Richard Voß
Richard Voß (andere Schreibweise: Richard Voss;[1] * 2. September 1851 in Neugrape, Kreis Pyritz; † 10. Juni 1918 in Berchtesgaden) war ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Richard Voß unternahm in jungen Jahren zahlreiche Reisen, insbesondere nach Italien. Als Johanniter nahm er am 1870 am Deutsch-Französischen Krieg teil und wurde verwundet. Anschließend studierte er in Jena und München. Ab 1874 lebte er abwechselnd in Königssee bei Berchtesgaden und in Frascati bei Rom. In seinem Haus „Bergfrieden“ in Königssee waren zahlreiche Künstler und Adelige zu Gast, ebenso in der Villa Falconieri in Frascati, die später an Wilhelm II. ging. 1884 wurde er zum Bibliothekar der Wartburg ernannt.
1878 heiratete er Melanie von Glenck. Damit verbarg Voss „ein beispielloses Doppelleben, zu dem er als Homosexueller gezwungen war und das sich in seinem Schaffen niederschlug.“[2] Seine homosexuellen Beziehungen – z. B. mit Ernst von Wildenbruch, Prinz Georg von Preußen (1826–1902), Kurt Martens und seinem „Blutsbruder“ Richard Kandt – machten seinen Umgang in höchsten Kreisen um Kaiser Wilhelm II. derart problematisch, dass er für den Aufenthalt in der Villa Falconieri als zu unwürdig erklärt wurde. Den Grund des Bruchs der leidenschaftlichen Beziehung mit Kandt sah der Antisemit und deutsch-national gesinnte Voß in Kandts jüdischer Herkunft.[3]
Bereits als 10-Jähriger hatte er während seiner Kuraufenthalte in Sankt Zeno bei Bad Reichenhall Mauritia Mayer kennengelernt und war mit ihr trotz des Altersunterschiedes von 18 Jahren bis zu ihrem Tod freundschaftlich eng verbunden.[4] In seinem Bestseller-Roman Zwei Menschen (die Erstausgabe erschien 1911 und erreichte 97. Auflagen in über 1 Million Exemplaren)[5] setzte er ihr in der Hauptfigur Judith Platter ein idealisiert literarisches Denkmal.[4]
Mit der vertriebenen Königin Elisabeth von Rumänien stand er im engen Briefkontakt.[6]
1916 schlug Voß vor, einen überdimensionalen bayerischen Löwen als Kriegerdenkmal in die Falkensteinerwand am Königssee zu schlagen. Um das Projekt zu verhindern, wurde der Vorläufer des heutigen Nationalparks Berchtesgaden geschaffen.
Laut A. Helm war Voß „Morphinist“.[7]
Voß starb am 10. Juni 1918 in Berchtesgaden und wurde dort auch beerdigt. Das von Stephan Sinding geschaffene Urnengrab des Ehepaars Voß ist an der nördlichen, Richtung Bahnhofstraße führenden Mauer auf dem Alten Friedhof neben der Franziskanerkirche.[7]
- Porträt Richard Voß, Radierung in Die Gartenlaube, Sammelband 1896
- Von Hans Richter nachgebildetes Bronzerelief auf dem Soleleitungsweg in Berchtesgaden (1958)
Werke (Auswahl)
- Savonarola, 1876
- Magda, 1879
- Die Patricierin, 1880
- Bergasyl. Ein Berchtesgadener Erzählung, 1882
- San Sebastian. Collection Spemann – Deutsche Hand- und Hausbibliothek 48, Stuttgart 1883
- Der Mohr des Zaren. Schauspiel in 5 Aufzügen. Nach einem Fragment von Puschkin, 1883
- Römische Dorfgeschichten, 1884
- Der Sohn der Volskerin, 1885
- Unehrlich Volk, 1885
- Treu dem Herrn. Schauspiel in 4 Aufzügen, 1886?
- Kinder des Südens. Römische Geschichten, 1888
- Die Sabinerin, 1888
- Alexandra. Drama in 4 Aufzügen, 1888
- Eva. Schauspiel in fünf Akten, 1888 (1889?)
