Raffinerie Heide

Die Raffinerie Heide GmbH ist ein deutsches Erdölraffinerie-Unternehmen mit Standorten in Hemmingstedt (nahe der namensgebenden Stadt Heide im Kreis Dithmarschen) und Brunsbüttel. Die beiden Standorte sind durch neun jeweils 32 Kilometer lange Pipelines verbunden. Seit 2010 wird die Raffinerie Heide vom US-Investor A. Gary Klesch gehalten. Die Raffinerie ist auf Mitteldestillat und Petrochemie ausgerichtet und stellt als Hauptprodukte Dieselkraftstoff, Heizöl, Flugturbinentreibstoff und chemische Produkte her. Die Produktion mit einer Gesamtkapazität von ca. 4,5 Mio. Tonnen pro Jahr wird hauptsächlich im nördlichen Teil Deutschlands vertrieben.

Raffinerie Heide GmbH
Logo
Rechtsform GmbH
Gründung 2010
Sitz Hemmingstedt / Brunsbüttel
Leitung Roland Kühl
Mitarbeiterzahl ca. 500[1]
Umsatz 2,05 Mrd. Euro
Branche Chemie
Website www.heiderefinery.com
Stand: 2021

Standorte

Raffinerie Heide, Standort Hemmingstedt

Hemmingstedt

Mit einer Rohölkapazität von 4,5 Mio. Tonnen pro Jahr ist die Raffinerie Heide eine Raffinerie mit einer vergleichsweise niedrigen Verarbeitungsmenge. Jedoch ist ihre Komplexität mit einem Nelson-Index von 9,7 bewertet, was zeigt, dass sie eine der komplexesten Raffinerien Deutschlands ist. Rund 15 % des verarbeiteten Rohöls stammen aus dem größten geförderten Ölvorkommen Deutschlands, Mittelplate und Dieksand. Neben der Produktion befinden sich am Standort Hemmingstedt ein eigenes Kraftwerk, eine Werkfeuerwehr und ein Tanklager mit einer Lagerkapazität von 460.000 Tonnen.

Mit einer Grundstücksfläche von ca. 134 ha macht das Raffineriegelände in Hemmingstedt mehr als die Hälfte der Gesamtfläche der Raffinerie aus (hinzu kommen noch ca. 53 ha Tanklager in Brunsbüttel und ca. 16 ha Grund, auf denen die neun Pipelines liegen, die die beiden Standorte miteinander verbinden). Der höchste Schornstein der Raffinerie in Hemmingstedt ist 175 m hoch und ist damit das höchste Bauwerk Dithmarschens und übertrumpft damit auch den Fernsehturm in Heide mit seinen 158 m.

Raffinerie Heide, Standort Brunsbüttel

Brunsbüttel

Der Standort Brunsbüttel liegt an der Nordwestseite des Nord-Ostsee-Kanals und ist Teil des Chemcoast Parks Brunsbüttel. Mit einer Lagerkapazität von 440.000 Tonnen und einem jährlichen Produktumschlag von 1,9 Millionen Tonnen bildet das Tanklager Brunsbüttel das Hauptlager der Raffinerie Heide. Hier befinden sich nicht nur die Anlagen zum Entladen von Rohöl, hier mündet auch die Ferntransport-Pipeline der Förderplattform Mittelplate. Durch drei 32 Kilometer lange Stränge mit jeweils drei Pipelines wird das Rohöl zur Raffinerie und parallel dazu die Fertigprodukte nach Brunsbüttel befördert.

Produkte

Mineralölprodukte

Die jährlich produzierten Durchschnittsmengen setzen sich aus folgenden Mineralölprodukten zusammen:

  • 58,6 % Mitteldestillate
  • 19,4 % Ottokraftstoffe
  • 11,2 % Schweres Heizöl
  • 7,0 % Bitumen
  • 3,8 % Sonstige

Chemische Produkte

Zu den Mineralölprodukten kommen noch die Vorprodukte für die chemische Industrie mit folgenden Durchschnittsmengen:

Vertrieb

Die Raffinerie Heide GmbH beliefert ausschließlich Groß- und Zwischenhändler mit ihren Produkten.

