Sowjetische Besatzungszone
Die Sowjetische Besatzungszone (SBZ; auch Ostzone, Sowjetzone, u. ä.) war eine der vier Besatzungszonen, in die Deutschland 1945 entsprechend der Konferenz von Jalta von den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkrieges aufgeteilt wurde. Sie bestand von Anfang 1945 bis zum 7. Oktober 1949, der Gründung der DDR.
Territorium
Übersicht
Zur SBZ gehörten die Länder Sachsen, Thüringen und das aus der Provinz Sachsen, dem Land Anhalt und Teilen des Landes Braunschweig gebildete Land Sachsen-Anhalt, ein großer Teil der Provinz Brandenburg sowie Mecklenburg und Vorpommern.
Nicht dazu gehörten das Gebiet von Groß-Berlin sowie die deutschen Ostgebiete, welche die Roten Armee vorbehaltlich einer friedensvertraglichen Regelung verwaltete oder der Verwaltung der Volksrepublik Polen unterstellt hatte.
Territoriale Veränderungen
Vom 1. bis 4. Juli zogen die US-amerikanischen und britischen Truppen aus den besetzten Gebieten westlich der Elbe (westliches Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, westliches Sachsen) ab und übergaben dieses gemäß den Vereinbarungen von Jalta an die sowjetische Militärverwaltung. Am 9. Juli 1945 wurden die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen sowie Thüringen mit eigenen Landesregierungen und Provinzverwaltungen in den ehemaligen preußischen Provinzteilen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg gegründet. Den Verwaltungen der fünf föderativen Ländern beziehungsweise Provinzen wurde mit dem Befehl Nr. 45 vom 22. Oktober 1945 das Recht auf Gesetzgebung eingeräumt, wenn diese im Einvernehmen mit den Kontrolldirektiven standen.[1]
Bis zur Regelung im Schweriner Grenzvertrag vom September 1945 war die Zugehörigkeit der westlich der eigentlichen Oder-Neiße-Linie gelegenen Gebiete um Stettin und Swinemünde zu Polen unklar.
Im September kam es durch das Wanfrieder Abkommen zu einem Gebietstausch zwischen sowjetischer und US-amerikanischer Besatzungszone. Dies betraf die Bahnverbindung Bebra – Göttingen. Damit gelangte ein Teil des Eichsfelds in die amerikanische Zone und später nach Hessen. Durch das Barber-Ljaschtschenko-Abkommen gab es im November einen Gebietstausch zwischen Mecklenburg und dem zur britischen Besatzungszone gehörenden Schleswig-Holstein. Es gab außerdem einen Gebietstausch 1945 im Harz.
Politische Entwicklung
Sowjetische Militäradministration
Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 7. und 8. Mai 1945 war das nationalsozialistische Deutschland besiegt und der Zweite Weltkrieg in Europa beendet. Die sowjetische Militärverwaltung übernahm in den Gebieten östlich der Elbe die administrative Kontrolle, in Absprache mit den US-amerikanischen und britischen Alliierten. Am 9. Juni wurde die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) als oberste Entscheidungsinstitution in der Sowjetischen Besatzungszone geschaffen, mit Sitz in Berlin-Karlshorst.[2] Sie agierte zunächst in Abstimmung mit den anderen alliierten Siegermächten USA und Großbritannien, wie in der gemeinsamen Erklärung vom 5. Juni und im gemeinsamen Alliierten Kontrollrat.
Mit zahlreichen Befehlen wurde eine grundlegende Umgestaltung der Strukturen in der Sowjetischen Besatzungszone geschaffen. Seit etwa Juli 1945 wurden einige Entscheidungskompetenzen an die Verwaltungen der neu geschaffenen Länder und Kommunen abgegeben.
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) blieb bis zum Oktober 1949 die höchste Entscheidungsinstanz in der SBZ.
