Seelhaus

Ein Seelhaus (mittelhochdeutsch sēl-hūs) war eine Unterkunft für Seelweiber (Beginen) im Hochmittelalter. Seit dem 16. Jahrhundert bezeichnete es auch Armenunterkünfte. In einigen Gegenden wird damit ein Beinhaus bezeichnet.

Seelhaus (links), in Vobacher Salbuch, um 1505

Häuser für Seelweiber

Seit etwa 1345 sind die ältesten Erwähnungen von Seelhäusern im süddeutschen Raum bekannt.[1] In ihnen lebte eine Gemeinschaft von meist fünf bis acht Frauen (sēl-nunnen, Seelweiber), die sich einer Hausordnung unterstellten, aber kein Ordensgelübde ablegten. Diese beteten für das Seelenheil der Stifter und deren Familien. Außerdem begleiteten sie Sterbende mit Gebeten, verrichteten den Totendienst und pflegten Kranke.

Seelhäuser wurden meist von Privatpersonen gestiftet. Sie wurden von einem Vorsteher (seit etwa 1500 auch Seelmeister genannt) überwacht, der auch die rechtliche Vertretung übernahm. Im Haus leitete eine Meisterin (magistra) die Gemeinschaft. Die Bezeichnung Seelhaus erschien wenige Jahre nach der ersten Verurteilung der Beginen 1312, offenbar, um eine weniger anstößige Bezeichnung für ein Beginenhaus zu haben. Die Strukturen und Aufgaben waren nach den erhaltenen Schriftquellen dieselben.

Armenhäuser und Hospitäler

Seit dem 16. Jahrhundert waren Seelhäuser auch Unterkünfte für Arme und Kranke, Reisende, Pilger und kranke Handwerksgesellen.[2] Diese wurden meist vom Stadtrat finanziert, manchmal auch von Privatpersonen oder Kirchengemeinden.

Beispiele

Seelhaus in Bopfingen
Bart'sches Seelhaus in München, Gedenktafel

Die Bezeichnung Seelhaus (domus animarum) war nur im süddeutschen Sprachraum gebräuchlich.[3]

Bayern und Franken

Nürnberg (22 Häuser), Nördlingen (1453)[4], Neustadt an der Aisch[5], Augsburg[6], Ulm, München, Memmingen[7]

Österreich

Wien (Dominikanerplatz/Postgasse, und zwei weitere)[8]

Schwaben

Bopfingen, Rothenburg ob der Tauber, Stuttgart

Sachsen

Meißen, Dresden, Freiberg, Kamenz, Oschatz

Literatur

Commons: Seelhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • C. A. Schels: Seelhaus. Mittelalter-Lexikon, archiviert vom Original;.

Einzelnachweise

  1. Seelhaus Deutsches Rechtswörterbuch
  2. Pierer’s Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862. S. 752., (abgerufen am 19. Februar 2012), sehr kurz
  3. Arnd Reitemeier: Pfarrkirchen in der Stadt des späten Mittelalters. Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08548-3, S. 203; erwähnte auch Gent und Köln, wahrscheinlich als Verwechslung mit Beginenhaus bzw. -hof; er verstand wahrscheinlich nicht die strukturellen und regionalen Unterschiede zu anderen Häusern.
  4. Seelhäuser. Abgerufen am 26. November 2023.
  5. Max Döllner: Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. 1950; 2. Auflage, Ph. C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 1978, ISBN 3-87707-013-2, S. 88 und 559.
  6. Peter Geffcken: Seelhaus, Seelhäuser. In: www.stadtlexikon-augsburg.de (abgerufen am 19. Februar 2012).
  7. Joachim Berger: Spital und Seelhaus, in Memminger Geschichtsblätter, 1998, S. 61–123.
  8. Seelhaus im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
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