Seminarium Carolinum

Das Seminarium Carolinum war eine kurpfälzische Konvikt-Schule für Katholiken in Heidelberg, die vom Jesuitenorden geleitet wurde.

Das zweite Schulgebäude von 1750
Historische Ansicht des 2. Schulgebäudes im „Thesaurus Palatinus“
Ursprüngliches Gebäude, mit nachträglich aufgestocktem Klingentor

Geschichte

Auf Vorschlag der Jesuiten entschloss sich Kurfürst Carl Philipp ein Seminar für die studierende katholische Jugend der Kurpfalz einzurichten. Es war dem Hl. Carl Boromäus geweiht und trug außerdem den Namen des Fürsten. Es sollte besonders der Heranbildung künftiger Geistlicher dienen, darüber hinaus der Entstehung einer allgemeinen katholischen Intelligenzschicht in dem protestantisch dominierten Land.[1] Viele der dort betreuten Schüler waren gleichzeitig eingeschriebene Studenten der Universität Heidelberg und sind in den Matrikeln als Zöglinge des Seminarium Carolinum gekennzeichnet.[2]

1730 wurde das Institut für 20 Schüler eröffnet nahm aber einen raschen Aufschwung, so dass das ursprüngliche Gebäude – heute Breitwiesersches Haus, Schlossberg 2 (früher Jungwirthsches Haus) – bald erweitert werden musste.[3] Man stockte das angrenzende Klingentor auf und verband den Obergeschoss-Neubau mit dem Seminargebäude.[4] Ab 1746 amtierte Pater Franz Günther S.J. (1704–1788) aus Bensheim als Rektor,[5][6] davor Pater Johannes Conrad Masset S.J. (1683–1757) aus Oestrich.[7][8]

Auch das vergrößerte Haus war bald überfüllt und Kurfürst Karl Theodor ließ deshalb ab 1750 durch Franz Wilhelm Rabaliatti einen großzügigen Neubau errichten, der in Heidelberg bis jetzt unter dem Namen Carolinum bekannt ist (Seminarstraße 2). Zur Grundsteinlegung am 8. Juni 1750 erschien der Herrscher, in Begleitung des Herzogs Friedrich Michael von Zweibrücken; 1765 war der Bau vollendet. Die Grundsteinlegung ist ausführlich beschrieben durch Johann Franz Capellini von Wickenburg, in Band 1 des „Thesaurus Palatinus“.[9] Laut diesem Bericht lehrte man in der Schule 6 verschiedene Sprachen, nämlich Deutsch, Lateinisch, Hebräisch, Griechisch, Französisch und Italienisch. Die dort beigefügte Zeichnung dürfte sich am Bauplan orientieren, da der Neubau noch unvollendet war als das Werk erschien. 1759 gehörte Franz Bernhard von Hallberg, Sohn des kurpfälzischen Hofkanzlers Jakob Tillmann von Hallberg zu den Zöglingen.[10] Kurfürst Karl Theodor machte 1751 eine Stiftung, für je 2 Theologiestudenten aus dem Herzogtum Pfalz-Sulzbach, die 4 Jahre lang unentgeltlich das Seminar besuchen und ihre Studien an der Heidelberger Universität vollenden durften. Einer dieser Stipendiaten war ab 1778 der bekannte Regensburger Bischof Georg Michael Wittmann (1760–1833).[11]

Der Jesuitenorden wurde 1773 aufgelöst und das Seminarium Carolinum führten zunächst Weltpriester, von 1781 bis 1802 die Lazaristen weiter. Rektor war ab 1774 der ehemalige Jesuit Heinrich Kilber (1710–1783).[12] Nach dem Übergang Heidelbergs an Baden wurde es 1803 zum Konvikt für katholische Theologiestudenten. 1825 bis 1842 nutzte man das Gebäude als Irrenhaus, 1844 bis 1876 als akademisches Krankenhaus und ab 1888 als Kaserne. Heute ist darin die Verwaltung der Universität untergebracht.

Literatur

  • Peter Anselm Riedl: Die Gebäude der Universität Heidelberg, Springer-Verlag, 2013, S. 159–163, ISBN 3662369311; (Digitalscan)

Einzelnachweise

  1. Andreas Cser: Kleine Geschichte der Stadt und Universität Heidelberg, Lauinger Verlag, 2007, S. 148, ISBN 3765083372; (Ausschnittscan)
  2. Gustav Toepke: Die Matrikel der Universität Heidelberg, 4. Teil, S. 333, Heidelberg, 1903; (Matrikelseite von 1760 mit vielen Studenten aus dem Seminarium Carolinum)
  3. Webseite zum ursprünglichen Seminargebäude, Heidelberg Schlossberg 2
  4. Webseite zum Klingentor Heidelberg
  5. Gustav Toepke: Die Matrikel der Universität Heidelberg, 4. Teil, S. 157, Heidelberg, 1903; (Digitalscan)
  6. Hermann Wiegand: Der zweigipflige Musenberg: Studien zum Humanismus in der Kurpfalz, Verlag Regionalkultur, 2000, S. 178, ISBN 3897351374; (Ausschnittscan mit Personendaten von Pater Günther)
  7. Gustav Toepke: Die Matrikel der Universität Heidelberg, 4. Teil, S. 131, Heidelberg, 1903; (Digitalscan)
  8. Dominik Burkard: Oase in einer aufklärungssüchtigen Zeit: Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Heidelberg zwischen verspäteter Gegenreformation, Aufklärung und Kirchenreform, Jan Thorbecke Verlag, 1995, S. 223, ISBN 3799532382; (Ausschnittscan mit näheren Angaben zu Pater Johannes Conrad Masset)
  9. Digitalscan aus dem Thesaurus Palatinus
  10. Gustav Toepke: Die Matrikel der Universität Heidelberg, 4. Teil, S. 192, Heidelberg, 1903; (Digitalscan)
  11. Rupert Mittermüller: Leben und Wirken des frommen Bischofes M. Wittmann von Regensburg, Landshut, 1859, S. 17; (Digitalscan)
  12. Dagmar Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon: 1652–1802, Heidelberg, 1991, ISBN 3642762964; (Digitalscan)
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