Roland Dumas

Roland Dumas (* 23. August 1922 in Limoges) ist ein französischer Rechtsanwalt und Politiker (PS). Er war von 1984 bis 1986 und 1988 bis 1993 Außenminister Frankreichs sowie von 1995 bis 2000 Präsident des Conseil constitutionnel (Verfassungsgerichts).

Roland Dumas (1989)

Leben

Dumas’ Vater war zu Beginn des Ersten Weltkriegs eingezogen worden und kämpfte bis zu dessen Ende gegen die „Boches“. Diese Erfahrung machte ihn für den Rest seines Lebens wachsam gegenüber dem deutschen Feind. Seine Einstellung gegenüber Deutschland vermittelte er, sobald der alt genug geworden war, auch seinem Sohn Roland. Gemeinsam saßen sie vor dem Radio, als sie zum ersten Mal eine Rede Adolf Hitlers im Rundfunk hören konnten, und den Vater ergriff die Angst, die Deutschen könnten erneut die Waffen gegen Frankreich erheben. Es verstand sich von selbst, dass sich, als es so weit war, beide der Résistance, dem Widerstand gegen die Deutsche Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg, anschlossen. 1942 wurde Roland Dumas in Lyon verhaftet, weil er gegen ein Konzert der Berliner Philharmoniker demonstriert hatte. Nach seiner Freilassung tauchte er in Paris unter. Sein Vater George wurde am 26. März 1944 mit anderen Zivilisten von deutschen Soldaten der Division Brehmer als Geisel erschossen.[1]

Von 1945 bis 1949 studierte Roland Dumas Jura an der Universität von Paris, am Institut d’études politiques in Paris und an der London School of Economics and Political Science. Als Rechtsanwalt vertrat er zu Beginn der Fünften Republik erfolgreich François Mitterrand (1916–1996) in einem Verleumdungsprozess. Später vertrat er als Prominentenanwalt unter anderem Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Plácido Domingo und Luciano Pavarotti. Er vertrat Pablo Picasso, als dieser sein Bild Guernica zurückführen ließ, und regelte dessen Erbschaftsangelegenheiten.

Politische Karriere

Roland Dumas (links) 1987 zusammen mit Helmut Kohl und Giscard d’Estaing
Unterschrift Dumas’ unter dem Zwei-plus-Vier-Vertrag

1956 bis 1958 wurde Dumas in die französische Nationalversammlung als Abgeordneter der kleinen Union démocratique et socialiste de la Résistance (UDSR) gewählt. Vor den Präsidentschaftswahlen 1965 arrangiert Dumas ein Treffen zwischen dem Kommunisten Émil Waldeck Rochet und Mitterrand, bei dem das Projekt einer linken Union erstmals erörtert wurde. Von 1967 bis 1968 und erneut 1981 wurde Dumas im Département Dordogne in die Nationalversammlung jetzt als Abgeordneter des Parti socialiste gewählt.

1983 wurde Dumas Europaminister unter Präsident Mitterrand. Mitte 1984 wurde er zum Regierungssprecher berufen. Wegen des Tschad-Konflikts wurde er zum Unterhändler mit Libyen ernannt. Von 1984 bis 1986 wurde er Außenminister unter Premierminister Laurent Fabius, während dessen er 1985 das Projekt EUREKA als gemeinsame deutsch-französische Initiative präsentierte. Von 1988 bis 1993 war er erneut Außenminister unter den Premierministern Michel Rocard, Édith Cresson und Pierre Bérégovoy, danach 1995 Präsident des Conseil constitutionnel, des französischen Verfassungsgerichts.

Er war verwickelt in verschiedene Justizaffären (Elf-Affäre) wegen des Verdachts der Korruption. Ihm wurde vorgeworfen, seiner Geliebten Christine Deviers-Joncour zu einer Einstellung bei Elf verholfen zu haben und mit ihr zwischen 1989 und 1993 einen kostspieligen Lebenswandel entwickelt zu haben, den Deviers-Joncour vom früheren Elf-Chef Alfred Sirven aus Fonds des Unternehmens bezahlt bekam. Deviers-Joncour soll ca. 10 Mio. € illegaler Mittel von Sirven erhalten haben, wovon sie allein ca. 2,6 Mio. € in eine luxuriöse Wohnung steckte, in der Dumas jedoch nie gelebt hatte. Letztlich konzentrierte sich der Korruptionsvorwurf gegen Dumas auf eine Reihe aufwendiger Restaurantbesuche (50.000 €), griechische Statuetten (45.000 €) und ein Paar teure, handgenähte Schuhe (1.800 €), die ihm Deviers-Joncour geschenkt hatte. Er war Objekt zahlloser Witze, speziell über den Preis des besagten Schuhwerks. Dumas wurde 2001 zu 30 Monaten Haft, davon 6 ohne Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wurde im Berufungsverfahren 2003 aufgehoben, Dumas wurde freigesprochen. Hintergrund der Korruptionsvorwürfe war ein Verkauf des Rüstungs- und Elektronikkonzerns Thales von sechs Fregatten an Taiwan, gegen den sich Dumas anfangs mit Rücksicht auf die Volksrepublik China ausgesprochen hatte, schließlich jedoch umgeschwenkt war und dem Geschäft zugestimmt hatte.

Während seiner Präsidentschaft des Conseil constitutionnel français hat er die Auffassung bekannt gegeben, dass die juristische Immunität des Präsidenten der Republik die Verbrechen und Delikte des allgemeinen Rechts einschließt. Diese Auffassung war sehr kontrovers wegen der Verwicklung von Präsident Jacques Chirac in zahllose politisch-finanzielle Affären (Wahlfälschungen, frisierte Geschäfte, falsche Rechnungen, Veruntreuung öffentlicher Gelder, öffentliche Aufträge gegen Schmiergelder etc.) und wegen der eigenen Verwicklung von Roland Dumas in die Elf-Affäre. Im Frühjahr 1999 ließ sich Dumas von seinem Vorsitz im Verfassungsgericht beurlauben, ein Jahr später legte er dieses Amt bei Eröffnung des Verfahrens nieder.

Auszeichnungen

Sonstiges

Dumas, der fließend deutsch spricht, räumte 1993 ein, er sei „getränkt von Germanophobie“ gewesen. Dennoch sei es ihm gelungen, mit dem langjährigen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher eine Beziehung „in aller Offenheit“ zu beginnen und „ein totales Vertrauensverhältnis zueinander zu entwickeln“.[1]

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Einzelnachweise

  1. Ulrich Wickert: Und Gott schuf Paris. Hoffmann und Campe, Hamburg 1993, ISBN 3-455-08536-9, S. 339 ff.
  2. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
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