Hitlergruß

Der Hitlergruß, offiziell[1] und im nationalsozialistischen Sprachgebrauch auch als Deutscher Gruß bezeichnet, war in der Zeit des Nationalsozialismus die übliche Grußform. Übernommen vom Saluto romano des Italienischen Faschismus wurde er Ausdruck des nationalsozialistischen Personenkults um Adolf Hitler. Es handelte sich zunächst um den Gruß der NSDAP-Mitglieder, der nach der Machtergreifung 1933 zum offiziellen Gruß aller „Volksgenossen“ wurde.

Hitlergruß der Reichstagsabgeordneten in der Krolloper in Berlin, 1941
Einwohner von Eger im Oktober 1938 beim Einrücken des deutschen Militärs
Deutsche Christen bei der Nationalsynode in Wittenberg, September 1933
Heil Hitler! als Schlussformel eines amtlichen, maschinschriftlichen Briefs der ADERSt, Zweigstelle Meran, von 1942

Beim Hitlergruß wurde der rechte Arm mit flacher Hand auf Augenhöhe schräg nach oben gestreckt. Dazu wurden meist die Worte „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“ gesprochen. Wenn der Gruß Adolf Hitler persönlich entboten wurde, lautete die Grußformel „Heil mein Führer“ in Anlehnung an die Anrede „Mein Führer“. In schriftlicher Form wurden beispielsweise die Worte „Heil Hitler“ unter einen Brief gesetzt.

Ursprünge

Der Hitlergruß war ab etwa 1925 die übliche Grußform in den nationalsozialistischen Kreisen des Deutschen Reiches. Der früheste Nachweis ist ein Münchner Polizeibericht vom 28. April 1926, in dem irrig aber noch das Ballen der Faust als Teil der Geste beschrieben wird. Hitler und die NSDAP hatten ihn um 1926 von Benito Mussolinis Saluto romano (Römischer Gruß) übernommen,[2] dessen Schwarzhemden diese Geste um 1919 von der irrenditistischen Freischärlergruppe der Arditi unter Gabriele D’Annunzio kopiert hatten. D’Annunzio wiederum soll sie aus zeitgenössischen Antik- und Sandalenfilmen für Zwecke der politischen Propaganda adaptiert haben.[3] Zeitgleich wurde in den Vereinigten Staaten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts der identische Bellamy-Gruß[4] praktiziert. Auch die französische Militärsportschule Joinville pflegte eine identische Grußform, die als Olympischer Gruß weitere Verbreitung erfuhr.[5]

1926 wurde der Hitlergruß parteioffiziell befohlen. Hitlers Sekretär Rudolf Heß rechtfertigte dies im Juni 1928 in der Zeitschrift Der S.A.-Mann: Es handele sich keineswegs um eine Übernahme aus dem italienischen Faschismus. Vielmehr sei er in der NSDAP bereits seit 1921 üblich gewesen. Und selbst wenn es eine Übernahme wäre, sei das nicht weiter schlimm, da der Bolschewismus und die Freimaurerei ja ebenfalls ihre Symbole und Erkennungszeichen hätten.[6]

Hitler hatte den Gruß aber auch aus seiner österreichischen Heimat mitgebracht, wo „Heil“ als Gruß unter Freunden verwendet wurde – und in den westlichen Landesteilen noch heute verwendet wird –, so wie in Bayern das „Servus“. Allerdings war der „Heil“-Ruf und dessen Bezeichnung „Deutscher Gruß“ schon früh in der DAP sowie in vielen anderen „völkischen“ Gruppen verbreitet gewesen. Zudem sollte vermieden werden, dass darin nicht geschulte Gefolgsleute den militärischen Gruß (Hand mit abgewinkeltem Arm an die Schläfe) nicht korrekt ausführten. Hitler war auch ein begeisterter Anhänger von Richard Wagner, in dessen Oper Lohengrin der erste Auftritt des Titelhelden mit folgenden Worten beginnt:

„Heil, König Heinrich! Segenvoll
mög Gott bei deinem Schwerte stehn!
Ruhmreich und gross dein Name soll
von dieser Erde nie vergehn!“

Hitler kannte das Libretto des Lohengrin auswendig und er kannte sowohl diese Oper als auch den Rienzi, die „Oper voller ‚Heil‘-Rufe“, aus seinen Linzer Jugendjahren.[7]

Rudolf von Sebottendorf reklamierte, dass das „Sieg Heil!“ von „Heil und Sieg!“ abstamme. Dieser Ausspruch wurde unter Mitgliedern der Thule-Gesellschaft in den 1920er Jahren geprägt und seiner Ansicht nach von Hitler in verkürzter Form übernommen.

Für Hitler und den Reichsführer SS Heinrich Himmler war es angeblich nicht unbedeutend, dass sich der Gruß auf „altgermanische“ Vorformen zurückführen ließ: Hitler soll geäußert haben, er betrachte ihn als Demonstration der Waffenlosigkeit, während Himmler ihn als Variante der Schwurgeste mit emporgehobenem Speer angesehen habe.

Zeit des Nationalsozialismus

In der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 war der Hitlergruß als Deutscher Gruß im ganzen Deutschen Reich verbreitet. Durch die häufige Verwendung schliff sich die Grußformel bisweilen auf ein knappes „Hitler“ sowie auch „Hei-tler“ ab.

Infobrief von 1935

Während dieser Zeit war der nationalsozialistische Kampfgruß („Heil Hitler“, „Sieg Heil“ oder einfach nur „Heil!“) verbindlich vorgeschrieben und wurde im täglichen öffentlichen Leben von jedem „Volksgenossen“ erwartet, als ein tagtäglich wiederholtes aktives Bekenntnis zum Nationalsozialismus.[8] Damit wurde die Ausrichtung des Deutschen Reiches als Führerstaat verdeutlicht. Die Nichterwiderung des Hitlergrußes konnte zu erheblichem Ärger führen und wurde in den letzten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft sogar bestraft. Aus dem Gebrauch oder Nichtgebrauch dieses Grußes wurden Rückschlüsse auf Stimmung und Haltung in der Bevölkerung gezogen. So schrieb z. B. Victor Klemperer am 9. Juni 1941 in sein Tagebuch: „Die Stimmung ist sehr schlecht. Die Arbeiter drehen ab. Sie sagten früher ‚Heil Hitler‘, jetzt sagen sie ‚Guten Tag‘.“ Und am 2. September 1941: „Man zählt, wie viele Leute in den Geschäften ‚Heil Hitler‘, wie viele ‚Guten Tag‘ sagen. Das ‚Guten Tag‘ soll zunehmen.“[9]

Während der Karnevalstage sollte die Verwendung des Hitlergrußes möglichst unterbleiben, um ihn vor „Herabwürdigung“ zu bewahren. Gemäß dem ehemaligen bayerischen NS-Innenminister Hermann Esser sollte stattdessen zur Begrüßung die rechte Hand ans Herz gelegt werden.

Aufruf des Gauleiters Fritz Sauckel zum Hitlergruß als Zeichen der Dankbarkeit (um 1934)

An die Art des Grüßens konnten Verdächtigungen anknüpfen. So ermittelte die Gestapo gegen den in Österreich tätigen evangelischen Pfarrer Max Monsky, als gegen ihn eine anonyme Anzeige eingegangen war. Der am Ort des Geschehens zuständige Senior wurde brieflich gefragt:

„Ist Ihnen in der Art, wie Pf. Monsky den Deutschen Gruß grüßte, seine Absicht, diesen Gruß zu verspotten oder zu verhöhnen, aufgefallen? Oder haben Sie bemerkt, daß andre Zuhörer eine verhöhnende Absicht erkannten?“[10]

Aufmerksamkeit erlangte das „Heil Hitler!“, mit dem Kardinal Theodor Innitzer seinen den Anschluss Österreichs befürwortenden Text schloss. Es wurde im ganzen Deutschen Reich plakatiert.[11]