Mehrparteiensystem
Stalin wollte in der Sowjetischen Besatzungszone ein an westlichen Demokratien orientiertes Mehrparteiensystem aufbauen, um den westlichen Alliierten und Besatzungszonen eine Möglichkeit für eine Wiedervereinigung zu bieten.[3]
Dabei sollte die KPD aber die führende Rolle einnehmen. Zahlreiche Funktionäre waren bereits in der sowjetischen Emigration auf die Bildung sozialistischer Strukturen in Deutschland vorbereitet worden. Drei Initiativgruppen waren bereits im April und Mai nach Deutschland zurückgekehrt, die Gruppe Ulbricht bei Berlin, die Gruppe Ackermann-Matern in Dresden und die Gruppe Sobottka in Warsow bei Stettin. Diese sollten in den verschiedenen Regionen deutsche Selbstverwaltungsorgane unter kommunistischer Leitung mit breiter Beteiligung „bürgerlicher-antifaschistischer“ Kreise schaffen.[4] Anfang Juni wurden die drei Leiter bereits wieder nach Moskau zu Gesprächen mit Stalin und weiteren führenden Funktionären gebracht, wo sie Instruktionen für die weitere Neugestaltung in der SBZ erhielten.
Am 10. Juni wurde die Gründung von antifaschistischen Parteien und Organisationen in der SBZ erlaubt, wesentlich früher als in den westlichen Besatzungszonen. Bereits am nächsten Tag wurde die KPD wieder gegründet. Sie veröffentlichte noch am selben Tag einen Aufruf, in dem sie alle demokratischen Kräfte zur Beteiligung am Wiederaufbau aufrief. Am 15. Juni wurde dann die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wiedergegründet, am 26. Juni die Christlich-Demokratische Union (CDU) neu gegründet und am 5. Juli die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP). Damit gab es wieder zwei sogenannte bürgerliche Parteien, die besonders auf Angestellte und mittelständische Unternehmer ausgerichtet waren, und keine sozialistische Vergangenheit hatten. Am 14. Juli wurde dann ein sogenannter Demokratische Block gebildet, der diese vier Parteien in das sozialistische Machtgefüge einbeziehen sollte. (Parteiwesen in der SBZ) [5]
In den folgenden Monaten und Jahren wurde auf die drei nichtkommunistischen Parteien ein erheblicher Druck ausgeübt, der dazu führte, dass viele führende Vertreter zurücktreten mussten oder verhaftet wurden. Die SPD wurde im April 1946 zur Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) mit der KPD gezwungen, deren Mitglieder verloren in den folgenden Jahren zunehmend an Bedeutung. 1948 wurden mit der NDPD und der Demokratischen Bauernpartei (DBD) zwei weitere Parteien gegründet, die der SED nahestanden und deren Einfluss gegenüber den verbliebenen zwei bürgerlichen Parteien stärkten. So wurde umgesetzt, was 1945 geplant war: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.[6]
Weitere Geschichte
1945
Am 13. Juni konstituierte sich der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB).
Am 1. Juli wurde die Deutsche Volkspolizei gegründet; sie wurde nach Genehmigung durch die SMAD am 1. Oktober bewaffnet.
Ein weiterer Befehl der SMAD vom 23. Juli 1945[7] leitete eine Reorganisation des Finanz-, Bank-, Sparkassen- und Versicherungswesens ein. Ein gleichzeitig nicht öffentlich ergangener Befehl bestätigte die bereits am 8. Mai vorgenommene Beschlagnahmung von Geldern und Mitteln aus Geld- und Kreditinstituten.
