Samtfußrüblinge

Die Samtfußrüblinge (Flammulina) sind eine Pilzgattung aus der Familie der Physalacriaceae. Die Pilze wachsen meist in Büscheln an totem oder lebendem Holz. Die frostresistenten Fruchtkörper erscheinen überwiegend im Winter und gelten als essbar. In der asiatischen Küche ist der Gemeine Samtfußrübling ein geschätzter Speisepilz und wird deshalb auch kultiviert. Üblicherweise wird die Gattung den sogenannten Little brown mushrooms zugeordnet.

Samtfußrüblinge

Gemeiner Samtfußrübling (Flammulina velutipes)

Systematik
Unterabteilung: Agaricomycotina
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: Agaricomycetidae
Ordnung: Champignonartige (Agaricales)
Familie: Physalacriaceae
Gattung: Samtfußrüblinge
Wissenschaftlicher Name
Flammulina
P. Karst.

Merkmale

Das Sporenpulver der Samtfußrüblinge hinterlässt einen weißen Abdruck.
Samtfußrüblinge fruktifizieren meist in Büscheln.

Makroskopische Merkmale

Der flach gewölbte bis niedergedrückte Hut misst bis zu 6(–10) cm im Durchmesser und hat eine weiße, gelbe, ocker bis orangebraune Färbung. Typisch ist eine ausgeprägt glänzend-schmierige bis schleimige Hutoberfläche, die klebrig abtrocknet. Die Lamellen sind frei bis am Stiel angewachsen, laufen aber nie daran herab. Das Farbspektrum reicht von weißlich über blass ocker bis hin zu ockergelb und ockerbraun. Das Sporenpulver hinterlässt einen weißen bis blass cremefarbenen Abdruck. Der wurzelnde Stiel besitzt eine knorpelig-gelatinöse Konsistenz und eine samtig-flaumige Rinde. Selten erscheint er auf ganzer Länge weiß bis creme-weiß, oftmals ist nur die Spitze creme bis gelb-ocker und der Teil unterhalb braun bis schwarz gefärbt. Das Fleisch ist knorpelig-gelatinös, im Stiel faserig-zäh und schmeckt mild.

Mikroskopische Merkmale

Die elliptischen, schlank elliptischen, zylindrisch-elliptischen bis zylindrischen Sporen sind meist 6–12(–14) µm lang (bei Flammulina cephalariae bis 17 µm lang[1][2]) und zeigen in Iod-Lösung und Baumwollblau keine Farbreaktion (inamyloid bzw. acyanophil). Meist kommen sowohl auf den Lamellen als auch auf dem Hut und dem Stiel Zystiden vor. Die Hyphen haben Schnallen an den Querwänden.

Gattungsabgrenzung

Potenzielle Doppelgänger finden sich unter den Flämmlingen (Gymnopilus) und Schüpplingen (Pholiota).

Ökologie

Die Fruchtkörper wachsen überwiegend büschelig, seltener einzeln auf totem oder lebendem Holz bzw. verholzten Wurzeln, z. B. der Dornigen Hauhechel (Ononis spinosa) und des Weißblütigen Schuppenkopfs (Cephalaria leucantha).

Arten

Die Gattung umfasst weltweit 17 Arten[3][2], wovon in Europa 8 vorkommen.[4][5][6]

Samtfußrüblinge (Flammulina) in Europa
Deutscher NameWissenschaftlicher NameAutorenzitat
Schuppenkopf-Samtfußrübling Flammulina cephalariae Pérez-Butrόn & Fern.-Vic. 2007
Langsporiger Samtfußrübling Flammulina elastica (Lasch 1887) Redhead & R.H. Petersen 1999
Blasshütiger Samtfußrübling
Wurzelnder Samtfußrübling
Flammulina fennae Bas 1983
Finnischer Samtfußrübling Flammulina finlandica P.M. Wang, Y.C. Dai, E. Horak & Zhu L. Yang 2018
Hauhechel-Samtfußrübling
Steppen-Samtfußrübling
Triften-Winterpilz
Flammulina ononidis Arnolds 1977
Pappel-Samtfußrübling Flammulina populicola Redhead & R.H. Petersen 1999
Russischer Samtfußrübling
Rossica-Samtfußrübling
Flammulina rossica Redhead & R.H. Petersen 1999
Gemeiner Samtfußrübling Flammulina velutipes (Curtis 1782 : Fr. 1821) Singer 1951 [1949]

In die Gattung Laccariopsis ausgelagerte Art

Die mit Gemeinem Strandhafer vergesellschaftete Laccariopsis mediterranea, zunächst beschrieben als Hydropus mediterraneus, war zuvor als Flammulina mediterranea (Mediterraner Samtfußrübling) unter anderem der Gattung der Samtfußrüblinge zugeordnet, danach als Xerula mediterranea („Ziegelrötlicher Wurzelrübling“) der Gattung Wurzelrüblinge[7]; unter dem letztgenannten Synonym wird er auch im Pilzkompendium geführt, in dem eine Anmerkung erläutert, dass die gattungsmäßige Zuordnung dieses Pilzes noch nicht endgültig gesichert sei.

