Ralstonia pickettii

Ralstonia pickettii ist eine Art (Spezies) gramnegativer, stäbchenförmiges Bodenbakterien, die zu den β-Proteobakterien gehört.[2]

Ralstonia pickettii
Systematik
Abteilung: Proteobacteria
Klasse: Betaproteobacteria
Ordnung: Burkholderiales
Familie: Burkholderiaceae
Gattung: Ralstonia[1]
Art: Ralstonia pickettii
Wissenschaftlicher Name
Ralstonia pickettii
(Ralston et al. 1973) Yabuuchi et al. 1996

R. pickettii kommt in feuchten Umgebungen wie Böden, Flüssen und Seen vor und wurde auch in Biofilmen in Wasserrohren aus Kunststoff nachgewiesen. Es handelt sich um einen oligotrophen Organismus, der in Gebieten mit einer sehr niedrigen Nährstoffkonzentration überleben kann. Von mehreren Stämmen wurde gezeigt, dass sie in einer stark mit Metallen kontaminierten Umgebung überleben können. Die Fähigkeit, unter diesen rauen Bedingungen zu überleben, macht R. pickettii zu einem Kandidaten für die Bioremediation.[3]

Andererseits sind R. pickettii wie auch R. insidiosa neu auftretende Krankheitserreger in Krankenhäusern.[4] Diese beiden Bakterienarten können schwer voneinander zu unterscheiden sein.[5][6]

Die Pathologie von R. pickettii lässt sich nicht einfach definieren. Zwar ist bislang (Stand 2013) noch nie ein völlig gesunder Mensch durch Stämme dieser Spezies erkrankt. Das Bakterium kann aber Menschen mit schlechtem Gesundheitszustand ernsthaft befallen. Mehrere Krankenhäuser haben bereits Ausbrüche gemeldet; insbesondere bei Patienten mit Mukoviszidose und Morbus Crohn wurden Infektionen mit R. picketti nachgewiesen. Von 55 gemeldeten Fällen einer solchen Infektion waren 2013 die meisten auf verunreinigte Lösungen wie Wasser, Kochsalzlösung und (nur) scheinbar sterile Arzneimittel zurückzuführen.[7] Diese Lösungen werden in der Regel bereits bei der Herstellung des Produkts verunreinigt, da R. pickettii in der Lage ist, 0,45- und 0,2-µm-Filter zu passieren, wie sie zur Sterilisierung von Arzneimitteln verwendet werden.[8]

Die meisten Isolate von R. pickettii und R. insidiosa zeigten 2013 allerdings eine Empfindlichkeit gegenüber den meisten der getesteten Antibiotika.[8] Als am wirksamsten erwiesen sich Chinolon-Antibiotika und Sulfamethoxazol/Trimethoprim.[5][6]

Etymologie

Der Gattungsname Ralstonia wurde vergeben zu Ehren der amerikanischen Bakteriologin Ericka Ralston, die die Typusart erstmals beschrieb (unter der Bezeichnung Pseudomonas pickettii).[1]

Der Präfix des Das Art-Epithetons pickettii ist Genitiv von neulateinisch picettius, meint also ‚des (Forschers) Pickett‘, benannt zu Ehren von M. J. Pickett.[1]

Symbiose mit Rhizopus

Pilze der Gattung Rhizopus aus der Ordnung Mucorales wachsen im Boden und auf verdorbenen Lebensmitteln und sind die Ursache für Ausbrüche von Mucormycose (englisch black fungus Schwarzer Pilz) bei COVID-19-Patienten. Sporen der Ordnung Mucorales sind in der Umwelt allgegenwärtig, können aber auch akute invasive Infektionen beim Menschen und anderen Mammalia (Säugetieren) verursachen, indem sie auskeimen und sich dem Immunsystem des Wirts entziehen.[9]

Im Boden sind seine Gegner amöboiden Schleimpilze der Gattung Dictyostelium. Diese einzelligen Mikroben können sich durch den Boden bewegen und Rhizopus verschlingen, um ihm Nährstoffe zu entziehen.[9]

In einer im Februar 2022 veröffentlichten Studie von Herbert Itabangi et al. wurde die die Beziehung der Arten Rhizopus microsporus, Dictyostelium discoideum und Ralstonia pickettii zueinander untersucht. Rhizopus sp. wehrt sich gegen den amöboiden Räuber, indem er sich mit den Ralstonia-Bakterien in einer wechselseitigen Partnerschaft (Symbiose) zusammenschließt. Die Bakterien leben im Pilz Rhizopus (Endosymbiose) und verstecken sich so vor dem Räuber. Im Gegenzug stellen die Bakterien ein Gift (Toxin) her, das Rhizopus sp. nutzen kann, um den Räuber zu neutralisieren und ihn daran zu hindern, das Pilz und Bakterien zu fressen.[9]

