Scherfestigkeit

Die Scherfestigkeit ist der Widerstand, den ein Festkörper tangentialen Scherkräften entgegensetzt. Sie gibt die maximale Schubspannung an, mit der ein Körper vor dem Abscheren belastet werden kann, das heißt die auf die gesamte Bruchfläche bezogene maximale Tangentialkraft :

Grundlagen

Die Scherfestigkeit hängt von der wirkenden Normalkraft ab und misst die zusammenhaltenden Kräfte, im Gegensatz zu den auf Oberflächen wirkenden Reibungskräften. Die Prüfeinrichtungen realisieren das Verhältnis von Normal- zu Scherkraft unterschiedlich: es kann konstant, veränderlich oder unbestimmt sein.

Die Scherfestigkeit hat die Einheit einer Spannung (Kraft pro Fläche) und wird meist angegeben in N/mm² oder MN/m².

Zur Beschreibung des Verformungsverhaltens von technischen Materialien oder Gesteinen wird am häufigsten die Elastizitätstheorie verwendet. Das Hookesche Gesetz beschreibt das proportionale Spannungs-Dehnungs-Verhalten homogener, isotroper, elastischer Materialien.

Materialwissenschaft

In den Materialwissenschaften ist die Scherfestigkeit eine wichtige Kenngröße zur mechanischen Charakterisierung von Werkstoffen, sie drückt die Belastungsfähigkeit eines Werkstoffs auf Abscheren aus.

Ermittelt wird die Scherfestigkeit in einem standardisierten Messverfahren, dem Scherversuch. Dabei wird ein kreiszylindrischer Probestab in eine U-förmige Schervorrichtung eingelegt und mit einem genau in die Aussparung passenden Scherstempel senkrecht zur Längsachse so lange belastet, bis er abschert.

Bodenmechanik

In der Bodenmechanik spielt die Scherfestigkeit bei der Diskussion der mechanischen Eigenschaften von Böden und Gesteinsformationen eine wichtige Rolle.

Zur Bestimmung der Scherfestigkeit von Fels- oder Bodenproben im Labor verwendet man auch die folgenden Versuchsgeräte (Schergeräte):

Die Scherfestigkeit kann man auch in situ (vor Ort) bestimmen oder ableiten, z. B. mit folgenden Untersuchungsverfahren:

Der Bodenmechaniker quantifiziert die Scherfestigkeit mit dem Bruchkriterium nach Mohr/Coulomb, das als Bodenkennwerte die Kohäsion (Haftfestigkeit der Gemengeteilchen) und den Reibungswinkel sowie als externen Einfluss die Normalspannung enthält.

Die Scherfestigkeit von klüftigem Gestein beeinflusst auch dessen Druckfestigkeit.

Im Bereich der Bodenmechanik wird für Lockergesteine zusätzlich zwischen drainierter und undrainierter Scherfestigkeit unterschieden.[1] Mithilfe der undrainierten Scherfestigkeit können näherungsweise Angaben zur Konsistenz und zur Sensitivität gemacht werden.

Bautechnik

In der Bautechnik ist die Scherfestigkeit von Bedeutung u. a. bei der zulässigen Belastbarkeit von Gründungen auf Böden und Bauwerken im Felsgestein, im Tunnelbau und bei der Belastbarkeit von Konstruktionswerkstoffen (Stahl, Aluminium, Kunststoff), z. B. bei Schweißnähten, Schrauben und Nieten.

Auch neuerdings eingeführte Berechnungen für die Bemessung von Stahlfaserbeton gehen von der Scherfestigkeit von Mohr-Coulomb aus.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Helmut Prinz, Roland Strauß: Ingenieurgeologie. 5. Auflage. Spektrum, Heidelberg, ISBN 978-3-8274-2472-3, S. 73.
  2. Bernhard Wietek: Stahlfaserbeton. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8348-0872-1.
  • Scherfestigkeit. Bodenphysikalische Grundlagen und Messgeräte. Gesellschaft für Geotechnik GmbH, Wien
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