Sihlsee

Der Sihlsee ist ein Stausee im Hochtal von Einsiedeln. Er wird von der Sihl durchflossen und durch eine 33 Meter hohe und 124 Meter lange Staumauer gestaut. Der See weist eine Fläche von 10,72 km² auf und ist damit der flächenmässig grösste Stausee der Schweiz bei einer maximalen Länge von 8,5 km und einer maximalen Breite von 2,5 km. Die grösste Tiefe beträgt 23 Meter.

Sihlsee
Sihlsee mit Fluebrig
Sihlsee mit Fluebrig
Sihlsee mit Fluebrig
Lage Schweiz, Kanton Schwyz
Zuflüsse Sihl, Minster, Eubach, Steinbach, Grossbach, Dimmerbach, Rickentalbach, Sulzelbach
Abfluss Sihl
Grössere Orte am Ufer Gross, Euthal, Willerzell
Sihlsee (Stadt Einsiedeln)
Sihlsee (Stadt Einsiedeln)
Koordinaten 702204 / 219933
Daten zum Bauwerk
Kraftwerksleistung 123 MW
Betreiber Etzelwerk
Daten zum Stausee
Höhenlage (bei Stauziel) 889 m ü. M.
Wasseroberfläche 10,72 km²
Stauseelänge 8,5 km
Stauseebreite 2,5 km
Speicherraum 96,5 Mio. m³
Gesamtstauraum Sommer: 21 Mio. m³
Winter 92 Mio. m³
Einzugsgebiet 156 km²
Bemessungshochwasser 340 m³/s
Besonderheiten

flächenmässig grösster Stausee der Schweiz

BFS-Nr.: 9216
Staumauer In den Schlagen
Staumauer von der Luftseite
Staumauer von der Luftseite
Staumauer von der Luftseite
Koordinaten 701693 / 223476
Daten zum Bauwerk
Sperrentyp Schwergewichtsmauer
Bauzeit 1932–1936
Höhe des Absperrbauwerks 33 m
Höhe über Gewässersohle 23 m
Bauwerksvolumen 28 000 
Kronenlänge 124 m
Hühnermattdamm
Querschnitt
Querschnitt
Querschnitt
Koordinaten 700057 / 221924
Daten zum Bauwerk
Sperrentyp Erdschüttdamm mit Lehmkern
Bauzeit 1937
Höhe des Absperrbauwerks 15 m
Höhe der Bauwerkskrone 892,43
Bauwerksvolumen 28 000 
Kronenlänge 155 m
Kronenbreite 5 m
Basisbreite 71,1
Böschungsneigung luftseitig unten 1:2, oben 2:3
Böschungsneigung wasserseitig 1 :2,75

Bau

An einer Gemeindeversammlung wurden 1926 die Verträge mit den Betreibern des Etzelwerks deutlich gutgeheissen; Widerstand der Bevölkerung gab es kaum. Mit der Anlage des Sees wurde 1932 begonnen. Es wurden Strassen rund um den zukünftigen See, zwei Viadukte quer darüber, eine Staumauer und zwei Abschlussdämme erstellt, bevor 1937 das Tal geflutet wurde.

500 Personen mussten das Gebiet verlassen, weitere 1300 wurden in Mitleidenschaft gezogen. Überflutet wurden 93 Wohnungen, 124 Scheunen, 179 Torfhütten und 14 weitere Gebäude wie Sägereien, Kapellen oder Brücken. 55 Bauernhöfe wurden mit Gebäuden und Land überschwemmt. 454 Hektaren Streuland, 372 Hektaren Wiese, 45 Hektaren Torfboden und 5 Hektaren Wald fielen dem See zum Opfer. Für ihren Verlust wurden die Betroffenen entschädigt. Im Rahmen eines Umsiedlungsprojektes entstanden 30 neue Bauernbetriebe und Wohnhäuser für 175 Personen. Von den zahlreichen Flach- und Hochmooren hat sich nur die Schwantenau östlich von Biberbrugg erhalten, eines der grössten Hochmoore der Schweiz.[1] Das Moor gibt eine Vorstellung vom Charakter der früheren Landschaft des heutigen Sihlsees.

Vor der Flutung wurde an zwei Bauernhöfen die Wirkung von neuen Fliegerbomben der Armee erprobt; die Ruinen wurden anschliessend mit Brandbomben belegt.[2]

Die Betriebsaufnahme der Etzelwerke erfolgte schliesslich am 23. Oktober 1937.[3]

