Schimmelmann

Die Familie Schimmelmann war eine deutsche bürgerliche Familie, die von Bützow in Mecklenburg über Pommern nach Dänemark gelangte und dort im 18. Jahrhundert in den Adelsstand erhoben wurde. Mitglieder der Familie leben heute in Dänemark, Deutschland, und den USA.[1]

Wappen der Grafen Schimmelmann

Geschichte

Heinrich Carl Schimmelmann, Graf zu Lindenborg, Herr auf Ahrensburg und Wandsbek (1724–1782), Kaufmann, Getreidelieferant des preußischen Heeres, Reeder, Plantagenbesitzer in Dänisch-Westindien, Sklavenhändler

Die Stammväter der Schimmelmanns waren laut Bürgerliste schon vor 1559 in Bützow ansässig.[2] Die Stammreihe des späteren Adelsgeschlechts beginnt in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit dem in Bützow geborenen Niklaus Schimmelmann, der 1632 in Rostock das Bürgerrecht erhielt. Die Schimmelmanns wurden eine wohlhabende Rostocker Kaufmannsfamilie, die aber in der dritten Generation mit Johann (II.) in der männlichen Linie ausstarb. Dessen Bruder Dietrich Jakob Schimmelmann siedelte sich Anfang des 18. Jahrhunderts in Demmin in Vorpommern an.

Von Dietrich Jakob leiten sich eine preußische freiherrliche Linie sowie die dänisch-holsteinische freiherrliche und gräfliche Linie ab. Sein dritter Sohn Heinrich Carl Schimmelmann machte als preußischer Getreidelieferant im Siebenjährigen Krieg beträchtliche Gewinne. Mit dem Verkauf der von den Preußen in Sachsen konfiszierten Lagerbestände an Meißner Porzellan in Hamburg und durch Münzgeschäfte verdiente er ein Vermögen. Er erwarb 1759 das Gut Ahrensburg in Holstein, knüpfte wirtschaftliche Kontakte nach Dänemark und trat 1761 in dänische Dienste. Im Jahr 1762 erwarb er Schloss Lindenborg bei Aalborg in Nordjütland. Im gleichen Jahr wurde er in den dänischen Freiherrnstand erhoben und am 22. Februar 1762 in die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft aufgenommen. Vom dänischen Staat, der in den 1760er Jahren in einer Wirtschafts- und Handelskrise steckte, erwarb er 1763 günstig mehrere Zuckerrohrplantagen in Dänisch-Westindien (heute die Amerikanischen Jungferninseln in der Karibik). Damit kam er in den Besitz von etwa 400 bis 500 Sklaven, deren Zahl er in den folgenden zwanzig Jahren auf rund 1000 erhöhen ließ. Bald darauf beteiligte er sich am atlantischen Dreieckshandel und wurde zum größten Sklavenhändler Dänemarks. Der Sklavenhandel erreichte während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775–1783) seinen Höhepunkt.[3]

In Ahrensburg ließ er 1771 ein Familienfideikommiss einrichten. Als königlich dänischer Schatzmeister wurde er 1779 in den Grafenstand erhoben. Die Lehnsgrafschaft Lindenborg wurde am 18. Juni 1781 errichtet und bestand bis zu ihrer Aufhebung 1922.

Nach Heinrich Carls Tod 1782 übernahm sein Sohn Ernst Heinrich (1747–1831) Güter und Geschäfte. Er war von 1784 bis 1814 dänischer Finanz- und Handelsminister. Der Sklavenhandel Dänemarks verringerte sich seit dem Zweiten Vertrag von Paris aufgrund der übermächtigen englischen Konkurrenz bis zur Bedeutungslosigkeit. Schließlich erließ Ernst Heinrich von Schimmelmann 1792 ein Sklavenhandelsverbot.[3] Nach dem Tod seines Nachfahren Carl Heinrich Lehnsgraf von Schimmelmann 1978 wurde Schloss Lindenborg in den Besitz des Schimmelmannske Fond überführt.