Transport und Lieferwege

Der Transport der Produkte dieser Raffinerie erfolgt:

  • 53 % per Schiff
  • 37 % per Tankwagen
  • 7 % per Eisenbahn
  • 3 % per Pipeline

Geschichte

Die Geschichte der Raffinerie Heide[2] beginnt mit Peter Reimers, der 1856 ölige Sande auf seinem Grundstück entdeckte. Kurz darauf führte Ludwig Meyn mit Handgerät die erste Erdölbohrung durch. Nachdem die ersten Bohrungen fehlgeschlagen waren, wurden ab 1858 Bitumen, Wagenschmiere und Petroleum aus dem ölhaltigen Sand gewonnen.

Da die Arbeiter bei den Bohrungen immer wieder auf Ölkreide stießen, entschied man sich, diese zu fördern. Ab 1880 baute man die Ölkreide in Hemmingstedt bergmännisch ab. Da man die Suche nach Erdöl jedoch nicht aufgegeben hatte, traf 1935 die Bohrung „Holstein 2“ in 400 Meter Tiefe auf flüssiges Öl. Durch mehrere weitere erfolgreiche Bohrungen schwoll die Förderkapazität bis 1940 auf 231.347 Tonnen/Jahr an. Die gestiegene Nachfrage nach Treibstoffen durch die Marine gab den Anstoß zum Bau der ersten kontinuierlich arbeitenden Rohöl-Destillation in Hemmingstedt. Es wurden zwei Rohöl-Destillationsanlagen mit einer Kapazität von insgesamt 100.000 Tonnen/Jahr gebaut.

Im Zweiten Weltkrieg zerstörten 1944 mehrere Bombardements die Raffinerie. Im Jahr 1947 reparierte man die noch nutzbaren Anlagen. 1949 wurde die Förderung von Ölkreide aufgegeben und der Standort Hemmingstedt zu einer reinen Raffinerie ausgebaut.

1952 nahm die Raffinerie Hemmingstedt die erste katalytische Crack-Anlage Deutschlands in Betrieb. Ein Jahr darauf legte man die erste Pipeline zwischen Hemmingstedt und Brunsbüttel. Mit der Übernahme der Raffinerie von der Texaco 1967 wurden mehrere neue Anlagen errichtet. Darunter auch eine Rohöl- und Vakuumdestillationsanlage.

1988 übernahm die RWE Dea die Raffinerie und modernisierte sie komplett. Außerdem erlaubte ein neu erbauter Hydrocracker eine bisher nicht gekannte Produktausbeute. Kurz darauf wurde die Royal Dutch Shell neuer Alleineigentümer und machte, durch weitere Investitionen, die Raffinerie zu einer der modernsten Europas. Seit 2010 ist die Raffinerie ein Teil der Klesch Group des US-Finanzinvestors A. Gary Klesch und firmiert unter dem Namen Raffinerie Heide GmbH.

Literatur

  • Hinrich Dürkop: Die Erdölwerke bei Heide in Dithmarschen 1856–2006. Boyens Verlag, 2007, ISBN 978-3-8042-1233-6.
  • Nis R. Nissen: Hundertfünfundzwanzig 125 Jahre Erdöl in Dithmarschen: eine Sonderausstellung zur Erinnerung an Ludwig Meyn des Dithmarscher Landesmuseum in Meldorf. Deutsche Texaco, 1981, DNB 1044798009.
  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins. C. H. Beck, 2006, ISBN 3-406-50891-X.

Einzelnachweise

  1. Daten und Fakten. Raffinerie Heide, abgerufen am 10. September 2019.
  2. Michael Plata: Die Erdölwerke in Hemmingstedt. 12. Januar 2011, aufgerufen am 10. Oktober 2013.
Commons: Raffinerie Hemmingstedt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.