Schwimmlebermoos
Das Schwimmlebermoos (Ricciocarpos natans, Syn.: Ricciocarpus natans), auch als Schwimmendes Lebermoos und (Schwimmendes) Wasser-Sternlebermoos bezeichnet, ist ein auf Gewässern flottierendes Lebermoos mit weltweiter Verbreitung. Die Art, die eine eigene (monotypische) Gattung bildet, tritt regional nur selten und unstetig auf. Sie ist auch von Nicht-Moosspezialisten zumindest in der aquatilen Form gut zu erkennen und kaum mit anderen schwimmenden Wasserpflanzen wie Wasserlinsen, Algenfarnen oder Riccia-Arten zu verwechseln. Durch Gewässerverschmutzung und -eutrophierung wird das Schwimmlebermoos verdrängt.
Schwimmlebermoos | ||||||||||||
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Schwimmlebermoos (Ricciocarpos natans) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Ricciocarpos | ||||||||||||
Corda | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Ricciocarpos natans | ||||||||||||
(L.) Corda |
Merkmale
Die ein- oder zweihäusig auftretende Art besteht aus einem fächer- bzw. herzförmigen (= viertel- bis halbrosettigen), zwei- bis dreimal geteilten Thallus, der vier bis neun Millimeter breit und zehn Millimeter lang wird. Oberseits ist dieser grün gefärbt und gefeldert. Am Rand sowie unterseits ist die Färbung braun bis violett. Bei der Schwimmform sind lange, bandförmige, am Rand gezähnte Bauchschuppen vorhanden, die ins Wasser hinabhängen. Außerdem werden reichlich glattwandige Rhizoide (Wurzelfilz) an der Unterseite ausgebildet. Das Grundgewebe ist mit Ölkörperzellen sowie mit vieleckigen Luftkammern ausgestattet. Die Atemöffnungen sind von fünf bis sechs zartwandigen Grenzzellen umgeben. Gametangien (Behälter der Fortpflanzungsorgane) sitzen eingesenkt in der Mittelfurche des Thallus. Die generative Vermehrung spielt aber – zumindest in Europa – anscheinend nur eine untergeordnete Rolle; Sporogonen werden hier wohl nur sehr selten ausgebildet. In Amerika sollen dagegen einhäusige Exemplare dominieren, die regelmäßig fruchten.[1]
Eine wesentliche Überdauerungs- und Ausbreitungsstrategie ist die vegetative Teilung durch das Auseinanderbrechen der Thalli in kleinere Abschnitte. Diese werden durch Anhaftung an Wasservögeln (Epichorie) auch in andere Gewässer verfrachtet. Im Herbst sinken sie auf den Gewässergrund, um im folgenden Frühjahr wieder an die Oberfläche aufzusteigen. In dieser Phase sind die flottierenden Thallusabschnitte oft sehr kleinwüchsig und damit bei flüchtiger Betrachtung nur schlecht von Wasserlinsen zu unterscheiden. Im Zuge zeitweiliger Gewässeraustrocknung kann eine im Aussehen abweichende Landform entstehen; sie wächst in zwei bis drei Zentimeter ausgebreiteten (Voll-)Rosetten aus hellgrünen Thalli und mit stark verkürzten Bauchschuppen. Die terrestrische Form kann theoretisch mit bestimmten Sternlebermoosen der Gattung Riccia – beispielsweise Riccia glauca – verwechselt werden, die allerdings andere Lebensraumansprüche haben.
Verbreitung und Standortansprüche
Das Schwimmlebermoos ist kosmopolitisch insbesondere in wärmebegünstigten Bereichen der gemäßigten Zonen verbreitet; auf der Nordhalbkugel reicht das Areal bis zum 62. Breitengrad, in der Südhemisphäre bis 45°. In Europa finden sich Vorkommen von Südfinnland und Mittelschweden im Norden bis nach Norditalien und zum Kaukasus im Süden. West-östlich reicht das Areal hier von den Britischen Inseln bis nach Moskau. Das Moos kommt aber oft nur zerstreut und zudem manchmal unbeständig vor. In Deutschland beispielsweise werden vor allem Stromtäler und Flussniederungen des Flachlandes punktuell besiedelt, Gebirgsregionen nur selten.
Die Art bevorzugt meso- bis eutrophe (mäßig nährstoffreiche), phosphatarme, schwach nitrat-, aber ammoniumhaltige Stillgewässer in (halb-)besonnter bis schattiger, windgeschützter Lage; dies können beispielsweise ufernahe Abschnitte von Tümpeln, Gräben, ruhigen Seebuchten und sommerwarmen Altwässern sein, aber auch Schlenken in Erlenbrüchen und Auwäldern. Schwimmlebermoos bildet pflanzensoziologisch eine eigene, artenarme Assoziation, das sogenannte Ricciocarpetum natantis, und ist oft mit Wasserlinsengewächsen wie der Dreifurchigen Wasserlinse oder auch mit seinem näheren Verwandten, dem Flutenden Teichlebermoos vergesellschaftet. Bei Überhandnehmen von Wasserlinsen etwa infolge erhöhter Phosphatkonzentration oder verstärkter Sonnenexposition wird die Art zurückgedrängt. Rückzugsräume findet sie in Großseggenrieden, zwischen Röhrichthalmen oder unter Ufergebüschen. Ein Teppich des Schwimmlebermooses zeichnet sich typischerweise durch einen aufgelockerten Aspekt aus, da die unter Wasser abgespreizten Bauchschuppen für einen gewissen Abstand zwischen den Thalli sorgen. Auf diese Weise kann auch mehr Licht in das Gewässer eindringen als etwa bei Beständen aus dicht angelagerten Sprossgliedern von Wasserlinsen.
