Sequenzdiagramm
Ein Sequenzdiagramm (englisch sequence diagram) ist ein Verhaltensdiagramm, welches eine Interaktion im Sinne der Unified Modeling Language (UML) grafisch darstellt. Im Rahmen der UML, einer Modellierungssprache für Software und andere Systeme, ist das Sequenzdiagramm eine der vier Arten von Interaktionsdiagrammen.
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Sequenzdiagramme beschreiben den Austausch von Nachrichten zwischen Objekten mittels Lebenslinien.
Sequenzdiagramme der UML2 sind nahe verwandt mit Message Sequence Charts (MSC), einem Standard der ITU-T (International Telecommunication Union – Telecommunication Standardization Sector).
Ein Sequenzdiagramm stellt in der Regel einen Weg durch einen Entscheidungsbaum innerhalb eines Systemablaufes dar. Sollen Übersichten mit allen Entscheidungsmöglichkeiten entwickelt werden, so müsste hierzu für jeden möglichen Ablauf ein eigenständiges Sequenzdiagramm modelliert werden; deshalb eignet sich hierfür eher das Aktivitätsdiagramm oder Zustandsdiagramm.
Notation von Lebenslinien und Nachrichten
Die Abbildung links zeigt ein Beispiel eines Sequenzdiagramms mit einem Kopf- und einem Inhaltsbereich. Das Schlüsselwort im Kopfbereich ist bei einem Sequenzdiagramm sd
oder interaction
. Im Inhaltsbereich sind oben zwei beschriftete Rechtecke, sie stellen zwei Kommunikationspartner dar. Von jedem Kommunikationspartner geht eine gestrichelte Linie abwärts, sie stellt die Lebenslinie dar. Zwischen den Lebenslinien gibt es zwei Pfeile von links nach rechts, mit durchgehender Linie und gefüllter Pfeilspitze, sie stellen synchrone Operationsaufrufe dar. Ein Operationsaufruf ist eine spezielle Art von Nachricht.
Eine Nachricht wird in einem Sequenzdiagramm durch einen Pfeil dargestellt, wobei der Name der Nachricht über den Pfeil geschrieben wird. Synchrone Nachrichten werden mit einer gefüllten Pfeilspitze, asynchrone Nachrichten mit einer offenen Pfeilspitze gezeichnet. Nachrichten, die asynchronen Signalen entsprechen, werden gleich dargestellt wie asynchrone Operationsaufrufe. Der wesentliche Unterschied zwischen einer asynchronen und einer synchronen Nachricht ist, dass die synchrone Nachricht die ausgehende Lebenslinie für weitere Nachrichten „blockiert“, bis diese eine Antwort erhalten hat. Dies ist bei asynchronen Nachrichten nicht der Fall.
Die schmalen Rechtecke, die auf den Lebenslinien liegen, sind Aktivierungsbalken, die den Focus of Control anzeigen, also jenen Bereich, in dem ein Objekt über den Kontrollfluss verfügt, und aktiv an Interaktionen beteiligt ist.
Die Abbildung links zeigt vier weitere Notationsvarianten für verlorene und gefundene Nachrichten, sowie für Nachrichten von und an einen Verknüpfungspunkt. Dass es sich um eine Nachricht von einem oder an einen Verknüpfungspunkt handelt, erkennt man daran, dass der entsprechende Pfeil auf dem Rand des Sequenzdiagramms beginnt bzw. endet. Der Verknüpfungspunkt ist einfach der Schnittpunkt des Pfeils mit dem Rand, ein deutlicheres graphisches Symbol ist dafür nicht vorgesehen.
Zeitliche Ordnung der Ereignisse
Ein Sequenzdiagramm beschreibt das Verhalten eines Systems, indem es die zeitliche Ordnung von Ereignisauftritten spezifiziert. Nicht der präzise Zeitpunkt, wann ein Ereignis auftritt, ist dabei ausschlaggebend, sondern welche Ereignisse vor und welche nach einem bestimmten Ereignisauftritt auftreten müssen (Siehe dazu Sequentialisierung und Nebenläufigkeit).
