Serapis
Serapis (auch Sarapis) war ein ägyptisch-hellenistischer Gott, der seit Ptolemaios I. als integrativer Reichsgott etabliert wurde. In ihm sind v. a. Züge der ägyptischen Gottheiten Osiris, des Apis-Stiers (der im Kult von Memphis sterbend zu Osiris wird) sowie der griechisch-römischen Hauptgötter Zeus-Jupiter und Hades-Pluto verschmolzen.[2]
Serapis in Hieroglyphen | ||||||||
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Usir-Hep Wsjr-Ḥp Osiris-Apis[1] | ||||||||
Griechisch | Σαραπις (Sarapis) | |||||||
Hintergrund
Etymologie
Der Name entstand aus der Bezeichnung des Osiris (Sir/Sar) und des Apis (Hepi). In der ägyptischen Mythologie verkörperte der Apis-Stier als Symbol die Fruchtbarkeit. Nach den Überlieferungen lebte die Seele des Osiris im Apis-Stier weiter, nachdem Seth seinen Körper in mehrere Stücke zerteilt hatte.
Entstehung des Serapis-Kultes
Der Serapis-Kult entstand im frühen Hellenismus, als Ägypten unter makedonisch-griechische Herrschaft geraten war. Der genaue Zeitpunkt der Einführung ist unklar, doch soll eine Traumvision des Königs Ptolemaios I. in Sinope der Anlass gewesen sein, den ägyptischen Priester Manethon und den Eumolpiden Timotheus mit der Geburt des Serapis zu beauftragen.
Zunächst war der Kult des Serapis nur für die griechische Bevölkerung Ägyptens bestimmt, um griechische und ägyptische Traditionen zu vereinen. Die Aufnahme in das ägyptische Pantheon, verbunden mit der Verehrung von Serapis und seiner Gattin Isis, konnte Ptolemaios I. mit der Fertigstellung des Serapeums von Alexandria im Jahr 285 v. Chr. erreichen, das er von 287 bis 286 v. Chr. erbauen ließ.
Erscheinungsform und Gleichsetzungen
Die äußere Erscheinungsform wurde hauptsächlich Zeus angepasst, da die Darstellung als mumifizierte Gottheit nicht den Vorstellungen der Griechen entsprach. Meistens war Serapis als Stier oder als sitzender, bärtiger Mann zu sehen. Als Gott der Fruchtbarkeit und in seiner Bedeutung der Getreideversorgung trägt er einen von Ähren umwundenen Kalathos, einen griechischen Erntekorb, auf dem Kopf. Die Darstellung nimmt Bezug auf die Vorstellung, dass die Götter der Unterwelt das Getreide aus der Erde wachsen ließen. Serapis galt deshalb auch als Schutzgott für die Fruchtbarkeit der Felder und die Getreideversorgung der Städte (vergleiche Cura annonae im römisch geprägten Kulturraum).[3] Andere Darstellungen zeigen ihn als stehenden Mann mit Stierkopf oder mit dem Schlangenstab des Asklepios. Serapis wurde neben seiner Rolle als Fruchtbarkeits- und Heilgott auch mit den Funktionen des Orakels sowie des Sklavenbefreiers ausgestattet. Mit diesen Eigenschaften entwickelte sich Serapis zum Universal- und Schutzgott der Ptolemäer.
Als Gott der Nilschwemme vereinte er neben Osiris die Wesenszüge weiterer griechischer Götter: Hades, Zeus, Helios, Dionysos und Asklepios.
Obwohl die Gottheiten Zeus und Osiris verschmolzen, existierten beide Götter auch während der hellenistisch-römischen Zeit einzeln weiter. Unter Ptolemaios III. erfuhr der bis dahin zweitrangige Isis-Kult im Zusammenhang mit dem Kanopus-Dekret eine deutliche Aufwertung und verdrängte Serapis in die Position, die vorher Isis bekleidete.
Weitere Geschichte
Der Serapis-Kult verbreitete sich – zusammen mit dem der Isis – rasch im ganzen Machtbereich der Ptolemäer, die neben Ägypten insbesondere auch Teile Kleinasiens und der Ägäis kontrollierten. Um 220 v. Chr. existierten auf Delos bereits drei Serapeen, berühmt war überdies der Serapis-Tempel in Lindos auf Rhodos; belegt ist der Kult daneben unter anderem auch in Athen, Korinth und Sparta. Cicero erwähnt auch einen Serapistempel in Syrakus (Verr. II, 2, 160), vor dem eine Verresstatue umgestürzt wurde.
