Sidonie von Sachsen
Sidonie (auch Sidonia) von Sachsen (* 8. März 1518 in Meißen; † 4. Januar 1575 in Weißenfels) war eine wettinische Prinzessin und durch Heirat Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg und Fürstin von Calenberg-Göttingen.
Leben
Familie
Sidonie war eine Tochter des Herzogs Heinrich von Sachsen (1473–1541) aus dessen Ehe mit Katharina (1487–1561), Tochter des Herzogs Magnus II. von Mecklenburg. Ihre Brüder waren die sächsischen Kurfürsten Moritz und August, ihre Schwester Sibylle war seit 1540 Herzogin von Sachsen-Lauenburg und ihre Schwester Aemilia seit 1533 Markgräfin von Brandenburg-Ansbach.
Ehe
Sidonie heiratete am 17. Mai 1545 den zehn Jahre jüngeren Herzog Erich II. zu Braunschweig-Lüneburg (1528–1584). Da die Ehe gegen den Willen der Eltern geschlossen wurde, wurden die Hochzeitsfeierlichkeit ohne „Gepräng und Kosten“ im Welfenschloss Münden abgehalten. Am Anfang war sich das Paar äußerst zugeneigt. Um Sidonie heiraten zu können, hatte Erich eine seit seiner Kindheit bestehende Verlobung mit Agnes von Hessen aufgelöst. Bei den Eheverhandlungen am Hof in Kassel hatte er Sidonie kennengelernt. Landgraf Philipp von Hessen, der Vater der verlassenen Verlobten, prophezeite: „Es wird sich in dieser Ehe nach Endigung des Küssmonats noch allerlei zutragen.“[1]
Zum Zeitpunkt der Eheschließung stand Erich II. noch unter der Regentschaft seiner Mutter Elisabeth von Brandenburg, die 1542 in seinem Herzogtum die Reformation einführte. Zwei Jahre später, 1547, übernahm Herzog Erich die Regierung selbst und konvertierte wieder zum katholischen Glauben. Sidonie blieb, trotz aller Einwirkung ihres Gemahls, bei ihrem lutherischen Glauben. Auch Geldprobleme und die Kinderlosigkeit der Ehe führten schon bald zu einem äußerst unglücklichen Verlauf der Beziehung des Herzogspaares. Ab 1559/60 bezog Sidonie die Burg Hardegsen.
Die Auseinandersetzungen gipfelten bei Sidonie in dem Verdacht, dass ihr Ehemann sie vergiften wollte. Ein Genueser hatte sich 1555 an Sidonies Bruder August gewandt und ihm mitgeteilt, dass Herzog Erich Gift bei ihm bestellt habe mit der Begründung, Erich „sei ein Christ und sein Weib wäre lutherisch, es sei besser, dass ein Weib zu Grunde ginge, als 20000 Menschen“.[2] Erich wandte sich einer anderen Frau zu,[3] mit der er 1563 auf Schloss Calenberg lebte. Sidonie wurde der Zugang zum Schloss verwehrt, was auch damit begründet war, dass sie drohte, „wenn sie auf das Haus komme, wolle sie der Hure die Nase abschneiden und ein Auge ausstechen“.[4]
Anklage wegen Zauberei
Ab 1564 befand sich Sidonie praktisch unter Hausarrest und protestierte bei ihrem Bruder und beim Kaiser heftig. August schickte Räte, die erfolglos um einen Ausgleich ersuchten. Herzog Erich erkrankte 1564 schwer und vermutete eine Vergiftung. Deswegen wurden vier Frauen der Zauberei verdächtigt und als Hexen in Neustadt am Rübenberge verbrannt. 1570 kam es durch Vermittlung des Kaisers, des Kurfürsten von Sachsen und des Herzogs Julius von Braunschweig zu einer Regelung der finanziellen Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten, bei der Sidonie auch Schloss Calenberg zugesichert wurde, die aber von Erich nicht eingehalten wurde.
Am 30. März 1572 berief Herzog Erich auf Schloss Landestrost in Neustadt einige seiner Räte, Adlige und Abgeordnete der Städte Hannover und Hameln, um ihnen Zeugnisse und Beweise vorzulegen, die Sidonie der Zauberei und des Anschlages auf das Leben des Herzogs bezichtigten und aus den unter der Folter durchgeführten Verhören der Hexerei verdächtiger Frauen stammten. Sidonie wandte sich an Kaiser Maximilian II. und bat um eine Revision, dazu verließ sie heimlich Calenberg und reiste nach Wien. Kaiser Maximilian verfügte daraufhin, dass die Untersuchung am kaiserlichen Hof durchgeführt werden solle, überstellte aber die Angelegenheit an die Herzöge Julius und Wilhelm von Braunschweig.
Am 17. Dezember 1573 wurde die Angelegenheit unter großem öffentlichen Interesse in Halberstadt verhandelt, wobei alle damaligen Zeuginnen ihre Aussagen gegen Sidonie widerriefen und die Herzogin am 1. Januar 1574 in allen Anklagepunkten freigesprochen wurde.