Im August 1945 wurde auf Befehl Nr. 17 der SMAD vom 27. Juli 1945 in Berlin die Deutsche Verwaltung für Volksbildung gebildet. Die dringendste Aufgabe der DZfV war der Aufbau eines antifaschistischen, weltlichen und sozialistischen Schul- und Bildungswesens. Wegen der umfassenden Entlassung NS-belasteter Lehrkräfte war die Auswahl und Einarbeitung geeigneter Neulehrer von besonderer Bedeutung. Die DZfV war ein wichtiges Instrument zur Organisation und Einführung der sozialistischen Einheitsschule in der SBZ. Das Kultur-, Volksbildungs- und Hochschulwesen wurden nach sowjetischen Vorgaben umgestaltet. Die SMAD führte ein striktes System der Vorzensur in der SBZ ein. In Gerichten wurden sogenannte Volksrichter eingesetzt.[8]
Vom 3. bis 11. September erließen die Provinz- und Landesverwaltungen in der SBZ Verordnungen zur Durchführung der Bodenreform in Deutschland. Dabei wurden Landbesitzer entschädigungslos enteignet, die über 100 Hektar Fläche besaßen. Auf Grundlage des Befehls 124 des SMAD und der Entscheidungen der Sequesterkommission wurden alle großen Industriebetriebe enteignet und in sogenanntes Volkseigentum überführt. Mai bis Juli: Der ersten Demontagewelle fielen etwa 460 Berliner Betriebe zum Opfer. Dies entsprach zirka 75 Prozent der damals noch vorhandenen Kapazitäten.[9]
Im Sinn der Reparationspolitik kam es zur Aneignung von Kriegsbeute und Trophäenaktionen, der Demontage insbesondere von Eisenbahnstrecken, der Enteignung von Industriebetrieben und sonstigen Vermögenswerten, der Errichtung sowjetischer Handelsgesellschaften, der Entnahme von Erzeugnissen aus laufender Produktion und Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen sowie Zivilinternierten auch in der Sowjetunion. Die Kapazitätsverminderung in einzelnen Industriezweigen betrug 15 bis 100 %.[10]
Zwischen Mai und September 1945 richtete die Geheimpolizei des Innenministeriums der UdSSR insgesamt zehn sogenannte Speziallager auf dem Gebiet der SBZ ein. Bis 1950 wurden dort mindestens 122.000 Deutsche ohne Verfahren und Gerichtsurteil inhaftiert. Tausende von ihnen wurden zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Mindestens 42.000 Menschen kamen in den sowjetischen Speziallagern ums Leben.[11]
1946
Am 7. März wurde die Freie Deutsche Jugend (FDJ) gegründet.
Am 23. April erschien die Erstausgabe der Tageszeitung Neues Deutschland als Organ des Parteivorstandes der SED.
Der Volksentscheid in Sachsen 1946 billigte die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitzern, Kriegsverbrechern und aktiven NSDAP-Mitgliedern. Am 30. Juli wurde die Deutsche Verwaltung des Innern (DVdI) zur Koordination der Polizei in der SBZ gebildet. Präsident der DVdI wurde der vorherige Landespolizeichef von Thüringen, Erich Reschke. Vizepräsidenten wurden Erich Mielke, Willi Seifert und Kurt Wagner.
Bei den Wahlen zu den Land- und Kreistagen in der SBZ am 20. Oktober erreichte die SED mit 47,5 % nicht die angestrebte absolute Mehrheit. (Provinz Mark Brandenburg 44 %, Land Sachsen 49 %, Provinz Sachsen-Anhalt 46 %, Land Mecklenburg 50 %, Land Thüringen 50 %.[Anm. 1] Bei den Stadt- und Bezirksverordnetenwahlen in Groß-Berlin führte die SPD mit 63 vor der SED mit 26 Sitzen.)
Mehr als 2000 Ingenieure wurden in der „Aktion Ossawakim“ im Oktober 1946 mit ihren Familien in die Sowjetunion gebracht, um an militärischen Entwicklungen (Kern- und Raketentechnik) mitzuarbeiten und deutsche wissenschaftliche Errungenschaften preiszugeben.
Am 1. Dezember wies die Sowjetische Militäradministration (SMAD) den Aufbau der Deutschen Grenzpolizei (DGP) in der SBZ an.
1947
Am 1. April ordnete die Sowjetische Militäradministration die Gründung der Deutschen Treuhandstelle zur Verwaltung des beschlagnahmten Vermögens von Nazi- und Kriegsverbrechern an.
Der Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) 138/47 vom 4. Juni[12] wies die Einrichtung der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) als erstes zentrales Verwaltungsorgan der sowjetischen Besatzungszone an und institutionalisierte damit die Umgestaltung der Wirtschaft.
Am 16. August erging der SMAD-Befehl 201 zur Entnazifizierung und vollständigen Säuberung aller öffentlichen Ämter und der Wirtschaft „von aktiven Faschisten, Militaristen und Kriegsverbrechern“.[13][14][15][16][17]
Am 6./7. Dezember tagte in Ost-Berlin ein Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden, der erste Deutsche Volkskongress.
Am 20. Dezember 1947 setzte die SMAD den demokratisch gewählten Parteivorstand der CDU ab und erreichte so die Umwandlung der Union in eine Blockpartei.
