Reyhaneh Jabbari

Reyhaneh Jabbari (persisch ریحانه جباری; * 1987; † 25. Oktober 2014 in Teheran[1]) war eine iranische Studentin, die trotz internationaler Kritik im Oktober 2014 nach sieben Jahren Gefängnisaufenthalt wegen Mordes hingerichtet wurde.

Kindheit und Familie

Reyhaneh Jabbari wurde 1987 als ältestes Kind von Shole Pakravan (* 1964), die als Theaterschauspielerin arbeitete, und deren Ehemann Fereydoon Jabbari geboren. Sie hatte zwei jüngere Schwestern.[2]

Hintergrund des Gerichtsfalles

2007 wurde die damals 19-jährige Jabbari, die neben ihrem Informatikstudium als Innenarchitektin arbeitete,[3] von dem 47-jährigen ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter und Familienvater Morteza Abdolali Sarbandi engagiert, dessen Büro neu einzurichten. Nach Aussage Jabbaris bot Sarbandi ihr in einem Eiscafé den Job an und gab sich dabei als Arzt aus. Sie sagte zu. Einige Tage später habe sich dies aber als Vorwand herausgestellt. Er habe sie mit seinem Auto nicht in eine Praxis, sondern in eine leerstehende Wohnung gebracht. Jabbari gab an, daraufhin misstrauisch geworden zu sein, woraufhin er sie angriff und versuchte, sie zu vergewaltigen. In Notwehr habe sie ihn schließlich mit einem Messer im Rücken verletzt und sei geflüchtet. Obwohl Jabbari noch einen Rettungsdienst alarmierte, starb Sarbandi später an den Folgen der Verletzung im Krankenhaus.[3]

Nach ihrer Verhaftung saß Jabbari im Gohardascht-Gefängnis in Teheran ein und wurde 2009 wegen Mordes verurteilt. Menschenrechtsorganisationen und die Vereinten Nationen zeigten sich jedoch entsetzt von dem Verfahren. Es habe keinen fairen Prozess gegeben. Unter anderem seien am Tatort Kondome und Betäubungsmittel gefunden worden, ohne dass dies im Urteil berücksichtigt worden wäre. Die anfängliche Aussicht auf einen Freispruch zerschlug sich nach dem Austausch des Richters. Jabbari wurde kein Zugang zu einem Rechtsbeistand gewährt.[4]

Hinrichtung

Ursprünglich sollte Jabbari Ende September 2014 durch den Strang hingerichtet werden.[5] Dies wurde wegen internationaler Proteste jedoch mehrfach verschoben.[6][3] Am 25. Oktober 2014 wurde sie schließlich am frühen Morgen im Gefängnis gehängt. Am Tag zuvor hatten die Behörden ihre Eltern benachrichtigt, sie sollten sich von ihrer Tochter verabschieden. Hierfür bekamen sie drei Stunden Besuchszeit. Den Exekutionsort teilte man ihnen jedoch nicht mit, vermutlich, um Proteste zu verhindern. Über die Benachrichtigung nach der erfolgten Hinrichtung gibt es widersprüchliche Angaben: Während der Tagesspiegel berichtet, ihre Eltern hätten via Radio vom Tod ihrer Tochter erfahren, schreibt Spiegel Online unter Berufung auf den in Berlin lebenden Onkel Jabbaris, die Eltern seien telefonisch gebeten worden, den Leichnam ihrer Tochter abzuholen.[7][8] In einer vor der Hinrichtung aufgenommenen Sprachnachricht, die als ihr Testament bezeichnet wird, bat Jabbari ihre Mutter unter anderem darum, sich dafür einzusetzen, dass ihre Organe gespendet würden.[9] Dieser letzte Wunsch wurde nicht erfüllt.[10]

Nach iranischem Recht hätte die Familie Sarbandis das Todesurteil aufheben und Jabbari begnadigen können. Dafür verlangten sie allerdings die Rücknahme der Vergewaltigungsvorwürfe, um die Ehre des Familienvaters wiederherzustellen. Jabbari lehnte dies bis zuletzt ab.[7]

