Sacharoff (Werefkin)
Sacharoff ist der Titel eines Gemäldes, das die russische Künstlerin Marianne von Werefkin im Jahre 1909 in München malte. Das Werk gehört zum Bestand der Fondazione Marianne Werefkin (FMW) in Ascona. Es trägt dort die Inventar-Nummer FMW-0-0-15. Die zugehörige Skizze, eine Gouache mit der Inventar-Nummer FMW-45-16-644-a16/13, befindet sich ebenso in der Sammlung der FMW.[1]
Sacharoff (Der Tänzer Sacharoff) |
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Marianne von Werefkin, 1909 |
Tempera auf Karton |
73,5 × 55 cm |
Fondazione Marianne Werefkin, Museo comunale d’arte, Ascona |
Technik und Maße
Es handelt sich um eine Temperamalerei auf Karton, 73,5 × 55 cm.
Ikonographie
Dargestellt ist der Tänzer Alexander Sacharoff. Eine tiefe Freundschaft verband den Tänzer mit Werefkin und Alexej Jawlensky. Ursprünglich studierte Sacharoff in Paris an der Académie Julian Malerei. 1905 entschloss er sich plötzlich, als Achtzehnjähriger Tänzer zu werden. Sein Vorhaben, die Malerei aufzugeben, wurde als „wahnwitzig“ empfunden, denn es schien unvorstellbar, dass ein erwachsener Mensch eine akrobatische Kunst erlernen könne, die von Kindesbeinen an kontinuierlich geübt sein will.[2] Damals soll Sacharoff alle seine bis dahin entstandenen Zeichnungen und Gemälde verbrannt haben.[3] Aus dieser frühen Phase haben sich nur jene Arbeiten erhalten, die in den Besitz der Werefkin gelangt waren.[4]
Erneuerung der Tanzkunst durch Bilderfolgen
Als Sacharoff nach München kam, begründete er dort seine Karriere, indem er ungewöhnlicherweise mit Malern – nämlich Werefkin und Jawlensky seine Rollen besprach und einübte.[5]
Der ehemalige Maler wollte die Tanzkunst, die bislang als reine Bewegungsabläufe gestaltet wurden, als Bilderfolgen erneuern. In diesen spielten seine Körperhaltung in verschiedenen Senkrechten, Waagerechten und Schrägen neben einer Fülle von Gesten der Arme, Hände und Beine eine ebenso entscheidende Rolle[6], wie die farbliche Gestaltung seiner Kostümierung, die mit der Bühnendekoration in Einklang zu bringen war. Verschiedene Kunstgattungen in effiziente Wechselwirkung zu bringen, war so neu eigentlich nicht. Konnte man doch auf die Erfahrungen der Theaterexperimente von Abramzewo zurückgreifen.[7]
Stilisierungen und Einflüsse
Japanische Einflüsse verrät das Sacharoff-Bildnis der Werefkin. Als es entstand, war Sacharoff fast täglich in der Giselastraße, um seine Rollen einzuüben. Dankbar nahm er Werefkins und Jawlenskys Hilfen an und diente ihnen bereitwillig in verschiedenen Posen und Kostümen als Modell[8], zum Beispiel zu Jawlenskys Dame mit Fächer.[9] Werefkin nahm in ihrem Porträt Sacharoffs stärkere Stilisierungen vor als Jawlensky. Das Gesicht des Tänzers vereinfachte sie deutlich zur Maske, die eine genaue Kenntnis japanischer Holzschnitte erfordert.[10] Die Tatsache, dass Werefkin das Bild Ton-in-Ton, in Blau, nach der Manier von Louis Anquetin malte, verweist gleichzeitig auf die französischen Künstler des Pariser Petit Boulevard, z. B. van Gogh, Bernard, Toulouse-Lautrec u. a., die Werefkin sehr hoch einschätzte.[11] Ihr Wissen um deren Kunst transportierte sie in ihren Freundeskreis nach München.
Literatur
- Clemens Weiler: Marianne von Werefkin. In Ausst. Kat.: Marianne Werefkin 1860–1938. Städtisches Museum Wiesbaden 1958
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin und ihr Einfluß auf den Blauen Reiter. In: Ausst. Kat.: Marianne Werefkin, Gemälde und Skizzen. Museum Wiesbaden 1980, S. 14 ff
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin: Clemens Weiler’s Legacy. In: Marianne Werefkin and the Women Artists in her Circle. (Tanja Malycheva und Isabel Wünsche Hrsg.), Leiden/Boston 2016 (englisch), S. 8–19, ISBN 978-90-04-32897-6, S. 8–19, hier S. 14–19; JSTOR:10.1163/j.ctt1w8h0q1.7
Einzelnachweise
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin. München 2001, Abb. Nr. 150, S. 135, ISBN 3-7774-9040-7.
- Hans Brandenburg: Der Moderne Tanz. München 1921, S. 150.
- Hans Konrad Röthel. Alexander Sacharoff.In: Ausst. Kat.: Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1964, o. S.
- Bernd Fäthke: Marianne Werefkin. München 2001, S. 64 f, Abb. 55–56, ISBN 3-7774-9040-7.
- Alexej Jawlensky: Lebenserinnerungen In: Clemens Weiler (Hrsg.), Alexej Jawlensky, Köpfe-Gesichte-Meditationen, Hanau 1970, S. 110. Selbst ca. zehn Jahre später, in der Schweiz, sicherte sich Sacharoff noch die Unterstützung von Werefkin und Jawlensky bei der Inszenierung seiner Auftritte, vgl. Theo Kneubühler: Die Künstler und Schriftsteller und das Tessin (Von 1900 bis zur Gegenwart). In Ausst. Kat.: Monte Verita, Berg der Wahrheit, Lokale Anthropologie als Beitrag zur Wiederentdeckung einer neuzeitlichen sakralen Topographie. Ascona 1978, S. 157.
- Hans Brandenburg: Der Moderne Tanz. München 1921, S. 145 ff.
- Eleonora Paston: Der Künstlerkreis von Abramcevo inmitten der europäischen Künstlerkolonien.,Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1999, S. 80.
- Elisabeth Erdmann-Macke. Erinnerungen an August Macke., Frankfurt 1987, S. 240 f.
- Bernd Fäthke: Von Werefkins und Jawlenskys Faible für die japanische Kunst. In: Ausst. Kat.: „...die zärtlichen, geistvollen Phantasien...“, Die Maler des „Blauen Reiter“ und Japan. Schloßmuseum Murnau 2011, S. 116 f, Abb. 26–27.
- Ildikó Klein-Bednay: Jawlenskys japanische Holzschnittsammlung. In Ausst. Kat.: Jawlenskys japanische Holzschnittsammlung. Eine märchenhafte Entdeckung. Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, Bad Homburg v. d. H., Nr. 2, 1992, S. 89.
- Ingrid Pfeiffer/Max Hollein (Hrsg.): Esprit, Mont Martre, Die Bohème in Paris um 1900. Schirn Kunsthalle Frankfurt 2014.