1948
Der SMAD-Befehl 35/48 vom 26. Februar führte zur Auflösung der Entnazifizierungskommissionen in der SBZ. Die Entnazifizierung wurde offiziell zum 10. März abgeschlossen. Insgesamt waren über eine halbe Million Menschen aus Dienststellen und staatlichen Einrichtungen entfernt worden.
Der zweite Deutsche Volkskongress in Ost-Berlin am 17./18. März verständigte sich darauf, einen Deutschen Volksrat zu berufen, der den Auftrag erhielt, eine Verfassung einer Deutschen Demokratischen Republik für ganz Deutschland auszuarbeiten. Dieser nahm unter dem Vorsitz von Wilhelm Pieck (SED), Wilhelm Külz (LDP) und Otto Nuschke (CDU) am 19. März seine Arbeit auf. Dessen Ausschuss zur Erarbeitung einer Verfassung wurde von Otto Grotewohl geleitet.[18]
Die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) beschloss am 5. Mai die Einrichtung eines Ausschusses zum Schutz des Volkseigentums (ASV).
In den drei westlichen Besatzungszonen fand am 20. Juni eine Währungsreform statt. Am 23. wurde die D-Mark auch in West-Berlin eingeführt. Die Sowjetunion verhängte am 24. als Reaktion auf die mit ihr nicht abgestimmte Währungsreform in den Westzonen und damit faktische wirtschaftliche Spaltung Deutschlands eine Blockade über die drei Westsektoren Berlins.
Vom 24. bis 28. Juni fand in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und Ost-Berlin eine eigene Währungsreform statt. Es gab viele Provisorien in dieser Zeit, da die Administration von der Währungsreform völlig überrascht wurde. Auf alte Reichsmarknoten wurden neue Wertzeichen geklebt. Diese Geldscheine wurden im Volksmund Koupon-Mark genannt.
Die Deutsche Volkspolizei (DVP) stellte ab dem 3. Juli kasernierte Bereitschaften auf.
Die SED beschloss am 16. September die Einrichtung einer Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK).
Am 13. Oktober förderte der Bergmann Adolf Hennecke in einer Schicht 24,4 m³ Kohle und überbot damit das Tagessoll um 387 %. Damit wurde die Aktivistenbewegung in der SBZ bzw. späteren DDR gegründet, die zur Leistungssteigerung ohne (oder fast ohne) finanzielle Anreize auffordern sollte. So orientierte man sich auch in diesem Bereich an der Sowjetunion. Die Stachanow-Bewegung der Sowjetunion diente als Vorlage für die Hennecke-Bewegung in der SBZ bzw. der späteren DDR.
Am 22. Oktober schloss der Ausschuss des Deutschen Volksrats seine Arbeit an einer Verfassung einer Deutschen Demokratischen Republik ab. Diese wurde am 19. März des folgenden Jahres vom Deutschen Volksrat angenommen.
Am 15. November begann vor der Ersten Großen Strafkammer in Leipzig auf Befehl 201/48 der Sowjetischen Militäradministration der erste der beiden „Leipziger Prozesse“ gegen 25 Angeklagte des Leipziger Unternehmens HASAG. Im „Prozess Kamienna-Tschenstochau“ zu den Verbrechen an den jüdischen Zwangsarbeitern in Skarżysko-Kamienna wurden am 22. Dezember 1948 vier Angeklagte zum Tode verurteilt.
1949
Am 14. Januar erging der Befehl Nr. 2 des Präsidenten der DVdI, Kurt Fischer, zur „Reinigung der Polizei von unerwünschten Elementen“.
Auf ihrer 1. Parteikonferenz vom 25. bis 28. Januar beschloss die SED die Neuausrichtung der Partei im Stile der sowjetischen KPdSU. Ein Politbüro wurde gebildet und der demokratische Zentralismus als Organisationsprinzip eingeführt.
Die Dezernate und Kommissariate K 5 wurden am 6. Mai aus der Kriminalpolizei herausgelöst. Unter der Führung von Erich Mielke wurden eigenständige Organisationseinheiten einer politischen Polizei gebildet, die später als Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft in das neu gebildete Ministerium des Innern (MdI) eingingen.