See

Der Sihlsee hat ein Volumen von rund 96 Mio. m³ und speist das Etzelwerk in Altendorf am oberen Zürichsee, das jährlich 270 Mio. kWh Bahnstrom für das SBB-Netz in die Unterwerke Ziegelbrücke, Sargans, Gossau SG und Steinen liefert. Im Mai 2007 kündigten die Kantone Schwyz, Zürich und Zug an, die bis 2017 laufende Konzession nicht mehr verlängern zu wollen. Dies hätte aus Sicht der Konzedenten, der konzessionsgebenden Kantone und Gemeinden, zu einem kostenlosen Heimfall der gesamten Anlage an sie führen sollen. Das Bundesgericht teilte diese Sichtweise nicht und entschied, dass die Kraftwerksanlagen auch nach Auslauf der Konzession im Besitz der Konzessionärin, der SBB, verbleiben.[4] Die Konzedenten gaben daraufhin eine bis 31. Dezember 2022 laufende Übergangskonzession aus, die verhinderte, dass das Etzelwerk ausser Betrieb genommen wurde und die Einnahmen aus den Wasserzinsen für die Konzedenten wegfielen. Die Übergangskonzession war notwendig, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung für eine Neukonzession in der verbleibenden Zeit nicht hätte abgeschlossen werden können. Sie war im Wesentlichen eine Verlängerung der vorangehenden Konzession.[5] Im Oktober 2023 stimmte nach den Kantonen Zug und Zürich und zwei Schwyzer Bezirken auch der Kanton Schwyz der Verlängerung der Etzelwerk-Konzession um 80 Jahre zu.[6]

Neben kleineren Motor- und Segelbooten wird der Sihlsee auch vom Passagierschiff Angelika mit seinen 40 Sitzplätzen befahren.

Bei einer sofortigen Zerstörung der Talsperren des Sihlsees könnten Teile der Stadt Zürich bis zu acht Meter unter Wasser gesetzt werden. Die Flutwelle würde die Stadtgrenze in Leimbach in eineinhalb Stunden, das Stadtzentrum in knapp zwei und die entfernte Stadtgrenze bei Altstetten in knapp drei Stunden erreichen.[7]

Wenn zu wenig Wasser im Sihlsee gestaut wird, weil zu viel für die Stromherstellung abgelassen wurde, sind die SBB verpflichtet, dem Bezirk Einsiedeln sogenanntes «Mückengeld» zu bezahlen. Denn im freigelegten Schlamm am Sihlseeufer legen Mückenweibchen Eier ab, die dann in grosser Zahl schlüpfen und schnell zu einer Plage werden können. Schon 1932 wurde in einem Vertrag zwischen den SBB und dem Kanton Schwyz auf den Zentimeter genau festgelegt, welche Pegelhöhe der Sihlsee wann zu erreichen habe (vom 1. Juni bis 31. Oktober soll dieser bei mindestens 887,34 m ü. M. liegen). Verfehlen die SBB diese Vorgaben, müssen sie eine festgelegte Strafe bezahlen, und zwar für jeden einzelnen Tag: das sogenannte «Mückengeld», das schnell eine hohe Summe erreicht, auch wenn die SBB versuchen, mittels zurückgepumpten Wassers die Mindesthöhe des Sees zu erreichen. Schliesslich liegen die Bussgelder pro Tag bei 20 000 bis 45 000 Franken.[8][9]

Dokumentarfilm

Siehe auch

Literatur

  • Karl Saurer, Ernst Halter (Hrsg.): Der Sihlsee: Eine Landschaft ändert ihr Gesicht. Offizin Verlag, Zürich 2003, ISBN 978-3-907496-11-4.
  • Hans Eggenberger: Das projektierte Etzelwerk. In: Schweizerische Bauzeitung. 1929, doi:10.5169/SEALS-43472.
Commons: Sihlsee – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Hochmoor Schwantenau. In: Einsiedeln, Ybrig, Zürichsee. Abgerufen am 3. Juni 2020.
  2. Pro Natura Magazin. Nr. 1, 2012.
  3. Rebecca Sanders, Christoph Stätzler: Karten und Pläne zwischen Einsiedeln und Zürich. In: Äbte, Amtsleute, Archivare. Zürich und das Kloster Einsiedeln (= Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Band 65). Zürich 2009, S. 174–193, hier 182 f. doi:10.5169/seals-1045682 auf E-Periodica.
  4. Etzelwerk bleibt Eigentum der SBB. In: Luzerner Zeitung. 19. September 2012, abgerufen am 5. Juni 2020.
  5. Bezirksrat Einsiedeln (Hrsg.): 3. Erteilung einer Übergangskonzession an die SBB für die Ausnützung der Wasserkräfte der Sihl beim Etzel für den Zeitraum vom 13. Mai 2017 bis 31. Dezember 2022. 5. November 2015 (einsiedeln.ch [PDF; 94 kB]).
  6. Lorenzo Petrò: SBB dürfen mit Sihlseewasser weiterhin Strom produzieren. In: Tages-Anzeiger. 26. Oktober 2023.
  7. Merkblatt Wasseralarm Sihlsee. Stadtpolizei Stadt Zürich (PDF; 3,7 MB).
  8. Mückengeld. In: 100-sekunden.ch.
  9. Mückengeld für zu tiefen Pegelstand am Sihlsee wird fällig für SBB. In: Tages-Anziger. 7. Juni 2020.
  10. Karl Saurer: Der Traum vom grossen blauen Wasser. In: cinematograph.ch. Archiviert vom Original am 5. März 2016; abgerufen am 3. Juni 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.