Mit Heinrich Ludwig von Schimmelmann wurde 1780 ein Sohn von Heinrich Carls älterem Bruder Jacob Schimmelmann in den dänischen Adelsstand erhoben. Heinrich Ludwig verwaltete die Plantagen seines Onkels und wurde 1785–89 Generalgouverneur von Dänisch-Westindien. Ein Teil der Nachkommen Heinrich Ludwigs wurde später in den preußischen Freiherrenstand erhoben.

Adelserhebungen

  • für Heinrich Carl von Schimmelmann:
    • 16. April 1762: dänischer Adelsstand als Lehnsbaron af Lindenborg
    • 28. April 1779: dänischer Lehnsgrafenstand mit Recht zur Wappenvermehrung
  • 1780: dänischer Adelsstand für Heinrich Ludwig von Schimmelmann
  • 1885: preußischer Freiherrenstand für einen Teil der Nachkommen von Ernst Karl Heinrich von Schimmelmann; für die Söhne des Adolf von Schimmelmann (1812–1880), und seiner Frau Friedricke von der Lancken-Wakenitz (1817–1892)
  • 1904: preußischer Freiherrenstand für Gustav von Schimmelmann (1816–1873), Generalleutnant und Kommandant von Magdeburg (Bruder o. g. Adolf von Schimmelmann)

Wappen

Wappen an Schloss Ahrensburg, für die von Graf Heinrich Carl von Schimmelmann abstammenden Grafen von Schimmelmann, Grafen zu Lindenborg, Herren auf Ahrensburg und Wandsbek

Das kleinere Wappen zeigt im gespaltenen Schild rechts in Gold einen aufrechten grünen Zweig mit drei rechts gerichteten, übereinander stehenden grünen Lindenblättern, links in Silber zwei blaue Balken (Lindenborg). Der Schild ist von einer Laubkrone (oder neunzackigen Grafenkrone) bekrönt. Als Schildhalter zwei um Haupt und Lenden grün bekränzte wilde Männer. Das Ganze auf einem grünen Rasenstück (oder goldenem Podest).

Das größere, vermehrte Wappen ist geviert und belegt mit einem mit einer alten, fünfblättrigen Reichsgrafenkrone gekrönten gespaltenen Herzschild, darin rechts in Gold ein aus der Teilungslinie hervorragender grüner Zweig mit drei quer übereinander stehenden grünen Lindenblättern (manchmal irrtümlich als Eichenblätter dargestellt), links in Silber zwei blaue Balken (Grafschaft Lindenborg). Feld 1 und 4 geviert mit blauem Herzschild, darin ein gekrönter Löwe (Penik), Feld a und d von Silber und Rot gespalten (Rantzau), Feld b und c in Gold ein blauer Schrägbalken beiderseits begleitet von je sechs (3, 2, 1) silbernen Rauten (Burggrafschaft Leißnig). Feld 2 und 3 gespalten: rechts in Blau ein aus der Teilungslinie hervorgehender Adlerflügel, links in Silber zwei rote Balken (Ahlefeldt). Auf dem Schild die alte fünfblättrige Grafenkrone oder ein Helm mit rechts grün-goldenen, links blau-silbernen Decken sieben natürliche Pfauenfedern. Als Schildhalter zwei um Haupt und Lenden grün bekränzte wilde Männer, mit der rechten bzw. linken sich auf eine Keule stützend.

