Reskript
Das Reskript (lat.: rescriptum, etwa „Antwortschreiben“, „Rückantwort“) ist im römischen Recht eine kaiserliche Rechtsquelle (constitutio) zur Regelung von Rechtsfragen im Einzelfall. Nach heutigem Verständnis trägt es Züge eines Gesetzes und eines Verwaltungsakts (Bescheids) gleichermaßen.
Römisches Recht
Per Reskript wurden Anfragen oder Eingaben öffentlicher oder privater Personen schriftlich durch den Kaiser und dessen Sekretariate beantwortet. Die rescripta gehörten als „Rechtsauskünfte auf Anfragen“ neben den mandata („Mandate“ i. S. v. „Befehl“ oder „dienstliche Weisung an Beamte“), den edicta („Edikte“ i. S. v. „Verordnungen“, „kaiserlichen allgemeinen Anordnungen“) und den decreta („Dekrete“, „kaiserlichen Gerichtsentscheidungen“) zu den unmittelbaren römischen Kaisergesetzen, denn sie hatten Gesetzeskraft.[1] Die gesammelten rescripta sind Bestandteile der justinianischen Gesetzgebung, erhalten geblieben im später so genannten Corpus iuris civilis, bedeutendster Teil des überlieferten römischen Rechts.
Das Reskript selbst ist das Antwortschreiben auf Anfragen zu bestimmten Sachverhalten, die an die kaiserliche Rechtskanzlei gerichtet waren. Häufig waren Reskripte über den kurzen Dienstweg zum Kaiser zu erhalten, soweit sie über dessen hohe Funktionäre eingesteuert waren. Antworten der Kanzlei waren rechtlich bindend; das einzige Rechtsmittel bestand darin, zu behaupten, dass der Inhalt des Schreibens an die Kanzlei von Anfang an nicht korrekt war. Traditionell erging das Reskript entweder in Form eines Briefes (epistula), oder die Antwort wurde unmittelbar unter den Text des Eingabeschreibens notiert (subscriptio). In dieser Form war das Institut nicht allein im klassischen Recht gebräuchlich. Auch das byzantinische Recht und das im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gültige Recht bedienten sich dieser römischen Tradition. Später bedienten sich noch verschiedene deutsche Bundesstaaten und weitere Länder, die die römische Rechtstradition pflegten, dieser Bescheidungsform.
Ein bekanntes Beispiel für ein Reskript ist die Antwort von Kaiser Trajan auf die Anfrage des Statthalters Plinius des Jüngeren im Jahr 112 n. Chr., wie er vorgehen soll, wenn Christen angezeigt werden.[2]
Kanonisches Recht
Das römisch-katholische Kirchenrecht hat das Institut des Reskriptes im Prinzip unverändert aus dem römischen Verwaltungsrecht übernommen und als eine gängige Form der kanonischen Entscheidung von Einzelfällen durch die hierarchischen Oberen (Bischof, Papst) etabliert. Heute gehört das Reskript zu den im Codex Iuris Canonici geregelten Formen kirchlichen Verwaltungshandelns und bezieht sich auf Einzelfallentscheidungen des Heiligen Stuhls.
Systematisch gehört das Reskript zusammen mit dem Präzept (Verwaltungsbefehl) zu den Dekreten für Einzelfälle. Per Reskript werden dem Begünstigten auf entsprechendes Ersuchen (Petition) Gnadenerweise (Indulte) wie Dispensen oder Privilegien gewährt oder Erlaubnisse (Lizenzen) erteilt.
Ein Rescriptum ex Audientia SS.mi ist eine von einem Kurienmitarbeiter schriftlich fixierte mündliche Entscheidung des Papstes.[3][4]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Für Reskripte: Ulpian, libro primo institutionum, Digesten 1.4.1; für Edikte und Dekrete: Gaius, Institutiones Gai, 1.5 (decreto vel edicto vel epistula).
- Plinius-Briefe 10.96 und 97.
- Martina Tollkühn: Die Frage nach der päpstlichen Interpretation von Amoris laetitia 8 – Das «Rescriptum ex audientia ss.mi» und ein apostolischer Brief an die Bischöfe von Buenos Aires.
- Heiner Grote: Was verlautbart Rom wie? Eine Dokumentenkunde für die Praxis.