Johannes vom Kreuz

Johannes vom Kreuz (spanisch Juan de la Cruz, Geburtsname Juan de Yepes Álvarez) (* 24. Juni 1542[1] in Fontiveros, Spanien; † 14. Dezember 1591 in Úbeda) war ein spanischer Unbeschuhter Karmelit und Mystiker. Er wird in der römisch-katholischen Kirche als Heiliger und Kirchenlehrer verehrt, darüber wird ihm auch in der anglikanischen Kirche, der alt-katholischen Kirche und in Teilen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika am 14. Dezember gedacht. Sein Grab befindet sich in der Karmelitenkirche in Segovia in Spanien.

Johannes vom Kreuz
Statue des hl. Johannes vom Kreuz im Karmelitenkloster Varroville, Australien
Grabkapelle in Segovia

Leben

Juan de Yepes Álvarez war der dritte Sohn des Seidenwebers Gonzalo de Yepes und seiner Ehefrau Catalina Álvarez.[2] Um 1555 kam er mit seiner Mutter und seinem um etwa zehn Jahre älteren Bruder nach Medina del Campo, wo er in der Armenschule Colegio de los Doctrinos und ab 1559 im neu gegründeten Kolleg der Jesuiten eine solide Ausbildung genoss.[3] Eine Ausbildung in praktischen Berufen war nicht sehr erfolgreich, doch erwies er sich als tüchtiger Pfleger und Almosensammler für das Hospital de las Bubas, in dem Syphiliskranke gepflegt wurden. Im Jahr 1563 trat er in den Orden der Karmeliten ein und nahm den Ordensnamen Juan de San Matía an. Von 1564 an studierte er an der Universität Salamanca Theologie und Philosophie und lernte 1567 kurz nach seiner Priesterweihe Teresa von Ávila kennen, für deren Reform innerhalb des Karmelitenordens er sich begeisterte, so dass er von seiner Idee abkam, zu den Kartäusern überzutreten.

Nach Beendigung seiner Studien in Salamanca begann Johannes am 28. November 1568 unter dem Ordensnamen Juan de la Cruz („Johannes vom Kreuz“) in Duruelo mit Antonio de Jesús de Heredia und einem weiteren Mitbruder nach den Vorstellungen Teresas zu leben, die sie bereits seit 1562 in ihrem ersten Kloster San José zu Avila verwirklicht hatte. Ihre Anhänger wurden entsprechend den damals in Kastilien üblichen Reformbewegungen Descalzos („die Unbeschuhten“) genannt.

Im sich rasch ausbreitenden Orden der Unbeschuhten Karmeliten, auch Teresianischer Karmel genannt, wurde Johannes vom Kreuz zunächst Novizenmeister, dann Rektor des Studienkollegs in Alcalá de Henares, und ab Frühjahr 1572 Beichtvater im Karmel von der Menschwerdung in Avila. Dorthin hatte Teresa ihn gerufen, die dort seit 6. Oktober 1571 aufgrund der Ernennung durch den apostolischen Visitator als Priorin eingesetzt war. Wegen der unterschiedlichen Reformvorstellungen zwischen der römischen Kurie und dem Hof Philipps II., in die der Karmelitenorden in Spanien hineingezogen wurde, kam es zwischen den Unbeschuhten und dem Stammorden zu heftigen Auseinandersetzungen, deren Opfer Johannes vom Kreuz wurde. In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1577 wurde er entführt und im Ordensgefängnis des Klosters in Toledo eingekerkert[3], wo er als „hartnäckiger Rebell“ misshandelt und gedemütigt wurde.