Internationale Reaktionen

Der Fall der jungen Frau löste internationalen Protest aus.[11] Iranische Künstler forderten die Aufhebung des Todesurteils, 200.000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition.[12][3] Viele Medien berichteten insbesondere kurz vor der Hinrichtung von dem Fall. Neben Menschenrechtsorganisationen und der UN verurteilten auch das US-Außenministerium und die EU das Zustandekommen des Todesurteils und forderten eine Überprüfung. Es wurde mehrfach von verschiedenen Seiten versucht, Iran zu einem neuen Prozess zu bewegen. Zuletzt versuchte unter anderem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in einem Brief an Ali Laridschani, die Vollstreckung des Urteils zu stoppen und eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen.

Kurz vor der Hinrichtung Jabbaris wurde durch den Sonderbotschafter der Vereinten Nationen, Ahmed Shaheed, bekannt, dass die Hinrichtungszahlen in der Islamischen Republik Iran unter dem neuen Präsidenten Hassan Rohani deutlich gestiegen waren. So wurden innerhalb seines ersten Regierungsjahres 852 Menschen hingerichtet, etwa 200 mehr als in den Kalenderjahren zuvor.

Rezeption

Von ihrem Fall handeln der Dokumentarfilm Sieben Winter in Teheran[13] und das von ihrer Mutter, Schole Pakrawan, geschriebene Sachbuch Wie man ein Schmetterling wird. Das kurze, mutige Leben meiner Tochter Reyhaneh Jabbari, die beide im Jahr 2023 erschienen.

Einzelnachweise

  1. AFP: Iran: Todesstrafe für Reyhaneh Jabbari vollstreckt. In: Die Zeit. 25. Oktober 2014, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 8. Dezember 2023]).
  2. Über Shole Pakravan. In: Piper.de. Abgerufen am 8. Februar 2023.
  3. Zum Tode verurteilte Iranerin: „Sie wollen aus ihr eine unbarmherzige Hure machen“, Spiegel Online, 8. Oktober 2014.
  4. Im Iran droht der 26-jährigen Reyhaneh Jabbari die Hinrichtung (Memento vom 29. Mai 2015 im Internet Archive), Verein für Nothilfe, 16. April 2014.
  5. 2 women are scheduled to be executed tomorrow morning. In: HRANA. Human Rights Activists News Agency. 29. September 2014, abgerufen am 8. Februar 2023 (englisch).
  6. Heather Saul: Reyhaneh Jabbari: Iran postpones execution of woman due to hang for murder of her alleged attempted rapist. In: Independent. 30. September 2014, abgerufen am 8. Februar 2023 (englisch).
  7. Abwehr von mutmaßlichem Vergewaltiger: Iran richtet 26-jährige Reyhaneh Jabbari hin, Spiegel Online, 25. Oktober 2014.
  8. Sidney Gennies: Iran – Briefe aus der Todeszelle: „Ich will dich umarmen, bis ich sterbe“. Der Tagesspiegel, 29. Oktober 2014.
  9. Iran: Text of Reyhaneh Jabbari’s will in a voice message to her mother. 25. Oktober 2014, abgerufen am 8. Februar 2023 (englisch).
  10. Susanne Lenz: Flügel für Reyhane. In: Berliner Zeitung. Nr. 46. Berlin 23. Februar 2023, S. 3.
  11. Iran's hanging of Reyhaneh Jabbari condemned. In: BBC News. 25. Oktober 2014, abgerufen am 8. Februar 2023 (englisch).
  12. Zum Tode verurteilte Iranerin: Reyhaneh Jabbari soll Samstag hingerichtet werden, Spiegel Online, 24. Oktober 2014.
  13. Julia Hubernagel: Regisseurin über hingerichtete Iranerin: „Ein Film gegen die Todesstrafe“. In: taz.de. 18. Februar 2023, abgerufen am 27. September 2023.
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