Rubinit

Das Mineral Rubinit ist ein seltenes Inselsilikat aus der Obergruppe der Granate mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca3Ti3+2Si3O12. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Struktur von Granat.

Rubinit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2016-110[1]

IMA-Symbol

Rbi[2]

Chemische Formel Ca3Ti3+2Si3O12[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Inselsilikate (Nesosilikate)
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Ia3d (Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230[4][3]
Gitterparameter a = synthetisch: 12,1875 Å[4]
Formeleinheiten Z = 8[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht bestimmt
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,611[4]
Spaltbarkeit nicht beobachtet[3]
Bruch; Tenazität nicht beobachtet[3]
Farbe nicht beobachtet[3]
Strichfarbe nicht beobachtet[3]
Transparenz nicht beobachtet[3]
Glanz nicht beobachtet[3]
Kristalloptik
Brechungsindex n = nicht bestimmt
Doppelbrechung isotrop

Rubinit tritt in Form von wenigen µm großen, rundlichen Körnern in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAI) in Kohligen Chondriten des Typs CV3 auf. Seine Typlokalitäten sind die Meteoriten Allende und Vigarano. Rubinit gehört zu den ersten Mineralen, die sich bei der Abkühlung des präsolarem Nebels am Anfang der Entstehung unseres Sonnensystems bildeten.[3][5]

Etymologie und Geschichte

Die Verbindung Ca3Ti3+2Si3O12 wurde im Jahr 2011 von Martin Valldor André Uthe und Reinhard Rückamp an der Universität zu Köln synthetisiert.

Hochschmelzende Rückstände aus der Anfangszeit unseres Sonnensystems in CAIs mehrerer CV3-Chondrite, darunter auch der Vingarano-Meteorit, wurden von der Arbeitsgruppe um Chi Ma am California Institute of Technology in Pasadena, USA untersucht. Dabei konnten sie 2012 im Scandium-Granat Eringait einem erheblichen Anteil an dreiwertigem Titan (Ti3+) nachweisen.[6] Fünf Jahre später gelang ihnen im gleichen Meteoriten die Charakterisierung eines Granates, der vorwiegend aus der Ti3+-Komponente besteht. Sie nannten dieses neue Mineral der Granatgruppe Rubinit nach Alan E. Rubin, einem Kosmochemiker der University of California, in Anerkennung seiner zahlreichen Beiträge zur Erforschung von Meteoriten.[3]

Klassifikation

Die strukturelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Rubinit zur Granat-Obergruppe, wo er zusammen mit Menzerit-(Y), Pyrop, Grossular, Spessartin, Almandin, Goldmanit, Momoiit, Knorringit, Uwarowit, Andradit, Calderit, Eringait, Majorit und Morimotoit die Granat-Gruppe mit 12 positiven Ladungen auf der tetraedrisch koordinierten Gitterposition bildet.[7]

Die seit 1977 veraltete 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz führt den Rubinit nicht auf. Er würde zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Eringait, Henritermierit, Hibschit, Holtstamit, Hydrougrandit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Uwarowit, Wadalit und Yamatoit (diskreditiert, da identisch mit Momoiit) zur „Granatgruppe“ mit der System-Nr. VIII/A.08 innerhalb der Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ gehören.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Rubinit ebenfalls noch nicht auf. Hier würde er jedoch auch in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ eingeordnet werden. Diese ist hier weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Inselsilikate ohne zusätzliche Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und gewöhnlich größerer Koordination“ zu finden wäre, wo es zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Henritermierit, Holtstamit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin und Uwarowit zur „Granatgruppe“ mit der System-Nr. 9.AD.25 gezählt werden würde. Ebenfalls zu dieser Gruppe gezählt wurden die mittlerweile nicht mehr als Mineral angesehenen Granatverbindungen Blythit, Hibschit, Hydroandradit und Skiagit. Wadalit, damals noch bei den Granaten eingruppiert, erwies sich als strukturell unterschiedlich und wird heute mit Chlormayenit und Fluormayenit einer eigenen Gruppe zugeordnet.[7] Die nach 2001 beschriebenen Granate Irinarassit, Hutcheonit, Kerimasit, Toturit, Eringait und Menzerit-(Y) wären hingegen in die Granatgruppe einsortiert worden.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Rubinit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ einordnen. Hier würde er zusammen mit Andradit, Goldmanit, Uwarowit und Yamatoit in der „Granatgruppe (Ugrandit-Reihe)“ mit der System-Nr. 51.04.03b innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [6] und >[6]-Koordination“ zu finden sein.

Chemismus

Rubinit ist das Titan (Ti3+)-Analog von Grossular und bildet komplexe Mischkristalle vor allem mit Eringait, Hutcheonit, Kimzeyit und dem Mg-Analog von Morimotoit. Die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität Allende ist

  • [X](Ca2,94Na0,08)[Y](Ti3+1,05Ti4+0,66Mg0,12Sc3+0,13V3+0,04Fe2+0,04Zr4+0,04)[Z](Si2,38Al0,38Ti4+0,24)O30[3]

und kann als Mischkristall von Rubinit (52 Mol-%) mit 19 mol-% Hutcheonit, 12 mol-% Mg-Morimotoit und 6 mol-% Eringait aufgefasst werden.