Im behördlichen Schriftwechsel wurde oft auf jeden Schlussgruß verzichtet. Diese Möglichkeit und die anderen beiden Möglichkeiten („Heil Hitler!“, traditioneller Schlussgruß wie z. B. „Hochachtungsvoll“) kamen häufig vor, wie sich bei einer Untersuchung von etwa 2200 Briefen von und an die Akademie der Wissenschaften in Wien zeigte. Die Umschreibung durch „Mit deutschem Gruß“ war daneben eher selten.[12]

Die nationalsozialistische Filmpolitik vermied den Gebrauch des Grußes in Unterhaltungsfilmen. Eine Ausnahme ist die Komödie Der Gasmann von 1941, als sich der von Heinz Rühmann gespielte Gaskassierer von einer Dame, die ihre Gasrechnung nicht zahlen will, ironisch mit „Na dann – Heil Hitler!“ verabschiedet.[13]

Reichswehr und Wehrmacht

In Reichswehr und später Wehrmacht wurde der „Deutsche Gruß“ lange nicht als universell verpflichtend eingeführt, sondern war anfangs für uniformierte Soldaten verboten und es wurde stattdessen am traditionellen Gruß als vorgeschriebener Grußform festgehalten. Allerdings galt dies keineswegs exklusiv. Bereits am 19. September 1933 schrieb ein Erlass des Reichswehrministeriums vor, dass der „Deutsche Gruß“ von Soldaten auszuführen sei, wann immer die Nationalhymne oder das Horst-Wessel-Lied gespielt werde, außerdem bei allen Grußerbietungen an zivile Angehörige der Regierung und Verwaltung. Dieser Erlass schrieb für alle anderen Situationen noch ausdrücklich die „alten militärischen Grußformen“ unabhängig von Bekleidung und Kopfbedeckung des grüßenden Soldaten vor.[14] Nach bestehendem Reichswehrgebrauch wurde jedoch ohne Kopfbedeckung nur durch Kopfwenden gegrüßt – die „alten militärischen Grußformen“ sahen hier also keine Handbewegung vor. So etablierte sich spätestens in der Wehrmacht ab 1935 die Unterscheidung, dass mit Kopfbedeckung traditionell-militärisch durch Handanlegen an die Kopfbedeckung, ohne Kopfbedeckung jedoch „deutsch“ mit gestrecktem Arm zu grüßen sei, sodass der Hitlergruß bereits zu dieser Zeit faktisch in vielen Situationen Vorschrift war.[15]

Nach dem Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde der Hitlergruß für alle Teile der Wehrmacht als jederzeit einzig zulässiger Gruß angeordnet, vermutlich um damit eindringlich deren Loyalität zu Hitler einzufordern.

Noch nach Hitlers Tod forderte Generaloberst Georg Lindemann, Wehrmachtbefehlshaber in Dänemark, für seine Truppen die Beibehaltung des Hitlergrußes, allerdings vergeblich.[16] Am 8. Mai 1945 untersagte schließlich Reichspräsident Karl Dönitz den Hitlergruß in der Wehrmacht.[17]

Reichsbahn

Bei der Deutschen Reichsbahn wurde der „Deutsche Gruß“ auf Anweisung von Reichsbahn-Generaldirektor Julius Dorpmüller bereits am 15. Juli 1933 eingeführt – allerdings musste diese Anordnung nach einigen Wochen wieder teilweise zurückgezogen werden, da es zu Verwechslungen mit den Handzeichen des Zugpersonals bei der Bremsprobe gekommen war.[18] Um solche Verwechslungen, die bspw. auch mit dem Abfahrauftrag für Züge möglich waren, zu vermeiden, wurde er im Bereich der Gleisanlagen, auf allen Fahrzeugen und auf den Bahnsteigen untersagt. Hier war der „militärische Gruß“ zu verwenden.[19] Auch nachdem der Hitlergruß schon einige Zeit eingeführt worden war, musste darauf hingewiesen werden, ihn auch „ordentlich“ und nicht nur nachlässig auszuführen.[20]

