Rum Rebellion
Die Rum Rebellion (deutsch: Rum-Rebellion) von 1808, auch Rum Puncheon Rebellion (deutsch: Rumfass-Rebellion) genannt, war der einzige erfolgreiche bewaffnete Aufstand gegen eine Regierung in der Geschichte Australiens. Der Gouverneur von New South Wales, William Bligh, wurde von dem New South Wales Corps unter dem Kommando von Major George Johnston gemeinsam mit John Macarthur am 26. Januar 1808, dem 20. Jahrestag der europäischen Besiedlung durch Arthur Phillip in Australien, festgesetzt. Danach wurde die Kolonie durch den dienstältesten Militäroffizier, der in Sydney als Vizegouverneur stationiert war, bis zur Ankunft des britischen Generalmajors Lachlan Macquarie regiert, der als neuer Gouverneur im Jahre 1810 seinen Dienst aufnahm.
Der Begriff Rum Rebellion wurde durch den englischen Quäker namens William Howitt geprägt, der heute durch Historiker infrage gestellt wird, da die Rebellion durch andere Ursachen, durch einen Machtkampf zwischen Regierung und privaten Interessen, entstand.
Ernennung zum Gouverneur
William Bligh, allgemein bekannt für seine Absetzung als Kapitän bei der Meuterei auf der Bounty, war ein Marineoffizier und der vierte Gouverneur von New South Wales. Er folgte Gouverneur Philip Gidley King im Jahre 1805, als ihm diese Position von Sir Joseph Banks angeboten wurde. Es ist möglich, dass er von der britischen Regierung ausgesucht wurde, weil ihm ein Ruf als harter Mann vorauseilte. Er hatte eine gute Chance, das rebellische New South Wales Corps zu befrieden, wozu seine Vorgänger nicht in der Lage waren.[2] Bligh verließ England Richtung Sydney mit seiner Tochter, Mary Putland, und ihrem Ehemann, der im Januar 1808 plötzlich im Vorfeld der Rum Rebellion starb. Blighs Ehefrau war in England geblieben.[3]
Noch vor seiner Ankunft führte sein Führungsstil zu Problemen mit Untergebenen. Die Admiralität gab das Kommando des Schiffskonvois an die Porpoise und den niederrangigen Kapitän Joseph Short, während William Bligh ein Transportschiff befehligte. Dies führte zu Auseinandersetzungen, die darin resultierten, dass Captain Joseph Short über den Schiffsbug von Bligh feuerte, um ihn zu zwingen, seine Signale zu beachten.[4] Als dies misslang, versuchte Short, Leutnant Putland, Blighs Schwiegersohn, zu befehlen, ihm beim Feuer auf Blighs Schiff beizustehen.[5] Bligh ging jedoch an Bord der Porpoise und übernahm die Kontrolle des gesamten Schiffskonvois.
Als sie Sydney erreichten, enthob Bligh Short von seinem Kapitänsamt, unterstützt durch die Aussagen von zwei Offizieren an Bord der Porpoise. Bligh übertrug das Kommando an seinen Schwiegersohn Putland und entzog Short auch die Rechte auf 2,4 Quadratkilometer Land als Bezahlung für die Reise. Short wurde nach der Ankunft in Sydney nach England zurückgeschickt und vor das Kriegsgericht gestellt, das ihn allerdings von dieser Anklage freisprach.[4]
Der Präsident des Gerichts, Sir Isaac Coffin, schrieb an die Admiralität und machte belegbare Aussagen gegen Bligh, die beinhalteten, dass er Offiziere beeinflusst habe, falsche Testate gegen Short auszustellen. Blighs Ehefrau erwirkte eine Erklärung von einem der Offiziere, der diese Aussagen zurückwies. Sir Joseph Banks und andere Unterstützer von Bligh arbeiteten erfolgreich gegen die Absetzung von Bligh als Gouverneur.[5]
Ankunft in Sydney
Schon kurz nach seiner Ankunft in Sydney im August 1806 gab Bligh Grußadressen weiter an Major George Johnston als Vertreter des Militärs, an Richard Atkins als Vertreter der Zivilverwaltung und an John Macarthur als Vertreter der freien Siedler. Kurz danach erhielt er Grußadressen von den freien Siedlern aus Sydney und der Hawkesbury-River-Region mit insgesamt 369 Unterschriften – manche nur als Kreuz – mit der Erklärung, dass Macarthur sie nicht vertrete, dass sie ihn für seine Schafhaltung tadelten, wie auch für die Preisentwicklung von Hammelfleisch.[3]
