Sūmitsu-in

Das Sūmitsu-in (jap. 枢密院) war ein Beratungsgremium des japanischen Kaisers (Tennō) von 1888 bis 1947.

Das Gebäude des Sūmitsu-in, errichtet 1922
Sitzung des Sūmitsu-in ein Jahr vor seiner Auflösung, 1946
Sūmitsu-in Kaigi no Zu (枢密院会議之図, dt. „Treffen des Sūmitsu-ins [mit dem Kaiser]“). Farbholzschnitt von Yōshū Chikanobu, 1888

Als Vorbild diente das Privy Council des britischen Monarchen, daher wird es ebenfalls als Privy Council bezeichnet, auf deutsch Geheimer Rat, Kronrat oder Staatsrat.

Das Sūmitsu-in wurde auf kaiserlichen Erlass am 28. April 1888 unter dem Vorsitz von Itō Hirobumi eingerichtet.[1] Erste Aufgabe war, einen Entwurf für eine japanische Verfassung zu erstellen. Damit stand es in Konkurrenz zum Senat, dem Genrōin, dessen Verfassungsentwurf ein Jahrzehnt vorher u. a. von Itō Hirobumi als zu liberal abgelehnt wurde.

Die neue, sogenannte Meiji-Verfassung erwähnt das Sūmitsu-in kurz in Kapitel 4, Artikel 56: „Der Kronrat soll, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen über die Organisation des Kronrats, über wichtige Staatsangelegenheiten beraten, wenn er vom Kaiser konsultiert wird.“

Der Kronrat beriet den Kaiser in wichtigen Angelegenheiten, darunter:

Der Kronrat hatte damit sowohl judikative als auch einige exekutive Funktionen. Er hatte jedoch keine legislativen Befugnisse, denn er konnte keine Gesetze einbringen.

Der Kronrat bestand aus einem Vorsitzenden (枢密院議長, sūmitsu-in gichō), einem stellvertretenden Vorsitzenden (枢密院副議長, sūmitsu-in fuku-gichō) ohne Stimme, 12 (später 24) Ratsmitgliedern (枢密顧問官, sūmitsu komonkan), einem Chefsekretär und drei zusätzlichen Sekretären. Alle Ratsangehörigen, den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden eingeschlossen, wurden vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt, auf Ratschlag des Premierministers und des Kabinetts.

Zusätzlich zu den 24 stimmberechtigten Mitgliedern waren der Premierminister und die anderen Minister ex-officio Mitglieder des Kronrats. Die Prinzen des Kaiserhauses (sowohl der shinnōke als auch der ōke) waren mit Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls berechtigt, an Sitzungen teilzunehmen. Der Vorsitzende hatte besondere Rechte, denn er rief die Sitzungen ein und bestimmte die Tagesordnung. Der Kronrat traf sich im Geheimen im Kaiserpalast, bei wichtigen Sitzungen in Anwesenheit des Kaisers. Es war berechtigt, jegliche Fragen zu beraten, zu denen der Kaiser eine Meinung einholen wollte.

Einschätzungen des politischen Einflusses des Sūmitsu-in reichen von Behauptungen, dass es die mächtigste Einrichtung der Meiji-Regierung war (rein rechtlich wohl zutreffend), bis hin zu Behauptungen, dass es völlig nebensächlich bei der Gestaltung der nationalen Politik war (in der tatsächlichen Praxis wohl so). In den ersten Jahren nach der Gründung hatten viele Minister und andere einflussreiche Politiker auch einen Sitz im Kronrat. Später jedoch wurde es zu einem Club der „old boys“, der oft im Konflikt mit der Regierung stand[2]. Bei mehreren Versuchen des Sūmitsu-in, Entscheidungen der Regierung zurückzuweisen, und sich in außenpolitischen Fragen durchzusetzen, wurde klar, dass das Machtgleichgewicht zu Gunsten der Regierung ausfiel. Beim Angriff auf Pearl Harbor und der folgenden Kriegserklärung wurde der Kronrat gar nicht erst zu Rate gezogen.

Mit dem Erlass der Nachkriegsverfassung am 3. Mai 1947 wurde der Sūmitsu-in aufgelöst.

Vorsitzende

#NameAmtszeit
01Itō Hirobumi30. April 188830. Oktober 1889
02Ōki Takatō24. Dezember 18891. Juni 1891
03Itō Hirobumi1. Juni 18918. August 1892
04Ōki Takatō8. August 189211. März 1893
05Yamagata Aritomo11. März 189312. Dezember 1893
06Kuroda Kiyotaka17. März 189425. August 1900
07Saionji Kimmochi27. August 190013. Juli 1903
08Itō Hirobumi13. Juli 190321. Dezember 1905
09Yamagata Aritomo21. Dezember 190514. Juni 1909
10Itō Hirobumi14. Juni 190926. Oktober 1909
11Yamagata Aritomo26. Oktober 19091. Februar 1922
12Kiyoura Keigo8. Februar 19227. Januar 1924
13Hamao Arata13. Januar 192425. September 1925
14Hozumi Nobushige1. Oktober 19258. April 1926
15Kuratomi Yūzaburō12. April 19263. Mai 1934
16Ichiki Kitokurō3. Mai 193413. März 1936
17Hiranuma Kiichirō13. März 19365. Januar 1939
18Konoe Fumimaro5. Januar 193924. Juni 1940
19Hara Yoshimichi24. Juni 19407. August 1944
20Suzuki Kantarō7. August 19447. Juni 1945
21Hiranuma Kiichirō9. April 19453. Dezember 1945
22Suzuki Kantarō15. Dezember 194513. Juni 1946
23Shimizu Tōru13. Juni 194626. September 1946

Quellen

  • W.G. Beasley: The Rise of Modern Japan. Palgrave Macmillan, 2000, ISBN 0-312-23373-6.
  • Kenneth W. Colgrove: The Japanese Privy Council. 1931.
  • S. Noma (Hrsg.): Privy Council. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 1231.
  • Andrew Gordon: A Modern History of Japan: From Tokugawa Times to the Present. Oxford University Press, 2003, ISBN 0-19-511061-7.
  • Marius B. Jansen: The Making of Modern Japan. Belknap Press, 2000, ISBN 0-674-00991-6.

Einzelnachweise

  1. Beasley: The Rise of Modern Japan. S. 68
  2. Gordon: A History of Modern Japan. S. 92
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