Schwimmlebermoos ist daran angepasst, dass das Gewässer beziehungsweise dessen Uferzone periodisch trockenfallen kann. Auf dem freigelegten Schlamm- oder Lehmboden bildet die Pflanze dann eine Landform. Dazu werden zunächst die Bauchschuppen reduziert und es kommt zur Verankerung der Rhizoide im durchfeuchteten Substrat. In länger anhaltenden Trockenphasen können sich vollrosettige und entsprechend deutlich breitere Thalli entwickeln.
Gefährdung
Auf Gewässereutrophierung oder auch die Einschwemmung von Herbiziden reagiert die Art empfindlich und ist zudem konkurrenzschwach gegenüber eutraphenten Pflanzen wie den Wasserlinsen. Unter anderem in Mitteleuropa ist das Schwimmlebermoos nach deutlichen Rückgängen inzwischen eine recht seltene und bedrohte Spezies.
Rote-Liste-Status (Auswahl)[2][3]
- Bundesrepublik Deutschland: 3 – gefährdet
- Baden-Württemberg: 3 – gefährdet[4]
- Berlin: 0 – ausgestorben oder verschollen[5]
- Brandenburg: 3 – gefährdet[6]
- Mecklenburg-Vorpommern: ungefährdet[7]
- Niedersachsen/Bremen: 3 – gefährdet[8]
- Nordrhein-Westfalen: 2 – stark gefährdet[9]
- Sachsen: V – Vorwarnliste[10]
- Sachsen-Anhalt: 3 – gefährdet[11]
- Schleswig-Holstein: 2 – stark gefährdet[12]
- Österreich: 2 – stark gefährdet[13]
- Schweiz: VU – gefährdet/verletzlich (außerdem „geschützte Art“ nach NHV, Anhang 2)[14]
Quellen
Literatur
- Jan-Peter Frahm, Wolfgang Frey: Moosflora. 4. Auflage. UTB 1250, Ulmer, Stuttgart 2004, S. 52. ISBN 3-8252-1250-5.
- Christel Kasselmann: Aquarienpflanzen. Ulmer Verlag, Stuttgart 1995; 2., überarbeitete und erweiterte Auflage 1999, ISBN 3-8001-7454-5, S. 405.
- Heinz-Dieter Krausch: Farbatlas der Wasser- und Uferpflanzen. Ulmer, Stuttgart 1996, S. 174. ISBN 3-8001-3352-0.
- Richard Pott: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. Ulmer, Stuttgart 1992, S. 42. ISBN 3-8252-8067-5.
- Michael Sauer (Bearb.): Ricciaceae, Sternlebermoose. In: Martin Nebel, Georg Philippi (Hrsg.): Die Moose Baden-Württembergs. Band 3: Spezieller Teil (Bryophyta: Sphagnopsida, Marchantiophyta, Anthocerotophyta). Ulmer, Stuttgart 2005, S. 114 ff. ISBN 3-8001-3278-8.
Einzelnachweise
- Website der Essex Botany and Mycology Groups (Memento des vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- G. Ludwig, R. Düll, G. Philippi, M. Ahrens, S. Caspari, M. Koperski, S. Lütt, F. Schulz & G. Schwab: Rote Liste der Moose (Anthocerophyta et Bryophyta) Deutschlands. Schriftenreihe Vegetationskunde 28 (1996): 189–306. Tabell. Synopse der gefährdeten Pflanzen Deutschlands. (PDF; 766 kB).
- Heike Hofmann, Niklaus Müller, Norbert Schnyder: Merkblätter Artenschutz – Moose. 2006. (PDF-Download-Adresse)
- LUBW (Hrsg.): Rote Liste und Artenverzeichnis der Moose Baden-Württembergs. 2005. (PDF).
- Jürgen Klawitter: Rote Liste und Gesamtartenliste der Moose (Bryophyta) von Berlin. Bearbeitungsstand: September 2004. (Memento des vom 23. Februar 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF).
- MUGV (Hrsg.): Rote Liste Moose. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF) In: Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg. 11 (4), 2002.
- Christian Berg, Christoph Linke, Wolfgang Wiehle: Rote Liste der Moose (Bryophyta) Mecklenburg-Vorpommerns. Stand: November 2009. (PDF).
- Monika Koperski: Rote Liste und Gesamtartenliste der Moose in Niedersachsen und Bremen. 3. Fassung, Stand 2011. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 31 (2011), Nr. 3: S. 131–205.
- Carsten Schmidt et al.: Rote Liste und Artenverzeichnis der Leber- und Hornmoose, Hepaticophyta et Anthocerophyta, in Nordrhein-Westfalen. 3. Fassung, Stand August 2011. (PDF).
- Frank Müller: Rote Liste Moose Sachsens. 2007. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF).
- Ludwig Meinunger, Peter Schütze: Rote Liste der Moose des Landes Sachsen-Anhalt. 2. Fassung, Stand: Januar 2004. (PDF).
- Florian Schulz: Die Moose Schleswig-Holsteins – Rote Liste. 2002. (PDF; 698 kB).
- J. Saukel, H. Köckinger: Rote Liste gefährdeter Lebermoose (Musci) und Hornmoose (Anthocerotae) Österreichs. 2. Fassung. In: H. Niklfeld (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Pflanzen Österreichs. 2., neu bearbeitete Auflage (1999): S. 172–179.
- Nationales Inventar der Schweizer Moosflora, Institut für Systematische Botanik der Universität Zürich: Checkliste der Schweizer Moose. (PDF online)
Weblinks
- Verbreitungskarte für Deutschland sowie Informationen bei moose-deutschland.de
- Bilder und Informationen zu Ricciocarpos natans bei dr-ralf-wagner.de