Berichten der Farmer zufolge war ihr Land vom Hawkesbury River überflutet worden, was ein großes wirtschaftliches Problem dieser Kolonie sei. Eine der ersten Maßnahmen von Bligh war, den Bedürftigsten Lieferungen zuzuteilen. Außerdem wurden Regelungen für Kreditvergaben entwickelt, die die Zahlungskraft ihrer Geschäfte berücksichtigte. Dies trug Bligh die Dankbarkeit der Farmer ein, aber auch die Feindschaft der Händler des Corps, die sich an der Notlage der Bauern gerne bereichert hätten.[4]
Bligh, der den Weisungen des Colonial Office unterlag, versuchte die Handelskonditionen in der Kolonie zu normalisieren, indem er den Tauschhandel durch den Gebrauch der Spirituosen als Zahlungsmittel untersagte. Im Jahre 1807 schlug Bligh dem Colonial Office vor, trotz des zu erwartenden Widerstandes die Praxis zu unterbinden, wonach im Tauschhandel Spirituosen als Zahlungsmittel verwendet wurden. Robert Stewart, Viscount Castlereagh, vom Colonial Office antwortete Bligh, er habe dessen Anweisungen am 31. Dezember 1807 erhalten. Die Instruktionen würden den Tauschhandel mit Spirituosen stoppen und H.V. Evatt schloss in seiner Geschichte der Rebellion, dass “… Bligh was authorised to prevent free importation, to preserve the trade under his entire control, to enforce all penalties against illegal import, and to establish regulations at his discretion for the sale of spirits” (deutsch: „… Bligh war ermächtigt, den Alkoholimport zu beschränken, den Handel zu schützen und vollständig unter seine Kontrolle zu bringen, alle Strafen gegen illegalen Import auszuschöpfen und den Handel mit Alkoholika nach eigenem Ermessen zu regeln.“)[6] Evatt zufolge schwächten diese Maßnahmen die Monopolisten in der Kolonie und dienten, indem dem Handel der Wohlhabenden Grenzen gesetzt wurden, der Wohlfahrt der armen Siedler. Bligh beendete die bisherige Praktik, den ohnehin vermögenden und den einflussreichen Kolonisten große Ländereien zuzusagen. Ihm selbst wurden während seines Aufenthaltes in New South Wales etwa 16 Quadratkilometer Land zugesprochen, je zur Hälfte für ihn und für seine Tochter.[7]
Bligh brachte weitere Kolonisten gegen sich auf. Zunächst schritt er nicht gegen die Revolte einer Gruppe irischer Angeklagter ein, als dann jedoch sechs dieser Sträflinge entlassen und acht angeklagt wurden, verhängte er gegen alle Arrest.[4] Ohne nähere Begründung enthob Bligh den Chefchirurgen der Kolonie D’Arcy Wentworth seines Amtes; er verurteilte drei Händler zu einem Monat Gefängnis und beschrieb dies in einem Brief als wohlüberlegte Offensive.[8] Bligh entließ auch Thomas Jamison, den einflussreichen Generalarzt von New South Wales bezeichnete er als ungeeignet für leitende Verwaltungsaufgaben: Jamison hatte sich neben seinen Amtspflichten zunehmend dem Seehandel gewidmet, er war ein Freund und Geschäftspartner Macarthurs. Jamison vergaß Bligh nicht, dass dieser ihn wegen seines Handelsgeschäftes entlassen hatte, und unterstützte die spätere Amtsenthebung von Bligh.[9]
Im Oktober 1807 beschwerte sich Major George Johnston schriftlich bei dem Oberbefehlshaber der britischen Armee, dass Bligh Truppen des New South Wales Corps beleidigt und behindert habe.[10] Es ist deutlich, dass Bligh sich die meisten der einflussreichen Persönlichkeiten der Kolonie zum Feind gemacht hatte. Er hatte sich auch in Widerspruch zu zahlreichen Personen gesetzt, als er anordnete, dass sie, da sie Land von der Regierung in Sydney gepachtet hatten, ihre Häuser auf dem Pachtgrund zu verlassen haben.[8]
Feindschaft zwischen Bligh und Macarthur
