Sidi bel Abbès

Sidi bel Abbès (arabisch سيدي بلعباس, DMG Sīdī Bu-l-ʿAbbās, tamazight ⵙⵉⴷⵉ ⴱⴻⵍ ⵄⴻⴱⴱⴰⵙ Sidi bel ɛebbas) ist die ca. 230.000 Einwohner zählende Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Algeriens. Sie ist auch der Hauptort einer Gemeinde (commune) mit insgesamt ca. 250.000 Einwohnern. Die Stadt ist nach einem hier begrabenen muslimischen Heiligen des 18. Jahrhunderts benannt.

سيدي بلعباس
ⵙⵉⴷⵉ ⴱⴻⵍ ⵄⴻⴱⴱⴰⵙ
Sidi bel Abbès
Sidi bel Abbès (Algerien)
Sidi bel Abbès (Algerien)
Sidi bel Abbès
Koordinaten 35° 11′ 59″ N,  37′ 53″ W
Symbole
Wappen
Wappen
Basisdaten
Staat Algerien
Provinz Sidi Bel Abbès
Höhe 470 m
Fläche 70 km²
Einwohner 212.935 (2008[1])
Dichte 3.041,9 Ew./km²
Sidi bel Abbès – Rathaus
Sidi bel Abbès – Rathaus
Sidi bel Abbès – Rathaus

Lage

Sidi bel Abbès liegt ca. 90 Kilometer südlich der Mittelmeerküste bei Oran in einem Hochtal des Tellatlas in einer Höhe von etwa 470 m.[2] Das Klima ist gemäßigt bis warm; Regen (ca. 460 mm/Jahr) fällt hauptsächlich in den Wintermonaten.[3]

Bevölkerung

Jahr1977198719982008
Einwohner112.988152.778183.931210.146

Seit den 1960er Jahren erlebt Sidi bel Abbès eine starke Zuwanderung von Familien aus den ländlichen Regionen Algeriens.

Geschichte

Im Jahr 1843 gründeten Franzosen nahe dem Dorf Sidi bel Abbès einen militärischen Außenposten und schufen innerhalb weniger Jahre eine Stadt nach französischem Vorbild. Diese wurde zu einem Zentrum der Fremdenlegion und wuchs schnell. 1896 gab es 26.887[4] Einwohner, davon waren 11.516[4] Muslime und 420[4] Juden, 6950[4] waren französische Staatsbürger und 8001[4] weitere Europäer. Von 1831 bis 1962 befand sich in der Stadt das Mutterhaus (Maison mère) der Fremdenlegion mit dem 1. Fremdenregiment im Quartier Viénot. Durch das schnelle Wachstum der Stadt verschwand deren traditionelle Gliederung.

Die Bevölkerung bestand keineswegs nur aus rechtsgerichteten Siedlern. Die sozialen Kämpfe der Metropole wurden auch in Algerien geführt. Der Triumph des linken Front populaire bei den französischen Parlamentswahlen führte in Sidi bel Abbès am 14. Juni 1936[5] zu Freudenkundgebungen mit rund 5000[5] in den Straßen defilierenden Menschen. Rechtsextreme Demonstranten griffen die Veranstaltung mit Tränengas und Steinwürfen an.[5]

Als nach dem Algerienkrieg am 5. Juli 1962 die Unabhängigkeit Algeriens proklamiert wurde, verlor die Fremdenlegion ihren bis dahin wichtigsten und ältesten Stützpunkt. Die französische Regierung ließ das gesamte Regiment von Algerien nach Aubagne (Frankreich) verlegen. In die Festung der Fremdenlegion zog zunächst eine Universität ein. Auch verließen zahlreiche Europäer, sogenannte Pieds-noirs, die Stadt. Im September 1962 war sie infolge des Wegzuges der europäischen Bevölkerung halb leer. Verwaltung, Polizei, Justizwesen, Schulwesen und viele wirtschaftliche Aktivitäten kamen vorübergehend zum Erliegen.[6]

Sehenswürdigkeiten

Die Altstadt war von einer Stadtmauer mit insgesamt vier Toren umschlossen; diese wurde im Jahr 1930 zugunsten breiter Boulevards größtenteils niedergerissen. Die von den Franzosen völlig neu gestaltete und mit vielen Bauten in den verschiedenen Stilformen der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts versehene Stadt verfügt über eine Universität und eine Kunsthochschule.

Wirtschaft

Der Anbau von Getreide ist der hauptsächliche Wirtschaftszweig der Region; aber auch Wein und verschiedene Obstsorten wurden angepflanzt. Ein aus Andalusien übernommenes Bewässerungssystem konnte den Ertrag der Ernte vergrößern.

Verkehr

Sidi bel Abbès besitzt einen Bahnhof an der Bahnstrecke Oran–Akid Abbès der SNTF.[7] Am 25. Juli 2017 wurde ein 14 km langes Straßenbahnnetz eröffnet.

Persönlichkeiten

Sidi bel Abbès – École des Beaux Arts

Einzelnachweise

  1. Sidi bel Abbès – Bevölkerungsentwicklung
  2. Sidi bel Abbès – Karte mit Höhenangaben
  3. Sidi bel Abbès – Klimatabellen
  4. Michel Abitbol: Le passé d'une discorde – Juifs et Arabes du VIIe siècle à nos jours. Librairie Académique Perrin, Paris 1999, ISBN 2-262-01494-9, S. 275 (dort zitiert nach Zahlen der parlamentarischen Untersuchungskommission Pourquery de Boisserin von 1900).
  5. Michel Pierre: Histoire de l’Algérie – Des origines à nos jours. Éditions Tallandier, Paris 2023, ISBN 979-1-02104503-3, S. 271 f.
  6. Benjamin Stora: Algeria, 1830–2000: A Short History. Cornell University Press, Ithaca (New York) 2005, ISBN 0-8014-8916-4, S. 12 und 77.
  7. Neil Robinson: World Rail Atlas and Historical Summary 7 = North, East and Central Africa.o.O. 2009. ISBN 978-954-92184-3-5, Taf. 4.
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