Quintus Anicius Faustus

Quintus Anicius Faustus war ein römischer Legatus und Politiker (Consul) des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr., der unter Septimius Severus als erster seiner Familie (homo novus) ein Consulat errang.

Familie

Karte der römischen Städte in Nordafrika

Quintus Anicius Faustus war mit Vesia Rustica Mactari,[1] die wohl ritterlicher Abstammung war, verheiratet.[2] Eine von ihr auf eigene Kosten errichtete Statuenbasis, deren Inschrift sie als Gemahlin des Quintus Anicius Faustus ausweist, wurde in Cuttilula, 8 Kilometer nördlich von Uzappa nahe Makthar in Tunesien gefunden.[3] Eine gleichartige, an gleicher Stelle gefundene und gleichzeitig gefertigte Basis einer Seia Maxima nennt deren Ehemann Sextus Anicius Saturninus.[4] In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis beide Anicii standen, ist unklar. Sie können Brüder oder Cousins gewesen sein. Dass Saturninus der Vater des Faustus war, wird als weniger wahrscheinlich angesehen.[5] Da eine weitere Inschrift für einen seiner Söhne – Sextus Anicius Faustus Paulinianus[6] Anicius Faustus zudem als Patron der civitas Uzappa (civitas Uzappensis) benennt,[7] wird Uzappa als dessen Geburtsort angesehen.[8] Dieser Familienzweig der Anicier war anscheinend wirtschaftlich und politisch in der Umgebung von Uzappa verwurzelt.[9] Seine militärische Position brachte Anicius Faustus darüber hinaus das Patronat der Städte Cirta,[10] Arsacal,[11] Cuicul,[12] Lambaesis[13] und Thamugadi[14] ein.[15] Es ist möglich, dass er in zweiter Ehe mit einer Paulla verheiratet war.[16] Mit Anicius Faustus Paulinus[17] ist ein weiterer Sohn bekannt. Söhne dieses Paulinus und somit Enkel des Anicius Faustus waren Marcus Cocceius Anicius Faustus Flavianus[18] und Sextus Cocceius Anicius Faustus Paulinus.[19]

Leben und Karriere

Militärische Aktionen unter Septimius Severus

Frühe Stationen aus dem cursus honorum des Quintus Anicius Faustus sind nicht bekannt. Erstmals in Erscheinung tritt er im Jahr 197 n. Chr. als Legatus von Numidia und Legionskommandeur der Legio III Augusta – eine Position, die er inschriftlich gesichert bis in das Jahr 201 n. Chr. innehatte.[20] Vermutlich wurde er zuvor aufgrund militärischer Leistungen als eques durch adlectio inter praetorios in den Rang eines Prätors erhoben –[21] Voraussetzung für die Stellung eines Legaten. In der Provinz Africa proconsularis war er vor allem mit der Neuorganisation Numidiens und Tripolitaniens sowie dem Ausbau des limes Tripolitanus betraut. Teils weit nach Süden vorgeschobene Militärposten wurden unter seiner Verantwortung errichtet – so etwa das Kastell Gheriat el-Garbia,[22] das Kastell Gholaia,[23] das Kastell Cidamus[24] oder das Castellum Dimmidi (Messaad)[25] –, in denen Vexillationen der von ihm befehligten legio III Augusta stationiert wurden.[26] Da eine konkrete Bedrohungslage während dieser Zeit nicht überliefert ist, diente die Präsenz der römischen Einheiten vermutlich eher der Machtdemonstration und der Kontrolle der einheimischen Bevölkerung, insbesondere deren Wanderungsbewegungen.[27]

Inschriften zeigen Anicius Faustus 197 n. Chr. als consul designatus, designierter Konsul,[28] 198/199 n. Chr. als Suffektkonsul (in absentia, in Abwesenheit wegen seines Dienstes in Numidia),[29] 201 n. Chr. als Konsular.[30] Nicht näher bestimmbar, trat er frühestens 202 n. Chr. das Amt des legatus Augusti pro praetore der kaiserlichen Provinz Moesia Superior an,[31] das er wohl mindestens 205 n. Chr. bekleidete. Im Jahr 217 wurde er anstelle des eigentlich ausgelosten Gaius Iulius Asper neuer Prokonsul der Provinz Asia.[32] Vermutlich wurde sein Prokonsulat, das eigentlich 218 n. Chr. hätte enden müssen, um ein Jahr verlängert,[33] denn der eigentlich für das Jahr 218/219 n. Chr. vorgesehene Marcus Aufidius Fronto durfte sein Amt nicht antreten und ein anderer Amtsträger ist für das Jahr nicht bekannt.[34] Der Grund für den zeitlichen Abstand zwischen seinem Einsatz in Moesia und seinem Proconsulat ist unklar. Kaiser Septimius Severus und sein Nachfolger Caracalla schlossen ihn offensichtlich von der Verlosung der prokonsularischen Provinzen aus. Erst unter dem 217/218 n. Chr. regierenden Kaiser Macrinus, der ihn nach Asien schickte, konnte er seine Karriere fortsetzen.[35] David M. Novak vermutete, dass der 205 n. Chr. ermordete Prätorianerpräfekt und Schwiegervater Caracallas, Plautian, sein Förderer war. Mit dessen Tod endete daher möglicherweise zunächst auch die Karriere des Anicius Faustus, die er erst unter dem einstigen Untergebenen des Plautian, Macrinus, fortsetzen konnte.[36]