Sportveranstaltungen

Athleten und Funktionäre mit erhobener rechter Hand bei der Siegerehrung im Modernen Fünfkampf bei den Olympischen Sommerspielen 1936

Am 7. August 1933 führte Josef Klein den Hitlergruß verbindlich im deutschen Fußballsport ein. Bereits am 6. Juni hatte er den Gruß im Westdeutschen Fußballverband durchsetzen können. Aber nicht alle Sportler benutzten den Hitlergruß. So weigerte sich beispielsweise der Fußballspieler Walter Pahl, der daraufhin vom DFB für sämtliche Fußballspiele gesperrt wurde.

Die Ähnlichkeit des Hitlergrußes mit dem Olympischen Gruß macht es besonders im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 1936 schwierig zu unterscheiden, ob mit der erhobenen rechten Hand die olympische Bewegung oder der Nationalsozialismus geehrt werden sollte. Bei der Eröffnungsfeier der Sommerspiele 1936 in Berlin sowie der Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen hob etwa die französische Olympiamannschaft beim Eintritt in das Stadion den rechten Arm zum Olympischen Gruß, der 1924 in Paris erstmals gezeigt wurde. Die Zuschauer missverstanden dies als Hitlergruß bzw. „Deutschen Gruß“ und bejubelten die vermeintliche Huldigung.

John Heartfield

Der deutsche Graphiker John Heartfield veröffentlichte 1932 eine Fotomontage mit dem Titel Der Sinn des Hitlergrusses bzw. Millionen stehen hinter mir.[21] Hier streckt ein kleiner Hitler die Hand nach hinten zum Führergruß, während ihm ein Vertreter des Großkapitals Geld in die Hand legt.

Humoristische Abwandlungen

In den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft existierten auch Abwandlungen des Hitlergrußes. Zum Beispiel benutzte die sogenannte Swing-Jugend die Formulierung „Swing Heil“, um sich über die ihnen feindlich gesinnten Nationalsozialisten lustig zu machen.[22] In Teilen des besetzten Frankreich und auch im Deutschen Reich selbst wurde gelegentlich auf „Heilt Hitler“ zurückgegriffen. Als Verballhornung kamen „Antworten“ auf den Gruß wie „Bin ich Arzt?“, „Ist er denn krank?“ oder „Heil du ihn doch“ vor.[23] Im Deutschen Reich wurden solche Entgegnungen spätestens ab 1937 mit bis zu 18 Monaten Haft bestraft. Der Schriftsteller Ernst Jünger berichtete, wie man sich mit einem schnell gesprochenen „Drei Liter!“ ungestraft aus der Affäre ziehen konnte, wenn einem die offizielle Grußformel nicht über die Lippen wollte.[24] Johannes Mario Simmel lässt die Akteure in seinem in der NS-Zeit spielenden Roman Mich wundert, dass ich so fröhlich bin die Grußformel „Heitler!“ verwenden. Karl Valentin erlaubte sich folgende humoristische Einlassung: „Der Herr Hitler kann froh sein, dass er nicht Kräuter heißt. Sonst müssten wir immer Heil Kräuter rufen.“[25]

Der Hitlergruß in der Karikatur

Herbert Marxen: Wollt ihr den totalen Krieg?, ca. 1945

Herbert Marxen, ein Flensburger Karikaturist aus den letzten Jahren der Weimarer Republik und Zeitzeuge, fertigte zum Thema Totaler Krieg bzw. Hitlergruß eine seiner bekannten Karikaturen an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Strafrecht

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Hitlergruß in der Bundesrepublik Deutschland,[26] in der DDR sowie in Österreich verboten.