John Macarthur erreichte Australien mit dem New South Wales Corps im Jahre 1790 als Leutnant und gegen 1805 verfolgte er landwirtschaftliche und kommerzielle Interesse in der Kolonie. Er war als ein erfolgreicher Pionier der australischen Schafszucht anerkannt. Er hatte mit den Gouverneuren vor Bligh Auseinandersetzungen und hatte drei Duelle ausgefochten: Duffy sieht in diesem Verhalten in seiner Biografie über Macarthur den Schlüssel zu seinem Charakter und seinem überzogenen Trachten nach Anerkennung.[11]
Die Interessen von Bligh und von Macarthur gerieten in zahlreichen Bereichen aneinander. Bligh stoppte Macarthur in der Verteilung billiger und großer Mengen von Wein an das Corps. Er stoppte auch Macarthurs ungesetzlichen Import von Destillerien. Macarthurs Interesse an einem Land, das ihm Gouverneur King bewilligt hatte, geriet in Konflikt mit den Interessen von Bligh an dessen Stadtplanung. Macarthur und Bligh hatten weitere Meinungsunterschiede, die auch einen Konflikt für einen Schiffslandeplatz umfasste. Im Juni 1807 flüchtete ein Sträfling und verließ Sydney auf einem vom Macarthurs Schiffen und im Dezember 1807, als dieses Schiff nach Sydney zurückkam, wurde die Schifffahrtsgenehmigung von Macarthur als nicht mehr ausreichend und als verwirkt betrachtet.[12]
Bligh hatte den Rechtsanwalt Richard Atkins mit der Ausfertigung eines Widerrufs der Schifffahrtsgenehmigung Macarthurs für den 15. Dezember 1807 beauftragt. Macarthur missachtete diese Anordnung und wurde arrestiert, kam aber frei, als er sein Erscheinen auf der nächsten Sitzung vor dem Kriminalgericht in Sydney am 25. Januar 1808 zusicherte. Das Gericht setzte sich mit Atkins und sechs Offizieren des Corps zusammen.[4]
Macarthur beanstandete Atkins’ Teilnahme am Verfahren gegen ihn, weil er sein Schuldner war und sein unerbittlicher Feind.[13] Atkins lehnte dies ab, aber der Protest von Macarthur hatte die Unterstützung der anderen sechs Mitglieder des Gerichts zur Folge, alle Offiziere des Corps. Ohne den Rechtsanwalt konnte das Gerichtsverfahren nicht fortgeführt werden und das Gericht wurde aufgelöst.[12]
Bligh beschuldigte die sechs Offiziere der Meuterei und bestellte Major George Johnston ein, um mit ihm über diese Angelegenheit zu verhandeln. Johnston antwortete, dass er verhindert sei,[4] weil sein Schiff am Abend des 24. Januar auf dem Nachhauseweg nach Annandale, nach einem Essen mit den Offizieren des Corps, gesunken sei.[7]
Amtsenthebung von Bligh
Am Morgen des 26. Januar 1808 ordnete Bligh erneut die Verhaftung von Macarthur und ebenso die Rückgabe der Gerichtsunterlagen an, die nun in den Händen des Corps lagen. Das Corps antwortete mit der Anforderung eines neuen Rechtsanwalts und der Entlassung von Macarthur gegen Kaution. Bligh bestellte die Offiziere ins Regierungshaus in Sydney ein, um die Angelegenheit rechtlich zu beantworten und informierte Major Johnston, dass er die Handlung der Offiziere des Corps als verräterisch erachte.[12]
Johnston ging stattdessen ins Gefängnis und gab den Befehl, Macarthur freizulassen. Eine Petition wurde aufgesetzt, die Johnston aufforderte, Bligh zu verhaften und durch die Kolonie anzuklagen. Die Petition war durch die Offiziere des Corps und weitere prominente Bürger unterzeichnet. Aber nach Evatts Bericht forderten die meisten Unterzeichner lediglich, Bligh unter Hausarrest zu stellen. Johnston konsultierte anschließend die Offiziere und gab stattdessen den Befehl aus, dass Bligh „charged by the respectable inhabitants of crimes that render you unfit to exercise the supreme authority another moment in this colony; and in that charge all officers under my command have joined.“ Johnston ging zu Bligh und appellierte an ihn, zurückzutreten und sich in Arrest zu begeben.[4]
Um sechs Uhr nachmittags marschierte das Corps zum Government House, um Bligh zu verhaften.[4] Sie wurden daran von Blighs Tochter und ihrem Sonnenschirm gehindert.[7] Aber Captain Thomas Laycock schließlich fand Bligh in voller Uniform hinter seinem Bett, wo er sich hinter Papier versteckte.[4]