Am 12. Mai hob die Sowjetunion um 0:00 Uhr die Blockade West-Berlins auf, nachdem sie erkennen musste, dass die USA und Großbritannien entschlossen waren, die Berliner Luftbrücke, die die Versorgung West-Berlins garantierte, unbegrenzt weiterzuführen.
In der sowjetischen Besatzungszone fanden am 15./16. Mai die Wahlen zum 3. Deutschen Volkskongress statt, allerdings nach Einheitslisten. Trotz erheblicher Wahlfälschungen entfielen nur etwa 66 Prozent der Stimmen auf die Einheitsliste. Am 23. Mai wurde das vom Parlamentarischen Rat am 8. Mai beschlossene Grundgesetz verkündet; damit war die Bundesrepublik Deutschland konstituiert.
Am 24. Mai begann der zweite der beiden „Leipziger Prozesse“ gegen Angeklagte des Leipziger Unternehmens HASAG. Im „Prozess Tschenstochau“ zu den Verbrechen an den Zwangsarbeitern in Tschenstochau wurden am 17. Juni sowie am 29. Juli 1949 vier Angeklagte zum Tode verurteilt.[19]
Vom 29. Mai bis 3. Juni fand der dritte Deutsche Volkskongress statt. Die mehr als 2.000 Mitglieder wählten den Zweiten Deutschen Volksrat als ständiges Organ. Nur 25 Prozent seiner 330 Mitglieder stammten aus den Westzonen. Der Volkskongress bestätigte am 30. Mai einstimmig die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. In der Bundesrepublik fanden am 14. August die Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag statt, der am 15. September Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler wählte, nachdem zuvor Theodor Heuss am 12. September in der ersten Bundespräsidentenwahl zum Bundespräsidenten gewählt worden war. Am 7. Oktober konstituierte sich der Zweite Deutsche Volksrat als Provisorische Volkskammer und setzte die Verfassung der DDR in Kraft, womit die Deutsche Demokratische Republik gegründet war.
Bevölkerungsentwicklung
Ende 1945 wurde in der SBZ eine erste Volkszählung durchgeführt. Dabei wurden fast 16,2 Millionen Menschen gezählt, fast eine Million mehr als zur letzten Volkszählung 1939. Dieses waren vor allem Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.
Land/Provinz | Einwohner am 1. Dezember 1945 |
Einwohner am 17. Mai 1939 |
Veränderung |
---|---|---|---|
Provinz Mark Brandenburg | 2.317.906 | 2.355.615 | −1,6 % |
Land Mecklenburg-Vorpommern | 1.946.896 | 1.478.685 | +31,7 % |
Provinz Sachsen | 3.900.381 | 3.431.093 | +13,7 % |
a) ohne Regierungsbezirk Erfurt | 3.209.645 | 2.999.671 | +7,0 % |
b) Anhalt | 690.736 | 431.422 | +16,0 % |
Land Thüringen | 2.776.773 | 2.446.909 | +13,5 % |
a) Thüringen | 2.081.891 | 1.795.469 | +16,0 % |
b) Regierungsbezirk Erfurt | 694.882 | 650.840 | +6,8 % |
Land Sachsen | 5.252.670 | 5.480.713 | −4,2 % |
Sowjetische Besatzungszone insg. | 16.194.626 | 15.192.415 | +6,6 % |
1946 waren 57,5 % der Bevölkerung Frauen, das waren etwa 135 Frauen auf 100 Männer.[20] Im Dezember 1947 wurden 4.379.000 ehemalige Flüchtlinge und Vertriebene in der SBZ gezählt, das waren etwa 24,3 % der Gesamtbevölkerung.[21]
Begrifflichkeit
- 1945–1949
Im Osten Deutschlands wurde dieses Gebiet offiziell als sowjetische Besatzungszone, sowjetische Zone oder Ostzone bezeichnet, sowie gelegentlich auch als unsere Zone oder Zone.[22][23][24]
Im Westen wurde meist von Sowjetzone oder Ostzone gesprochen.
- Nach 1949
Seit der Gründung der DDR wurde der Begriff Sowjetische Besatzungszone offiziell nur noch für die Zeit vorher verwendet. In der Bevölkerung blieben die Bezeichnungen Zone oder Ostzone aber noch viele Jahre umgangssprachlich gebräuchlich, meist mit einem negativen Unterton. Dieses wurde von staatlicher Seite als bösartige Missachtung der Eigenstaatlichkeit der DDR verstanden.
