Sebastian Haag
Sebastian „Basti“ Fabian Haag (* 23. Mai 1978 in München; † 24. September 2014 an der Shishapangma in Tibet) war ein deutscher Extremskibergsteiger und -skifahrer
Leben
Haag wuchs in Grünwald auf und hatte einen älteren Bruder.[1][2] Seine Eltern waren nebenberuflich Skilehrer in Kitzbühel.[3] Das Abitur absolvierte er am Albert-Einstein-Gymnasium, den Grundwehrdienst im Feldjägerbataillon 760. Bis 2005 studierte er Veterinärmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wurde von 2006 bis 2010 in der Forschung im Deutschen Herzzentrum München[4] promoviert.
Gemeinsam mit seinem ehemaligen Schulkameraden Benedikt Böhm war er Rekordhalter im Skitourenrennlauf am Muztagata. Er war Mitglied im Dynafit-Gore-Tex-Team. Gemeinsam mit Böhm und dem Franzosen Nicolas Bonnet plante er 2007 die Speedbegehung des Manaslu in Nepal.[5] Trotz langen Wartens auf günstige Wetterverhältnisse im Basislager drehte Bonnet zunächst wieder um, auch Böhm und Haag mussten die Expedition letztlich wegen der Lawinengefahr einstellen.[6] 2009 missglückte ihm und Böhm die Speed-Begehung des Broad Peak im pakistanischen Teil des Karakorums.[7] Haag war zunächst zurückgeblieben, wollte Böhm später hinterhereilen und überschätzte dabei in der Höhe seine Kräfte.[8]
Er war auch an den Rettungsaktionen am Manaslu nach dem Lawinenunglück vom 23. September 2012 beteiligt.[9]
Sebastian Haag kam am 24. September 2014 gemeinsam mit dem 32-jährigen italienischen Bergsteiger Andrea Zambaldi bei einem Lawinenunglück an der Shishapangma ums Leben.[10] Beide gehörten zur Double8-Expedition um Benedikt Böhm, die beim zweiten Versuch durch Ueli Steck unterstützt wurde. Ziel der Expedition war es, innerhalb von nur sieben Tagen die beiden Achttausender Shishapangma und Cho Oyu im Speedski-Stil zu besteigen.[11] Einen ersten Besteigungsversuch an der Shishapangma eine Woche vor dem Unglück mussten sie wegen Neuschnee und Wind und damit zu großer Lawinengefahr abbrechen.[12] Am 24. September wurden sie gemeinsam mit dem Teamkollegen Martin Maier von einer Lawine erfasst und etwa 600 Höhenmeter nach unten mitgerissen. Lediglich Martin Maier konnte sich aus den Schneemassen befreien. Aufgrund der Wetterbedingungen sowie eines deshalb vom chinesischen Militär verhängten Flugverbots musste die Suche nach den Leichen der beiden verunglückten Bergsteiger eingestellt werden.[13] Der gerettete Martin Maier erhob später Vorwürfe gegen Böhm und Steck.[14]
Haag war Unterstützer der Organisation Tierärzte ohne Grenzen. Unter anderem hisste er im Juli 2013 auf dem Gipfel des Kilimandscharo das Banner des Vereins, um für dessen Arbeit zu werben.[15]
Sein Bruder Tobias stürzte im April 2006 an der Aiguille d’Argentière bei Chamonix ab und kam dabei ums Leben.[16][17]
Sportliche Erfolge
- 23. August 2005: Geschwindigkeitsrekord im Höhenskibergsteigen im Alpinstil mit Skiabfahrt am Muztagata zusammen mit Benedikt Böhm unter Leitung von Matthias Robl (Höhenunterschied: 3.100m; Aufstiegszeit: 9h 25min; Abfahrt: 1h 16min inkl. 13min Gipfelrast; Gesamtzeit: 10h 41min)
- 3. August 2006: Geschwindigkeitsrekord mit vollständiger Skiabfahrt am Gasherbrum II gemeinsam mit Benedikt Böhm unter Leitung von Luis Stitzinger[18]
- 2013: 3. Platz beim Jungle Marathon, Brasilien[19]
Film
Unter dem Titel "Sieben Tage im September"[20] drehte der Regisseur Karsten Scheuren 2012 einen Dokumentarfilm über die Speedbesteigung des Manaslu, der 2014 herauskam. Dabei wird auch das tragische Lawinenunglück hautnah geschildert, bei dem von Sebastian Haag zusammen mit Benedikt Böhm zwar einige Bergkameraden gerettet werden konnten, aber auch 11 Tote zu beklagen waren, und wie unmittelbar danach der Rekordversuch fortgesetzt wird, der aber nur teilweise glückt.
Schriften
- Wirkung von Furosemid auf das pulmonale Gefäßbett von drei Wochen alten Lämmern mit intrauteriner Anlage eines großen aortopulmonalen Shunts. München, Univ., Diss., 2010
Weblinks
Einzelnachweise
- Für meinen Bruder Tobias Haag (Widmung in der Promotionsarbeit), 2009.
- Expedition Manaslu 8163m - Sebastian Haag (Memento vom 11. Januar 2013 im Internet Archive)
- Sebastian Haag, Süddeutsche, 17. Mai 2010.
- About, Persönliche Website.
- Temporausch am Manaslu (Memento vom 21. November 2008 im Internet Archive), Mountain2B, 4. September 2007.
- Die geplante Speedbegehung erstickte auf 7400 Metern im Schnee … (Memento vom 27. Oktober 2007 im Internet Archive), Bergsteigen.at, 16. Oktober 2007.
- Er überlebte im Schlafsack einer toten Kameradin, tz, 11. August 2009.
- Stephanie Geiger: Formel 1 am Berg, Welt Online, 12. Juli 2012.
- Sebastian Haag war am Mount Manaslu – „Ich ließ eine Sterbende zurück, um nach Verschütteten zu graben“, Focus, 23. Dezember 2012.
- Sebastian Haag ist gestern unter einer Lawine auf der Sisha Pangma gestorben.
- Unglück am Shisha Pangma: Zwei Bergsteiger werden nach Weltrekordversuch im Himalaja vermisst. In: Spiegel Online vom 25. September 2014 (abgerufen am 25. September 2014).
- Stephanie Geiger: Lawinentod an der Shisha Pangma, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. September 2014.
- Unglück im Himalaya: Körper können nicht geborgen werden (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive), Südtirol News, 27. September 2014.
- Fabienne Riklin: Drama in der Todeszone. In: Schweiz am Sonntag vom 9. Juli 2016.
- ToG-Unterstützer Sebastian Haag verschüttet (Memento vom 28. Oktober 2014 im Internet Archive), Tierärzte ohne Grenzen, 26. September 2014.
- Extrembergsteiger Basti Haag im Interview, Powderguide, 10. Januar 2013.
- Der Tod eines Extrem-Bergsteigers, Oberbayerisches Volksblatt, 27. September 2014 (kostenloser Zugang bei Google-Suchanfrage "Der Tod eines Extrem-Bergsteigers")
- www.explorersweb.com - The first German ski descent of G2
- Hanna Engler: Jungle Marathon in Brasilien: Zum ersten Mal ein Deutscher auf dem Treppchen, trax.de, 23. Oktober 2013.
- http://www.filmstarts.de/kritiken/232901.html