Die menschlichen Immunzellen sind wie die anderer Säuger den räuberischen Dictyostelium-Amöben sehr ähnlich: Sie suchen nach fremden Mikroben, die in den Körper eingedrungen sind und verschlingen und zerstören diese, was einen Schutz vor solchen Infektionen darstellt. Das bedeutet aber, dass Rhizopus und Ralstonia die gleiche Strategie anwenden können, um räuberische Amöben im Boden zu meiden und sich unserem Immunsystem zu entziehen. Indem Rhizopus gelernt hat, Fressfeinde im Boden mit Hilfe der Ralstonia -Bakterien abzuwehren, hat er auch gelernt, wie er beim Menschen Krankheiten verursachen kann.[9]

Diese Ergebnisse beschreiben somit eine neue Rolle für Ralsonia sp. als bakteriellen Endosymbionten in der Pathogenese von Rhizopus microsporus bei Tier und Mensch und deuten auf einen Mechanismus des evolutionären Virulenzerwerbs im Boden-Habitat durch Interaktionen mit Bodenamöben hin. Die Erkenntnis eröffnet auch ein Chance, dass infizierte Tiere und Menschen durch eine Störung der Partnerschaft Rhizopus/Ralsonia diese verheerende Krankheit überleben könnten. Die Hoffnung ist, dass durch ein besseres Verständnis der Ökologie und der Überlebensstrategien, die Rhizopus wie auch andere mikrobielle Krankheitserreger in ihrer normalen Umgebung anwenden, diese Mikroben bekämpft werden können.[9]

Einzelnachweise

  1. LPSN: Ralstonia Yabuuchi et al. 1996. Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ)
  2. Eiko Yabuuchi, Yoshimasa Kosako, Ikuya Yano, Hisako Hotta, Yukiko Noshiuchi: Transfer of Two Burkholderia and An Alcaligenes Species to Ralstonia Gen. Nov. – Proposal of Ralstonia pickettii (Ralston, Palleroni and Doudoroff 1973) comb. Nov., Ralstonia solanacearum (Smith 1896) comb. Nov. And Ralstonia eutropha (Davis 1969) comb. Nov. In: Microbiology and Immunology. Band 39, Nr. 11, 1. November 1995, ISSN 1348-0421, S. 897–904, doi:10.1111/j.1348-0421.1995.tb03275.x, PMID 8657018 (englisch).
  3. Michael P. Ryan, J. Tony Pembroke, Catherine C. Adley: Ralstonia pickettii in environmental biotechnology: potential and applications. In: Journal of Applied Microbiology. Band 103, Nr. 4, Oktober 2007, S. 754–764, doi:10.1111/j.1365-2672.2007.03361.x, PMID 17897177 (englisch).
  4. Michael P. Ryan, Catherine C. Adley: Ralstonia spp.: emerging global opportunistic pathogens. In: European Journal of Clinical Microbiology & Infectious Diseases. Band 33, Nr. 3, März 2014, ISSN 0934-9723, S. 291–304, doi:10.1007/s10096-013-1975-9, PMID 24057141 (englisch, springer.com).
  5. Michael P. Ryan, J. Tony Pembroke, Catherine C. Adley: Differentiating the growing nosocomial infectious threats Ralstonia pickettii and Ralstonia insidiosa. In: European Journal of Clinical Microbiology & Infectious Diseases. Band 30, Nr. 10, 1. Oktober 2011, ISSN 1435-4373, S. 1245–1247, doi:10.1007/s10096-011-1219-9 (englisch).
  6. Michael P. Ryan, J. Tony Pembroke, Catherine C. Adley: Genotypic and phenotypic diversity of Ralstonia pickettii and Ralstonia insidiosa isolates from clinical and environmental sources including High-purity Water. Diversity in Ralstonia pickettii. In: BMC Microbiology. Band 11, Nr. 1, 2011, ISSN 1471-2180, S. 194, doi:10.1186/1471-2180-11-194, PMID 21878094, PMC 3175462 (freier Volltext) (englisch, biomedcentral.com).
  7. Michael P. Ryan, J. Tony Pembroke, Catherine C. Adley: Ralstonia pickettii: a persistent Gram-negative nosocomial infectious organism. In: Journal of Hospital Infection. Band 62, Nr. 3, März 2006, S. 278–284, doi:10.1016/j.jhin.2005.08.015, PMID 16337309 (englisch, elsevier.com).
  8. Michael P. Ryan, Catherine C. Adley: The antibiotic susceptibility of water-based bacteria Ralstonia pickettii and Ralstonia insidiosa. In: J Med Microbiol. Band 62, Nr. 7, Juli 2013, S. 1025–1031, doi:10.1099/jmm.0.054759-0, PMID 23579396 (zenodo.org [PDF]).
  9. Herbert Itabangi, Poppy C. S. Sephton-Clark, Diana P. Tamayo, Jason S. King, Elizabeth R. Ballou, Kerstin Voelz et al. A bacterial endosymbiont of the fungus Rhizopus microsporus drives phagocye evasion and ortunistic virulence. In: Cell Current Biology, 7. Februar 2022; doi:10.1016/j.cub.2022.01.028. Dazu:
    How Pathogens Learn To Be Pathogens: Partnerships Between Microbes Lead to Human Disease. Auf: SciTechDaily vom 21. Februar 2022. Quelle: University of Exeter.
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