Literatur

Anmerkungen

  1. PIR² A 595.
  2. Danuta Okoń: Album senatorum. Band 1: Senatores ab Septimii Severi aetate usque Alexandrum Severum (193-235 AD) (= Uniwersytet Szcziński Rozprawy i Studia. Band 970). Uniwersytet Szczeciński, Szczecin 2017, S. 30 (Digitalisat).
  3. AE 1969–1970, 647b; Azedine Beschaouch: Uzappa et le proconsul d’Afrique Sex. Cocceius Anicius Faustus Paulinus. In: Mélanges de l’école française de Rome. Band 81, 1969, S. 195–218, bes. S. 212–218 (online); Michel Christol: À propos des Anicii : le IIIe siècle. In: Mélanges de l’école française de Rome. Band 98, 1986, S. 141–164, bes. S. 145 (online).
  4. AE 1969–1970, 647a; Azedine Beschaouch: Uzappa et le proconsul d’Afrique Sex. Cocceius Anicius Faustus Paulinus. In: Mélanges de l’école française de Rome. Band 81, 1969, S. 195–218, bes. S. 211–212.
  5. David M. Novak: Cirta and the Anicii of Uzappa: A Note. In: Klio. Band 58, 1976, S. 21–24, hier S. 21 Anm. 3.
  6. PIR² A 596+598; AE 1985, 00881d; Peter I. Wilkins: The African Anicii – a Neglected Text and a New Genealogy. In: Chiron. Band 18, 1988, S. 377–382 (PDF).
  7. CIL 08, 11933; Bengt E. Thomasson: Fasti Africani. Senatorische und ritterliche Amtsträger in den römischen Provinzen Nordafrikas von Augustus bis Diokletian (= Skrifter Utgivna av Svenska Institutet i Rom. Band 53). Svenska institutet i Rom, Stockholm 1996, S. 92–93.
  8. Anthony R. Birley: Anicius Faustus, Quintus. In: The Oxford Classical Dictionary. 4. Auflage. Oxford University Press, Oxford 2012, S. 87; obgleich auch seine Herkunft aus Praeneste erwogen wurde von Paul M. M. Leunissen: Konsuln und Konsulare in der Zeit von Commodus bis Severus Alexander (180–235 n. Chr.). Prosopographische Untersuchungen zur senatorischen Elite im Römischen Kaiserreich (= Dutch Monographs on Ancient History and Archaeology. Band 6). J. C. Gieben, Amsterdam 1989, S. 365.
  9. Azedine Beschaouch: Uzappa et le proconsul d’Afrique Sex. Cocceius Anicius Faustus Paulinus. In: Mélanges de l’école française de Rome. Band 81, 1969, S. 195–218, hier S. 214; Anthony R. Birley: Septimius Severus. The African Emperor. Eyre & Spottiswoode, London 1971, S. 337; David M. Novak: Cirta and the Anicii of Uzappa: A Note. In: Klio. Band 58, 1976, S. 21–24, hier S. 21; Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts. In: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, S. 145–221, hier S. 209 (Digitalisat).
  10. CIL 08, 19495
  11. CIL 08, 06048
  12. Ari Saastamoinen: The Phraseology and Structure of Latin Building Inscriptions in Roman North Africa. Societas Scientiarum Fennica, Helsinki 2010, Nr. 340.
  13. CIL 08, 18256.
  14. CIL 08, 17870; AE 1985, 00881b.
  15. Zu den Patronaten des Quintus Anicius Faustus in Numidia siehe Brian H. Warmington: The Municipal Patrons of Roman North Africa. In: Papers of the British School at Rome. Band 22, 1954, S. 39–55, hier S. 44.
  16. So Werner Eck: Die fistulae aquariae der Stadt Rom: Zum Einfluß des sozialen Status auf administratives Handeln. In: Atti dell Colloquio Internazionale AIEGL su Epigrafia e Ordine Senatorio. Roma, 14–20 maggio 1981 = Epigrafia e Ordine Senatorio (= Tituli. Band 4, ZDB-ID 778040-0). Band 1. Edizioni di Storia e Letteratura, Rom 1982, S. 197–225, hier S. 218 Nr. 103, aufgrund einer römischen Bleirohrinschrift aus Rom, publiziert im Bullettino della Commissione Archeologica Comunale di Roma. Band 69, 1941, S. 191; EDCS-ID 80600041; vorsichtig zweifelnd Mika Kajava: A New Catalogue of Roman Upper-Class Women. In: Arctos. Band 22, 1988, S. 73–93, hier S. 88 Nr. 600 (Digitalisat).