Deutscher NameWissenschaftlicher NameAutorenzitat
Laccariopsis mediterranea
syn. Flammulina mediterranea
syn. Xerula mediterranea
syn. Oudemansiella mediterranea
syn. Hydropus mediterraneus
(Pacioni & Lalli 1985) Vizzini 2013 [2012]
(Pacioni & Lalli 1985) Bas & Robich 1988
(Pacioni & Lalli 1985) Quadr. & Lunghini 1990
(Pacioni & Lalli 1985) E. Horak 1988
Pacioni & Lalli 1985

Etymologie

Der Vernakularname Samtfußrüblinge besteht aus zwei Wortteilen. Der Begriff Samtfuß bezieht sich auf den samtig überzogenen Stiel. Das Wort Rüblinge wurde früher als deutschsprachiger Name für Lamellenpilze mit gummiartig elastischem, zähem Stiel verwendet.[8]

In der Originalbeschreibung der Gattung Flammulina, die ursprünglich nur aufgestellt wurde, um ihr den Gemeinen Samtfußrübling zuzuordnen, wird keine Erklärung der Etymologie angegeben.[9] Früher wurden Arten der heutigen Gattungen der Flämmlinge, die durch fehlenden Ring am Stiel und ähnlich freudige Hutfarben den Samtfußrüblingen äußerlich ähnlich sehen können, der Gattung Flammula zugeordnet.[10] Das lateinische Wort Flammulina ist eine die Verkleinerungsform des Wortes Flammula, welches wiederum die Verkleinerung des Wortes Flamma ist, welches im Deutschen Glut, Flamme oder Feuer bedeutet.[11] Der Gattungsname kann sich daher direkt auf die Ähnlichkeit des Gemeinen Samtfußrüblings zu früheren Arten der Gattung Flammula beziehen oder unabhängig davon aufgrund der lebhaft Gelb-Orange-Färbung davon den Gemeinen Samtfußrübling mit dem Begriff "kleines Flämmchen" belegen.

Commons: Samtfußrüblinge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

Literatur

  • Erhard Ludwig: Beschreibungen. Die kleineren Gattungen der Makromyzeten mit lamelligem Hymenophor aus den Ordnungen Agaricales, Boletales und Polyporales. In: Pilzkompendium. Band 1. IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-43-3 (758 Seiten, deutsch mit englischen Zusammenfassungen, 17 × 24 cm, enthält 20 neue Taxa und 13 Neukombinationen).

Einzelnachweise

  1. J.L. Perez-Butron, J. Fernández-Vicente: Una nueva especie de Flammulina P. Karsten, F. cephalariae (Agaricales) encontrada en España. In: Revista Catalana de Micologia. Band 29, 2007, S. 8191.
  2. Christoph Hahn: Bestimmungsschlüssel zu ausgewählten Gattungen der Agaricales 2: Die Gattung Flammulina. In: Mycologia Bavarica. Band 17, 2016, S. 724.
  3. Pan Meng Wang, Xiao Bin Liu, Yu Cheng Dai, Egon Horak, Kari Steffen, Zhu L. Yang: Phylogeny and species delimitation of Flammulina: taxonomic status of winter mushroom in East Asia and a new European species identified using an integrated approach. In: Mycological Progress. Band 17, Nr. 9, 2018, S. 10131030, doi:10.1007/s11557-018-1409-2.
  4. Ronald H. Petersen, Karen W. Hughes, Scott A. Redhead: The genus Flammulina. A Tennessee tutorial. In: University of Tennessee Mycology Lab. The University of Tennessee Knoxville, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. März 2016; abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  5. Soňa Ripková, Karen Hughes, Slavomír Adamčík, Viktor Kučera, Katarína Adamčíková: The delimitation of Flammulina fennae. In: Mycological Progress. Band 9, Nr. 4, 2010, S. 469484, doi:10.1007/s11557-009-0654-9 (tennessee.edu [PDF; 545 kB]).
  6. Achim Bollmann, Andreas Gminder, Peter Reil: Abbildungsverzeichnis europäischer Großpilze. In: Jahrbuch der Schwarzwälder Pilzlehrschau. 4. Auflage. Volume 2. Schwarzwälder Pilzlehrschau, 2007, ISSN 0932-920X (301 S., Verzeichnis der Farbabbildungen fast aller europäischen Großpilze (> 5 mm) inkl. CD mit über 600 Gattungsbeschreibungen).
  7. Alfredo Vizzini, Enrico Ercole, Samuele Voryron: Laccariopsis, a new genus for Hydropus mediterraneus (Basidiomycota, Agaricales). In: Mycotaxon. Band 121, 2012, S. 393403.
  8. Jahn, Hermann.: Pilze rundum: ein Taschenbuch zum Bestimmen und Nachschlagen von rund 500 einheimischen Pilzarten. Reprint 1979 Auflage. Koeltz, Koenigstein 1979, ISBN 3-87429-159-6, S. 1–355.
  9. P. A. Karsten: Symbolae ad Mycologiam Fennicam. Part XXX. In: Meddelanden af Societas pro Fauna et Flora Fennica. Band 18, 1891, S. 61–68 (archive.org [PDF]).
  10. Gustav Lindau, Robert Pilger: Kryptogamenkunde für Anfänger. Erster Band. Die Höheren Pilze. Julius Springer, Berlin 1928, S. 1–529.
  11. Online Latein Wörterbuch. Abgerufen am 26. April 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.