Sirius (Mythologie)

Der Sirius (altgriechisch Σείριος Seírios) war in der griechischen Antike eines der am stärksten beachteten Gestirne und der einzige Fixstern, dem regelmäßig kultische Verehrung zukam.

Sirius als Stern

Die Beobachtung des heliakischen Aufgangs von Sirius (um den 20. Juli) wurde bereits im 8. Jahrhundert v.  Chr. von Homer und Hesiod poetisch verarbeitet. Demnach galt der Stern als Bringer der unerträglich empfundenen Sommerglut, weshalb sein Aufgang als ein böses Vorzeichen galt.

Welcher Orions Hund genannt wird unter den Menschen;
Hell zwar glänzt er hervor, doch zum schädlichen Zeichen geordnet,
Denn er bringt ausdörrende Glut den elenden Menschen.[1]

Homer nannte den Stern „Orions Hund“, woraus später die Bezeichnungen „Hundsstern“ und „Hundstage“ für die große Sommerhitze entstanden. Der Name Seirios erscheint erstmals in Hesiods Lehrgedicht Werke und Tage:

„… zur Zeit des lähmenden Sommers… sind die Frauen am geilsten und die Männer am schlappsten, weil ihnen der Sirius Haupt und Knie dörrt und ihr Leib vom Gluthauch verschmachtet.[2])“

Da kurz nach dem Erscheinen des Sirius am Morgenhimmel die kühlen etesischen Winde einsetzen, wurden diese mit dem Stern mythisch verbunden.

Kulte

Keos

Nach einer Sage von der Insel Keos verdorrte der böse Stern Maira die Insel mit seiner Glut. Auf Anraten Apollons wurde dessen Sohn Aristaios auf die Insel geholt, der dort einen Altar für Zeus Ikmios errichtete und diesem und der Maira Opfer darbrachte. Darauf begannen die Etesien zu wehen, die die Glut abschwächen.

Der Kult des Zeus Aristaios Ikmios oder Ikmaios (zu altgriechisch ἰκμάς ikmás, deutsch Feuchtigkeit) wurde auf Keos von einer Priesterfamilie ausgeführt, die jährlich beim heliakischen Aufgang des Sirius diesem Opfer darbrachten. Zu dieser Familie gehörte der Sage nach auch der Held Akontios.

Pelion

Auf dem thessalischen Berg Pelion wurde nach Zeugnis des Schriftstellers Herakleides Kritikos bei Aufgang des „Hundes“, wenn die Hitze am größten ist, dem Zeus Akraios („Gipfel-Zeus“) ein Opfer dargebracht. Die angesehensten Männer der Stadt stiegen, in die Felle frisch geopferter Schafe eingehüllt, zur Höhle des Kentauren Cheiron hinauf, wo auch das Heiligtum des Zeus Akraios stand.[3]

Mythologie

Der Stern Sirius wurde verschieden benannt, häufig heißt er einfach Κύων Kýōn, deutsch Hund, woraus der deutsche Name Hundsstern kommt; auf Latein wurde der Stern Canicula Hündchen genannt. Auch die Sagen um den Stern sind nicht einheitlich und es werden verschiedene mythische Hunde mit dem Stern Sirius in Verbindung gebracht. Dazu kommt noch die Sage von Seirios und Opora.

Opora

Opora (Ὀπώρα Opṓra, deutsch Ernte, Herbst) ist die personifizierte Ernte- und Herbstzeit. Seirios entbrannte in Liebe zu Opora, die unerwidert blieb, weshalb seine Liebesglut so stark wurde, dass die Menschen die Götter um Hilfe anflehten. Darauf sandte der Nordwind Boreas seine beiden Söhne Kalais und Zetes, Opora und Seirios zusammenzubringen, während der Vater den Menschen mit den Etesien Kühlung verschaffte.

Seirios, Hund des Orion

Homer nennt den Stern „Orions Hund“ (κύων Ὠρίωνος kýōn Ōríōnos), was zeigt, dass die Verbindung zwischen Sirius und Orion alt ist. Doch geben die antiken Quellen keine nähere Auskunft über diesen Hund.