Diese Zeit wurde für ihn zur eigentlichen Mitte seiner Gotteserfahrung und der daraus entstammenden mystischen Dichtung, die Merkmale des a lo divino aufweist. Der Priester und Orientalist Miguel Asín Palacios (1871–1944) weist zudem auf die Verbindung zu den Schriften des Sufis Ibn ʿAbbād (1332–1390) hin. Ibn ʿAbbād hatte sich einige Jahre zur Meditation und Askese in die marokkanische Stadt Salé zurückgezogen. Er hinterließ das Werk Sharḥ al-ḥikam und eine Sammlung von 54 Briefen, in denen er sich bescheiden als Sklaven vor Gott beschrieb. Palacios nahm den Begriff der „Dunklen Nacht der Seele“ als wesentliche Gemeinsamkeit, denn in diesem passiven Zustand des Menschen offenbare sich Gott am deutlichsten.[4] Im Gefängnis entstanden unter anderem Johannes’ Werk Cántico espiritual, in dem die Menschenseele ihre Sehnsucht nach dem entschwundenen Geliebten besingt, während sein bekanntestes Gedicht Die dunkle Nacht danach entstand. Seine Gedichte in der Form einer Lira gehören zum Besten, was in kastilischer (spanischer) Sprache gedichtet wurde. Reinhold Schneider schrieb über diese Zeit die Erzählung Die dunkle Nacht des Johannes vom Kreuz, wobei er sich allerdings mehr auf die Hagiographie als auf die heute zur Verfügung stehenden historischen Kenntnisse stützte.

In den Tagen nach dem 15. August 1578 konnte Johannes vom Kreuz fliehen und gelangte nach mehreren kurzen Aufenthalten im November 1578 in das abgelegene Kloster Calvario, von wo aus er die Karmelitinnen in Beas de Segura geistlich betreute. Bereits am 13. Juni 1579 gründete er in Baeza das erste Studienkolleg für die andalusischen Studenten der Unbeschuhten; 1582 wurde er Prior des Klosters in Granada, 1585 Provinzdefinitor und dann Provinzvikar von Andalusien[3], als welcher er im Schnitt täglich 15 km zurücklegte. In dieser Zeit verfasste er seine Schriften, Kommentare zu seinen Gedichten: Aufstieg auf den Berg Karmel, Die Dunkle Nacht, Geistlicher Gesang und Lebendige Liebesflamme. Darüber hinaus wirkte er in verschiedenen Klöstern der Unbeschuhten Karmelitinnen und auch außerhalb des Ordens als Beichtvater und Seelsorger. Im Jahr 1588 wurde er Prior des Klosters der Unbeschuhten Karmeliten in Segovia und Mitglied der Leitung (Generalconciliar).

Beim Generalkapitel des Ordens im Jahr 1591 in Madrid wurde Johannes vom Kreuz ein Opfer von Richtungsstreitigkeiten im jungen Orden, weil er die Reformen Teresas, ihre Neubegründung gegen den Rigorismus des Generalvikars Nicolás Doria, verteidigte. Von der Ordensleitung verfemt, zog er sich nach Úbeda bei Jaén zurück, wo er in den ersten Minuten des 14. Dezember 1591 starb. Seine Reliquien befinden sich in San Juan de la Cruz in Segovia in einem Schrein von 1926 auf dem Altar in seiner Grabeskapelle. Viele Mitbrüder und Menschen außerhalb des Ordens verehrten ihn schon bald. Die Chronik des Ordens entstellte seine Vita jedoch, sodass er bis in die jüngste Zeit hinein als Rigorist und Maestro de nada („Lehrer des Nichts“) galt, während er viel eher ein „Sänger der Liebe“ war. Das Nada te turbe, das man nach dem Tod der hl. Teresa in ihrem Stundenbuch fand, wird nach überwiegender Ansicht dem hl. Johannes vom Kreuz zugeschrieben, doch finden sich schon in Teresas 1565 abgeschlossenen Vida ähnliche Gedanken, z. B.: „Mir ging allmählich wieder auf, dass alles nichts sei“ (3,5).

Verehrung

Am 25. Januar 1675 wurde Johannes vom Kreuz von Papst Clemens X. seliggesprochen, am 27. Dezember 1726 sprach Papst Benedikt XIII. Johannes heilig. Am 24. August 1926 erhob ihn Pius XI. zum Kirchenlehrer. Im März 1993 bestimmte ihn Johannes Paul II. zum Schutzpatron der spanischsprachigen Dichter.