- Wehe dem Besiegten, 1889
- Dahiel, der Konvertit, 1889
- Der Mönch von Berchtesgaden. Erzählung, 1891
- Schuldig, 1892
- Die blonde Kathrein. Ein Märchenspiel nach Andersen in drei Teilen um 1895. Die zur Handlung gehörige Musik ist von Georg Pittrich.
- Villa Falconieri. Die Geschichte einer Leidenschaft, 1896
- Dramen von Richard Voss. Die Patrizierin. Luigia San Felice. Der Mohr des Zahren, 1897
- Unter den Borgia. Eine Erzählung aus dem römischen Mittelalter, 1897;
- Der neue Gott, 1898[8]
- Die Rächerin, 1899
- Südliches Blut. Römische Novellen, 1900
- Allerlei Erlebtes, 1902
- Die Leute von Valdars, 1902
- Wenn Götter lieben. Erzählung aus der Zeit des Tiberius, 1907
- Richards Junge (Der Schönheitssucher), 1908
- Alpentragödie. Roman aus dem Engadin, 1909
- Das verlorene Volk, 1909
- Schönheit. Roman, 1910
- Erdenschönheit. Ein Reisebuch, 1911
- Zwei Menschen. Roman in drei Teilen, 1911
- Kundry. Die Geschichte einer Leidenschaft, 1913
- Das Mädchen von Anzio. Der Roman einer deutschen Romreisenden, 1913
- Kentaurenliebe. Zus. mit Die Toteninsel. Zwei antike Novellen, 1913
- Amata. Zus. mit Liebesopfer. Zwei antike Novellen, 1913
- Die Insel der schönen Menschen und andere Geschichten, 1914
- Mit Weinlaub im Haar. Roman, 1915
- Grosse Welt. Ein römischer Sittenroman, 1917
- Das Haus der Grimani. Roman, 1917
- Eine Frau vom Lande. Roman, 1917
- Die Erlösung, 1918
- Narzissenzauber. Eine römische Novelle. Mit e. Einl. von J. R. Haarhaus, 1919
- Aus einem phantastischen Leben. Erinnerungen, 1920
- Du mein Italien. Aus meinem römischen Leben, (vor 1920)
- Aus meinem Reisebuch. Skizzen und Stimmungen, (vor 1920)
- Der Polyp und andere römische Geschichten, (vor 1920)
- Die Sybille von Tivoli. Eine Geschichte aus dem Sabinergebirge, (vor 1920)
- Ein Königsdrama. Roman aus einem deutschen Herrscherhause, (vor 1921)
Verfilmungen
- Eva, deutsches Stummfilmdrama mit Henny Porten in der Hauptrolle, Regie: Curt A. Stark, 1913.
- Schuldig, deutsches Stummfilmdrama mit Eduard von Winterstein, Martha Angerstein und Harry Liedtke in den Hauptrollen, Regie: Hans Oberländer, 1913.
- Alexandra, deutscher Stummfilm von Curt A. Stark mit seiner Ehefrau Henny Porten in der Hauptrolle, 1914.
- Alpentragödie, deutscher Stummfilm aus dem Jahr 1927, inszeniert von Robert Land.
- Villa Falconieri, Regie: Richard Oswald, 1928.
- Sein Bestseller-Roman Zwei Menschen wurde mehrfach verfilmt, u. a.:
- Zwei Menschen, Stummfilm, 1924–26.
- Zwei Menschen, mit Gustav Fröhlich, 1930.
- Zwei Menschen, mit Edith Mill, Helmuth Schneider und Alice Verden, 1952.
Auszeichnungen
- 1914: Ehrenbürgerwürde der damals eigenständigen Gemeinde Königssee.[9][10]
Postume Ehrungen
- In Schönau am Königssee wurde eine Straße nach Richard Voß benannt, die von der Königsseer Straße abzweigend, kurz vor dem großen Parkplatz am Königssee, zum Ortsteil Schwöb führt.[11][12]
- Im Berchtesgadener Ortsteil Mitterbach wurde zu Ehren seiner Romanfigur in Zwei Menschen eine Stichstraße zur Vorderbrandtstraße in Judith-Platter-Weg benannt.[13]
- In Obersalzberg, heute ebenfalls zu Berchtesgaden gehörig, war die Pension Moritz ebenfalls zu Ehren seiner Romanfigur Judith Platter zwischen 1920 und 1945 in Pension- bzw. Volkshotel Platterhof umbenannt worden.