Bligh wurde als Feigling dargestellt, aber Duffy stellt richtig, dass sich Bligh versteckte, weil er die Eskalation und den Coup vereiteln wollte.[7] In seinem Buch Captain Bligh’s andere Meuterei stimmt Stephen Dando-Collins darin überein und geht so weit, dass Bligh beabsichtigte, nach Hawkesbury zu reisen und die dortige Garnison gegen Johnston zu führen.[14] Während des Jahres 1808 wurde Bligh im Government House festgehalten. Er weigerte sich, nach England zu gehen, ohne zuvor rechtmäßig aus seiner Pflicht entlassen worden zu sein.[12]
Johnston ernannte Charles Grimes, einen allgemeinen Sachverständigen, zum Rechtsanwalt und befand Macarthur und die sechs Offiziere für unschuldig.[4] Macarthur wurde zum Colonial-Sekretär ernannt und begann, sich um die geschäftlichen Angelegenheiten der Kolonie zu kümmern.[13]
Ein weiterer prominenter Gegner von Bligh, Thomas Jamison, wurde zum Seeoffizier der Kolonie (vergleichbar mit einem Verwalter der Zolleinnahmen und Ausbilder) ernannt. Jamison wurde wieder in die Verwaltung rückversetzt, was ihm und den Offizieren des Corps ermöglichte, Blighs persönliche Unterlagen auf Beweise von Fehlern bei seiner Amtsenthebung zu untersuchen. Im Juni 1809 segelte Jamison nach London, um seine geschäftlichen Interessen zu unterstützen und um Gegenbeweise für die Strafverfolgung von Bligh zu sammeln, die gegen die Meuterer vorgebracht werden dürften.
Jamison starb in London gegen Beginn des Jahres 1811 und hatte dadurch keine Gelegenheit, beim anstehenden Kriegsgerichtsverfahrens auszusagen, das im Juni des Jahres 1811 begann.[15]
Ernennung eines neuen Gouverneurs
Auf Blighs Sturz folgte Johnston als Gouverneur auf Weisung seines vorgesetzten Offiziers, Oberst William Paterson, der in Tasmanien die Siedlung am Port Dalrymple (heute Launceston) begründet hatte. Paterson war den eindeutigen Anordnungen, die ihn aus England erreichten, widerwillig gefolgt. Als er erkannte, dass Joseph Foveaux im März mit Befehlen aus England nach Sydney zurückkam, um selber Vizegouverneur zu werden, verließ Paterson Foveaux, um über diese aktuelle Situation zu verhandeln.[16]
Foveaux kam im Juli an und übernahm die Kolonie, was Macarthur verärgerte. Seit diesem Beschluss, der von England erwartet war und geprägt von dem Eindruck, dass Blighs Verhalten unveränderbar war, ließ Foveaux Bligh unter Hausarrest stellen und widmete seine Aufmerksamkeit der Verbesserung von Straßen, Brücken und öffentlichen Gebäuden in der Kolonie, die sträflich vernachlässigt worden waren. Als zu seinen Maßnahmen kein Wort aus England zu hören war, bestellte er Paterson im Januar 1809 nach Sydney ein, um die Angelegenheit zu klären.[17]
Paterson sandte Johnston und Macarthur zur Gerichtsverhandlung nach England und begrenzte Blighs Aufenthalt auf Kasernen, bis er den Vertrag zu seiner Rückkehr nach England unterschrieb. Paterson, dessen Gesundheit sich verschlechterte, kehrte in das Regierungsgebäude in Parramatta zurück und überließ Foveaux die Kolonie.[16]
Im Januar 1808 erhielt Bligh die Kontrolle über die HMS Porpoise unter der Maßgabe, dass er nach England zurückkehren würde. Jedoch segelte Bligh nach Hobart in Tasmanien und suchte die Unterstützung des Vizegouverneurs David Collins, um die Kontrolle über die Kolonie wieder zurückzugewinnen. Collins unterstützte ihn nicht[12] und auf Patersons Anordnungen sollte Bligh das Schiff Porpoise verlassen und in Hobart bis zum Januar 1810 vor Anker gehen.[13]