Die Abbildung links zeigt ein Sequenzdiagramm mit zwei synchronen Operationsaufrufen. Blau eingekreist sind die vier Ereignisauftritte. S1
und E1
stehen für das Sende- und das Empfangs-Nachricht-Ereignis für die Nachricht m1
, S2
und E2
für die entsprechenden Ereignisse, die mit m2
in Verbindung stehen. Die Zeitachse läuft in einem Sequenzdiagramm von oben nach unten, sollte aber nicht als absolute Zeit verstanden werden.
Zu den Ereignisauftritten in diesem Sequenzdiagramm lassen sich folgende Aussagen machen:
E1
tritt nachS1
auf, weil das Empfangs- immer nach dem Sende-Nachricht-Ereignis vorkommt. Analog trittE2
nachS2
auf.S2
tritt nachS1
auf, weilS2
unterS1
gezeichnet ist. (Genauer gesagt, tritt S2 nach E1 auf, da m1 eine synchrone Nachricht darstellt.)
Alles in allem modelliert dieses Sequenzdiagramm also eine Interaktion, die durch genau eine Folge von Ereignisauftritten spezifiziert ist: <S1, E1, S2, E2>
.
Das Sequenzdiagramm in der Abbildung links unterscheidet sich nur geringfügig vom vorangehenden Sequenzdiagramm. Der einzige Unterschied besteht darin, dass statt zwei synchronen zwei asynchrone Nachrichten dargestellt sind. Hier gilt weiterhin, dass E1
nach S1
und E2
nach S2
auftritt, weil das Empfangs- immer nach dem Sende-Nachricht-Ereignis vorkommt. Weil es sich um asynchrone Kommunikation handelt, könnte E1
hier jedoch nicht nur vor, sondern auch erst nach S2
vorkommen. Es ist allerdings nicht möglich, dass das Empfangsereignis E1
nach E2
vorkommt, da die Ereignisse auf einer Lebenslinie von oben nach unten geordnet sind[1].
Das Sequenzdiagramm spezifiziert also eine Interaktion, in der zwei Folgen von Ereignisauftritten zulässig sind: <S1, E1, S2, E2>
und <S1, S2, E1, E2>
.
Falls nötig, kann man die zulässigen Abfolgen von Ereignisauftritten mit zusätzlichen Ordnungsbeziehungen einschränken. Eine Ordnungsbeziehung spezifiziert nicht eine Nachricht, die zwischen zwei Lebenslinien ausgetauscht wird, sondern die Tatsache, dass ein Ereignisauftritt nach einem anderen Ereignisauftritt vorkommen muss. Im Beispiel modelliert die Ordnungsbeziehung, dass S2
immer nach E1
erfolgt.
Mit dieser zusätzlichen Einschränkung stellt dieses Sequenzdiagramm erneut eine Interaktion mit genau einer zulässigen Folge dar: <S1, E1, S2, E2>
.
Kombinierte Fragmente
Interaktionen können je nach modelliertem System sehr komplex werden. Wenn es keine Möglichkeit gäbe, Sequenzdiagramme zu modularisieren, wären die entsprechenden graphischen Darstellungen unübersichtlich und schwer verständlich.
Die UML2 hat deshalb aus den Message Sequence Chart deren Konzept der inline expressions unter dem Namen kombinierte Fragmente übernommen. Ein kombiniertes Fragment ist die Kombination eines Interaktionsoperators und eines oder mehrerer Interaktionsoperanden. Der Interaktionsoperator spezifiziert die Art des kombinierten Fragments, während die Interaktionsoperanden für die Interaktionsfragmente in diesem kombinierten Fragment stehen.
Ein Optionales Fragment besteht zum Beispiel aus dem Interaktionsoperanden opt
, einer Bedingung und einem Interaktionsfragment. Ist ein optionales Fragment in eine Interaktion eingebunden, wird das zugehörige Interaktionsfragment nur durchlaufen, wenn die Bedingung wahr ist.