Kloster Weissenfels
Von Wien aus reiste Sidonie im Oktober 1572 nach Dresden zu ihrem Bruder und dessen Frau. Anstatt des Schlosses Calenberg und ihres durch Herzog Erich einbehaltenen Silbers erhielt sie nach mehreren Vergleichen schließlich eine Entschädigung und eine lebenslange Rente. Kurfürst August überließ ihr das Klarissenkloster Weissenfels mit allen Einkünften und Zinsen, wo Sidonie bis zu ihrem Tod lebte.
Herzog Julius von Braunschweig gelang es wegen des Widerstands Sidonies nicht, nach den finanziellen Angelegenheiten auch die Untersuchung wegen der Giftmischerei gütlich beizulegen. Sidonie schrieb Herzog Julius 1573: „weil Herzog Erichs beschwerlich ausgesprengte Bezichtigung mir nicht, wie man spricht, an die Kleider, sondern an die Ehr, welche das höchste und beste Kleinod sonderlich armen Weibsbildern in dieser Welt ist, geht.“[5]
In ihrem Testament hatte Sidonie bestimmt, im Dom zu Freiberg bestattet zu werden, und ihren Unterhändlern beim Prozess in Halberstadt bedeutende Summen hinterlassen.
Vorfahren
Ahnentafel Sidonie von Sachsen | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ururgroßeltern |
Kurfürst |
Herzog |
Viktorin von Podiebrad (1403–1427) |
Smil von Sternberg († 1431) |
Herzog |
Kurfürst |
Wartislaw IX. (1400–1457) |
Herzog |
Urgroßeltern |
Kurfürst Friedrich II. (1412–1464) |
König Georg von Podiebrad (1420–1471) |
Herzog Heinrich IV. zu Mecklenburg (1417–1477) |
Erich II. von Pommern-Wolgast (1425–1474) | ||||
Großeltern |
Herzog Albrecht der Beherzte (1443–1500) |
Herzog Magnus II. (1441–1503) | ||||||
Eltern |
Herzog Heinrich der Fromme (1473–1541) | |||||||
Sidonie von Sachsen |
Quellen
- Martin Schemel: Eine christliche Leichpredigte, vber der Leich der Durchleuchtigen Hochgebornen Fürstin vnd Frawn, Frawen Sidonien gebornen Hertzogin zu Sachsen, vnd Fürstin zu Braunschweig vnd Lüneburg, gethan zu Freibergk in der Thumkirchen. Durch M. Martinum Schemel Predigern zu Weissenfels etc. Schwertel 1575.
Literatur
- Helga-Maria Kühn: „… es gefellett mir reychtt woll hyr“. Die letzten Lebensjahre der Herzogin Sidonie 1573–1575 in Weißenfels. In: Astrid Fick (Hrsg.): Das Weißenfelser St. Klaren-Kloster. Zum 700-jährigen Bestehen. Weißenfels 2001, S. 39–41.
- Helga-Maria Kühn: Sidonia von Sachsen, In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Online-Ausgabe
- Helga-Maria Kühn: Eine „unverstorbene Witwe“. Sidonia Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg geborene Herzogin von Sachsen 1518–1575. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2009 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, Band 247).
- Joachim Lehrmann: Hexenverfolgung in Hannover-Calenberg und Calenberg-Göttingen. Lehrte 2005, ISBN 978-3-9803642-5-6.
- Andrea Lilienthal: Die Fürstin und die Macht. Welfische Herzoginnen im 16. Jahrhundert. Elisabeth, Sidonia, Sophia. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2007 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, Band 127).
- Inge Mager: Elisabeth von Brandenburg – Sidonie von Sachsen. Zwei Frauenschicksale im Kontext der Reformation von Calenberg-Göttingen. In: 450 Jahre Reformation im Calenberger Land. Laatzen 1992, S. 23–32.
Einzelnachweise
- Christoph von Rommel: Geschichte von Hessen, Bd. 4, S. 200
- Karl von Weber: Sidonie, Herzogin von Braunschweig, geb. Herzogin von Sachsen. † 1575. In: Aus vier Jahrhunderten: Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, Leipzig 1858, Band 2, S. 45.
- Als Name seiner Konkubine wird angegeben Katharina von Weldam, Mutter seiner beiden ihn überlebenden Kinder. In: Johannes Merkel: Die Irrungen zwischen Herzog Erich II und seiner Gemahlin Sidonia. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen. Jahrgang 1899, Seite 19. (PDF), abgerufen am 28. April 2016 Onlineversion.
- Karl von Weber: Sidonie, Herzogin von Braunschweig, geb. Herzogin von Sachsen. † 1575. In: Aus vier Jahrhunderten: Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, Leipzig 1858, Band 2, S. 46
- Karl von Weber: Aus vier Jahrhunderten: Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu …, Band 2, S. 63