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Verwendung des Hitlergrußes und anderer Formen (etwa „Mit Deutschem Gruße“) durch § 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) verboten.[27] Eingeschränkt wird der Tatbestand des § 86a StGB in Deutschland allerdings durch die Kunstfreiheit,[28] Meinungsfreiheit,[29] Forschung und Lehre,[30] Dokumentarfilme,[30] Theaterstücke[30] sowie offensichtlich kritischen Gebrauch, in dem die Distanzierung zur Naziherrschaft offenkundig und eindeutig zum Ausdruck gebracht wird.[31] Für letztere Fallgruppe beispielhaft ist der Fall, dass ein von einer Polizeikontrolle Betroffener den Hitlergruß zeigt und sich aus den Umständen eindeutig ergibt, dass er hiermit gegen die polizeiliche Maßnahme protestiert und den Beamten vorwirft, NS-Methoden anzuwenden.[32] Dagegen wurde in einem Fall, in dem eine solche Eindeutigkeit aus der Sicht von Außenstehenden nicht vorgelegen habe, eine Strafbarkeit vom Bundesverfassungsgericht nicht gerügt.[33]

In der Republik Österreich ist der Hitlergruß verboten, das Zeigen erfüllt den Strafbestand nach § 3g des Verbotsgesetzes.

In der Schweiz wurde ein Verbot des Hitlergrußes als Ergänzung zur Rassismus-Strafnorm lange diskutiert;[34] diese Bestrebungen scheiterten aber im Jahr 2011.[35][36] Trotzdem kann das Zeigen des Hitlergrußes oder einer Variante davon strafbar sein, wenn dies offensichtlich in der Absicht der Rassendiskriminierung geschieht.[37]

Berlin 2014: Der juden- und israelfeindliche Demonstrant im Vordergrund zeigt den Kühnengruß, und auf dem Unterarm ist die Zahl achtundachtzig als Code für den Hitlergruß eintätowiert

Neonazis verwenden daher manchmal Varianten des Hitlergrußes, zum Beispiel den sogenannten Kühnengruß oder den sogenannten „schlampigen Führergruß“ oder nennen die Zahl „88“ als Grußformel (Bedeutung: HH für „Heil Hitler“, also zweimal der achte Buchstabe des Alphabets).

Sport

Auch in Ländern, in denen der Hitlergruß an sich nicht strafrechtlich verfolgt wird, kann seine Verwendung z. B. von Sportgerichten geahndet werden: Die Fußballspieler Paolo Di Canio (Italien) und Giorgos Katidis (Griechenland) wurden mit Strafen belegt, weil sie den Hitlergruß im Fußballstadion entboten hatten.[38][39]

Varianten

Führergruß

Hitler grüßt Parteigenossen (1932)

Eine Variante des Grußes, bei der der Arm nicht ausgestreckt, sondern zur Seite angewinkelt wird, ermöglichte es, auch bei körperlichen Gebrechen, die das Ausstrecken des Armes nicht möglich machen, den Gruß abzuleisten. Diese Form des Grußes wurde auch verwendet, wenn enge Platzverhältnisse ein Ausstrecken des Armes nicht zuließen oder der zu Grüßende dem Grüßenden direkt gegenüberstand.

Hitler selbst grüßte meistens auf diese Weise, auch dann, wenn es durch die Umstände nicht geboten war. Dies wurde bemerkenswert von Charlie Chaplin im 1940 erstaufgeführten Kinofilm Der große Diktator persifliert. Seine Figur Adenoid Hynkel hob gelangweilt seine rechte Hand und schien sogar zu vergessen, warum er eigentlich seine Hand oben hatte, und verdeutlichte damit die extrem einseitige Zuneigung zwischen dem „Führer“ und seinem Volk. Im Gegensatz dazu grüßten die Untergebenen teilweise in aller Übertreibung und stark überzeichnet.

Schlampiger Führergruß

Beim sogenannten „schlampigen Führergruß“ wird der Arm nicht ausgestreckt, sondern nach hinten angewinkelt.

Kühnengruß

Der Kühnengruß ist eine Abwandlung des verbotenen Hitlergrußes. Dabei wird der rechte Arm gestreckt und Daumen, Zeige- und Mittelfinger abgespreizt, die anderen Finger bleiben angewinkelt. Es entsteht ein „W“ für „Widerstand“. Oft wird jedoch auch nur der Daumen abgespreizt.