Schlüsselwort | Deutsche Bezeichnung | Englische Bezeichnung | Einsatzzweck: Modellierung von … | Erläuterung |
---|---|---|---|---|
alt
| Alternatives Fragment | Alternative | alternativen Ablaufmöglichkeiten | Durch einen alt-Operator können alternative Abläufe, die durch Bedingungen versehen sind, zusammengefasst werden. |
assert
| Zusicherung | Assertion | unabdingbaren Interaktionen | Für eine Nachrichtenmenge kann mit Hilfe dieses Operators eine zwingend notwendige Ablaufreihenfolge angegeben werden. |
break
| Abbruchfragment | Break | Ausnahmefällen | Der normale Ablauf wird unterbrochen, falls eine vorherige Bedingung erfüllt, bzw. verletzt wurde. |
consider
| Relevante Nachrichten | Consider | Filtern für wichtige Nachrichten | Mit Hilfe dieses Operators werden nur die angegebenen Aktionen ausgeführt, der Rest wird ignoriert. |
critical
| Kritischer Bereich | Critical Region | nicht unterbrechbaren Interaktionen | Falls diese Region betreten wird, so werden alle Aktionen ohne jegliche Unterbrechung ausgeführt. Multithreading ist in diesem Abschnitt unmöglich. |
ignore
| Irrelevante Nachrichten | Ignore | Filtern für unwichtige Nachrichten | Bestimmte Aktionen können mit Hilfe dieses Operators an der Ausführung gehindert werden. |
loop
| Schleife | Loop | Iterationen in Interaktionen | Mit Hilfe des loop-Operators können Schleifen definiert werden. Zur Vereinfachung findet man manchmal auch loop while oder loop until. |
neg
| Negation | Negative | ungültigen Interaktionen | Dieser Operator kapselt unzulässige Abläufe. Kann als Platzhalter für spätere Abläufe verwendet werden. |
opt
| Optionales Fragment | Option | optionalen Teilen einer Interaktion | Die einfachste Form der Operatoren ist der opt-Operator, der optionale Teilabläufe umfasst. |
par
| Paralleles Fragment | Parallel | nebenläufigen Teilen einer Interaktion | Der par-Operator dient der Darstellung von parallelen Abläufen. |
ref
| Verweis | Link | Verweisen auf Teilabläufe anderer Sequenzdiagramme | Mit Hilfe dieses Operators wird durch eine Referenz auf ein anderes Sequenzdiagramm verwiesen, das einen Teilablauf beschreibt. |
seq
| Lose Ordnung | Weak Sequencing | Abläufen, die von Lebenslinien und Operanden abhängen | Legt eine Reihenfolge für die Abfolge von Aktionen einer Lebenslinie vor. |
strict
| Strenge Ordnung | Strict Sequencing | Abläufen, die nicht von Lebenslinien und Operanden abhängen | Ähnelt dem Aufbau des seq-Operators. Hier betrifft jedoch die Reihenfolge nicht nur eine Lebenslinie, sondern gleich alle Lebenslinien. |
Literatur
- Christoph Kecher: UML 2.0 – Das umfassende Handbuch. 2. Auflage. Galileo Press, Bonn 2006, ISBN 978-3-89842-738-8.
- Heide Balzert: Lehrbuch der Objektmodellierung – Analyse und Entwurf mit der UML 2. 2. Auflage. Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, München 2005, ISBN 3-8274-1162-9.
- M. Jeckle, Chris Rupp, J. Hahn, B. Zengler, S. Queins: UML 2 glasklar. Hanser, München, Wien 2004, ISBN 3-446-22575-7, Kapitel 12 – Sequenzdiagramm.
- Message Sequence Chart (MSC). In: ITU-T Recommendation (Hrsg.): Languages and general Software Aspects for Telecommunication Systems. Z.120, November 1999 (online [PDF; abgerufen am 30. April 2009]).
Weblinks
Einzelnachweise
- About the Unified Modeling Language Specification Version 2.5. Object Management Group® (OMG®), S. 570, abgerufen am 7. März 2021.