Schiffshebewerk Ronquières

Das Schiffshebewerk Ronquières (französisch Plan incliné de Ronquières) befindet sich in der belgischen Provinz Hennegau (französisch Hainaut) im Landesteil Wallonien. Es wurde zwischen 1962 und 1968 gebaut und nach dem an seinem unteren Ende befindlichen Dorf Ronquières benannt. Das Schiffshebewerk ersetzt 14 Schleusen im Zuge des Kanal Charleroi–Brüssel.

Schiffshebewerk Ronquières

Geschichte

Trog bei der Aufwärtsfahrt

Der 1832 eröffnete Canal Charleroi–Brüssel war seit 1914 zwischen Charleroi und Clabecq für 300-Tonnen-Schiffe (Pénichen) befahrbar. Größtes Hindernis für die Schifffahrt war stets der durch das Tal der Samme verlaufende Abschnitt Ronquières-Godarville, auf dem mittels zahlreicher Kurven, 14 Schleusen und einem Tunnel ein Höhenunterschied von knapp 70 Meter überwunden werden musste. Das Durchfahren dieses Abschnitts dauerte ein bis zwei Tage.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied die belgische Regierung, den Kanal auf voller Länge für 1350-Tonnen-Schiffe (Europaschiffe) auszubauen. Daher musste dieser Abschnitt völlig neu trassiert werden. Außerdem sollte der Abschnitt nicht durch Schleusen, sondern ein Schiffshebewerk überwunden werden.

Bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Schiffshebewerks nahm der Gütertransport auf dem Kanal aufgrund des Niedergangs der Kohle- und Stahlindustrie im Großraum Charleroi erheblich ab. Zwischen 1987 und 1997 wurden pro Jahr nur noch rund 1 Mio. Tonnen Güter über das Schiffshebewerk transportiert. Ab dann nahm die transportierte Tonnage jedoch wieder deutlich zu, so wurden 1999 bereits knapp 1,6 Mio. Tonnen transportiert. Bereits ein Jahr später wurde die Grenze von 2 Mio. Tonnen übersprungen. Ab 2002 wurde es durch das neue Schiffshebewerk Strépy-Thieu im Canal du Centre auch Europaschiffen ermöglicht, nicht nur bis Charleroi zu fahren, sondern auch die Wasserscheide zwischen Maas und Schelde zu überwinden. 2007 transportierte das Schiffshebewerk Ronquières dann etwas mehr als 3 Mio. Tonnen Güter.[1]

Technik

Im Vordergrund die Gegengewichte

Beim Schiffshebewerk Ronquières handelt es sich um ein doppeltes Schrägaufzug-Hebewerk mit Längs- und Nassförderung. Die schiefe Ebene hat eine Länge von 1,432 Kilometer und überwindet einen Höhenunterschied von 67,73 Meter.[2]

Die beiden Tröge haben jeweils ihr eigenes Gegengewicht von 5.200 Tonnen und arbeiten daher völlig unabhängig voneinander. Die Tröge sind durch je 8 Stahltrossen mit ihren Gegengewichten verbunden und werden nach dem Prinzip der Treibscheibenförderung angetrieben. Sie haben eine Länge von 91 Meter und eine Breite von 12 Meter. Die Wassertiefe im Trog kann zwischen 3,0 und 3,7 Meter schwanken.

Unter jedem der beiden Tröge sind zwei Gleise in die Schräge mit einer Spurweite von 1700 mm einbetoniert, auf denen die 236 Räder mit 700 mm Durchmesser laufen. Die baugleichen Räder der Gegengewichte laufen auf Schienen mit einer Spurweite von 3000 mm.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 1,2 m/s beträgt die reine Fahrzeit zwischen den beiden Enden etwa 22 Minuten. Einschließlich der Zeiten für das Öffnen und Schließen der Tore und dem An- und Ablegemanöver benötigt ein Schiff etwa 50 Minuten, um die komplette Anlage zu durchfahren.

Tourismus

Bereits bei der Planung des Schiffshebewerks wurde auch an eine touristische Nutzung gedacht. Im oberen Maschinenhaus befindet sich ein Besucherzentrum. Von Aussichtsterrassen aus kann man beim Betrieb des Hebewerkes zusehen, und im Untergeschoss befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte der belgischen Binnenschifffahrt. Der markante, 150 Meter hohe Turm über dem oberen Maschinenhaus trägt zwar in seinem 6. Stockwerk, etwa einem Viertel seiner Gesamthöhe, den Kontrollraum. Ansonsten hat er aber keinerlei technische Bedeutung, er dient lediglich als Aussichtsturm. Vom unteren Ende des Hebewerkes fahren im Sommer Ausflugsboote über das Hebewerk.

Festival

Seit 2012 findet jedes Jahr am ersten Augustwochenende rund um das obere Ende des Hebewerks das Ronquières Festival statt. Es handelt sich dabei um ein Musikfestival, auf dem sowohl belgische als auch internationale Rock- und Popmusiker auftreten.[3]

Literatur

  • Hans-Joachim Uhlemann: Die Geschichte der Schiffshebewerke. DSV-Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-88412-291-6.
Commons: Schiffshebewerk Ronquières – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Direction générale des Voies hydrauliques, Statistiques
  2. The inclined plane of Ronquières (Memento des Originals vom 11. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/services-techniques.met.wallonie.be
  3. Ronquières Festival. Historique. Abgerufen am 9. Februar 2018 (französisch).

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