Spätestens im 1. Jahrhundert v. Chr. existierte auch in Rom ein Tempel für Serapis; Kaiser Caracalla (211 bis 217) ließ ihm dann ein großes Heiligtum auf dem Quirinal errichten. Maximinus Daia (305 bis 313) bemühte sich offenbar, Serapis als Konkurrenz zum christlichen Gott besonders zu fördern; doch nach der Einführung des Christentums als Staatsreligion gingen die Kaiser ab Theodosius I. (379 bis 395) gegen die übrigen Religionen vor, so auch gegen Serapis: Der große Tempel in Alexandria wurde 391 n. Chr. zerstört.
Heiligtümer
- in Alexandria
- in Kanopus bei Alexandria
- in Herakleion
- in Mons Claudianus
- in Mons Porphyrites
- in Tehna el-Gebel
- in Luxor
- in Marathon
- in Korinth – Südstoa
- in Argos
- in Philippi
- auf Delos
- in Lindos
- in Alt-Thera auf Santorin
- in Gortyn
- Rote Halle in Pergamon
- in Ephesos
- in Sinop
- in Magnesia
- in Priene
- in Milet
- in Soli
- in Syrakus
- in Rom – Aedes Serapis
- in Rom – Iseum Campense
- in Rom – Iseum Metellinum
- in der Hadriansvilla bei Tivoli
- in Ostia Antica
- in Pozzuoli
- in Aquileia
- in Panóias
- in Ampurias
- in York – Eburacum
- in Kyrene
- in Leptis Magna
- in Sabratha
- in Karthago
- in Timgad
- in Lambaesis
Siehe auch
Literatur
- Jaime Alvar: Romanising Oriental Gods. Myth, Salvation and Ethics in the Cults of Cybele, Isis and Mithras. Brill, Leiden/ New York 2008, ISBN 978-90-04-13293-1.
- Roland Baumgarten: Heiliges Wort und Heilige Schrift bei den Griechen. Hieroi logoi und verwandte Erscheinungen (= ScriptOralia. Reihe A, altertumswissenschaftliche Reihe. Band 26). Narr, Tübingen 1998, ISBN 3-8233-5420-5, S. 203–210; Zugleich: Dissertation, Universität Freiburg (Breisgau) 1994.
- Thorsten Fleck: Isis, Sarapis, Mithras und die Ausbreitung des Christentums im 3. Jahrhundert. In: Klaus-Peter Johne (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-515-08941-8, S. 289–314.
- Kathrin Kleibl: Iseion. Raumgestaltung und Kultpraxis in den Heiligtümern gräco-ägyptischer Götter im Mittelmeerraum. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2009.
- Reinhold Merkelbach: Isis regina – Zeus Sarapis. Die griechisch-ägyptische Religion nach den Quellen dargestellt. Saur, München/ Leipzig 2001, ISBN 3-598-77427-3.
- Maria Totti: Ausgewählte Texte der Isis- und Sarapis-Religion. Olms, Hildesheim/ Zürich/ New York 1985, ISBN 3-487-07678-0.
- Wilhelm Hornbostel: Sarapis. Studien zur Überlieferungsgeschichte, der Erscheinungsformen und Wandlungen der Gestalt eines Gottes. Brill, Leiden 1973, ISBN 90-04-03654-7.
- Ernst Schmidt: Die Einführung des Sarapis in Alexandria. (= Roman history pamphlets. Public & private antiquities. Band 431). Lippert, Naumburg 1909; zugleich: Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg 1909
- Kurt Sethe: Sarapis und die sogenannten katochoi des Sarapis. Zwei Probleme der griechisch-ägyptischen Religionsgeschichte. Weidmann, Berlin 1913.
- Sarolta A. Takács: Isis and Sarapis in the Roman world. Brill, Leiden/ New York 1995, ISBN 90-04-10121-7.
- Ladislav Vidman: Isis und Sarapis bei den Griechen und Römern. Epigraphische Studien zur Verbreitung und zu den Trägern des ägyptischen Kultes. de Gruyter, Berlin 1970.
- Otto Weinreich: Neue Urkunden zur Sarapis-Religion. Mohr, Tübingen 1919.
- Robert A. Wild: Water in the cultic worship of Isis and Sarapis. Brill, Leiden 1981, ISBN 90-04-06331-5.
Weblinks
- Edwyn Robert Bevan: The House of Ptolemy. CHAPTER II. Sarapis Cult. Ares Publishers, Chicago 1989 (uchicago.edu).
Einzelnachweise
- Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800 – 950 v. Chr.). von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3-8053-1771-9, S. 1252.
- s. Sarapis. In: Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. Band 4, dtv, München 1979, Spalte 1549.
- Margret Karola Nollé: Götter, Städte, Feste : kleinasiatische Münzen der römischen Kaiserzeit : Begleitheft zu einer Ausstellung von Münzen der Pfälzer Privatsammlung vom 22. Juli bis 30. Oktober 1994 in der Staatlichen Münzsammmlung München. Staatliche Münzsammlung, München 1994, ISBN 3-922840-06-X, S. 94.