Seirios ist auch ein Name des Helios bzw. des von den Griechen mit diesem gleichgesetzten Osiris.[4]

Maira, Hund des Ikarios

Maira (Μαῖρα Maíra, deutsch die Funkelnde) ist die Hündin des Ikarios. Dieser verteilte als erster Wein an die Landbevölkerung, worauf einige, trunken geworden, ihn töteten, im Glauben er wolle sie vergiften. Seine Tochter Erigone und die Hündin Maira suchten den vermissten Ikarios und Maira spürte seine Leiche auf. Erigone erhängte sich darauf aus Gram, worauf sich Maira in eine Quelle stürzte und ertrank. Der Gott Dionysos verstirnte dann alle drei: den Ikarios als Stern Arktur, Erigone als Jungfrau und die Maira als Sirius. Nach der jüngeren Sage bei Hyginus flohen die Mörder des Ikarios auf die Insel Keos, weshalb die verstirnte Maira die Insel bei ihrem Aufgang mit Glut verdorrte und die Bewohner krank machte.

Lailaps, Hund des Kephalos

Lailaps (Λαῖλαψ Laílaps, deutsch Sturmwind) war ein Hund, den Hephaistos für seinen Vater Zeus schmiedete. Der Hund wechselte mehrmals als Geschenk seinen Besitzer und kam so zum Jäger Kephalos. Dieser wurde beauftragt, den Teumessischen Fuchs zu jagen, schließlich wurden beide, Fuchs und Hund, von Zeus versteinert und als Sterne an den Himmel versetzt. Antike Zeugnisse deuten darauf hin, dass Kephalos manchmal im Sternbild Orion gesehen wurde.[5]

Iakar

Nach Hesychios ist Iakar (Ἰακάρ · ὁ κύων ἀστήρ Iakár - ho kýōn astḗr) ein Name des Hundssterns. Karl Kerényi brachte diesen nur einmal genannten Namen mit Iakchos in Zusammenhang, einem geläufigen Beinamen des Gottes Dionysos. Aufgrund der mykenischen Männernamen i-wa-ka und i-wa-ko postulierte er eine in die Bronzezeit zurückgehende Verbindung des Sirius mit dem Weinkult.[6] Diese vage These wird von der Forschung kritisch bewertet.

Sothis

Auch die alten Ägypter beobachteten den heliakischen Aufgang des Sirius, da dieser die kommende Nilflut ankündigte. Der ägyptische Name war bei den Griechen als Sothis (Σωθίς Sōthís) bekannt, spielte aber keine Rolle in ihren Sagen und Kulten.

Quellen (Auswahl)

Literatur

  • Noah Brosch: Sirius Matters. Springer, 2008, ISBN 978-1-402-08319-8. (englisch, Band 354 von Astrophysics and Space Science Library, Vorschau@books.google.de)
  • Christine Kossaifi: Opora. L’automne entre mort et renaissance. In: L’Automne. Clermont-Ferrand 2007, ISBN 978-2-84516-355-3, S. 36–39 (Les feux de Seirios).
  • Joseph Eddy Fontenrose: Orion. The myth of the hunter and the huntress. Berkeley 1981, ISBN 0-520-09632-0.

Einzelnachweise

  1. Homer, Ilias 22,29–31. (Übersetzt von Johann Heinrich Voss)
  2. Hesiodos, Werke und Tage 583 ff. (Übersetzt von Otto Schönberger in: Otto Schönberger: Hesiod, Werke und Tage. Griechisch/Deutsch. Reclam Universal-Bibliothek 9445, Stuttgart 1996, ISBN 3-15-009445-3.
  3. Michael Wood: In Search of Myths & Heroes: Exploring Four Epic Legends of the World. Berkeley 2005, ISBN 0-520-24724-8, S. 92
  4. Otto Höfer: Seirios (2). In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 4, Leipzig 1915, Sp. 640 (Digitalisat).
  5. Joseph Eddy Fontenrose: Orion. The myth of the hunter and the huntress. Berkeley 1981, ISBN 0-520-09632-0, S. 100 f.
  6. Karl Kerényi: Dionysos. Urbild des unzerstörbaren Lebens. 1976, ISBN 3-7844-1561-X, S. 74 ff.
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