Siliciumorganische Verbindungen
Siliciumorganische Verbindungen (auch: Organosiliciumverbindungen) ist der Sammelbegriff für Verbindungen, die entweder direkte Silicium-Kohlenstoff-Bindungen (Si–C) aufweisen oder in denen der Kohlenstoff über Sauerstoff-, Stickstoff- oder Schwefel-Atome an das Silicium geknüpft ist. Siliciumorganische Verbindungen können durch die allgemeine Formel RnSiX4−n (mit n von 1 bis 4) beschrieben werden, wobei R verschiedene organische Reste darstellt, wie z. B. Aliphate, Aromaten, Heterocyclen. X steht für verschiedene Gruppen (siehe Tabelle). Verbindungen wie Monosilan (SiH4), Tetrachlorsilan (SiCl4) etc. werden hingegen nicht zu den siliciumorganischen Verbindungen gerechnet.
X | Stoffgruppe | Bemerkungen |
---|---|---|
H oder R | Organosilane | z. B. Tetramethylsilan, das in der NMR-Spektroskopie als (innerer) Standard für die Ermittlung der chemischen Verschiebung genutzt wird |
OH | Organosilanole | z. B. Trimethylsilanol, ein Hydrophobierungsmittel |
Cl | Organochlorsilane | werden u. a. in der Bauchemie als Hydrophobierungsmittel eingesetzt; von großtechnischer Bedeutung sind Organohalogensilane als Ausgangsstoffe für Siliconpolymere |
Si–O, abwechselnd | Siloxane Silicone | z. B. Hexamethyldisiloxan, (H3C)3Si−O−Si(CH3)3 |
Si–N, abwechselnd | Polysilazane | z. B. Hexamethyldisilazan, (H3C)3Si–NH–Si(CH3)3 |
Si–C, abwechselnd | Carbosilane | z. B. (H3C)3Si–CH2–Si(CH3)3 |
Neben den in der Tabelle genannten Anwendungsgebieten werden siliciumorganische Verbindungen in verschiedensten Bereichen eingesetzt, z. B.
- in Form von Siliconen u. a. als Gleitmittel für die Kunststoffverarbeitung, in Zahnpasta, als Dichtungsmaterial,
- Silicium-Tenside als Schaumstabilisatoren in Kunststoffen,
- organofunktionelle Silane als Haftvermittler,
- als reaktive Zwischenprodukte bei der Synthese von organischen Verbindungen, z. B. bei der Peterson-Olefinierung. Hochreaktive Siliciumreagenzien sind u. a. Trimethylsilyliodid bzw. -cyanid.[1]
Siliciumorganische Verbindungen wurden bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieben und untersucht.[2][3]
Literatur
- Reinhold Tacke: Bioaktive Siliciumverbindungen. In: Chemie in unserer Zeit. 14, Nr. 6, 1980, S. 197–207, doi:10.1002/ciuz.19800140605.
- Jürgen Ackermann, Volker Damrath: Chemie und Technologie der Silicone II. Herstellung und Verwendung von Siliconpolymeren. In: Chemie in unserer Zeit. 23, Nr. 3, 1989, S. 86–99, doi:10.1002/ciuz.19890230304.
- Franz AK, Wilson SO: Organosilicon molecules with medicinal applications. In: J. Med. Chem. 56. Jahrgang, Nr. 2, 2013, S. 388–405, doi:10.1021/jm3010114, PMID 23061607.
Einzelnachweise
- Hans-Ulrich Reißig: Siliciumverbindungen in der organischen Synthese, Chemie in unserer Zeit, 18. Jahrg. 1984, Nr. 2, S. 46–53, doi:10.1002/ciuz.19840180203.
- Jacques-Joseph Ebelmen: Untersuchung der Verbindungen der Borsäure und der Kieselsäure mit den Aethern. In: Journal für praktische Chemie. 37, Nr. 1, 1846, S. 347–376.
- C. Friedel, J. M. Crafts: Ueber einige neue organische Verbindungen des Siliciums und das Atomgewicht dieses Elements. In: Annalen der Physik und Chemie. 127, 1863, S. 28–32.