Das Colonial Office entschied letztlich, dass das Entsenden von Gouverneuren des Marine-Militärs nicht haltbar war. Das New South Wales Corps, nun 102nd Regiment of Foot (Infanterie) genannt, wurde nach England zurückbeordert und ersetzt durch das 73rd Regiment of Foot (Infanterie), dessen kommandierender Offizier dem Gouverneur unterstellt wurde. Bligh wurde für 24 Stunden als Gouverneur angestellt und nach England zurückbefohlen. Johnston wurde ebenso nach England vor das Militärgericht befohlen und Macarthur nach Sydney. Generalmajor Lachlan Macquarie befahl Generalmajor Miles Nightingall, seine Mission zu übergeben; dieser erkrankte, bevor er abdankte. Macquarie übernahm das Gouverneursamt, das ihm in einer feierlichen Zeremonie am 1. Januar 1810 übergeben wurde.[18]
Nachwirkung
Gouverneur Macquarie setzte alle Offiziellen wieder ein, die durch Johnston und Macarthur entlassen worden waren und annullierte Land- und Eigentumswechsel, die seit der Amtsenthebung von Bligh durchgeführt worden waren. Obwohl Ruhe eingekehrt war, machte er Zusagen für Unterstützungen und verhinderte Rache.[19] Als Bligh die Neuigkeit von Macquaries Ankunft erreichte, segelte er von Hobart nach Sydney, das er am 17. Januar 1810 erreichte, um Beweise für die Anklage vor einem Kriegsgericht gegen Major George Johnston zu sammeln. Er segelte für das Kriegsgerichtsverfahren am 12. Mai nach England ab und erreichte es am 25. Oktober 1810 an Bord der Hindostan.[12]
Die Regierungsverantwortlichen in England hatten Informationen von beiden Seiten bereits gehört und waren weder von Macarthurs und Johnstons Aussagen gegen Bligh noch von Blighs übellaunigen Briefen, in denen er die Schlüsselfiguren der Kolonie des unakzeptablen Verhaltens beschuldigte, beeindruckt. Johnston wurde kriegsrechtlich verurteilt, für schuldig befunden und abgesetzt; die niedrigste Strafe, die möglich war. Er war danach in der Lage, als freier Bürger zu seinem Besitz in Annaddale in Sydney zurückzukehren. Macarthur wurde nicht verurteilt, aber ihm war die Erlaubnis bis ins Jahr 1817 verweigert, nach New South Wales zurückzukehren, weil er sein Fehlverhalten nicht eingestand.[13]
Die Ernennung von Bligh zum Admiral wurde bis zum Ende des Kriegsgerichtsverfahren von Johnston zurückgehalten. Danach wurde er rückwirkend zum 31. Juli 1810 ernannt und er erhielt eine Position, die er sich wünschte. Er verfolgte eine Karriere als Marineoffizier in der Admiralität in unspektakulärer Weise und starb 1817.[4]
Macquarie war von der Qualität von Joseph Foveaux als Verwalter beeindruckt. Er wollte Foveaux als Nachfolger von Collins als Vizegouverneur von Tasmanien einsetzen, weil er davon ausging, dass eine Zusammenarbeit mit Bligh nicht möglich ist. Jedoch kehrte Foveaux im Jahre 1810 nach England zurück, da er vor das Kriegsgericht geladen wurde, um über die Arrestierung und Verhaftung von Bligh auszusagen, deshalb wurde der Wunsch von Macquarie ignoriert. Foveaux kam 1811 in den aktiven Dienst zurück und erhielt ein Kommando für ein leichtes Regiment und er verfolgte danach eine wenig ereignisreiche Militär-Karriere, die ihn bis in den Rang eines Generalleutnants beförderte.[17]
Ursachen der Rum Rebellion
Michael Duffy, ein Journalist, schrieb 2006:
“The Rum Rebellion has slipped into historical oblivion because it is widely misunderstood. It is popular belief that the autocratic Bligh was removed because he threatened the huge profits that were being made from trading in spirits by the officers of the NSW Corps and by businessmen such as John Macarthur. This view suggests it was nothing more than a squabble between equally unsavoury parties. The conflict had greater depth than that of a mere squabble, however. Essentially it was the culmination of a long-running tussle for power between the government and private entrepreneurs, a fight over the future and the nature of the colony. The early governors wanted to keep NSW as a large-scale open prison, with a primitive economy based on yeomen ex-convicts and run by government fiat.”