Im Westen blieb dagegen vor allem der Begriff Sowjetzone gebräuchlich, um die Abhängigkeit von der Sowjetunion zu zeigen. Dazu gab es gelegentlich das Adjektiv sowjetzonal. Außerdem wurde von Ostzone, SBZ oder später Zone gesprochen. Die damaligen Bundesregierungen wollten die Existenz eines eigenständigen ostdeutschen Staates nicht anerkennen (siehe auch Alleinvertretungsanspruch). Für staatliche Dienststellen war die entsprechende Verwendung von SBZ ausdrücklich vorgeschrieben.[25] Walter Ulbricht wurde auch gerne als Zonenvogt bezeichnet, um dessen politische Abhängigkeit zu aufzuzeigen. Erst seit den 1970er Jahren wurde gelegentlich auch von der DDR gesprochen.
Reste dieser Begriffsverwendung fanden sich noch über das Ende der DDR hinaus, etwa in dem Begriff des Zonenrandgebiets, dessen Unterstützung im Zonenrandförderungsgesetz bis zu dessen Aufhebung 2006 geregelt war,[26] und existieren noch heute im Begriff des Sowjetzonenflüchtlings. Diesen Status konnte nach dem Bundesvertriebenengesetz eine Person erhalten, die vor dem 1. Juli 1990 die DDR verlassen hat. Ebenso hielt sich die Bezeichnung Interzonenzug über die gesamte Geschichte der DDR.
Im November 1989 nutzte die Satirezeitschrift Titanic auf ihrem Titelbild die nach der SBZ benannte Figur der Zonen-Gaby mit einer geschälten Salatgurke und dem Ausspruch „Meine erste Banane“.[27] Als abwertende Bezeichnung für Ostdeutsche wurde das Wort Zoni verwendet.
Siehe auch
Literatur
- Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone. Oldenbourg, München 1993, ISBN 978-3-486-55262-1.
- Stefan Creuzberger: Die sowjetische Besatzungsmacht und das politische System der SBZ (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Bd. 3). Böhlau, Weimar u. a. 1996, ISBN 3-412-04596-9.
- Andreas Hilger, Mike Schmeitzner, Clemens Vollnhals (Hrsg.): Sowjetisierung oder Neutralität?. Optionen sowjetischer Besatzungspolitik in Deutschland und Österreich 1945–1955 (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Bd. 32). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 978-3-525-36906-7.
- Dietrich Staritz: Geschichte der DDR. Erweiterte Neuausgabe, Frankfurt 1996, ISBN 3-518-11260-0.
- Gesamtdeutsches Institut (Hrsg.): Geteilte Hoffnung. Deutschland nach dem Kriege. 1945–1949. 2., aktualisierte Auflage, Bonn 1990. (Katalog zur gleichnamigen, unter Leitung von Werner Weidenfeld erarbeiteten, Ausstellung des Instituts)
- Norman M. Naimark: Die Russen in Deutschland. Die sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949. Berlin 1997, ISBN 3-549-05599-4.
- Andreas Petersen: Die Moskauer. Wie das Stalintrauma die DDR prägte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019, ISBN 978-3-10-397435-5.
- Karl-Heinz Schöneburg, R. Mand, H. Leichtfuß, K. Urban: Vom Werden unseres Staates – Eine Chronik, Band 1, 1945–1949. Staatsverlag zu Berlin, 1966.
- Ministerium für gesamtdeutsche Fragen (Hrsg.): SBZ von A–Z – Ein Taschen- und Nachschlagebuch über die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands. 1. bis 10. Aufl., 1953 bis 1966.
Weblinks
- Der Weg in die Diktatur (1945 bis 1949) Bundeszentrale für politische Bildung, von Andreas Malycha, mit vielen Informationen
- Literatur von und über Sowjetische Besatzungszone im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Anmerkungen
- Deutlich hinter der SED lagen LDPD und CDU. Die SPD trat nur in Berlin an.
Einzelnachweise
- Konstantin Pritzel: Die Wirtschaftsintegration Mitteldeutschlands. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969, S. 17.