- Ein bereits 1902 von Josef Kopf in Rom gefertigtes Bronzerelief mit einem Seitenprofil des Dichters war nach dessen Tod in eine Felswand am Anfang des Soleleitungswegs in Berchtesgaden eingelassen,[14] allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebrochen und gestohlen worden.[15] 1958 wurde es von Hans Richter (1931–2014)[16] nachgebildet und an gleicher Stelle wieder angebracht.[15]
Literatur
- Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und männlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, MännerschwarmSkript-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-928983-65-2. Überarbeitete Taschenbuchausgabe: Suhrkamp, Frankfurt 2001, ISBN 3-518-39766-4. S. 714f.
- Manfred Feulner: Richard Voß in Berchtesgaden. Berchtesgadener Anzeiger, Berchtesgaden 1998. ISBN 3-925647-22-8
- A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973; S. 376–378.
- Hellmut Schöner (Hrsg.): Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes, Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, ISBN 3-87490-528-4; S. 579, 580.
- Richard Voß: Die Todteninsel, Novelle. In: Die Gartenlaube. Heft 1–4, 1888, S. 12–64 (Volltext [Wikisource]).
Weblinks
- Literatur von und über Richard Voß im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Richard Voß im Projekt Gutenberg-DE
- Werke von Richard Voß bei Open Library
- Manuskripte und Briefe in Bibliotheken und Archiven, online unter dichterwiki.lib.byu.edu
Einzelnachweise
- U. a. siehe Katalog der Deutschen Nationalbibliothek zu ihm, ist eine andere Schreibweise seines Nachnamens Voss.
- Richard Voß 1850–1918 , Zitat aus Verweis bzw. Klappentext zu dem von Christiane Baumann im Brill Verlag erschienenen Titel, online unter brill.com
- Artikel. In: B.U. Hergemöller (Hrsg.): Mann für Mann. Biografisches Lexikon. Frankfurt/M. 2001
- Wolfgang Lindner: Begegnung in Reichenhall – Richard Voss und Mauritia („Moritz“) Mayer (PDF) In: Heimatblätter, Beilage von Reichenhaller Tagblatt und Freilassinger Anzeiger, Ostern 2009, siehe S. 1–4 von 4 Seiten, 850-bad-reichenhall.de
- Irene Zanol: Die Rezeption von Richard Voss’ Bestseller Zwei Menschen (PDF; 29 Seiten) Seminar-Arbeit am Ende des Wintersemesters 2009/2010, Institut für Germanistik, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
- Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und männlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, MännerschwarmSkript-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-928983-65-2. Überarbeitete Taschenbuchausgabe: Suhrkamp, Frankfurt 2001, ISBN 3-518-39766-4. S. 371f.
- A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 377, 378.
- Bühnenbild aus der Schlussszene, doi:10.5169/seals-572466#751
- Richard Voß (Memento vom 8. März 2007 im Internet Archive), Kurzvita, online unter berchtesgaden.de
- A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 376
Laut A. Helm wurde er bereits 1910 mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet. - Richard-Voß-Straße, siehe google.com/maps
- A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 376, 377
Laut A. Helm wurde in der ehemals eigenständigen Gemeinde Königssee der Talergrabenweg in Richard Voßweg umbenannt – womöglich handelt es sich bereits hierbei um die jetzige Richard-Voß-Straße in Schönau am Königssee. - Judith-Platter-Weg, siehe google.com/maps
- A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. S. 377
- Hellmut Schöner: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I. S. 579
- Dieter Meister: Im »öffentlichen Raum« Spuren hinterlassen, Artikel im Berchtesgadener Anzeiger vom 9. Mai 2015, online unter berchtesgadener-anzeiger.de.