„Die Rum Rebellion geriet historisch in Vergessenheit, da sie gänzlich falsch verstanden wurde. Allgemein wird nämlich angenommen, der autoritäre Bligh sei abgesetzt worden, da sein Eingreifen die gewaltigen Gewinne gefährdete, welche die Offiziere des New South Wales Corps und Geschäftsleute wie John Macarthur im Spirituosenhandel machten. Demnach seien sich lediglich zwei gleichermaßen unerfreuliche Interessengruppen in die Quere gekommen. Der Streit ging jedoch tiefer als ein bloßes Gezänk. Im Kern spitzte sich darin ein langjähriger Machtkampf zwischen der Regierung und Unternehmern zu, ein Kampf um die Zukunft und das Wesen der Kolonie. Die ersten Gouverneure wollten New South Wales im Status eines Großraumgefängnisses erhalten, dessen primitives Wirtschaftsleben durch freigelassene ehemalige Sträflinge betrieben und nach den Wünschen der Regierung gelenkt würde.“[7]
Duffy ist der Auffassung, dass es bei diesem Aufstand um mehr als Rum ging:
“… almost no one at the time of the rebellion thought it was about rum. Bligh tried briefly to give it that spin, to smear his opponents, but there was no evidence for it and he moved on. Many years later, in 1855, an English Quaker named William Howitt published a popular history of Australia. Like many teetotallers, he was keen to blame alcohol for all the problems in the world. Howitt took Bligh's side and invented the phrase Rum Rebellion, and it has stuck ever since.”
„… kaum jemand dachte zur Zeit der Rebellion, dass es um Rum gehe. Bligh versuchte kurzzeitig, den Streit so darzustellen, um seine Gegner zu beschädigen, mangels Beweisen aber ließ er dies fallen. Viele Jahre später, 1855, veröffentlichte ein englischer Quaker namens William Howitt eine populäre Geschichte Australiens. Wie viele Abstinenzler war er bestrebt, im Alkohol die Ursache aller Übel der Welt auszumachen. Howitt schlug sich auf Blighs Seite und erfand den Begriff "Rum-Rebellion", der den Ereignissen seither anhaftet.“[7]
Einige Historiker bezweifeln, dass Blighs Wirtschaftspolitik den Aufstand ausgelöst habe: schließlich hätte die Abberufung Blighs nichts an der Linie des Colonial Office geändert, die ein neuer Gouverneur einfach weiterverfolgen werde. Vielmehr habe Bligh den niederen Adel in New South Wales gesellschaftlich zurückgesetzt und diesen dadurch gegen sich aufgebracht. Duffy stellt in seiner Geschichte des frühen Australien Macarthurs Beschwerden als lächerlich dar und stimmt Evatt darin zu, dass Macarthur in zwei der drei gegen ihn vorgebrachten Punkte juristisch schuldig sei, darunter auch als Rädelsführer eines Aufstandes.[9] Beide stellen fest, dass Bligh im Rahmen der ihm erteilten Vollmachten und damit rechtmäßig handelte. Personen festzunehmen und das Gericht zu bedrohen, dasselbe zu tun, wenn es Fehlurteile fällt, kann als legale Problematik gegen Autorität verstanden werden. Duffy stellt fest: Wäre Johnston am 25. Januar einbestellt worden, hätte sich die Rum Rebellion nie ereignet.[7]
Rum Rebellion in der Literatur
Die Rum Rebellion findet auch in der Literatur ihren Niederschlag. In dem vierteiligen Kinderbuchroman Abby-Lynn-Saga von Rainer M. Schröder gehört der Held Melvin Chandler zu den ehrlichen Händlern und Kaufleuten, die versuchen, den Rumhandel zu legalisieren.