Inwieweit der Gebrauch des Kühnengrußes in Deutschland als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a Absatz 2 Satz 2 StGB strafbar ist, gilt in der Rechtswissenschaft weithin als umstritten.[40][41]

Der Kühnengruß trat im Zusammenhang mit der neonazistischen Bewegung erstmals in den 1970ern unter der Bezeichnung „Widerstandsgruß“ auf. Vermutlich wurde er 1970 von der „Aktion Widerstand“ erfunden. Die Abwandlung sollte das Hitlergruß-Verbot umgehen. 1992 wurde der Widerstandsgruß nach Michael Kühnen, der ab 1977 als Neonazi-Führer fungierte, umbenannt.[42]

In Österreich[43] ist der Kühnengruß nicht strafbar, da er nicht als Symbol des Nationalsozialismus angesehen wird. Hier wurde er im Jahre 2007 durch einen Artikel der Tageszeitung Österreich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Dort zeigte ein Foto den ehemaligen Bundesvorsitzenden der FPÖ, Heinz-Christian Strache, der laut Zeitung mit dieser Geste „einen bekannten Nazi-Führer“ begrüßte. Strache hatte laut eigener Aussage lediglich „drei Bier“ bestellt und strengte ein Medienverfahren an.[44][45]

Bei den ersten „Spaziergängen“ der Pegida in Österreich – in Wien am 2. Februar 2015 und in Graz am 29. März 2015 – zeigten einige Teilnehmer den Hitlergruß bzw. den Kühnengruß. Ein Grazer wurde mittels Videoaufzeichnung ausfindig gemacht und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.[46]

Quenelle-Gruß

Quenelle-Gruß

Beim Quenelle-Gruß (auch: Umgekehrter Hitlergruß[47] oder Französische Nazi-Geste[37]) wird der rechte Arm mit der Handfläche nach unten ausgestreckt, die andere Hand legt sich quer auf den Oberarm. Diese Geste wird teilweise als Ersatz für den Hitlergruß gesehen und ist in der Schweiz je nach konkretem Zusammenhang auch als Rassendiskriminierung strafbar.[37]

Trivia

  • Im Star-Trek-Universum verwendet das Terranische Imperium den „Imperialen Gruß“, welcher dem Hitlergruß nachempfunden ist. Dabei wird die rechte Hand zuerst zur Faust geballt und auf die rechte Brusthälfte gedrückt, um dann hitlergrußähnlich nach vorne gestreckt zu werden.[48]
  • Im Film Captain America: The First Avenger verwendet die fiktive Organisation HYDRA einen eigenen Hydragruß. Dabei werden beide Hände zu Fäusten geballt und beide Arme wie beim Hitlergruß nach vorne gestreckt. Dazu kommt der Ruf: „Heil Hydra“.
  • Im Englischen wurde auch das Verb to heil gebildet; es war die Zeit von Sprachkonstruktionen wie etwa sieg-heiling the Fuehrer.[49]