Werkausgaben

  • Johannes vom Kreuz: Sämtliche Werke. Vollständige Neuübertragung. 5 Bände. Herausgegeben und übersetzt von Ulrich Dobhan, Elisabeth Hense, Elisabeth Peeters. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1995–2000 (mehrere Auflagen):
    • Band 1: Die dunkle Nacht. Herder, Freiburg 1995 (Herder-Spektrum 4374), ISBN 3-451-04374-2
    • Band 2: Worte von Licht und Liebe. Briefe und kleinere Schriften. Herder, Freiburg 1996 (Herder-Spektrum 4506), ISBN 3-451-04506-0
    • Band 3: Der Geistliche Gesang. Vollständige Neuübertragung. Herder, Freiburg 1997 (Herder-Spektrum 4554), ISBN 3-451-04554-0
    • Band 4: Aufstieg auf den Berg Karmel. Herder, Freiburg 1999 (Herder-Spektrum 4802), ISBN 3-451-04802-7
    • Band 5: Die lebendige Liebesflamme. Herder, Freiburg 2000 (Herder-Spektrum 5049), ISBN 3-451-05049-8

Literatur

  • Teresa von Avila: Gesammelte Werke. Band 2: Weg der Vollkommenheit. (Kodex von El Escorial). (Herder-Spektrum. 5318). Vollständige Neuübertragung. Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan, Elisabeth Peeters. 3. Auflage. Herder Freiburg 2007, ISBN 978-3-451-05318-4.
  • Teresa von Avila: Gesammelte Werke. Band 1: Das Buch meines Lebens. (Herder-Spektrum. 5211). Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan, Elisabeth Peeters. 6. Auflage. Herder Freiburg 2011, ISBN 978-3-451-05211-8.
  • Dominique Bach: Der heilige Johannes vom Kreuz. Éditions du Signe, Strassburg 2003, ISBN 2-7468-1058-1.
  • Ulrich Dobhan, Reinhard Körner (Hrsg.): Johannes vom Kreuz. Lehrer des „neuen Denkens“. Sanjuanistik im deutschen Sprachraum. Echter, Würzburg 1991, ISBN 3-429-01394-1.
  • Ulrich Dobhan, Reinhard Körner: Johannes vom Kreuz. Die Biographie. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1992, ISBN 3-451-22443-7.
  • Waltraud Herbstrith: Wo das Schweigen beginnt. Meditationen zu Texten von Johannes vom Kreuz. Neuausgabe, 1. Auflage. Verlag Neue Stadt, München u. a. 2006, ISBN 3-87996-663-X.
  • Reinhard Körner: Dunkle Nacht. Mystische Glaubenserfahrung nach Johannes vom Kreuz. (Münsterschwarzacher Kleinschriften. 154). Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2006, ISBN 978-3-87868-654-5.
  • Emmanuel Renault: Was Therese von Lisieux Johannes vom Kreuz verdankt. Echter, Würzburg u. a. 2009, ISBN 978-3-429-03029-2.
  • Federico Ruiz, Jose Vi Rodriguez: Dios habla en la noche. Vida de San Juan de la Cruz. Editorial de Espiritualidad, Madrid 1990, ISBN 978-84-7068-200-1.
  • Hartmut Sommer: Seelenburg und dunkle Nacht. Mit Teresa von Ávila und Johannes vom Kreuz in Kastilien. In: Hartmut Sommer: Die großen Mystiker. Orte ihres Wirkens. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-20098-6, S. 133 ff.
  • Bernhard Teuber: Sacrificium litterae. Allegorische Rede und mystische Erfahrung in der Dichtung des heiligen Johannes vom Kreuz. Fink, München u. a. 2003, ISBN 3-7705-3709-2.

Gedenktag

Commons: Johannes vom Kreuz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dieses Datum ist historisch nicht belegt, da einige Jahre nach seiner Geburt das Archiv der Pfarrkirche in Fontiveros mit allen Taufbüchern verbrannt ist.
  2. Ulrich Dobhan, Reinhard Körner: Johannes vom Kreuz. Die Biographie. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1992, S. 10.
  3. Spanische Mystik. Abgerufen am 9. Februar 2024.
  4. IbnʿAbbād of Ronda: Letters on the Sūfī path. Translated and introduced by John Renard. Paulist Press, New York NY u. a. 1986, ISBN 0-8091-2730-X, S. 49; Annemarie Schimmel: Mystische Dimensionen des Islam. Die Geschichte des Sufismus (= Insel-Taschenbuch. 1715). Insel-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 1995, ISBN 3-458-33415-7, S. 358 f.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.