Stammfolge (Auszug)

Familien-Stammbaum im Ahrensburger Schloss
  • Niklaus Schimmelmann (* um 1604 in Bützow; † 1680 in Rostock), Kirchenvorsteher der Rostocker Marienkirche von 1660 bis 1679
    • Johann (I.) Schimmelmann (* 1650 in Rostock; † 1702 ebenda), Kaufmann, Ratsherr ab 1699.
      • Johann (II.) Schimmelmann (*/† in Rostock)
      • Dietrich Jakob Schimmelmann (* 1683 in Rostock; † 1743 in Demmin), Kaufmann, Ratsherr
        • Jacob Schimmelmann (1712–1778), lutherischer Theologe, Übersetzer der Edda
        • Nikolaus Dietrich Schimmelmann (* 1716 in Demmin; † 1796 ebenda), Ratsherr in Demmin
        • Heinrich Carl von Schimmelmann (1724–1782), 1. Lehnsgraf auf Lindenborg, Erbherr auf Wandsbeck und Ahrensburg
          • Graf Ernst Heinrich von Schimmelmann (1747–1831), dänischer Finanz- und Außenminister
            Ernst Heinrich von Schimmelmann (1747–1831), dänischer Finanz- und Außenminister
          • Charlotte von Schimmelmann (1757–1816), dänische Salonnière, 2. Ehefrau des Vorgenannten
          • Friedrich Josef von Schimmelmann (* 1754 in Dresden; † 1800 in Ahrensburg), königlich dänischer Kammerherr, Hofjägermeister
            • Joseph Friedrich Carl von Schimmelmann (* 1787; † 1833 in Ahrensburg), königlich dänischer Kammerherr, Hofjägermeister
              • Ernst Conrad Detlev Carl Joseph von Schimmelmann (1820–1885), königlich preußischer Wirklicher Geheimrat, Mitglied des Preußischen Herrenhauses
                • Adeline von Schimmelmann (1854–1913), Gründerin der ersten Seemannsmission, Tochter des Vorgenannten, Schwester des Nachgenannten
                • Carl Gustav Ernst von Schimmelmann (* 1848 in Dresden; † 1922 in Lindenborg), königlich preußischer Kammerherr, Mitglied des Preußischen Herrenhauses
                  • Heinrich Carl von Schimmelmann (* 1890; † 1971), auf Lindenborg, Nutznießer d. Successionsfonds d. Schimmelmann`schen Familienfideikommiss
                  • Carl Heinrich von Schimmelmann (* 1938 †; 1978), letzter Lehnsgraf auf Lindenborg
                  • Hans Ove von Schimmelmann (1941)
                  • Elisabeth von Schimmelmann (1943)
              • Karl Christian Gustav von Schimmelmann (1830–1901), Ehefrau Elise Starke-Promnitz (1836–1920); Mitbes. d. gfl. Blücher-Altonaschen Familienfideikommiss, Bruder des Ernst von Schimmelmann (s. o.)
                • * Ernst Joseph Graf von Schimmelmann (1859–1931), deutscher Generalleutnant, zeitweilig Gutsherr auf Schloss Promnitz (Sachsen)[4]
                • Fritz von Schimmelmann (1861–1943), kgl. säschs. Kammerherr, Oberstleutnant, RR Johanniterorden
                • Arndt von Schimmelmann (1867–1930), kgl. sächs. Major
                  • Karl-Hubertus von Schimmelmann (1903–1945), Kaufmann, SS-Adjutant- und Offizier[5].[6]
                  • Ruth von Schimmelmann (1905), verheiratet mit Heino von der Wense (1905–1943), Dr. phil., sächs. Staats-Forstmeister, Major