  17. PIR² A 599
  18. PIR² A 597.
  19. PIR² A 600.
  20. CIL 08, 18075 (J. 197); CIL 08, 00006 (J. 201).
  21. David M. Novak: The Early History of the Anician Family. In: Carl Deroux (Hrsg.): Studies in Latin Literature and Roman History. Band 1 (= Collection Latomus. Band 164). Latomus, Brüssel 1979, S. 119–161, hier S. 139.
  22. Rudolf Haensch, Michael Mackensen: Das tripolitanische Kastell Gheriat el-Garbia im Licht einer neuen spätantiken Inschrift: Am Tag, als der Regen kam. In: Chiron. Band 41, 2011, S. 263–286; hier: S. 264–267 (Digitalisat).
  23. AE 1976, 00697.
  24. Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts. In: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, S. 145–221, hier S. 175 (Digitalisat).
  25. AE 1948, 214
  26. Zu den diesbezüglichen Inschriften siehe Bengt E. Thomasson: Fasti Africani. Senatorische und ritterliche Amtsträger in den römischen Provinzen Nordafrikas von Augustus bis Diokletian (= Skrifter Utgivna av Svenska Institutet i Rom. Band 53). Svenska institutet i Rom, Stockholm 1996, S. 170–176 Nr. 50; Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts. In: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, S. 145–221, hier S. 173–175.
  27. So Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts. In: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, Stuttgart 2006, S. 145–221, hier S. 174.
  28. AE 1986, 00704.
  29. CIL 08, 17871.
  30. CIL 08, 00006
  31. CIL 03, 01685 f. (frühestens 202, spätestens 210 aufgrund der Titulatur Caracallas).
  32. Cassius Dio 79,22,4
  33. So Paul M. M. Leunissen: Konsuln und Konsulare in der Zeit von Commodus bis Severus Alexander (180–235 n. Chr.). Prosopographische Untersuchungen zur senatorischen Elite im Römischen Kaiserreich (= Dutch Monographs on Ancient History and Archaeology. Band 6). J. C. Gieben, Amsterdam 1989, ISBN 978-9050630283, S. 13. 225; ihm folgen Inge Mennen: Power and Status in the Roman Empire, AD 193–284. Brill, Leiden/Boston 2011, S. 86; Danuta Okoń: Album senatorum. Band 1: Senatores ab Septimii Severi aetate usque Alexandrum Severum (193-235 AD) (= Uniwersytet Szcziński Rozprawy i Studia. Band 970). Uniwersytet Szczeciński, Szczecin 2017, S. 30. Einen Ansatz in die Jahre 217–218 n. Chr. auf der Grundlage von Cassius Dio 79, 22,2–4 bietet Paul von Rohden: Anicius 10. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2197. So auch Richard J. A. Talbert, The Senate Of Imperial Rome, Princeton University Press, Princeton 1984, S. 398; abweichend in die Jahre 212–213 n. Chr. datiert den Proconsulat Josef Keil: Ein ephesischer Anwalt des 3. Jahrhunderts durchreist das Imperium Romanum. In: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Heft 3, 1956, S. 10 (PDF).
  34. Cassius Dio 79,22,4–5; David M. Novak: A Late Roman Aristocratic Family: The Anicii in the Third and Fourth Centuries. University of Chicago, Chicago 1976, S. 37 f.; Inge Mennen: Power and Status in the Roman Empire, AD 193–284. Brill, Leiden/Boston 2011, S. 88.
  35. Cassius Dio 79,22,4.
  36. David M. Novak: A Late Roman Aristocratic Family: The Anicii in the Third and Fourth Centuries. University of Chicago, Chicago 1976, S. 40 f.; siehe auch Inge Mennen: Power and Status in the Roman Empire, AD 193–284. Brill, Leiden/Boston 2011, S. 88.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.