Literatur

  • Tilman Allert: Der Deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste. Eichborn, Berlin 2005, ISBN 3-8218-5761-7 (gebunden) und Reclam, Ditzingen 2010, ISBN 978-3-15-020191-6 (Taschenbuch).[50][51]
  • Karl Prause: Deutsche Grußformeln in neuhochdeutscher Zeit. Breslau 1930 (älteste/erste Sekundärliteratur zu diesem Thema).
Commons: Hitlergruß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Hitlergruß – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hrsg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 23. Februar 1935, Nr. 9. Bekanntmachung Nr. 94, S. 35.
  2. Tilman Allert: Der deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste. Fischer, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-596-29604-0, Kapitel 5
  3. Il falso mito del „saluto romano“. archeome.it, 24. September 2020, abgerufen am 6. August 2022
  4. Streit um die Queen: Wer noch alles den Hitlergruß benutzt hat - WELT. Abgerufen am 7. August 2017.
  5. Karl Lennartz: Olympischer oder Faschistengruß? Einige Aspekte zur Geschichte des Einmarsches der Nationen bei den Olympischen Spielen zwischen den beiden Weltkriegen. In: Olympisch bewegt: Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Manfred Lämmer. Köln 2003, S. 177–194 (Zusammenfassung)
  6. Albrecht Tyrell (Hrsg.): Führer befiehl … Selbstzeugnisse aus der „Kampfzeit“ der NSDAP. Grondrom Verlag, Bindlach 1991, S. 129 f.
  7. Manfred Ach: Das Nekrodil. Wie Hitler wurde, was er war. 2010.
  8. Klaus Gotto, Hans Günter Hockerts, Konrad Repgen: Nationalsozialistische Herausforderung und kirchliche Antwort. Eine Bilanz. In: Klaus Gotto, Konrad Repgen (Hrsg.): Die Katholiken und das Dritte Reich. 3. Auflage. Mainz 1990, S. 173–190, hier S. 174.
  9. Victor Klemperer: Tagebücher 1940–1941. 2. Auflage. Aufbau, Berlin 1999, S. 93, 157.
  10. Zitiert nach Gustav Reingrabner, Karl Schwarz (Hrsg.): Quellentexte zur österreichischen evangelischen Kirchengeschichte zwischen 1918 und 1945. Wien 1989 (= Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 104/105, 1988/89), S. 387.
  11. Franz Graf-Stuhlhofer: Der Gau-Akt über Kardinal Theodor Innitzer. Einblicke in Konflikte und Stimmungslage während des 2. Weltkriegs. In: Österreich in Geschichte und Literatur 55, 2011, S. 148–156.
  12. Franz Graf-Stuhlhofer: „Heil Hitler!“ am Schluß von Briefen. Beobachtungen am Schriftverkehr der Wiener Akademie der Wissenschaften. In: Österreich in Geschichte und Literatur 40, 1996, S. 125–128.
  13. Florian Odenwald: Der nazistische Kampf gegen das ›Undeutsche‹ in Theater und Film 1920–1945. Herbert Utz, München 2006, S. 333.
  14. Tilmann Allert: Der Deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste. Berlin 2005, S. 115, Anm. 45.
  15. Reibert redivivus. In: Der Spiegel. Nr. 5, 1960 (online).
  16. Ian Kershaw: The End. London 2011, ISBN 978-0-14-101421-0, S. 367. (Kershaw bezeichnet Lindemann als Oberbefehlshaber in Norwegen.)
  17. Kritische Online-Edition der Tagebücher Michael Kardinal von Faulhabers (1911–1952). Tagebucheintrag vom 8. Mai 1945 EAM, NL Faulhaber 09265, S. 57–58. In: Faulhaber-Edition.de. Abgerufen am 8. Mai 2019.
  18. Alfred Gottwaldt: Dorpmüllers Reichsbahn – Die Ära des Reichsverkehrsministers Julius Dorpmüller 1920–1945. EK-Verlag, Freiburg 2009, ISBN 978-3-88255-726-8, S. 81.
  19. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 23. Februar 1935, Nr. 9. Bekanntmachung Nr. 94, S. 35.
  20. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 30. März 1935, Nr. 14. Bekanntmachung Nr. 143, S. 55.
  21. John Heartfield: Der Sinn des Hitlergrusses: Kleiner Mann bittet um grosse Gaben. Motto: Millionen Stehen Hinter Mir! In: metmuseum.org. Abgerufen am 11. Februar 2021.