Weitere Namensträger

Literatur

  • Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. Band 8, Friedrich Voigt, Leipzig 1868, S. 170–171. (Digitalisat)
  • Gothaisches Genealogischen Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1869, Jg. 42, Justus Perthes, Gotha 1868. Fortsetzungen, Jg. 67, 1894, ff. bis Jahrgang 114, 1941, Gotha 1940, S. 429–431. Letztausgaben zugleich Adelsmatrikel der DAG. (Druck und Redaktion jeweils im Vorjahr).
  • Gothaisches Genealogischen Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser 1893, 43. Jg. Justus Perthes, Gotha 1892.; f. Jg. 63 1913, Jg. 73., 1923, f. Jg. 91, 1941, Gotha 1940, S. 419–421. Letztausgaben zugleich Adelsmatrikel der DAG.
  • Hans Rudolf Hiort-Lorenzen, Anders Thiset: Danmarks Adels Aarbog, Tredie Aargang, Vilh. Trydes Boghandel, Kopenhagen 1886, S. 327 f. Schimmelmann I Grafen; Schimmelmann II. Freiherren
  • Hans Rudolf Hiort-Lorenzen, Anders Thiset: Danmarks Adels Aarbog, Syttende Aargang, Vilh. Trydes Boghandel, Kopenhagen 1900, S. 375 f. Schimmelmann I Grafen; Schimmelmann II. Freiherren
  • Hans Friedrich von Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler, Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch des Adels: Gräfliche Häuser, B (Briefadel), Band II, Band 23 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1960, S. 366–371. ISBN 3-7980-0723-3.
  • Christian Degn: Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel. Gewinn und Gewissen. 1. Auflage, Wachholtz, Neumünster 1974. ISBN 3-529-06148-4.; 3. Auflage, Wachholtz, Neumünster 2000. ISBN 3-529-06148-4.
  • Christoph Franke, Moritz Graf Strachwitz von Groß Zauche und Camminetz, Klaus Freiherr von Andrian-Werburg: GHdA, Adelslexikon, Band XIV, Band 131 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 2003, S. 434. ISBN 3-7980-0831-0.
  • Martin Krieger: Schimmelmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 780 (Digitalisat).

Weitere Literatur

  • Franz Müller: Beiträge zur Kulturgeschichte der Stadt Demmin. W. Gesellius, Demmin 1902, S. 13 f.
  • Versteigerung im Schloß Ahrensburg bei Hamburg im Auftrage des Herrn Grafen C. O. v. Schimmelmann. Ahrensburg, Druck Gebrüder Rülf, Berlin 1927. (Digitalisat)
  • Angela Behrens: Das Adlige Gut Ahrensburg 1715–1867. Wachholtz, Neumünster 2006. ISBN 978-3-529-07128-7.

Sekundärliteratur

  • Carl Tobias Jetzke: Trauer- und Trostschriften an Ihro Excellenz den Herrn Heinrich Carl von Schimmelmann Freyherrn von Lindenburg. Leichenpredigt für Carl Maximilian von Schimmelmann. Halle 1772. ('Digitalisat)
Commons: Schimmelmann (Adelsgeschlecht) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Historischer Arbeitskreis Ahrensburg (Hrsg.): Nachkommen Schimmelmann.
  2. Wolfgang Schmidtbauer: Bützower Bürgerlisten von der Reformation bis 1919. Auf Grundlage der Ausgabe aus dem Jahre 2000 bearbeitet und umfangreich ergänzt, MFP-Verlag-Tellow, Warnkenhagen/OT Tellow, Bützow 2020. ISBN 978-3-946273-07-3.
  3. Stefan Winkle: Firma Schimmelmann und Sohn: Der dänische Sklavenhandel, in: Hamburger Ärzteblatt, Nr. 12, 2003, S. 530–537.
  4. Marianne von Wolffersdorff: Schloss Promnitz. Die Geschichte von Schloss Promnitz und seiner Geschlechter bis 1945. 1. Auflage, Donatus Verlag, Niederjahna/Käbschütztal 2021. 2. Auflage, BoD, Norderstedt 2021. ISBN 978-3-946710-03-5.
  5. Personalunterlagen, in: ehem. Berlin Document Center.
  6. Albrecht Dümling: Verweigerte Heimat. Léon Jessel (1871–1942), Komponist des "Schwarzwaldmädel", Lukas Verlag, Berlin 2012, S. 90. ISBN 978-3-86732-127-3.
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