Scholia Sinaitica
Die sogenannten Scholia Sinaitica (hergeleitet aus Scholion, altgriechisch σχόλιον ‚Schulstückchen‘, latinisiert im Plural: scholia; kurz: SS) sind Papyrusfragmente eines griechisch abgefassten Kommentars zu Ulpians libri ad Sabinum. Die Datierung der Entstehung wird zwischen 438 und 529 n. Chr. vermutet, nachdem wohl verschiedene Autoren nacheinander daran gearbeitet hatten.[1] Gefunden wurde die Schriftenrolle im 19. Jahrhundert in einem Kloster auf dem namengebenden Berg Sinai.
Enthalten sind in der Handschrift Bearbeitungen der Bücher 35 bis 38 des ursprünglich 51 libri umfassenden ulpianischen Werks. Ulpian hatte diese an Masurius Sabinus, einem bedeutenden Rechtslehrer des 1. Jahrhunderts gerichtet. Da die Verfasser der Nachbearbeitungen offensichtlich fundierte Kenntnisse über die spätklassische Literatur und die gültigen Kaiserkonstitutionen hatten, mutmaßt die Forschung, dass das Werk aus der florierenden Rechtsschule von Beirut stammt.[1] Zitiert werden Passagen juristischer Texte, die Eingang in die Kodizes Gregorianus, Hermogenianus und Theodosianus gefunden hatten.[2]
Das Werk gilt als bedeutendstes Zeugnis des vorjustinianischen Rechtsunterrichts.[3]
Literatur
- Salvatore Riccobono: Scholia Sinaitica. In: Bullettino dell'Istituto di Diritto Romano. Band 9, 1898, S. 217–300.
Anmerkungen
- Wolfgang Kunkel, Martin Schermaier: Römische Rechtsgeschichte. 14. Auflage. UTB, Köln/Wien 2005, § 12 (Das Recht der römischen Spätzeit, Kapitel 4, Die Renaissance des klassischen Rechts), S. 196.
- Wolfgang Kaiser: Authentizität und Geltung spätantiker Kaisergesetze. Studien zu den „Sacra privilegia concilii Vizaceni“, in: Münchner Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte. Heft 96. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55121-5, S. 316.
- Wolfgang Kaiser: Zur äußeren Gestalt der Novellen Justinians (2011) S. 174 (FN 81)