  22. Tilmann Allert: Der Deutsche Gruß. 2005, S. 25.
  23. Tilmann Allert: Der Deutsche Gruß. 2005, S. 64.
  24. Tilmann Allert: Der Deutsche Gruß. 2005, S. 74.
  25. Kabarett und Musik. Operation HEIL!Kräuter. Kabarett im Dritten Reich. In: Valentin-Karlstadt-Musäum. Sabine Rinberger, 17. September 2023, abgerufen am 3. März 2024.
  26. Das strafbare Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. In: Infobrief, Deutscher Bundestag. 10. November 2021, abgerufen am 13. Dezember 2021: „§ 4 i. V. m. § 8 des Versammlungsgesetzes von 1953 stellte das Zeigen von Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen unter Strafe. 1960 fand dieses Verbot in Form eines neuen § 96a StGB Aufnahme in das Strafgesetzbuch. […] 1968 wurde dieser § 96a a. F. StGB durch § 86a StGB ersetzt.“
  27. BayObLG, Urteil vom 28. Februar 2002, Az. 5 St RR 355/01, NStZ 2003, 89.
  28. BVerfG, Beschluss vom 3. November 1987, Az. 1 BvR 1257/84, 861/85, BVerfGE 77, 240 (253–258) = NJW 1988, 325 (325 f.).
  29. Steinmetz, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2012, § 86a, Rn. 32.
  30. Ellbogen, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 27. Edition, Stand 2. Juni 2015, § 86a, Rn. 11.
  31. Ellbogen, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 27. Edition, Stand 2. Juni 2015, § 86a, Rn. 9; BGH, Urteil vom 15. März 2007, 3 StR 486/06, NJW 2007, 1602.
  32. Vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 28. Januar 2008, Az. 1 Ss 331/07, StV 2009, 90 L.
  33. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2006, Az. 1 BvR 204/03, NJW 2006, 3052–3053, insbesondere Rn. 24.
  34. Fritz Gerber: Hitlergruss bald ein Fall für den Richter. In: 20min.ch. 22. Februar 2010, abgerufen am 19. Februar 2015.
  35. Daniel Foppa: Nazisymbole werden nun doch nicht verboten. In: tagesanzeiger.ch. 20. September 2011, abgerufen am 12. Juli 2019.
  36. Siehe auch das Urteil 6B_697/2013 des Bundesgerichtes vom 28. April 2014 (zur Publikation vorgesehen)
  37. «Quenelle»-Gruss ist strafbar , SRF, 3. August 2017
  38. Martin Mazur: Kreuzverhör mit Paolo Di Canio. fussballmagazin 4-4-2, Dezember 2006, S. 110 ff.
  39. Giorgos Katidis, el último futbolista fascista. In: mundodeportivo.com. 18. März 2013, abgerufen am 19. Februar 2015 (spanisch).
  40. Steinmetz: Münchner Kommentar zum Strafgesetzbuch. 3. Auflage 2017, § 86a, Rn. 20, m.w.N.
  41. Gabriele Kett-Straub: Das Verwenden nationalsozialistischer Kennzeichen - § 86a StGB im Spannungsfeld zwischen symbolischem Strafrecht, Gefühls- und echtem Rechtsgüterschutz. NStZ 2011, 601 (602) mit weiteren Nachweisen zum Streitstand.
  42. „Ersatzgeste“ für den Hitlergruß. In: orf.at. 27. Januar 2007, abgerufen am 19. Februar 2015.
  43. „Kühnen-Gruß“ nicht strafbar. In: oe24.at. 24. Januar 2008, abgerufen am 19. Februar 2015.
  44. Kühnen-Gruß Straches? Verfahren vertagt. In: wien.orf.at. 24. Januar 2008, abgerufen am 19. Februar 2015.
  45. Budgetdebatte: Nicht mal drei Bier für die FPÖ (Memento vom 28. September 2008 im Internet Archive) Salzburger Nachrichten, 26. April 2007
  46. Der Standard: Hitlergruß bei Pegida-Demo: 18 Monate bedingte Haft für Grazer, 14. September 2015
  47. Frankreichs heikle Schupfnudeldebatte, Spiegel-Online, 29. Dezember 2013
  48. Terranisches Imperium bei Memory Alpha
  49. Wiktionary: heil – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
    (englisch)
  50. Lothar Schröder: Wichtige Studie zum Hitler-Gruß. In: nachrichten.rp-online.de. 19. August 2010, abgerufen am 19. Februar 2015.
  51. Inhaltsverzeichnis, Kapitel 1 (PDF, Leseprobe)

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