Der „Rubinit“ aus der zweiten Typlokalität, dem Vigarano-Meteoriten, enthält weniger Titan, ist reich an Yttrium (Y3+) und Zirconium (Zr4+) und hat die Zusammensetzung

  • [X](Ca1,98Y3+0,83Mg0,28)[Y](Ti3+0,59Sc3+0,50Zr4+0,72Mg0,20V3+0,02Cr3+0,01)[Z](Si1,64Al1,18Ti4+0,07Fe2+0,06)O30.[3]

Dies entspricht einem Kimzeyit (36 mol-%) mit rund 30 mol-% Rubinit und 15 mol-% eines hypothetischen Yttrium-Scandium-Aluminium-Granates.

Kristallstruktur

Rubinit kristallisiert mit kubischer Symmetrie in der Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230 mit 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Das synthetische Endglied hat den Gitterparameter a = 12,1875 Å.[4][3]

Die Kristallstruktur ist die von Granat. Calcium (Ca2+) besetzt die dodekaedrisch von 8 Sauerstoffionen umgebenen X-Positionen, Titan (Ti3+) die oktaedrisch von 6 Sauerstoffionen umgebene Y-Position und die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebenen Z-Position ist vollständig mit Silicium (Si4+) besetzt.[3]

Bildung und Fundorte

Wie Eringait gehört Rubinit zu den ersten festen Materialien im präsolarem Nebels. Er bildete sich bei sehr hohen Temperaturen und extrem niedrigen Sauerstofffugazitäten durch Resublimation oder kristallisierte aus einer Calcium-, Titan- und Aluminium-reichen Schmelze.[3]

Rubinit wurde bislang (2020) nur in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAIs) von CV3-Chondriten gefunden.[9]

Im Vigarano-Meteoriten tritt Rubinit zusammen mit Zr-Panguit, Spinell und Davisit-reichen Diopsid in amöboiden Olivinaggregaten auf.[3]

Im Allende-Meteoriten wurde Rubinit im flockigen (fluffy) Typ-A CAI AE01-01 gefunden. Er tritt hier zusammen mit Gehlenit, Perowskit, Spinell, Hibonit, Korund, Davisit, Grossmanit und Eringait auf. Als sekundäre Bildung findet sich noch Anorthit, Grossular und Na-Melilith.[3]

Im 1962 nahe der gleichnamigen staatlichen Farm bei Pawlodarin Kasachstan entdeckten Efremovka-Meteoriten[10][11] wurde Rubinit in den kompakten Typ-A CAIs E101, E105 und 40E-1 gefunden. Hier tritt er mit Perowskit, Spinell und Grossmanit als Einschluss in Gehlenit auf.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. Chi Ma, Takashi Yoshizaki, Alexander N. Krot, John R. Beckett, Tomoki Nakamura, Kazuhide Nagashima, Jun Muto, Marina A. Ivanova: Discovery of Rubinite, Ca3Ti3+2Si3O12, a New Garnet Mineral in Refractory Inclusions from Carbonaceous Chondrites. In: 80th Annual Meeting of the Meteoritical Society. 2017 (hou.usra.edu [PDF; 146 kB; abgerufen am 29. Oktober 2022]).
  4. Martin Valldor, André Uthe, Reinhard Rückamp: Antiferromagnetic Ground State of Quantum Spins in the Synthetic Imanite, Ca3Ti2Si3O12: The Lost Child of the Garnet Family. In: Inorganic Chemistry. Band 50, Nr. 20, 2011, S. 10107–10112, doi:10.1021/ic201057h.
  5. C. Ma, T. Yoshizaki, T. Nakamura, J. Muto: Rubinite, IMA 2016-110. In: CNMNC Newsletter. Band 36, 2017, S. 343 (rruff.info [PDF; 505 kB; abgerufen am 29. Oktober 2022]).
  6. Chi Ma: Discovery of meteoritic Eringaite, Ca3(Sc,Y,Ti)2Si3O12, the first solar garnet? In: 75th Annual Meteoritical Society Meeting (2012). 2012 (lpi.usra.edu [PDF; 70 kB; abgerufen am 29. Oktober 2022]).
  7. Edward S. Grew, Andrew J. Locock, Stuart J. Mills, Irina O. Galuskina, Evgeny V. Galuskin, Ulf Hålenius: IMA Report – Nomenclature of the garnet supergroup. In: American Mineralogist. Band 98, 2013, S. 785–811 (cnmnc.main.jp [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 29. Oktober 2022]).
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 29. Oktober 2022 (englisch).
  9. Fundortliste für Rubinit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 29. Oktober 2022.
  10. Efremovka. In: lpi.usra.edu. Meteoritical Bulletin Database, abgerufen am 29. Oktober 2022.
  11. Efremovka meteorite, Pavlodar, Pavlodar Region, Kazakhstan. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 29. Oktober 2022 (englisch).
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