Literatur
- Duffy, Michael: Man of Honour: John Macarthur. Sydney, Macmillan Australia, 2003.
- H. V. Evatt: Rum Rebellion: A Study Of The Overthrow Of Governor Bligh By John Macarthur And The New South Wales. 1943.
- Tom Frame: Who'll watch guardians when ex-officers rule us? The Australian, 23. Januar 2008.
- Fitzgerald, Ross and Hearn, Mark: Bligh, Macarthur and the Rum Rebellion. Kenthurst: Kangaroo Press, 1988.
- Ritchie, John: The Wentworths: Father and Son. Melbourne, Melbourne University Press, 1997.
- James Spigelman: Coup that paved the way for our attention to rule of law. In: Opinion. Sydney Morning Herald, 23. Januar 2008, abgerufen am 23. Januar 2008. (Spigelman ist der Justizminister von New South Wales.)
Einzelnachweise
- First Australian political cartoon fuels Rum Rebellion folklore. (PDF) In: Media Releases. State Library of New South Wales, 2008, archiviert vom am 29. Februar 2008; abgerufen am 4. Februar 2008: „When an unknown artist created Australia’s first political cartoon, little did he know his drawing would seep into the country’s folklore and shape the perceptions on Governor Bligh’s dramatic arrest and overthrow, 200 years ago on Australia Day. This cartoon [was] created within hours of the mutiny and ridicul[es] Bligh. The coloured work depicts the hunted Governor being dragged from underneath a bed by the red-coated members of the NSW Corps, later referred to as the Rum Corps. “It was very unlikely that Bligh would have hidden under the bed, the image was political propaganda, intending to portray Bligh as a coward.” The slur on Bligh’s character created by the cartoon was extremely powerful. The work was first illuminated by candles and displayed prominently in the window of Sergeant Major Whittle’j house. Throughout the years the image continued to blur the reality about the true events of the rebellion.“ Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Duffy, S. 248–249.
- Ritchie, S. 102
- A. W. Jose et al. (Hrsg.): The Australian encyclopaedia. Band 1. Angus & Robertson, Sydney 1927, S. 171–172.
- Rex Rienits (Hrsg.): Australia’s Heritage. Band 1. Paul Hamlyn, Sydney 1970, S. 254–257.
- Evatt, S. 88–89
- Michael Duffy: Proof of history’s rum deal In: Sydney Morning Herald. 28. Januar 2006.
- Ritchie, S. 106–110
- John Macarthur (1767–1834), pioneer and founder of the wool industry. In: The Biography of Early Australia. bendigolive.com, abgerufen am 6. August 2006 (englisch).
- The Australian Encyclopaedia. Band 1, S. 686.
- Duffy: S. 4–7.
- Series 40: Correspondence, being mainly letters received by Banks from William Bligh, 1805–1811. In: Papers of Sir Joseph Banks: Section 7 – Governors of New South Wales. State Library of New South Wales, archiviert vom am 16. Februar 2006; abgerufen am 26. März 2006. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- A. W. Jose et al. (Hrsg.): The Australian encyclopaedia. Band 2. Angus & Robertson, Sydney 1926, S. 3–4.
- Stephen Dando-Collins: Captain Bligh’s Other Mutiny. 2007.
- Vivienne Parsons: Australian Dictionary of Biography. National Centre of Biography, Australian National University, Canberra 1967, Jamison, Thomas (1753–1811) – (adb.anu.edu.au).
- A. W. Jose et al. (Hrsg.): The Australian encyclopaedia. Band 2. Angus & Robertson, Sydney 1926, S. 278–279.
- A. W. Jose et al. (Hrsg.): The Australian encyclopaedia. Band 2. Angus & Robertson, Sydney 1927, S. 485–486.
- The Australian Encyclopaedia. Band 2, S. 15.
- The Australian Encyclopaedia. Band 2, S. 196.