisch).
  2. Shinjuku City Official Website > Foreign Language Top Page
  3. Shibuya City Office
  4. TMG and the 23 Special Wards (engl.)
  5. Oberster Gerichtshof: Entscheidung vom 27. März 1963 über die lokale Selbstverwaltung der Bezirke Tokios (Memento des Originals vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.courts.go.jp (im Englischen auch als Japan v. Kobayashi et al. bekannt; PDF; 18 kB)
  6. Kokudo Chiriin (engl. GSI — Geospatial Information Authority of Japan), 平成30年全国都道府県市区町村別面積調 (Landesweite Flächenerhebung aller Präfekturen und Gemeinden 2018), S. 36 ff.: 13 Tōkyō-to@1@2Vorlage:Toter Link/www.gsi.go.jp (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (japanisch), abgerufen am 17. März 2019
  7. 東京都の人口(推計)トップページ. 東京都, 1. März 2021, abgerufen am 29. März 2021 (japanisch).
  8. Ergebnisse der Volkszählung 2015, e-stat (englisch), abgerufen am 8. März 2019
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