Tirailleurs sénégalais
Die Tirailleurs sénégalais (zu deutsch Senegalschützen) waren Einheiten des Französischen Heeres aus dem Senegal und anderen Regionen Französisch-Westafrikas. Es gab sie seit 1857. Die letzte Einheit der Tirailleurs sénégalais wurde 1964 aufgelöst.
Geschlossene Verbände wurden auch aus Einwohnern anderer französischer Besitzungen wie Algerien, Marokko sowie Französisch-Indochina gebildet.
Geschichte
Man hatte festgestellt, dass aus dem französischen Mutterland zu wenige Soldaten zum Dienst in den Kolonialgebieten bereit waren. Zudem waren Europäer zu anfällig gegen Malaria, Schwarzfieber und andere Tropenkrankheiten. So stellte Gouverneur Louis Faidherbe, der für seine Feldzüge zur Ausweitung der französischen Herrschaft über das Binnenland Senegals mehr Soldaten brauchte, nach einem 1857 ergangenen Dekret Napoleon III. die ersten senegalesischen Tirailleurs-Einheiten auf. In den ersten 50 Jahren wurden sie vornehmlich aus von den Einheimischen freigekauften Sklaven rekrutiert; daneben wurden auch Kriegsgefangene und Freiwillige angenommen. Befehligt wurden die Tirailleurs sénégalais durch Unteroffiziere aus dem einheimischen Adel.
1870/71 kämpften diese Truppen im Deutsch-Französischen Krieg.
1910 veröffentlichte der französische General Charles Mangin sein Buch La Force noire, in dem er für die Aufstellung einer starken, aus Schwarzafrikanern gebildeten Kolonialarmee eintrat. Beweggrund war, einen Ausgleich für die starke Belastung des demographisch seit langem stagnierenden französischen Mutterlands im Rüstungswettlauf mit dem dynamischeren Deutschen Reich zu erzielen.
Im Ersten Weltkrieg dienten auf französischer Seite etwa 200.000 schwarzafrikanische Soldaten; etwa 30.000 von ihnen fielen. 1915 kam es bei der Aushebung von Soldaten bei Bamako in Mali zu starkem Widerstand. Blaise Diagne erzielte Erfolge, indem er ehemaligen Soldaten die französische Staatsbürgerschaft versprach.
Im Zweiten Weltkrieg kam es zu Verbrechen der Wehrmacht an schwarzen Kriegsgefangenen sowie durch die SS-Division Totenkopf. Ein Senegalesisches Tata bei Chasselay erinnert daran. Einheiten der Tirailleurs sénégalais waren 1944 auf Seiten der Alliierten bei der Landung in Südfrankreich im Rahmen der Operation Dragoon beteiligt.
Im Indochinakrieg wurden bei der Schlacht um Điện Biên Phủ zuletzt Soldaten der Tirailleurs sénégalais eingesetzt.
Im Jahr 2004 wurde der 23. August in Senegal als journée du tirailleur zum nationalen Gedenktag ausgerufen. Am Vortag hatte Staatspräsident Abdoulaye Wade auf dem Friedhof von Camp de Thiaroye einen Kranz niedergelegt und enthüllte nun im Beisein von Staatspräsidenten und Regierungschefs aus Benin, Burkina Faso, Mali, Mauretanien und Niger auf dem Vorplatz des Bahnhofs Dakar, der in Place du Tirailleur Sénégalais umbenannt wurde, das Monument Demba et Dupont, das dort einen neuen zentralen Standort gefunden hatte. Der 23. August wurde als Datum gewählt, weil am 23. August 1944 das 6e régiment de tirailleurs sénégalais unter Oberst Raoul Salan an vorderster Front Toulon von der deutschen Wehrmacht befreit hatte.[1]
Kontroversen
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die französische Armee durch die Aufnahme von Widerstandskämpfern vergrößert. Zum Ausgleich wurden die Afrikaner entlassen und repatriiert. Dabei kam es auch zu Meutereien und Übergriffen, wie beim Thiaroye-Massaker. Hier revoltierten Senegalesen nachdem ihnen die Auszahlung ihres Soldes verweigert worden war; mindestens 35 und bis zu 300 wurden getötet.
Die innerfranzösische Auseinandersetzung über die Benachteiligung bestimmter Veteranen fand am 15. November 2006 eine Lösung, als die Pensionen von etwa 84.000 Personen erhöht wurden.
Erst über sechzig Jahre nach Kriegsende wurde in der deutschen Öffentlichkeit rezipiert, dass die Wehrmacht bereits 1940 in Frankreich ähnliche Verbrechen begangen hatte wie ab Sommer 1941 im Krieg gegen die Sowjetunion.
Bekannte Tirailleurs sénégalais
- Idrissa Arouna (* 1926)
- Jean-Bédel Bokassa (1921–1996)
- Joseph Conombo (1917–2008)
- Amadou Gaoh (1925–2015)
- Noma Kaka (1920–1993)
- Mamoudou Maïdah (1924–2005)
- Adamou Moumouni Djermakoye (1939–2009)
- Charles N’Tchoréré (1896–1940)
- Ousmane Sembène (1923–2007)
- Lamine Senghor (1889–1927)
- Mamadou Diallo Sory (1927–1996)
Filme
- Mathieu Vadepied: Mein Sohn, der Soldat (Originaltitel Tirailleurs) (2022)
- Rachid Bouchareb: Tage des Ruhms. (französisches Original Indigènes), 2006
- Fabrice Cazeneuve: Der ungebetene Gast (frz. Original La dette), 2000
- Ousmane Sembène: Das Camp der Verlorenen. Wolof, Senegal 1988, 153 Minuten (französisch)
Literatur
- Myron Echenberg: Colonial Conscripts. The Tirailleurs Sénégalais in French West Africa, 1857–1960. Heinemann u. a., Portsmouth NH 1991, ISBN 0-85255-651-9.
- Christian Koller: »Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt«. Die Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus, Kolonial- und Militärpolitik (1914–1930) (= Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte, Bd. 82). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07765-0.
- Raffael Scheck: Hitlers afrikanische Opfer. Die Massaker der Wehrmacht an schwarzen französischen Soldaten. Assoziation A, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-935936-69-9.
- Jean Suret-Canale: French Colonism in Tropical Africa, 1900–1945. Pica Press, New York NY 1971, ISBN 0-87663-702-0.
- Dorothy Shipley White: Black Africa and de Gaulle. From the French Empire to Independence. Pennsylvania State University Press, University Park PA 1979, ISBN 0-271-00214-X.
Weblinks
- Historique des tirailleurs sénégalais auf der Seite Chemins de Mémoire (französisch)
Einzelnachweise
- LDH Toulon vom 26. August 2004: Demba et Dupont : le retour … (Memento vom 15. Juni 2010 im Internet Archive) Artikel der Französischen Liga für Menschenrechte über die Widmung des 23. August als Gedenktag journée du tirailleur in Senegal.