- Befehl Nr. 1 Über die Organisation der militärischen Administration zur Verwaltung der sowjetischen Okkupationszone in Deutschland. 9. Juni 1945. In: archive.org (Volltext)
- Einführung zum Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945 1000 Dokumente, von Arnd Bauerkämper
- Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945/Einführung 1000 Dokumente, von Arnd Bauerkämper, mit einigen Angaben zur Vorgeschichte
- Der Weg in die Diktatur (1945 bis 1949) Bundeszentrale für politische Bildung, von Andreas Malycha, mit vielen Informationen zur Entwicklung des Parteiensystems der SBZ
- Wolfgang Leonhardt: Die Revolution entlässt ihre Kinder, 1957, mit dieser Aussage, die Ulbricht zugeschrieben wurde, aber sonst nicht nachgewiesen ist
- BArch DX 1/1
- Konstantin Pritzel: Die Wirtschaftsintegration Mitteldeutschlands. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969, S. 19.
- Konstantin Pritzel: Die Wirtschaftsintegration Mitteldeutschlands. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969, S. 17 f.
- Konstantin Pritzel: Die Wirtschaftsintegration Mitteldeutschlands. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969, S. 20.
- Achim Kilian: Die Häftlinge in den sowjetischen Speziallagern der Jahre 1945–1950. Zusammenfassung des derzeitigen Kenntnisstandes hinsichtlich Zahl, Verbleib und Zusammensetzung nach Internierungsgründen. In: Materialien der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages. Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit. Nomos Verlagsgesellschaft, 1999, S. 373–440, ISBN 978-3-7890-6354-1.
- Befehl Nr. 17 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland betreffend die Einsetzung von deutschen Zentralverwaltungen in der sowjetischen Besatzungszone vom 27. Juli 1945. In: archive.org.
- SMAD-Befehl Nr. 201 bei Wikimedia Commons
- DWK-Ausführungsbestimmungen Nr. 1 zu SMAD-Befehl Nr. 201 bei Wikimedia Commons
- DWK-Ausführungsbestimmungen Nr. 2 zu SMAD-Befehl Nr. 201 bei Wikimedia Commons
- DWK-Ausführungsbestimmungen Nr. 3 zu SMAD-Befehl Nr. 201 bei Wikimedia Commons
- Gerhard Fieberg/Harald Reichenbach (Hrsg.): Erlass des Chefs der Deutschen Justizverwaltung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland bei der DWK vom 18. September 1947 zur Durchführung des Befehls Nr. 201 der SMAD. Enteignung und offene Vermögensfragen in der ehemaligen DDR, Band I, Köln 1991, Dokument 2.9.9.4.
- Wolfgang Benz: Zwei Staatsgründungen auf deutschem Boden. Informationen zur politischen Bildung, Heft 259, 23. April 2005.
- Andrea Lorz: 60 Jahre Leipziger Prozesse um die nationalsozialistischen Verbrechen in den HASAG-Werken in Skarzysko-Kamienna und Tschenstochau. Januar 2010. In: calendar.boell.de (PDF)
- Arnd Bauerkämper, Die Sozialgeschichte der DDR, 2005, S. 12
- Johannes-Dieter Steinert: Die große Flucht und die Jahre danach. In: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine perspektivische Rückschau. Herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, München 1995, ISBN 3-492-12056-3, S. 561.
- Bücher mit Ostzone in der Deutschen Nationalbibliothek
- Neues Deutschland vom 28. Juni 1949, S. 1 unserer Zone (in Vernachlässigtes Volkseigentum), S. 3 Größter Hörsaal der Zone; S. 4 Ostzone (in Wettbewerb), S. 6 Zonen-Endspiel (in Fußballsonntag) Artikelanfänge
- Neues Deutschland vom 11. Oktober 1949, S. 3 Denkmalpflege in der Zone; S. 5 Winter-Stromversorgung in der Ostzone (Überschriften und Artikelanfänge), noch einige Tage nach der begonnenen Staatsgründung
- Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 10. Juni 1960, Nr. 26. Bekanntmachung Nr. 283, S. 121.
- BGBl. 2006 I S. 894.
- Titanic-Archiv mit Download des Heftes 11/1989 als PDF
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